Räumungsschutz - Schuldner Herzkrank + Suizidgefahr

  • Hallo,

    mich beschäftigt in der Praxis aktuell ein Schuldner, welcher bereits über 15 Stants im Herz hat und ein fachärztliches Attest vorlegte wonach er Suizid gefährdet sei, wenn er obdachlos würde.
    Die letze Herz-OP war vor 6-8 Wochen und der Gesundheitszustand allgemein ist eher schlecht.

    Meine Frage jetzt: kann ich beschließen die Räumung unter Auflage das Gesundheitsamt (?) zu beteiligen um den Schuldner quasi zu begleiten ? Ich hab einige Entscheidungen quer gelesen, bin mir aber irgendwie unsicher mit allem.

    Vielleicht hat ja jemand noch eine andere Idee oder DEN Tipp.

    Ich bin noch nicht sehr lange in meinem Referat tätig und habe erst wenige Räumungsschutzanträge entschieden.

    Liebe Grüße und eine schöne Woche,
    Sensual

  • Wird schon werden :daumenrau

  • Eventuell wegen der Pandemie gar nicht räumen lassen, z. B. LG Neubrandenburg, Beschluss vom 28.12.2020 – 2T 193/20 –


    Die mit einer Räumung verbundene Folge der Unterbringung in einem Obdachlosenheim stellt sich für die Betroffene als besondere Härte dar, selbst unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, dass die COVID-19-Pandemie allein kein Grund ist, den Verweis auf ein Obdachlosenheim als unbillige Härte einzuordnen (vgl. ua LG Limburg, Beschl. v. 23.7.2020 – 7 T 116/20, BeckRS 2020, 17531; LG Frankfurt, Beschl. v. 30.4.2020 – 2-11 T 43/20, BeckRS 2020, 12848).
    (DGVZ 2021, 68 Rn. 20, beck-online)

  • Eventuell wegen der Pandemie gar nicht räumen lassen, z. B. LG Neubrandenburg, Beschluss vom 28.12.2020 – 2T 193/20 –


    Die mit einer Räumung verbundene Folge der Unterbringung in einem Obdachlosenheim stellt sich für die Betroffene als besondere Härte dar, selbst unter Berücksichtigung der Rechtsprechung, dass die COVID-19-Pandemie allein kein Grund ist, den Verweis auf ein Obdachlosenheim als unbillige Härte einzuordnen (vgl. ua LG Limburg, Beschl. v. 23.7.2020 – 7 T 116/20, BeckRS 2020, 17531; LG Frankfurt, Beschl. v. 30.4.2020 – 2-11 T 43/20, BeckRS 2020, 12848).
    (DGVZ 2021, 68 Rn. 20, beck-online)

    Mal losgelöst vom Fall #1 reicht der Verweis auf die Pandemie nicht, um Räumungen auszusetzen.


  • Danke auch schonmal an die anderen Ideen, rein auf die Pandemie stütze ich keine einstweilige Einstellung, das hält mir kein LG! Es sind ja mehr als gesundheitliche Gründe da. Aber mir fehlt einfach so eine "Zwischenlösung". Bzw. die Kombi mit Herzkrank (was ich aus privatem Umfeld kenne und die geschilderte Problematik bestätigen kann!) und Suizidgefahr ist bei mir einfach ein wenig mit Bauchweh verbunden.

  • Na hat er denn Ersatzwohnraum? Städt. Unterkunft? Kur? Pflegeheim?

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich denke, der Frage, ob der Schuldner suizidal ist, musst du dich noch annehmen. Die einschlägige Rechtsprechung des BGH dazu ist recht eindeutig, z. B. Beschlussvom 14. Juni 2007 – V ZB 28/07 und vom 25.Juni 2020 – V ZB 90/17.
    Ein fachärztliches Attest wird nicht ausreichen.

    Ich habe in einem vorl. Einstellungsbeschluss folgendes angeordnet:

    "Dem Schuldner wird aufgegeben, sich von einem durch die Ärztekammer X zu benennenden Sachverständigen psychiatrisch begutachten zu lassen.

    Der / die Sachverständige wird insbesondere um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:

    1. Besteht eine konkrete Suizidalität des o.g. Vollstreckungsschuldners?


    1. Bei positiver Beantwortung der Frage zu 1.: Steht die Suizidalität in unmittelbarem Zusammenhang mit der bevorstehenden Wohnungsräumung?


    1. (hier nicht relevant)...?


    1. In welchem Zeitrahmen und durch welche Maßnahmen kann die Gefährdung zu b. ... ggf. abgewendet werden?



    Innerhalb von 10 Tagen nach Benennung des sachverständigen Arztes ist dem Vollstreckungsgericht ein Nachweis darüber zu erbringen, dass der Kontakt zu dem Gutachter hergestellt und ein Termin zur Untersuchung vergeben wurde."

    Das Prozedere (Benennung durch Ärztekammer) hat mir ein Betreuungsrichter empfohlen. Dem Gutachter solltest du dann die Akten mitschicken.
    Bei mir hatte der Schuldner PKH.

    Möglicherweise kannst du statt dessen einen ähnlichen Weg wegen der Herzerkrankung gehen. Wir sind als Rechtspfleger nicht in der Lage, derartige gesundheitliche Fragestellungen abzuschätzen.

  • Ich habe in einem vorl. Einstellungsbeschluss folgendes angeordnet:

    "Dem Schuldner wird aufgegeben, sich von einem durch die Ärztekammer X zu benennenden Sachverständigen psychiatrisch begutachten zu lassen.

    Diese Formulierung ist meines Erachtens nicht zulässig, da die Sachverständigenauswahl nach § 404 ZPO durch das Gericht erfolgt.

  • Ich möchte ALLEN schonmal ganz ganz herzlich für die vielen Antworten danken!

    Mir ist klar, dass ich die Einschätzung nicht treffen kann ob er tatsächlich suizidal ist als Vollstreckungsgericht aber die vielen Antworten haben mir jetzt einfach ein besseres Mindset gegeben. Manchmal brauch man einfach neuen Wind!

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