Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO als Eintragungsgrundlage

  • Das Landgericht hat einen Beschluss gem. § 278 Abs. 6 ZPO erlassen und darin festgestellt, dass zwischen den Parteien folgender Vergleich zustande gekommen ist: "Der Beklagte bestellt zu Gunsten des Klägers an dem Grundstück (genau bezeichnet) eine brieflose - gemäß § 800 ZPO vollstreckbare - Grundschuld in Höhe von 100.000,- € nebst 12 % Jahreszinsen ab Eintragungsbewilligung. Kläger und Beklagter bewilligen und beantragen die Eintragung der Grundschuld und beauftragen, den Klägervertreter unwiderruflich, den Eintragungsantrag zu stellen."
    Der Klägervertreter beantragt nunmehr die Eintragung Grundschuld im Grundbuch unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Beschlusses des Landgerichts gem. § 278 Abs.6 ZPO.
    Laut Schöner/Stöber Grundbuchrecht 16. Auflage, Rand-Nr. 161 ist der Prozessvergleich gem. § 278 Abs. 6z ZPO keine öffentliche Urkunde. Andere Ansicht, wenn es sich nicht um eine Auflassung handelt: KG, Beschluss vom 06.01.2011 - 1 W 430/10 -.
    Ich tendiere dazu, der Entscheidung des Kammergerichts zu folgen und den Beschluss gemäß § 278 Abs. 6 ZPO als Eintragungsgrundlage für die Eintragung der Grundschuld zuzulassen. O.K.?
    Die Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung kann ich m.E. nicht verlangen, da Prozessvergleiche nicht dem § 894 ZPO unterliegen (OLG Frankfurt vom 10.04.1980 - 20 W 152/80. Die Vorlage einer begl. Abschrift dürfte ausreichen. O.K.?

    Danke für Eure Stellungnahmen!

  • Wegen der Form kommt es meiner Meinung nach folgerichtig wie bei der notariellen Urkunde darauf an, wer einreicht. Der gewinnende Teil braucht eine Ausfertigung, der verlierende nur eine beglaubigte Abschrift. Und da der Kläger in diesem Sinne gewinnender Teil ist...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Hallo in die Runde,

    mir liegt ebenfalls ein gerichtlicher Beschlusses bzgl. eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO vor.

    Der Vergleich enthält u.a. eine Grundschuldbestellung zugunsten der Kläger 1 und 2.
    Alle erforderlichen Erklärungen sind enthalten, auch die Bewilligung des Beklagten und der Eintragungsantrag des Klägers.
    Es fehlt lediglich das Gemeinschaftsverhältnis.
    Der Beklagte legt nun eine beglaubigte Abschrift des Vergleichs vor und bittet um Vollzug.

    Wie kann der Fall gerettet werden?

    Liegt vielleicht ein Berichtigungsfall i.S. von § 278 Abs. 6 S. 3, § 164 ZPO vor? Dann könnte eine Ergänzung vorgenommen werden.
    Oder kann vielleicht ergänzend eine Erklärung ( § 29 GBO) des Beklagten angefordert werden, in der das Gemeinschaftsverhältnis klargestellt wird?
    Oder führt das Fehlen einer zur Eintragung erforderlichen Bestimmung vielleicht sogar zur Unwirksamkeit des Vergleichs?

    Vorab herzlichen Dank.

  • Eine Unwirksamkeit des Vergleichs sehe ich hier nicht. Ich würde beides (Beschlussberichtigung, wenn das Gericht sie vornimmt, oder ergänzende Urkunde in der Form des § 29 GBO) mitmachen.

  • Ebenso. Der § 164 ZPO wird nur greifen, wenn das Gemeinschaftsverhältnis zwar erkärt war, dann aber nicht seinen Weg in den Vergleich gefunden hat. Beim Parteiversäumnis eher der § 319 ZPO. Wird sich der Richter vermutlich nicht sperren. Und sonst ist der Vergleich auch nur eine Bewilligung in etwas anderer Form. Kann so durch eine nachträglich Erklärung ergänzt werden, wie andere Bewilligungen auch.


  • Laut Schöner/Stöber Grundbuchrecht 16. Auflage, Rand-Nr. 161 ist der Prozessvergleich gem. § 278 Abs. 6z ZPO keine öffentliche Urkunde. Andere Ansicht, wenn es sich nicht um eine Auflassung handelt: KG, Beschluss vom 06.01.2011 - 1 W 430/10 -.

    Guten Morgen, ich habe genau dieses Problem! Ein Rechtsanwalt legt mir die Ausfertigung eines landgerichtlichen Beschlusses vor, in welchem die Auflassung der Miterben an die Klägerin erklärt wird.

    Was muss ich jetzt fordern? Eine neue Auflassung der Parteien??

    Danke für eure Hilfe...


  • Laut Schöner/Stöber Grundbuchrecht 16. Auflage, Rand-Nr. 161 ist der Prozessvergleich gem. § 278 Abs. 6z ZPO keine öffentliche Urkunde. Andere Ansicht, wenn es sich nicht um eine Auflassung handelt: KG, Beschluss vom 06.01.2011 - 1 W 430/10 -.

    Guten Morgen, ich habe genau dieses Problem! Ein Rechtsanwalt legt mir die Ausfertigung eines landgerichtlichen Beschlusses vor, in welchem die Auflassung der Miterben an die Klägerin erklärt wird.

    Was muss ich jetzt fordern? Eine neue Auflassung der Parteien??

    Danke für eure Hilfe...

    Nach § 20 GBO musst du prüfen, ob eine wirksame Auflassung vorliegt. Das ist nur dann der Fall, wenn beide Vertragsparteien gleichzeitig vor einer zuständigen Stelle anwesend waren. Bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO ist das nicht unbedingt der Fall. Du musst also prüfen wie genau der Vergleich zustande kam.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer


  • Laut Schöner/Stöber Grundbuchrecht 16. Auflage, Rand-Nr. 161 ist der Prozessvergleich gem. § 278 Abs. 6z ZPO keine öffentliche Urkunde. Andere Ansicht, wenn es sich nicht um eine Auflassung handelt: KG, Beschluss vom 06.01.2011 - 1 W 430/10 -.

    Guten Morgen, ich habe genau dieses Problem! Ein Rechtsanwalt legt mir die Ausfertigung eines landgerichtlichen Beschlusses vor, in welchem die Auflassung der Miterben an die Klägerin erklärt wird.

    Was muss ich jetzt fordern? Eine neue Auflassung der Parteien??

    Danke für eure Hilfe...

    Nach § 20 GBO musst du prüfen, ob eine wirksame Auflassung vorliegt. Das ist nur dann der Fall, wenn beide Vertragsparteien gleichzeitig vor einer zuständigen Stelle anwesend waren. Bei einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO ist das nicht unbedingt der Fall. Du musst also prüfen wie genau der Vergleich zustande kam.

    Was bedeuten würde, ich lasse mir zunächst weitere Unterlagen (Protokoll o. ä.) vom RA übersenden?

  • Ja, vorausgesetzt, Du kommst zu dem Ergebnis, dass die Auflassung im schriftlichen Vergleich nach § 278 Absatz 6 ZPO überhaupt erklärt werden konnte (siehe ablehnend Schneider in seiner Anmerkung zum Beschluss des BGH vom 01.02.2017, XII ZB 71/16 in der NZFam 2017, 279 („Ein Beschlussvergleich ist nach § 278 VI ZPO nach wie vor nicht möglich, wenn dort auch die Einigung und Auflassung erklärt werden soll. In diesem Fall ist nach wie vor ein Termin erforderlich, da Auflassung und Einigung gemäß § 925 I BGB die Anwesenheit beider Vertragsparteien voraussetzen, was bei einem Vorgehen nach § 278 VI ZPO naturgemäß nicht der Fall ist (OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1609“), Einsele im Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2021, § 127a RN 4: „Insbesondere kann in einem Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO keine Auflassung erfolgen, weil hier die Voraussetzung des § 925 Abs. 1 S. 1 – nämlich gleichzeitige Anwesenheit von Grundstücksveräußerer und -erwerber – nicht erfüllt ist; dass die Auflassung gemäß § 925 Abs. 1 S. 3 grundsätzlich in einem gerichtlichen Vergleich erklärt werden kann, macht die gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsparteien nicht entbehrlich.23“, Wollenschläger im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.08.2022, § 127a BGB RN 43 mwN in Fußnote 123; Junker im jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 127a BGB (Stand: 01.05.2020), RN 46 mwN in Fußnote 63 (“es handelt sich hierbei um eine materiell-rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzung für die Auflassung; ein Verstoß führt zur Nichtigkeit.63“; Hügel im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2022, § 20 GBO RN 48 unter Hinweis darauf, dass der BGH die Streitfrage im gegenteiligen Sinne entschieden habe.

    Der Beschluss des OLG Hamm 15. Zivilsenat vom 28.02.2018 - 15 W 292/17
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/hamm…s_20180228.html
    lautet:

    1. Aufgrund einer Auflassung in einem Vergleich gemäß § 278 Abs. 6 ZPO kann eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch nicht erfolgen, weil es in diesem Fall an einer gleichzeitigen Anwesenheit von Erwerber und Veräußerer (§ 925 Abs. 1 Satz 1 BGB) fehlt. Die Regelung des § 925 Abs. 1 Satz 3 BGB enthält keine Ausnahme von dem Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit der Erklärenden bei der Auflassung nach § 925 Abs. 1 Satz 1 BGB.

    2. Aus der Entscheidung des BGH vom 01.02.2017 (XII ZB 71/16) folgt nichts anderes. Aus dieser Entscheidung lässt sich eine generelle Gleichsetzung eines protokollierten Vergleichs mit einem Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO nicht entnehmen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich vermute, daß Burkinafaso darauf hinaus wollte, daß es infolge der Neufassung zum 1.1.2020 inzwischen auch möglich ist, daß der Vergleichsvorschlag des Gerichts oder die Annahme des Vorschlags zu Protokoll (§§ 159 ff ZPO) einer mündlichen Verhandlung erklärt werden. Laut der neueren Kommentierung scheitert das immer noch am Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit. Vielleicht läßt sich noch klären, warum sie trotz einer mündlichen Verhandlung nicht vorliegen kann.

  • Ich vermute, daß Burkinafaso darauf hinaus wollte, daß es infolge der Neufassung zum 1.1.2020 inzwischen auch möglich ist, daß der Vergleichsvorschlag des Gerichts oder die Annahme des Vorschlags zu Protokoll (§§ 159 ff ZPO) einer mündlichen Verhandlung erklärt werden. Laut der neueren Kommentierung scheitert das immer noch am Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit. Vielleicht läßt sich noch klären, warum sie trotz einer mündlichen Verhandlung nicht vorliegen kann.

    So ist es. Ich war mir halt einfach nicht sicher, ob es einen Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO geben, wenn beide Parteien sich bei gleichzeitiger Anwesenheit in der Sitzung einigen.

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    Zitat Josef Dörndorfer

  • § 278 ZPO in der Fassung vom 1.1.2020 galt nur bis zum 31.12.2021. Seit dem 1.1.2022 gilt § 278 ZPO in der Fassung vom 5.10.2021 (BGBl I 2021, Seite 4607 = Art. 1 des Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs, mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 05.10.2021).

    Mit der Neufassung zum 1.1.2020 sind allerdings die Modalitäten eines schriftlichen gerichtlichen Vergleichsabschlusses nach § 278 Absatz 6 Satz 1 Variante 2 ZPO dahin erweitert worden, dass auch ein „schriftlicher“ Vergleich dadurch herbeigeführt werden kann, dass das Gericht einen Vergleichsvorschlag zu Protokoll der mündlichen Verhandlung abgibt bzw. dass die Parteien einen Vergleichsvorschlag zu Protokoll der mündlichen Verhandlung annehmen (s. Fölsch, „Neuerungen im Zivilprozess – Entfristung, Spezialisierung, Effizienz“, NJW 2020, 801 ff, 804/805).

    Der daraufhin ergehende Beschluss nach § 278 Absatz 6 ZPO hat aber nur feststellenden Charakter Der BGH führt in Rz. 12 des Beschlusses vom 02.02.2012, I ZB 95/10, aus:

    „Nach der Vorschrift des § 278 Abs. 6 ZPO können seit dem 1. September 2004 Prozessvergleiche auch dadurch zustande kommen, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts annehmen und das Gericht das Zustandekommen und den Inhalt des Vergleichs durch Beschluss feststellt.

    Das entspricht der aktuellen Bestimmung des § 278 Absatz 6 Satz 2 ZPO („Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest“).

    Festgestellt wird also nur das Zustandekommen und der Inhalt des Vergleichs. Der Beschluss besagt daher nichts darüber, ob ihm ein schriftlicher Antrag der Parteien auf Feststellung eines übereinstimmenden Vergleichsvorschlags oder die Annahme eines Vergleichsvorschlags des Gerichts zugrunde liegt. Dieser gerichtliche Vorschlag kann sowohl schriftlich, als auch zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärt und angenommen werden (Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 34. Auflage 2022, § 278 RNern 34a und 34b). Wenn Greger in § 287 ZPO RN 35 davon ausgeht, dass die Auflassung mangels gleichzeitiger Anwesenheit der Parteien iSv § 925 I BGB im schriftlichen Vergleich aber nicht erklärt werden kann, dann dürfte dies darauf beruhen, dass aus dem feststellenden Beschluss nach § 278 Absatz 6 ZPO eben nicht hervorgeht, dass sich die Parteien bei gleichzeitiger (protokollierter) Anwesenheit über den Übergang des Eigentums einig waren. Jedenfalls sehen es auch die nach der Neufassung der ZPO ergangenen und vorstehend zitierten Kommentierungen von MüKo/Einsele, BeckOGK/Wollenschläger, juris/PK/Junker, BeckOK/Hügel so, dass die Auflassung im Vergleich nach § 278 Absatz 6 ZPO nicht erklärt (bzw., da es sich um einen feststellenden Beschluss handelt) nicht als erklärt wiedergegeben werden kann.

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  • Deswegen lautete die Frage aber auch nach dem Protokoll und nicht nach dem feststellenden Beschluss. Wenn die Erklärungen in der mündlichen Verhandlung abgegeben wurden, müssen sie protokolliert worden sein. Der Beschluss, der die Einigung feststellt und das Protokoll, das ggf. die gleichzeitige Anwesenheit belegt, sollten doch zusammen genügen.

  • Dann wüsste ich jetzt nicht, worin der Unterschied vom Beschlussvergleich zum normalen Vergleich bestehen soll (s. Böttcher, „Die Entwicklung des Grundbuch- und Grundstücksrechts bis Ende 2017“, NJW 2018, 831 ff, 833/834 unter IV)

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