Informationsreise der Partei - Anwalt am dritten Ort

  • Huhu,

    ich habe folgenden Fall:

    Partei = Wohnort innerhalb Gerichtsbezirk, nicht am Gerichtsort
    Anwalt = außerhalb Gerichtsbezirk

    Es werden nun für 4 Gerichtstermine Fahrtkosten des Anwalts geltend gemacht, beschränkt auf Kosten innerhalb Bezirk und zusätzlich 3 mal Parteiauslagen für Informationsreisen (Fahrtkosten und Verdienstausfall nach JVEG)

    Auf Nachfrage seien 3 Termine notwendig gewesen, da Gerichtstermine nach und vorbesprochen wurden.

    Eigentlich ist ja der typische Fall der Informationsreise, dass die Partei einen Anwalt am Gerichtsort beauftragt.

    Wie beurteilt ihr hier die Erstattungsfähigkeit?

    Liebe Grüße

  • Die Fahrtkosten des Anwalts mit der gemachten Einschränkung auf den Gerichtsbezirk halte ich für erstattungsfähig. Eine Informationsreise der Partei ist nach BGH Rpfl 2003, 98 ja auch unstreitig erstattungsfähig.
    Zu den weiteren Informationsreisen sehe ich aber keine Notwendigkeit. "Wir mussten die Gerichtstermine vorher und nachher besprechen" - warum ging das nicht am Telefon? Wären Reisekosten der Mandantschaft zu den Gerichtsterminen angemeldet worden, hätte ich damit kein Problem. Die sind zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits förderlich (entsprechende Fundstelle kann bei Bedarf noch nachgeliefert werden, gerade habe ich sie nicht zur Hand).

    Da aber ausdrücklich weitere Informationsreisen zum Anwalt angemeldet wurden, würde ich diese nicht einfach so durch (fiktive) Parteireisekosten zu den Gerichtsterminen "ersetzen".

    TL;DR:
    M.E. sind die Anwaltskosten antragsgemäß erstattungsfähig, von den Informationsreisen nur eine, Rest absetzen.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Mein Problem ist, dass der typische Fall der Informationsreise ja der ist, dass man einen Anwalt am Ort des Gerichts beauftragt und dadurch dessen Reisekosten entfallen.
    Sehe es auch ähnlich, hab nur die Fahrtkosten für die Informationsreise auch nicht als erstattungsfähig angesehen und habe jetzt wie folgt entschieden:

    Auf Klägerseite wurden die Parteiauslagen für die erste Instanz in Höhe von xxx € als erstattungsfähig festgesetzt.
    Unstreitig sind die Fahrtkosten, sowie der Verdienstausfall für die Gerichtstermine, sowie den Ortstermin erstattungsfähig.


    Streitig ist die Erstattungsfähigkeit der angesetzten drei Informationsreisen, für welche jeweils Fahrt- sowie Verdienstausfallkosten geltend gemacht werden.


    Die auswärtige Partei kann regelmäßig den Mehraufwand in Gestalt der Reisekosten eines an ihrem Wohn- oder Geschäftssitz ansässigen Prozessbevollmächtigten erstattet verlangen. Dem ist kostenrechtlich der Fall gleichzustellen, dass sie selbst den Reiseaufwand auf sich nimmt und einen gerichtsansässigen Anwalt aufsucht, um so den Nutzen eines persönlichen Beratungsgesprächs zu ziehen.
    Vorliegend hat die Partei ihren Wohnsitz innerhalb des Gerichtsbezirks, mithin in xxx.
    Sie hat einen Prozessbevollmächtigten am dritten Ort beauftragt, der seinen Sitz sowohl außerhalb des Gerichtsbezirks, als auch außerhalb ihres Wohnsitzes hat.


    Der Prozessbevollmächtigte rechnet für die drei angefallenen Gerichtstermine Reisekosten (Fahrtkosten, sowie Abwesenheitsgelder) nach dem VV RVG ab.
    Da diese Kosten die Kosten eines innerhalb des Gerichtsbezirks ansässigen Anwalts nicht überschreiten, sind diese erstattungsfähig.


    Daneben kann die Partei jedoch keine Parteiauslagen –insbesondere Reisekoste- für eine Informationsreise geltend machen, da ein Prozessbevollmächtigter am dritten Ort beauftragt wurde.
    Es liegt hier gerade nicht der Fall vor, dass die Partei den Reiseaufwand anstelle des wohnsitzansässigen Anwalts auf sich nimmt.


    Bei einem einmaligen ,,face-to-face‘‘ Termin zur Besprechung der Angelegenheit handelt es sich um einen notwendigen Termin, für den die Erstattung der dadurch entstandenen Zeitversäumnis als notwendig anzusehen ist.
    Auch bei Beauftragung eines Anwalts am Wohnort der Partei wäre durch einen notwendigen einmaligen Besprechungstermin eine entsprechende Zeitversäumnis entstanden und der hierfür entstandene Verdienstausfall wäre zu erstatten.


    Im Übrigen ist die mit der Prozessführung verbundene persönliche Mühewaltung der Partei grundsätzlich deren eigener Pflichtensphäre zuzuordnen.
    Die Partei kann die dadurch bedingte Zeitversäumnis im Kostenfestsetzungsverfahren nicht als solche, sondern nur in den durch § 91 Abs. 1 S. 2 ZPO vorgegebenen Grenzen, d.h. für notwendige Reisen oder Wahrnehmung von Terminen beanspruchen.


    Parteiauslagen der Partei zur erstmaligen Information ihres Prozessbevollmächtigten sind in der Regel erstattungsfähig.


    Vorliegend war die Sach- und Rechtslage auch keineswegs einfach gelagert. Das zeigt sich nicht zuletzt an der Anzahl der stattgefundenen Gerichtstermine.


    Eine zweite und sogar dritte Informationsreise kann jedoch nur unter engen Voraussetzungen als "notwendig" (§ 91 ZPO) anerkannt werden können. Die Klägerin beruft sich auf die Notwendigkeit von Vor- und Nachbesprechung der stattgefundenen Gerichtstermine, trägt jedoch nicht genügend konkrete Anhaltspunkte vor, die ausnahmsweise die Erstattungsfähigkeit eines zweiten und sogar dritten Besprechungstermins rechtfertigen würden.
    (OLG Nürnberg, Beschluss vom 06. November 2000 – 4 W 3669/00 –, Rn. 7 - 10, juris)


    Die Zeitversäumnis für den notwendigen einmaligen Informationstermin wurde vorliegend mit zwei Stunden angesetzt.


    Es können auch nicht die Kosten der zwei weiteren Informationstermine anstelle der Reisekosten des Anwalts zu zwei Gerichtsterminen angesetzt werden, da sich die Partei bei mehreren gleichwertigen Möglichkeiten, will sie ihre Kosten im Obsiegensfall beim Prozessgegner liquidieren, für die kostengünstigste entscheiden muss.


    Im Ergebnis sind daher die Fahrtkosten für drei Informationsreisen der Partei, sowie der Verdienstausfall für zwei weitere anwaltliche Besprechungstermine nicht erstattungsfähig.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!