Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft in Polen

  • Mir liegt ein Antrag auf Genehmigung der Ausschlagung einer Erbschaft durch einen Minderjährigen vor. Der Anfall der Erbschaft war in Polen. Die Ausschlagungserklärung wurde vor dem Nachlassgericht des Wohnsitzes des Minderjährigen und dessen Eltern in Deutschland erklärt.

    Zur Werthaltigkeit des Nachlasses finden sich in der Niederschrift und in den weiteren Unterlagen keinerlei Angaben.

    Bin ich für die Erteilung der Genehmigung überhaupt zuständig?

    Wie ist hier vorzugehen?

  • Die Ausschlagung eines polnischen Nachlasses bzw. deren familiengerichtliche Genehmigung war hier schon Thema:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1066304

    Problematisch könnte sich die Ermittlung des Nachlassbestandes darstellen. Zunächst würde ich die Eltern befragen, weshalb sie von Überschuldung ausgehen.

    In dem vorgenannten Beitrag geht es um einen Nachlass in Frankreich. Gilt für Polen das selbe?

  • Guten Morgen, im neuen Rpfleger (2021, Heft 3, Seite 157) gibt es dazu etwas. Da geht es auch um Polen.
    Die Entscheidung ist vom OLG Saarbrücken vom 08.05.2020, 6 UF 58/20 nebst Anmerkung.

    Ich hoffe, das hilft!

    Einen schönen Tag und schöne Ostertage an alle

  • Die Ausschlagung eines polnischen Nachlasses bzw. deren familiengerichtliche Genehmigung war hier schon Thema:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1066304

    Problematisch könnte sich die Ermittlung des Nachlassbestandes darstellen. Zunächst würde ich die Eltern befragen, weshalb sie von Überschuldung ausgehen.

    In dem vorgenannten Beitrag geht es um einen Nachlass in Frankreich. ...

    :gruebel: Ich lese im verlinkten Beitrag, dass es dort um "polnische Nachlasssachen" geht und wie die Beurkundung von Erklärungen der Eltern erfolgen soll.

  • Durch die verlinkte Entscheidung des OLG Saarbrücken ist eindeutig, dass vorliegend eine familiengerichtliche Genehmigung der Ausschlagung erforderlich ist, da diese in Polen verlangt wird. Dies, obwohl eine Genehmigung nach deutschem Recht nicht erforderlich wäre, da das Kind alleine durch die Ausschlagung eines Elternteils zur Erbfolge gelangt ist (§ 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB). Das minderjährige Kind hat seinen Wohnsitz im hiesigen Gerichtsbezirk, die örtliche Zuständigkeit liegt somit vor. Da in § 5 Abs. 2 RpflG lediglich von einer "Kann-Vorlage" ausgegangen wird, werde ich die Sache nicht abgeben und darüber entscheiden.

    Die Eltern des Minderjährigen haben nun auf meine Nachfrage mitgeteilt, dass der Erblasser, nach Angabe der polnischen Verwandtschaft, in der Zeit vor seinem Ableben obdachlos und verschuldet war. Weiter teilen sie verschiedene nahe Angehörige in Polen mit, die das Erbe nach Ihrer Kenntnis auch schon ausgeschlagen haben. Weitere Informationen seien Ihnen nicht zugänglich.

    Ob die mitgeteilten nahen Verwandten des Erblassers in Polen der deutschen Sprache mächtig sind und über weitere Einzelheiten zum Nachlass befragt werden können, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Kann die Ausschlagung bereits mit den vorliegenden Angaben genehmigt werden? Was würdet Ihr tun?

  • Ich wäre in diesem Fall großzügig und würde die glaubhaften Aussagen der Eltern als Begründung genügen lassen. Welche Ermittlungen soll man hier auch als deutsches Gericht durchführen? Und selbst wenn das Familiengericht igrendwie zu dem Ergebnis käme, dass Vermögen vorhanden ist, würde der vorberufene Elternteil wohl eher für sich anfechten und das Kind hätte trotzdem nichts. Wenn der deutsche Gesetzgeber hier die Entscheidung der Eltern keiner Prüfung des Familiengerichts unterwirft, sehe ich keinen Grund, für die Ausschlagung in Polen allzu große Anforderungen an die Begründung zu stellen.

  • Mittlerweile liegt mir eine weitere Information eines Angehörigen vor, der bereits ausgeschlagen hat. Dieser teilt ebenfalls mit, das der Erblasser nach seiner Kenntnis vor seinem Tod obdachlos und verarmt war. Ich würde die vorliegende Ausschlagung des Minderjährigen somit genehmigen.

    Bei einem vergleichbaren Fall in Deutschland wurde hier immer so verfahren, dass die Genehmigung vorab als beglaubigte Abschrift an die Eltern und die betroffenen Nachlassgerichte (Nachlassgericht der Ausschlagung und Nachlassgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen) zur Kenntnis geschickt wurde. Nach Rechtskraft wurde den Eltern eine Ausfertigung mit Rechtskraftvermerk übersandt, versehen mit einer Belehrung, dass die Ausfertigung beim zuständigen Nachlassgericht der Ausschlagung fristgerecht einzureichen und hierher die Bestätigung der Einreichung zu übersenden ist.

    Im vorliegenden Fall ist das Nachlassgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen in Polen. Ich kenne es nicht und weiß auch nicht, wie dies ermittelt werden kann.
    1) Ist die Vorabübersendung einer beglaubigten Abschrift an das Nachlassgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen zur Kenntnis ein Muss oder kann hierauf verzichtet werden?

    Vorliegend würde ich die vorgenannte Belehrung dahingehend ergänzen, dass der Beschluss eventuell in die dortige Landessprache zu übersetzen und mit einer Apostille zu versehen ist und dies in eigener Verantwortung zu prüfen und zu veranlassen ist. 2) Kann oder muss so verfahren werden?

  • Ich muss mich hier mal einklinken!

    Es hat beim hiesigen Nachlassgericht eine Frau nach ihrem Vater ausgeschlagen, sein Sterbeort und letzter gewöhnlicher Aufenthalt war Polen.

    Sie hat zusammen mit ihrem Ehemann (gemeinsam sorgeberechtigt) auch für ihre beiden minderjährigen Kinder ausgeschlagen und darauf beharrt, dass sie eine familiengerichtliche Genehmigung für Polen benötigt. Daher wurde hier der Antrag auf Genehmigung mit aufgenommen.

    Mir liegt die Sache nun als Familiengericht vor, da die Frau mit Mann und Kindern hier im Bezirk lebt.

    Nach deutschem Recht wäre eine fam.ger. Genehmigung bei dieser Konstellation nicht erforderlich.

    Hat jemand etwas dazu, dass auch bei gemeinsamem Sorgerecht der Eltern in Polen in einem solchen Fall bzgl. der Ausschlagung für die Kinder eine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich ist? Hier ist doch aber deutsches Familienrecht anzuwenden!?

    Bin etwas ratlos und hoffe auf euer Schwarmwissen!

    Danke!

  • Zu den Aufgaben des BfJ gehört auch die grenzüberschreitende Amts- und Rechtshilfe. Deshalb hat das Amt einen riesigen Erfahrungsschatz in der praktischen Arbeit. Es ist sowohl per Mail als auch per Telefon gut erreichbar und hilfsbereit - auch wenn man für das Anliegen nicht zuständig ist. Der Informationsstand ist topaktuell.

  • Nach meinem Kenntnisstand gilt Folgendes, zumindest habe ich das in einer Fortbildung so gelernt:

    Für die Frage, ob eine Genehmigung notwendig ist, gilt gemäß dem Haager Kinderschutzübereinkommen das Recht des Staates, wo die Kinder leben.

    Das wäre also in diesem Fall deutsches Recht, wonach keine Genehmigung erforderlich ist.

  • Nach meinem Kenntnisstand gilt Folgendes, zumindest habe ich das in einer Fortbildung so gelernt:

    Für die Frage, ob eine Genehmigung notwendig ist, gilt gemäß dem Haager Kinderschutzübereinkommen das Recht des Staates, wo die Kinder leben.

    Das wäre also in diesem Fall deutsches Recht, wonach keine Genehmigung erforderlich ist.

    Hier zitiere ich dann mal das OLG Saarbrücken 6 UF 58/20 :

    "Das Familiengericht hat zwar im rechtlichen Ausgangspunkt unangegriffen und mit zutreffender Begründung seine internationale Zuständigkeit bejaht und im Ergebnis zutreffend seine Entscheidung im Ansatzpunkt entlang der deutschen kindschaftsrechtlichen Vorschriften getroffen, wenngleich sich dies nicht aus Art. 21 EGBGB, sondern aus der dieser Norm vorrangigen (Art. 3 Nr. 2 EGBGB) Vorschrift des Art. 15 Abs. 1 KSÜ ergibt.

    Indessen greift die Rechtssicht, mit Blick darauf müsse die erstrebte Genehmigung versagt werden, weil § 1643 Abs. 2 S. 2 BGB in der vorliegenden Fallkonstellation kein Genehmigungserfordernis aufstelle, zu kurz. Denn sie verkennt, dass nach Art. 15 Abs. 2 KSÜ das international zuständige Gericht ausnahmsweise das Recht eines anderen Staates, zu dem der Sachverhalt eine enge Verbindung hat, anwenden oder berücksichtigen kann, soweit es der Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes erfordert.

    Letzteres ist hier der Fall. Denn die polnischen Gerichte verlangen für die Wirksamkeit der Ausschlagung einer Erbschaft für ein Kind durch seinen gesetzlichen Vertreter - wie im polnischen Recht in Art. 101 § 3 FVGG vorgesehen (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stand Juli 2019, Polen, S. 74) - die gerichtliche Genehmigung auch in solchen Konstellationen, in denen das fremde Recht diese nicht vorsieht. Dann aber kann ein wirksamer Schutz N.s Vermögens und damit seines Wohles - mit Rücksicht auf die von der Mutter behauptete Überschuldung des Nachlasses - nur erzielt werden, wenn dieses nach polnischem Recht bestehende Genehmigungserfordernis berücksichtigt wird (siehe zum Ganzen OLG Koblenz FamRZ 2019, 367 m.z.w.N.; vgl. auch Staudinger/Pirrung, BGB, Neubearbeitung 2009, Vorbem zu Art. 19 EGBGB, KSÜ, Rz. G 102 f.; BR-Drucks. 14/09, S. 56)."

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Dazu sei noch ergänzt, dass die Genehmigung im diesem Fall eine rein formelle Sache ist. Das Familiengericht hat keine Genehmigungsfähigkeit zu prüfen, da die Genehmigung einzig dem "Zufriedenstellen" der ausländischen Gerichts/Behörde dient. Eine Einschränkung der elterlichen Sorge durch einen (im deutschen Recht eben eigentlich nicht vorgesehenen) Genehmigungsvorbehalt soll damit nicht einhergehen.

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