Alt-Pfändungen während RSB, Bank verweigert Auszahlung

  • Huhu,

    ich habe einen Schuldner der in der RSB ist.
    Er hat Pfändung auf dem Konto, die von der Zeit vor Insolvenzeröffnung stammen, also keine Neugläubiger.

    Nun hat er Krankengeld und Arbeitseinkommen aufs Konto bekommen und damit den Freibetrag überschritten.

    Die Treuhänderin hat ein Schreiben für die Bank aufgesetzt, dass das Geld auszuzahlen ist.

    Die Bank verweigert wegen der Verstrickung und der Altpfändungen jedoch die Auszahlung und verlangt einen gerichtlichen Freigabebeschluss.

    Kann bzw. Muss ich als Vollstreckungsgericht hier etwas freigeben?

    M.E. ist § 294 InsO von der Bank zu beachten. Die dürfen nicht an die Insogläubiger auszahlen?!

    Liebe Grüße

  • Die öffentlich-rechtliche Verstrickung bleibt so lange bestehen, bis die Maßnahmen förmlich aufgehoben sind. Dieses Vollstreckungsverbot ist von Amts wegen zu beachten oder es kann die Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden (vgl. Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 294, Rn. 15). Daraufhin kann das Vollstreckungsgericht den Pfüb aufheben.

  • Da verweise ich mal auf die Entscheidung des BGH vom 19.11.2020, IX ZB 14/20. Der PfüB ist nicht aufzuheben, sondern das Verfahren nur einzustellen.

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  • Die öffentlich-rechtliche Verstrickung bleibt so lange bestehen, bis die Maßnahmen förmlich aufgehoben sind. Dieses Vollstreckungsverbot ist von Amts wegen zu beachten oder es kann die Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden (vgl. Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 294, Rn. 15). Daraufhin kann das Vollstreckungsgericht den Pfüb aufheben.

    Den Pfüb würde ich keinesfalls aufheben, da dem Gläubiger der erlangte Rang dadurch ungerechtfertigt verloren gehen würde.

    Diskutiert wurde die Problematik z. B. auch bereits hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1138522

  • Ich hätte jetzt einen Antrag auf Aussetzung der Pfändung die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens aufgenommen.

    Verstrickung bleibt auf jeden Fall bestehen, Aufheben auf keinen Fall, da ja auch die RSB versagt werden könnte.


    Begründung so:

    Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 88 Insolvenzordnung (InsO) ist die Rückschlagsperre zu beachten, sowie gemäß § 89 InsO im Übrigen ein vollständiges Vollstreckungsverbot im Hinblick auf Einzelzwangsvollstreckungsmaßnahmen eingetreten ist.
    Zwar bleibt die Verstrickung der Forderung bestehen, das Pfändungspfandrecht ist allerdings nicht durchsetzbar.

    Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens am xxx gilt nunmehr statt § 89 InsO, der ein eröffnetes Verfahren voraussetzt, aber § 294 InsO und bewirkt ebenfalls ein umfassendes Vollstreckungsverbot in Bezug auf Insolvenzgläubiger, so BGH, Beschluss vom 28. Juni 2012, Az. IX ZB 313/11.

    Auch während der Dauer der Wohlverhaltensphase dürfen daher alte Pfändungen von Insolvenzgläubigern nicht bedient werden.
    Dies gilt auch für Pfändungen von Insolvenzgläubigern aufgrund unerlaubter Handlung in den Vorrechtsbereich gemäß § 850 f Absatz 2 ZPO.
    Selbst wenn diese Gläubiger die Forderungen nach Erteilung der Restschuldbefreiung weiter geltend machen können, sind sie doch während der Laufzeit der Wohlverhaltensphase mit den anderen Gläubigern gleich zu behandeln.
    Gemäß § 294 InsO sind Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger in das Vermögen des Schuldners in dem Zeitraum zwischen Beendigung des Insolvenzverfahrens und dem Ende der Abtretungsfrist nicht zulässig.

    Das Vollstreckungsverbot entfaltet solange seine Wirkung, als die Zwecke des Insolvenzverfahrens und der möglichen Restschuldbefreiung dies rechtfertigen (BGH, Beschluss vom 24.03.2011, IX ZB 217/08).

    Es handelt sich vorliegend ausschließlich um Forderungen, die aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung am xxx rühren, mithin zweifelsfrei nicht um Neugläubiger.
    Daraus folgt, dass die o.g. Pfändungen bereits kraft Gesetzes während der laufenden Restschuldbefreiungsphase von der Bank als Drittschuldnerin nicht bedient werden dürfen.

    Im Übrigen hat die Treuhänderin, xxx, eine entsprechende Erklärung abgegeben, aufgrund Freigabe an mich erfolgen muss.
    Sodass auch eine Abführung an die Treuhänderin nicht zu erfolgen hat.

    Damit war die Zwangsvollstreckungsmaßnahme gemäß § 294 InsO bist zur abschließenden Entscheidung über die Rechtschuldbefreiung auszusetzen.
    Endgültig können der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erst aufgehoben werden, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt wurde.

  • Die öffentlich-rechtliche Verstrickung bleibt so lange bestehen, bis die Maßnahmen förmlich aufgehoben sind. Dieses Vollstreckungsverbot ist von Amts wegen zu beachten oder es kann die Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden (vgl. Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 294, Rn. 15). Daraufhin kann das Vollstreckungsgericht den Pfüb aufheben.

    Den Pfüb würde ich keinesfalls aufheben, da dem Gläubiger der erlangte Rang dadurch ungerechtfertigt verloren gehen würde. Diskutiert wurde die Problematik z. B. auch bereits hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1138522

    Oh, entschuldige. Im Eifer des Gefechts war ich davon ausgegangen, dass die RSB bereits erteilt ist. :oops:

  • Ich würde vorliegend keine Aussetzung der Pfändung für die WVP beschließen, sondern vielmehr einen ganz gewöhnlichen Freigabebeschluss in entsprechender Höhe machen. Alles andere führt nach m.E. nur zu Verwirrung und der DS wird im Zweifel trotzdem nicht auszahlen, weil er einen expliziten Freigabebeschluss haben möchte.

  • Die öffentlich-rechtliche Verstrickung bleibt so lange bestehen, bis die Maßnahmen förmlich aufgehoben sind. Dieses Vollstreckungsverbot ist von Amts wegen zu beachten oder es kann die Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden (vgl. Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 294, Rn. 15). Daraufhin kann das Vollstreckungsgericht den Pfüb aufheben.

    Den Pfüb würde ich keinesfalls aufheben, da dem Gläubiger der erlangte Rang dadurch ungerechtfertigt verloren gehen würde. Diskutiert wurde die Problematik z. B. auch bereits hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1138522

    Oh, entschuldige. Im Eifer des Gefechts war ich davon ausgegangen, dass die RSB bereits erteilt ist. :oops:

    wenn RSB bereits erteilt ist, gibt es keine Grund mehr für ein Tätigwerden des Volsltreckungsgerichts, da es auch kein Volsltreckungshinderniss mehr gibt.
    Dann obliegt es dem Schuldner, die Wirkung der RSB im Klagewege zu verfolgen, BGH, Beschluss vom 25. September 2008 - IX ZB 205/06.

    Matze: Du ignoriest dann also einfach das Volsltreckungshindernis des § 294 InsO?

  • Die öffentlich-rechtliche Verstrickung bleibt so lange bestehen, bis die Maßnahmen förmlich aufgehoben sind. Dieses Vollstreckungsverbot ist von Amts wegen zu beachten oder es kann die Erinnerung nach § 766 ZPO eingelegt werden (vgl. Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 294, Rn. 15). Daraufhin kann das Vollstreckungsgericht den Pfüb aufheben.

    Den Pfüb würde ich keinesfalls aufheben, da dem Gläubiger der erlangte Rang dadurch ungerechtfertigt verloren gehen würde. Diskutiert wurde die Problematik z. B. auch bereits hier: https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1138522

    Oh, entschuldige. Im Eifer des Gefechts war ich davon ausgegangen, dass die RSB bereits erteilt ist. :oops:

    ...

    Matze: Du ignoriest dann also einfach das Volsltreckungshindernis des § 294 InsO?

    Von einem Ignorieren kann man m. E. nicht sprechen.

    Es kommt auf den Antrag des Schuldners an, wir befinden uns im ZPO-Verfahren. Wenn dieser sonst wegen seiner niedrigen Einkünfte gar keine Probleme mit der bestehenden Kontopfändung hat und jetzt nur wegen einer Nachzahlung von Krankengeld einmalig erhöht werden soll, kann man nicht davon ausgehen, dass der Schuldner Erinnerung nach § 766 ZPO im Hinblick auf § 294 Inso einlegen wollte.

  • Danke Frog, genau so ist es nach m.E. nämlich.

    Also wenn du vorliegend den Antrag selber aufgenommen hast, Rechtspflegerin., dann bleiben dir ja nur diese beiden Wege. Aussetzung sämtlicher Pfübse , die auf dem Konto liegen, für den Zeitraum der WVP oder aber eben Freigabe der den Freibetrag überschießenden Beträge zu sämtlichen Verfahren die das Konto betreffen. :gruebel:

  • ausgehend von #6 ging ich bei meinen Antworten und meiner Frage davon aus, dass eine Antrag auf Aussetzung der Pfändung gestellt wird.

    Losgelöst davon stellt sich natürlich auch die Frage, ob ein "bei der Volsltreckung von Amts wegen" zu beachtendes und dem Volsltreckungsgericht bekannt gewordenes Vollstreckungshindernis im Rahmen der Bescheidung von Anträgen nach z.B. § 850k Abs. 4 ZPO auch zu würdigen wäre.

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