Antrag auf einstw. Einst. der Zwangsvollstreckung nach § 765 a ZPO

  • Seit Kurzem bearbeite ich (auch) Zwangsvollstreckungssachen. Nun liegt mir mein erster Antrag nach § 765 a ZPO vor.

    In einem Vergleich hat sich die Mieterin (die Antragstellerin) verpflichtet, ihre Wohnung bis zu einem bestimmten Datum zu räumen, was nicht erfolgt ist.

    Die Gerichtsvollzieherin hat die vorliegende Antragstellerin aufgefordert, die Wohnung zu räumen und Termin zur Herausgabevollstreckung auf den 08.04.2021 bestimmt.

    Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin beantragt für diese:

    1. Die Zwangsvollstreckung aus... wird hinsichtlich des Räumungsanspruchs bis zum 15.07.2021 untersagt.

    2. Bis zur Entscheidung über den Vollstreckungsschutzantrag wird die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt.

    Der Ablauf de Verfahrens ist mir grundsätzlich klar. Was muss oder kann ich aber jetzt sofort machen? Die Zeit drängt ja und es ist ein Antrag auf einstweilige Einstellung.

  • Für eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bis zur Entscheidung über den Vollstreckungsschutzantrag ist es m.E. erforderlich, dass ein besonderer Härtefall glaubhaft gemacht wurde und eine endgültige Entscheidung in der Sache nicht rechtzeitig erfolgen könnte.

    Bei einer Räumungsvollstreckung wird dies m.E. regelmäßig nicht der Fall sein, weil der Antrag nach §765a Abs. 3 ZPO grundsätzlich fristgebunden ist.
    Es bleibt daher i.d.R. ausreichend Zeit den Gläubiger anzuhören und eine Entscheidung zu fällen.
    Anders kann es z.B. sein, wenn dem Schuldner Gelegenheit zu geben ist (z.B. wegen vorgebrachter akuter Suizidgefährdung) ein medizinisches oder psychiatrisches Gutachten als Nachweis beizubringen (vgl. Bendtsen in: Kindl/Meller-Hannich, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Auflage 2021, Rn. 84).

    Vorliegend scheint derartiges nicht ersichtlich zu sein, sodass m.E. der Gläubiger Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche erhalten sollte (kann ggf. unterbleiben, wenn der Antrag ohne jede Erfolgsaussicht ist und definitiv zurückgewiesen werden muss).
    Auch die Gerichtsvollzieherin sollte man m.E. informieren, dass der Antrag vorliegt und darüber noch vor dem Termin entschieden wird. Dann kann sie sich darauf einstellen und ggf. vor dem Termin noch das Faxgerät überprüfen.

    Auf keinen Fall kann vorliegend eine einstweilige Einstellung ohne Anhörung des Gläubigers erfolgen, da bis zum Termin noch ausreichend Zeit für eine Anhörung ist.

  • Als Begründung wird im Antrag nach 765 a ZPO angegeben, dass der Antragsteller eine neue Wohnung gefunden habe, dies aber erst in ca. drei Monaten beziehen könne. Ein Mietvertrag sei geschlossen worden, eine Ausfertigung liege dem Antragsteller aber noch nicht vor. Als Beweis wird eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vorgelegt, in der er den Abschluss des Mietvertrags mit den angegeben Daten an Eides statt versichert.

    Ist das ausreichend für die Einstellung der Zwangsvollstreckung?

  • Vor welcher Behörde wurde denn die Eidesstattliche Versicherung abgegeben? Denn für eine rechtlich verwertbare muss diese ja von einer Behörde abgenommen worden sein ( § 156 StGB).

    Eine selbst geschriebene wäre für mich unbeachtlich, da keine rechtliche Relevanz, keine mögliche Strafbarkeit, hat also genau die gleiche Auswirkung wie eine normale Behauptung.

    Wenn, dann möchte ich eine, die bei Unwahrheit auch Folgen hat.

    Oder wie seht ihr dies?

  • Vor welcher Behörde wurde denn die Eidesstattliche Versicherung abgegeben? Denn für eine rechtlich verwertbare muss diese ja von einer Behörde abgenommen worden sein ( § 156 StGB).

    Eine selbst geschriebene wäre für mich unbeachtlich, da keine rechtliche Relevanz, keine mögliche Strafbarkeit, hat also genau die gleiche Auswirkung wie eine normale Behauptung.

    Wenn, dann möchte ich eine, die bei Unwahrheit auch Folgen hat.

    Oder wie seht ihr dies?

    Anders. ;) Eine falsche Versicherung an Eides Statt kann auch schriftlich abgegeben werden und ist ggf. genauso strafbar, vgl. Schönke/Schröder/Bosch/Schittenhelm, 30. Aufl. 2019 Rn. 19, StGB § 156 Rn. 19:

    Zitat

    Kann zB die Versicherung nur zu Protokoll der Behörde erklärt werden, so ist Voraussetzung, dass die Erklärung vor einem zur Aufnahme der Niederschrift ermächtigten Vertreter der Behörde erfolgt (so in § 95 AO; vgl. dazu BGH StV 85, 505; vgl. ferner § 27 II VwVfG, wobei jedoch zweifelhaft ist, ob es sich hier nicht um eine bloße Ordnungsvorschrift handelt, da der Erklärende die Versicherung auch selbst schriftlich abgeben könnte [vgl. dazu Düsseldorf NStZ 91, 38]). – Eine schriftliche Versicherung ist iS des § 156 abgegeben, wenn sie mit Willen des Erklärenden der zuständigen Behörde zugegangen ist (vgl. RG 22 268, 32 436, 47 156, 49 47, BGH NJW 99, 2380, Stuttgart NStZ-RR 96, 265, Fischer 15, H. E. Müller MK 12, Rudolphi SK 4, Ruß LK 3, Vormbaum NK 20).

  • Als Begründung wird im Antrag nach 765 a ZPO angegeben, dass der Antragsteller eine neue Wohnung gefunden habe, dies aber erst in ca. drei Monaten beziehen könne. Ein Mietvertrag sei geschlossen worden, eine Ausfertigung liege dem Antragsteller aber noch nicht vor. Als Beweis wird eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vorgelegt, in der er den Abschluss des Mietvertrags mit den angegeben Daten an Eides statt versichert.

    Ist das ausreichend für die Einstellung der Zwangsvollstreckung?

    Was heißt "in ca. 3 Monaten"? Wann ist Mietbeginn laut Vertrag? Wenn der ASt nicht unmittelbar danach einzieht (wofür ein wenig der Antrag auf Einstellung bis zum 15.7. hindeutet), worauf ist das zurückzuführen? Da würde ich nachhaken. Zum Wohnung renovieren oder so was gäbe es bei mir (in der Regel) keinen Tag Räumungsfrist länger.
    Und: wird derzeit eine Nutzungsentschädigung für die alte Wohnung gezahlt? Wenn nein, würde das meine Neigung zu Räumungsschutz deutlich verringern - neue Wohnung hin oder her.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Als Begründung wird im Antrag nach 765 a ZPO angegeben, dass der Antragsteller eine neue Wohnung gefunden habe, dies aber erst in ca. drei Monaten beziehen könne. Ein Mietvertrag sei geschlossen worden, eine Ausfertigung liege dem Antragsteller aber noch nicht vor. Als Beweis wird eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vorgelegt, in der er den Abschluss des Mietvertrags mit den angegeben Daten an Eides statt versichert.

    Ist das ausreichend für die Einstellung der Zwangsvollstreckung?

    Was heißt "in ca. 3 Monaten"? Wann ist Mietbeginn laut Vertrag? Wenn der ASt nicht unmittelbar danach einzieht (wofür ein wenig der Antrag auf Einstellung bis zum 15.7. hindeutet), worauf ist das zurückzuführen? Da würde ich nachhaken. Zum Wohnung renovieren oder so was gäbe es bei mir (in der Regel) keinen Tag Räumungsfrist länger.
    Und: wird derzeit eine Nutzungsentschädigung für die alte Wohnung gezahlt? Wenn nein, würde das meine Neigung zu Räumungsschutz deutlich verringern - neue Wohnung hin oder her.

    Ich muss mich korrigieren: Der Antragsteller hat mitgeteilt, dass Mietbeginn der 01.07.2021 ist und er an diesem Tag auch in die Wohnung einziehen wird.

    In der Rechtsprechnug wird teilweise die Meinung vetrtreten, dass es eine unzumutbare Härte im Sinne von § 765 a ZPO wäre, wenn der Mieter (wie vorliegend) innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums quasi zweimal umziehen muss. Von der geräumten Wohnung in eine Ersatzwohnung oder Notunterkunft in die neue Wohnung.

    Wie seht Ihr das?

  • Grundsätzlich kann man in der vorliegenden Konstellation durchaus befristet Räumungsschutz gewähren, wenn

    a) der Mietrückstand getilgt wurde und
    b) die laufende Nutzungsentschädigung gezahlt und
    c) der Gläubiger bei seiner Anhörung zum Antrag keine das Interesse des Schuldners überwiegenden Interessen dargelegt hat.

  • Grundsätzlich kann man in der vorliegenden Konstellation durchaus befristet Räumungsschutz gewähren, wenn

    a) der Mietrückstand getilgt wurde und
    b) die laufende Nutzungsentschädigung gezahlt und
    c) der Gläubiger bei seiner Anhörung zum Antrag keine das Interesse des Schuldners überwiegenden Interessen dargelegt hat.

    Schön zusammengefasst :daumenrau

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Als entscheidungserheblich würde ich auch die Umstände des Vergleichs ansehen:

    Wenn der Vergleich z. B. im Oktober 2020 geschlossen wurde mit der Maßgabe Auszug erst im Feb. 2021, um ausreichend Zeit für die Anmietung einer Ersatzwohnung zu haben, würde ich schon gerne wissen wollen, weswegen diese schon im Vergleich "bewilligte" Frist ungenutzt verstrichen ist.

    Die Trauben hängen da ziemlich hoch...

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Ich lege den § 765a ZPO immer recht eng aus, da stets auch die Rechte des Gläubigers zu wahren sind. Und sobald Mietrückstände bestanden haben oder die laufende Miete nicht bezahlt wurde, ist für mich grundsätzlich auch ein zweimaliger kurzfristiger Umzug zumutbar.

  • Von der Vermieterseite wurde nun mitgeteilt, dass keine Mietrückstände und keine Rückstände auf die Nutzungsentschädigung bestehen. Aus der letzten Nebenkostenabrechnung des Jahres 2020 sind noch ca. 400,-- EUR offen, die trotz Rechnungsstellung vom Mieter noch nicht bezahlt wurden.

    Weiter wurde vom Vermieter mitgeteilt, dass der Mieter schon eine Wohnung zum 01.04. hatte, diese aber abgesagt hat, da die nun zum 01.07. gemietete Wohnung ihm besser gefallen habe.

    Wie würdet Ihr entscheiden?

    Einmal editiert, zuletzt von greg (1. April 2021 um 11:52)

  • Von der Vermieterseite wurde nun mitgeteilt, dass keine Mietrückstände und keine Rückstände auf die Nutzungsentschädigung bestehen. Aus der letzten Nebenkostenabrechnung des Jahres 2020 sind noch ca. 400,-- EUR offen, die trotz Rechnungsstellung vom Mieter noch nicht bezahlt wurden.

    Weiter wurde vom Vermieter mitgeteilt, dass der Mieter schon eine Wohnung zum 01.04. hatte, diese aber abgesagt hat, da die nun zum 01.07. gemietete Wohnung ihm besser gefallen habe.

    Wie würdet Ihr entscheiden?

    Räumungsschutz ablehnen. Anspruch auf eine künftige Wunschwohnung besteht bei einer anberaumten Zwangsräumung nicht mehr. Hinzu kommt die nicht geleistete Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung. Mutmaßlich wurde auch wegen dieser das Mietverhältnis gekündigt.

    Unabhängig davon, was hat denn der Schuldner zu den entsprechenden Punkten (siehe Beitrag #9) vorgetragen? Der Schuldner muss nachweisen, dass Mietrückstände getilgt und die Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung sichergestellt ist (und künftig!).

    Ich höre daher möglichst erst bei einem entsprechend substantitierten Antrag den Gläubiger/ehemaligen Vermieter an.

  • Weiter wurde vom Vermieter mitgeteilt, dass der Mieter schon eine Wohnung zum 01.04. hatte, diese aber abgesagt hat, da die nun zum 01.07. gemietete Wohnung ihm besser gefallen habe.

    Wenn das richtig sein sollte, was hier vorgetragen wird, erübrigt sich jeder Gedanke an Räumungsschutz.

    Ich sehe hier nur die Möglichkeit, sich z. B. gegen eine Abstandszahlung mit dem Vermieter zu einigen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Weiter wurde vom Vermieter mitgeteilt, dass der Mieter schon eine Wohnung zum 01.04. hatte, diese aber abgesagt hat, da die nun zum 01.07. gemietete Wohnung ihm besser gefallen habe.

    Wenn das richtig sein sollte, was hier vorgetragen wird, erübrigt sich jeder Gedanke an Räumungsschutz.

    Ich sehe hier nur die Möglichkeit, sich z. B. gegen eine Abstandszahlung mit dem Vermieter zu einigen.

    Ebenso :daumenrau

    Eine sittenwidrige Härte scheidet aus, wenn die Schuldnerin freiwillig auf eine rechtzeitig zur Verfügung stehende Wohnung verzichtet haben sollte.

  • Als Begründung wird im Antrag nach 765 a ZPO angegeben, dass der Antragsteller eine neue Wohnung gefunden habe, dies aber erst in ca. drei Monaten beziehen könne. Ein Mietvertrag sei geschlossen worden, eine Ausfertigung liege dem Antragsteller aber noch nicht vor. Als Beweis wird eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vorgelegt, in der er den Abschluss des Mietvertrags mit den angegeben Daten an Eides statt versichert.

    Ist das ausreichend für die Einstellung der Zwangsvollstreckung?

    Was heißt "in ca. 3 Monaten"? Wann ist Mietbeginn laut Vertrag? Wenn der ASt nicht unmittelbar danach einzieht (wofür ein wenig der Antrag auf Einstellung bis zum 15.7. hindeutet), worauf ist das zurückzuführen? Da würde ich nachhaken. Zum Wohnung renovieren oder so was gäbe es bei mir (in der Regel) keinen Tag Räumungsfrist länger.
    Und: wird derzeit eine Nutzungsentschädigung für die alte Wohnung gezahlt? Wenn nein, würde das meine Neigung zu Räumungsschutz deutlich verringern - neue Wohnung hin oder her.

    Räumungsschutz (egal warum) gibt es bei mir mit der Auflage, eine Nutzungsentschädigung in Höhe und Fälligkeit der früheren Miete zu zahlen. Erfolgt dieses nicht, wird der Beschluss sofort aufgehoben. Da meistens auch Mietrückstände bestehen, habe ich gern auch als Auflage die Zahlung eines kleinen Betrages (50 - 100 €) zusätzlich als Auflage genommen, so als Zuckerl für den Vermieter

  • Als Begründung wird im Antrag nach 765 a ZPO angegeben, dass der Antragsteller eine neue Wohnung gefunden habe, dies aber erst in ca. drei Monaten beziehen könne. Ein Mietvertrag sei geschlossen worden, eine Ausfertigung liege dem Antragsteller aber noch nicht vor. Als Beweis wird eine eidesstattliche Versicherung des Antragstellers vorgelegt, in der er den Abschluss des Mietvertrags mit den angegeben Daten an Eides statt versichert.

    Ist das ausreichend für die Einstellung der Zwangsvollstreckung?

    Was heißt "in ca. 3 Monaten"? Wann ist Mietbeginn laut Vertrag? Wenn der ASt nicht unmittelbar danach einzieht (wofür ein wenig der Antrag auf Einstellung bis zum 15.7. hindeutet), worauf ist das zurückzuführen? Da würde ich nachhaken. Zum Wohnung renovieren oder so was gäbe es bei mir (in der Regel) keinen Tag Räumungsfrist länger.
    Und: wird derzeit eine Nutzungsentschädigung für die alte Wohnung gezahlt? Wenn nein, würde das meine Neigung zu Räumungsschutz deutlich verringern - neue Wohnung hin oder her.

    Räumungsschutz (egal warum) gibt es bei mir mit der Auflage, eine Nutzungsentschädigung in Höhe und Fälligkeit der früheren Miete zu zahlen. Erfolgt dieses nicht, wird der Beschluss sofort aufgehoben. Da meistens auch Mietrückstände bestehen, habe ich gern auch als Auflage die Zahlung eines kleinen Betrages (50 - 100 €) zusätzlich als Auflage genommen, so als Zuckerl für den Vermieter

    Mit anderen Worten, die Zahlung der laufenden Nutzungsentschädigung reicht dir, die Mietrückstände können weiter bestehen? :gruebel:

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