innovativer Vorstoß als Alternative zur Nachlasspflegschaft- bitte Meinungen

  • Moin,

    ich hab da mal etwas neues- hab ich noch nicht gesehen.

    Folgendes hat meine Vorgängerin gemacht:

    1. Antrag einer Vermieterin auf Nachlasspflegschaft, Erben/Angehörige unbekannt bzw. es lagen nur ein paar Ausschlagungen vor, Vermögenslage unbekannt
    2. Keine Akte vorhanden, die Kollegin beantwortet den Antrag wie folgt:

    in pp.
    teile ich Ihnen mit, dass die Erben hier unbekannt sind.
    Mittel zur Begleichung Ihrer Ansprüche stehen dem Nachlass nicht zur Verfügung.
    Als Vertreter der unbekannten Erben kündigt das Nachlassgericht hiermit das Mietverhältnis über die Wohnung des Erblassers.

    Es bleibt damit Ihrem Entschluss als Vermieter überlassen, die Wohnung aus eigenem Recht und eigene Kosten zu räumen und von Ihrem Vermieterpfandrecht Gebrauch zu machen, § 562 BGB.

    Sollte nach Ihrer Einschätzung die Wohnungseinrichtung und sonstige in der Wohnung vorgefundenen Gegenstände doch einen Verkaufswert haben, überlasse ich es Ihnen, die Verwertung dieser Gegenstände vorzunehmen und den Erlös mit Ihren Kosten zu verrechnen. Ein eventueller Überschuss ist beim Gericht zu hinterlegen, § 372 BGB.
    Der Wohnungsschlüssel liegt dem Gericht nicht vor.

    3. damit ist dann die Sache erledigt, sie legte die Akte weg


    So- nu mal Meinungen dazu bitte- ich finde es ja unglaublich praktisch, habe aber arge Zweifel, ob ich das wirklich so machen darf/sollte wie meine Vorgängerin.


    Danke im Voraus

    Gruß

    Insu

  • "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Im letztverlinkten Thread unter #3 ist hierzu bereits das Erforderliche gesagt worden. Diese Handhabung läuft eine eine unzulässige und vom BGH verworfene "kalte Räumung" hinaus, zumal der Vermieter dabei keinerlei Kontrolle unterliegt.

    So geht das nicht, ganz abgesehen davon, dass das Nachlassgericht bei gestelltem Antrag nach § 1961 BGB überhaupt kein Ermessen hat und die beantragte Nachlasspflegschaft anordnen muss.

    Als "innovativ" würde ich das Ganze also nicht bezeichnen, sondern ganz anders, aber das versage ich mir an dieser Stelle.

  • Also, nein, nun wirklich nicht.... die NLP ist ein gesetzlich vorgesehenes Institut der Nachlasssicherung, welche nicht einfach durch das NLG übernommen werden dürfen, sonst gäbe es die NLP ja nicht durch den gesetzgeber, da hätter er dies auch gleich ganz dem NLG zuweisen können, was er in § 1960 BGB nun eindeutig nicht getan hat.

    Verweisung auf das Vermieterpfandrecht - nein nein nein... Vermieterpfandrecht ist ein sicherungsrecht an beweglichen Gütern [des Mieters, welche es usw.], welches zur Sicherung von Ansprüchen aus dem Mietverhältnis vorgesehen ist. Es ist weder ein Instrument der Selbsthilfe bzw. -vollstreckung.

    und nein, das NLG ist auch nicht Vertreter[in] der Erben, es ist Gericht. der Staat mit seinen Gerichten ist auch nicht der Fiskus, dieser ist organisatorisch aus bestommten Gründen getrennt von anderen EInheiten des Staates... :eek:

  • Ich bin immer wieder fassungslos, wenn ich so etwas wie im Ausgangssachverhalt lese.

    Was im 3. Teil der Sissi-Filme bezüglich der anwesenden Domestiken der zu Hause gebliebenen aristokratischen Herrschaft in der Mailänder Scala gefragt wurde, muss man wohl auch im Hinblick auf manche Kollegen fragen:

    "Was sind denn das für Leute?"

  • Mehrfach falsch und keine Lösung. Ein Mensch hinterlässt zudem mehr, als nur ein ungeregeltes Mietverhältnis.

    Erschreckend. Immer und immer wieder.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • So geht das nicht, ganz abgesehen davon, dass das Nachlassgericht bei gestelltem Antrag nach § 1961 BGB überhaupt kein Ermessen hat und die beantragte Nachlasspflegschaft anordnen muss.

    Das sehen die Nachlassgerichte aber ganz anders.
    Als Betreuungsgericht hab ich so meine liebe Müh mit den Kollegen vom Nachlass: Festsetzung der Schlussvergütung gegen den Nachlass und bei unbekannten Erben. Braucht man keinen Nachlasspfleger. Kein Sicherungsbedürfnis. Und der Betreuer soll über seine Notkompetenz nach dem Tod des Betreuten sich die Vergütung vom Konto des verstorbenen Betroffenen entnehmen.

    Und wenn schon ein Nachlasspfleger, dann schon bitte der ehemalige Betreuer. § 181 BGB gilt im Verhältnis ehemaliger Betreuer und Nachlasspfleger nicht. Und man spart sich neben dem Verfahrenspfleger auch noch die Vermittlung der Schlussrechenschaft an den Nachlasspfleger. Der kennt seine Schlussrechenschaft ja schon. Und im übrigen kann er als Nachlasspfleger ja auch auf Schlussrechenschaft verzichten.

    Mag der ehemalige Betreuer noch so oft einen Antrag nach § 1961 BGB stellen. Es besteht ja kein Sicherungsbedürfnis. Ende und aus.

    :ironie::ironie:

  • Mehrfach falsch und keine Lösung. Ein Mensch hinterlässt zudem mehr, als nur ein ungeregeltes Mietverhältnis.

    Erschreckend. Immer und immer wieder.

    Mir hat für diese Fälle die Fabel auf einem der letzten Nachlasspflegschaftstage gefallen. Hat mir das bekannte Problem so richtig nahe gebracht.

  • Ein Mensch hinterlässt zudem mehr, als nur ein ungeregeltes Mietverhältnis.

    Ja, meist noch ein überzogenes Konto und zu entsorgenden Müll...
    Aber ich schließe mich den Vorpostern an. Wenn ein Antrag vorliegt, muss ich die NLP anordnen.

    Und den Betreuer zum Nachlasspfleger zu bestellen....ohne Worte. Ich bearbeite beides. Und oft gehen die Betroffenen -deren Akten in meiner Zuständigkeit liegen- über in die Erblasser, deren Sachen ich zu bearbeiten habe. Aber den Betreuer als NL-Pfleger zu bestellen, ist mir wirklich noch nie in den Sinn gekommen. § 181 BGB lässt grüßen.

    Ein schönes Wochenende allseits.

    Esra 7, Vers 25
    Du aber, Esra, setze nach der Weisheit deines Gottes, die in deiner Hand ist, Richter und Rechtspfleger ein, die allem Volk jenseits des Euphrat Recht sprechen, nämlich allen, die das Gesetz deines Gottes kennen; und wer es nicht kennt, den sollt ihr es lehren.

  • Und den Betreuer zum Nachlasspfleger zu bestellen....ohne Worte. Ich bearbeite beides. Und oft gehen die Betroffenen -deren Akten in meiner Zuständigkeit liegen- über in die Erblasser, deren Sachen ich zu bearbeiten habe. Aber den Betreuer als NL-Pfleger zu bestellen, ist mir wirklich noch nie in den Sinn gekommen. § 181 BGB lässt grüßen.

    Ein schönes Wochenende allseits.

    Das muss aber häufiger vorkommen, ich erlebte öfter Berufsbetreuer, die das erwarteten, weil es anderswo so gemacht wurde und sehr enttäuscht waren, dass es bei mir nicht so lief. Nur zur Klarstellung, es waren nicht die üblichen Behauptungen, es stimmte, ich kannte die Kollegen/innen.

  • Cromwell verwies auf seinen Beitrag im anderen Thread. Dort führte er aus, dass das Vorgehen möglich, aber unüblich sei.

    Wenn wir jetzt einmal unterstellen, dass eine ausreichende Tatsachenermittlung vorliegt (Wohnungsbegehung durch Rechtspfleger oder ggf. andere Amtsperson), dann würde sich die Erklärung in Vertretung der Erben darin erschöpfen, dass die Wohnung herausgegeben und das Eigentum an allen Gegenständen aufgegeben wird. Mit einem Vermieterpfandrecht hätte das alles nichts zu tun. Zum Nachlasspfleger käme man dann erst, wenn der Gläubiger seine Schadensersatzansprüche, offene Miete, etc. einfordern will. Wenn er aber davon ausgeht, dass kein Nachlass vorhanden ist, wird er dies nicht tun.

  • Zum Nachlasspfleger käme man dann erst, wenn der Gläubiger seine Schadensersatzansprüche, offene Miete, etc. einfordern will. Wenn er aber davon ausgeht, dass kein Nachlass vorhanden ist, wird er dies nicht tun.

    Muss er aber, da er den Mietausfall nicht einfach selber ausbuchen kann, da ihm das Finanzamt zu Recht einfach Schwarzgeldeinnahmen unterstellen wird. Der Vermieter braucht die Erschöpfungseinrede, um den Mietausfall auszubuchen. Das ganze Ansinnen ist ... ohne Worte.

    Egal wie man es drehen möchte, die Herausgabe der Wohnung, auch wieder egeal wie man es umschreibt, ist eine Verfügung über den Nachlass.

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