Verwalterbestellung zu Corona-Zeiten

  • Hallo,

    mir liegt in einer Grundbuchsache ein Verwalterbestellungsprotokoll vom 04.12.2020 vor. Unterschrieben ist es nur von der bisher und neu amtierenden Hausverwaltung.

    Im Anschreiben wird mitgeteilt, dass an der Eigentümerversammlung coronabedingt kein Eigentümer persönlich anwesend war. Es lagen ausschließlich Vollmachten vor, die auf den bisherigen Verwalter ausgestellt waren. Deshalb wurde nur die Unterschrift des Verwalters unter dem Protokoll beglaubigt.

    In dem neuen Protokoll ist unter anderem enthalten, dass der bisherige Verwalter auch für weitere 4 Jahre bestellt wird.

    Nun geht mir durch den Kopf, dass wir ansonsten ja auch nicht prüfen, ob Eigentümer per Vollmacht anwesend waren. Trotzdem hab ich bei diesem Beschluss vom 04.12.2020 irgendwie ein mulmiges Gefühl....

    Was meint ihr? Für gedankliche Anregung wäre ich dankbar.

  • Ich hab zu einem solchen Fall mal Folgendes ausgeführt:

    Der eingereichte Nachweis der Verwaltereigenschaft genügt nicht den Anforderungen des §29 GBO i.V.m. §§ 26 III, 24 VI WEG.
    Es fehlt an dem Nachweis der Unterschrift durch einen Eigentümer.
    Es ist offensichtlich, dass die von §24 VI WEG geforderte Unterschrift eines Wohnungseigentümers nicht durch einen Wohnungseigentümer geleistet, sodass die Nachweiswirkung des Protokolls dieser erschüttert ist (zur entsprechenden Überprüfungspflicht des Grundbuchamtes: OLG Köln, I-2 Wx 195/12, I-2 Wx 212/12). Das Erfordernis der Unterschriftsbeglaubigung würde ins Leere laufen, wenn die Unterschriftsbefugnis überhaupt nicht geprüft werden dürfte. Wenn für das Grundbuchamt die Befugnis zur Unterschrift unerheblich wäre, bräuchte es auch keines Nachweises der Urheberschaft der Unterschrift.

    Soweit die von §24 VI WEG geforderte Unterschrift durch einen bei der Versammlung anwesenden Vertreter geleistet wird ist der Nachweis der Vollmacht eines Wohnungseigentümers zur Vertretung in der Wohnungseigentümerversammlung in Form des §29 GBO zu führen. Die kann Vorlage einer entsprechenden formgemäßen Vollmacht oder Vollmachtsbestätigung geschehen.

  • Zur 1-Mann-Versammlung siehe diesen Thread:
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…377#post1183377

    Greiner geht im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.12.2020, 26 WEG RN 68.1 davon aus, dass sich der Verwalter mit speziell auf seine Wahl gerichteten Vollmachten, aus denen ausdrücklich hervorgeht, dass die Eigentümer dem Insichgeschäft (also der Eigenwahl des Verwalters) zustimmen, auch selbst wählen kann.

    Das DNotI kommt im Gutachten vom 30. Oktober 2020, Abruf-Nr. 177331
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…3968a81504e00aa
    zu dem Ergebnis. „Die Abhaltung einer sog. Ein-Personen-Versammlung, bei der alle Wohnungseigentümer den Verwalter zur Stimmabgabe bevollmächtigen, ist im Grundsatz zulässig, wenn die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien eingehalten werden und sämtliche Wohnungseigentümer eine Vollmacht erteilen“

    Allerdings sehe ich vorliegend ein Problem:

    Nach § 26 Absatz 2 Satz 2 WEG kann der Beschluss zur Wiederwahl frühestens ein Jahr vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden.

    Wie hier ausgeführt,
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…090#post1210090
    bleibt nach § 6 Abs. 1 MG-GesR der Verwalter, der am 28. März 2020 im Amt war, bis seiner Abberufung oder bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt (s. dazu die BT-Drs. 19/18110 vom 24.03.2020, Seite 31
    https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/181/1918110.pdf
    und die Ausführungen von Elzer
    https://www.juris.de/jportal/nav/ju…ngseigentum.jsp

    Die BT-Drs. 19/18110 führt dazu aus: „Die Bestellung eines neuen Verwalters wird zur Klarstellung ausdrücklich erwähnt, auch wenn ohnehin vertreten wird, dass in der Bestellung eines neuen Verwalters in der Regel zugleich die Abberufung des früheren Verwalters liegt (Jacoby, in: Staudinger, WEG, 2018, § 26 Rn. 60)“

    Also wird zwischen altem und neuem Verwalter unterschieden.

    Und wenn kein neuer Verwalter bestellt werden soll, der derzeitige Verwalter aber noch unbefristet (bis zum Ende der Pandemie) im Amt ist, dann lässt sich die frühest mögliche Frist zur Wiederwahl nicht berechnen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich verlange keine Unterschriften nicht anwesender Personen. Die erforderlichen Unterschriften haben die Funktion, eine Gewähr für die Richtigkeit der Niederschrift zu bieten. Diese ist nur gewahrt, wenn die Unterzeichner auch bei der Versammlung anwesend gewesen sind, siehe MüKoBGB/Engelhardt WEG § 24 Rn. 52.

    Haben wir hier überhaupt den Fall einer gesetzlichen Bestellung oder wann endet der reguläre Bestellungszeitraum?

    Die gesetzliche Bestellung ist eine Notlagenbestellung mit einer gegenüber einer rechtsgeschäftlichen Bestellung anderen Rechtsgrundlage. Müsste die WEG, sofern kein regulärer Bestellungszeitraum entgegensteht, dann nicht jederzeit eine rechtsgeschäftliche Bestellung vornehmen können?

    Sofern vorliegend auch eine gesetzliche Bestellung in Frage kommt und die Neuwahl nicht in Ordnung ist, kann es ggf. bei der gesetzlichen Bestellung bleiben, sofern "alter" und "neuer" Verwalter personenidentisch sind, siehe hier.

  • (...)

    Das DNotI kommt im Gutachten vom 30. Oktober 2020, Abruf-Nr. 177331
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…3968a81504e00aa
    zu dem Ergebnis. „Die Abhaltung einer sog. Ein-Personen-Versammlung, bei der alle Wohnungseigentümer den Verwalter zur Stimmabgabe bevollmächtigen, ist im Grundsatz zulässig, wenn die hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien eingehalten werden und sämtliche Wohnungseigentümer eine Vollmacht erteilen“
    (...)


    Ich muss hier mal nachfragen.

    Warum müssen (lt. Gutachten v. 30.10.2020) alle Eigentümer eine Vollmacht erteilen?

    Ich habe hier ein Protokoll einer Versammlung für die Wiederwahl eines Verwalters, welches nur von dem Verwalter unterzeichnet worden ist (mit Beglaubigung). Im Protokoll steht am Anfang neben Ort und Tag, dass eine fristgemäße Einladung erfolgt sei und die Eigentümer aufgrund der Corona-Pandemie vorab gebeten worden sind, eine Vollmacht auszustellen. Im Protokoll werden sämtliche WEG-Einheiten aufgeführt und wer anwesend ist. Daraus ergibt sich, dass der Verwalter für 8 der 10 WEG Einheiten als Bevollmächtigter aufgetreten ist und 2 von 10 Einheiten waren nicht anwesend scheinbar weder Vollmacht erteilt noch Anwesenheit in der Versammlung). Meines Erachtens liegt damit doch ein wirksamer Beschluss und ein ordnungsgemäßes Protokoll vor, die beiden anderen WEG-Einheiten hatten doch die Möglichkeit, an der Versammlung teilzunehmen oder eine Vollmacht auszustellen. :gruebel:

  • Die Aussage des DNotI ist dem dortigen Sachverhalt geschuldet. Es ging darum, dass (Zitat.) „Im Vorfeld der Versammlung sämtliche Wohnungseigentümer gebeten wurden, dem Verwalter unter Befreiung von § 181 BGB eine Vollmacht zu erteilen, für sie an der Versammlung teilzunehmen, ihr Stimmrecht auszuüben und die Ladung für die Versammlung entgegen zu nehmen. Sodann richtet der Verwalter die Einberufung ausschließlich an sich selbst und hält sodann eine Ein-Personen-Versammlung ab“.

    Das Problem, das das DNotI erörtert hat, war die Frage, welche Rechtsfolgen sich für Beschlüsse ergeben, wenn der Verwalter nur von einem Teil der Wohnungseigentümer bevollmächtigt wurde und die Versammlung dennoch ohne Ladung der übrigen Wohnungseigentümer durchgeführt hat.

    Eine Aussage darüber, dass der Verwalter nur dann eine Eigentümerversammlung abhalten kann, wenn er von allen Wohnungseigentümern bevollmächtigt wurde, ist vom DNotI nicht getroffen worden. Bevor also etwas zitiert wird, was in einem anderen Zusammenhang steht, erwarte ich schon, dass man sich mit dem Sachverhalt auseinandersetzt.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Hallo Prinz. Danke für deine Antwort und entschuldige die Arbeit, die ich dir gemacht habe aufgrund meiner Verwirrung.

    Ich habe u.a. das Gutachten natürlich vorher gelesen und die Aussage in Abschnitt III "Fehlt also nur die Bevollmächtigung durch einen Eigentümer, dürfte das Verfahren
    von vornherein ausscheiden" missverstanden, da ich offensichtlich aus den Augen verloren habe, dass mit "dem Verfahren" gemeint ist, dass die anderen WEGler keine Ladung erhalten.

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