Testamentsvollstreckung und Nachlassinsolvenz

  • Über den Nachlass ist Insolvenz angeordnet, Inso-Vermerk eingetragen. Der Erblasser hatte TV angeordnet. TV ist ernannt, TV-Zeugnis liegt vor. Erben sind noch nicht ermittelt.
    Nun verkauft der Nachlassinsoverwalter den Grundbesitz. Nach Bengel/Reimann TV-Hdb § 5 gilt folgendes:

    Fallen Testamentsvollstreckung und Insolvenzverfahren – sowohl bei einer Nachlassinsolvenz als auch bei der Eigeninsolvenz über das Vermögen eines Erben – zusammen, so liegen sämtliche Verwaltungs- und Verfügungsrechte ausschließlich beim Insolvenzverwalter (§§ 20, 80 InsO). Das Amt des Testamentsvollstreckers besteht fort, er ist jedoch für die Dauer des Insolvenzverfahrens weitgehend funktionslos.


    Fortdauernde Wirkung im Insolvenzverfahren entfaltet die Testamentsvollstreckung über §§ 2211, 2214 BGB dadurch, dass der Insolvenzverwalter den Nachlass bis zur Beendigung der Testamentsvollstreckung nicht verwerten darf. Weil er aber in die Insolvenzmasse fällt, ist auch seine Verwertung durch den Testamentsvollstrecker für die Nachlassgläubiger ausgeschlossen, solange das Insolvenzverfahren andauert.

    Der Nachlass bildet eine Sondermasse aus dem nur bestimmte Gläubiger befriedigt werden können, die Nachlassgläubiger, während den anderen Gläubigern des Schuldners (Erben) nur die übrige Masse zur Verfügung steht..
    Mit Wegfall der TV entfällt dies, da sich der Nachlass sodann mit der Insolvenzmasse vereinigt.

    Wenn der TV den Nachlass nicht verwerten darf, heisst das auch, dass er Grundbesitz nicht veräußern darf? Oder darf er den Grundbesitz versilbern, um dass Surrogat Geld zur Befriedigung der Nachlassgläubiger im Insoverfahren einzusetzen?

    Falls er ihn veräußern darf, müsste ich den TV nicht mind. anhören?

  • Bei den Ausführungen von Klinger in Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 7. Auflage 2020, § 5 in RN 568 geht es um die Nachlass- oder Eigeninsolvenz über das Vermögen eines Erben. Es geht also darum, dass bei angeordneter Testamentsvollstreckung zusätzlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Erben eröffnet wurde (s. Kuleisa, „Der insolvente Nachlass – Die Haftung der Erben und die Befugnisse des Testamentsvollstreckers“, ZVI 2013, 173 ff. unter 3.2 „Nebeneinander von Testamentsvollstreckung und Insolvenzverwaltung“)
    https://www.juris.de/perma?d=jzs-ZVI-2013-05-0173-1-A-02

    In solchen Fällen besteht nach dem Urteil des BGH vom 11.05.2006, IX ZR 42/05, die Testamentsvollstreckung während des Insolvenzverfahrens mit der Folge fort, dass die Verfügungsbeschränkung des Erben nach § 2211 BGB auch für den Insolvenzverwalter gilt, die Erbengläubiger keine Befriedigung aus den der Testamentsvollstreckung unterliegenden Gegenstände verlangen können (§ 2214 BGB) und der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Befugnisse den Nachlass weiterhin verwalten und über Nachlassgegenstände verfügen kann.

    Im Insolvenzverfahren über das eigene Vermögen des Erben wirkt daher die Verfügungsentziehung der Testamentsvollstreckung auch gegenüber dem Insolvenzverwalter, der jetzt als Inhaber der Verfügungsbefugnis des Schuldners hinsichtlich des Nachlasses auch der Testamentsvollstreckung unterliegt (s. dazu Frege/Keller/Riedel, Insolvenzrecht, 8. Auflage 2015, Kapitel 2. Besonderheiten des Nachlassinsolvenzverfahrens, RN 2343)

    Die Ausführungen des BGH betreffen jedoch nur die Fallkonstellation, dass die Erbeninsolvenz nach dem Erbfall eintritt, nicht jedoch die Konstellation, dass das Insolvenzverfahren bereits zum Zeitpunkt des Erbfalls eröffnet war (s. die Anmerkung von Weidlich in der MittBayNot 1/2007, 58 ff, 71/72:
    https://www.notare.bayern.de/fileadmin/_mig…yNot_2007_1.pdf

    Wird das Insolvenzverfahren nicht über das Vermögen des Erben, sondern über den Nachlass eröffnet, ruhen die Verwaltungsrechte des Testamentsvollstreckers, soweit der Nachlass von der Beschlagnahme erfasst wird. Seine Befugnisse leben insoweit erst nach Beendigung des Verfahrens wieder auf. Eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung bleibt zwar auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehen. Die Testamentsvollstreckung wirkt gegenüber dem Erben als absolute Verfügungsentziehung seit dem Erbfall (§§ 2205, 2211 BGB). Die beim Testamentsvollstrecker angesiedelte Verfügungsbefugnis über den zur Insolvenzmasse gehörenden Nachlass (§ 2205 BGB) geht aber auf den Insolvenzverwalter über (Frege/Keller/Riedel, aao, mwN in Fußnote 19)

    Falls das Dein Fall ist, dann dürfte das Gutachten des DNotI vom 09. August 2019, Abruf-Nr.: 170802
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…69910c6cfc2b2e8
    von Bedeutung sein.

    Das DNotI führt dort aus: „Klar wird die Rechtslage wiederum für eine vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung dargestellt: Sie bleibt zwar auch nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens bestehen. Sie wirkt gegenüber dem Erben bereits ab dem Erbfall als absolute Verfügungsentziehung (§§ 2205, 2211 BGB). Jedoch geht die beim Testamentsvollstrecker angesiedelte Verfügungsbefugnis über den Nachlass als Insolvenzmasse auf den Nachlassinsolvenzverwalter über (Frege/Keller/Riedel, Teil 7 Kap. 2 Rn. 2343; Gottwald/Döbereiner, § 112 (richtig wohl: 110) Rn. 13; Schmidt/Böhm, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 7. Aufl. 2019, Vorbem. zu §§ 315 ff. InsO Rn. 15). Im Ergebnis bedarf der Nachlassinsolvenzverwalter zur Veräußerung eines zur Nachlassinsolvenzmasse gehörenden Grundstückes also weder der Zustimmung des Nacherben noch derjenigen des Testamentsvollstreckers“.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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