Form der Urkunden bei Erteilung eines Erbscheins

  • Möge jeder glücklich werden und das machen, was er will.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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  • Der Erbscheinsantragsteller hat öffentliche Urkunden dem Nachlassgericht (nicht dem Entscheider) vorzulegen. § 352 FamFG

    Das hat er gemacht und das belegt das Rechtshilfegericht in seinem gerichtlichen Protokoll welches es als zuständiges Nachlassgericht aufgenommen hat.

    Protokollierung stellt dabei eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 415 ZPO dar bzw. es entsteht dabei eine öffentliche Urkunde.

    § 415 ZPO:
    Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

    Geht es noch eindeutiger? Muss ein gerichtliches Protokoll gesiegelt sein? Nein.
    Also ist durch öffentliche Urkunde dem jetzt am Nachlassgericht tätigen Entscheider nachgewiesen, dass die zum Erbnachweis vorgelegten Urkunden, von denen Kopien zur Akte genommen wurden, in öffentlicher Form dem NLG vorgelegt worden sind. Der Antragsteller hat das getan, was das Gesetz von ihm verlangt. Das Nachlassgericht hat ihm dies bestätigt.

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  • Fragt ihr euch eigentlich manchmal auch, was ein unbedarfter Dritter denken würde, wenn er manche Diskussion hier liest?

    Es liegt in der Natur der Sache, daß verfahrensrechtliche Formvorschriften gelegentlich unverständlich erscheinen.
    Ein unbedarfter Mitbürger hält sie dann verständlicherweise für noch unverständlicher; ist er dazu noch unbescholten, erscheinen sie ihm am unverständlichsten.

  • So wie es aussieht, sind die betreffenden Formunsmitglieder nicht von der Unrichtigkeit Ihrer Ansicht zu überzeugen.

    Dann muss man das eben so stehen lassen.

    Vielleicht kann man diesen Thread auch für Ausbildungszwecke verwenden, um zu veranschlaulichen, wie man es später in der Praxis (nicht) handhaben soll.

  • So wie es aussieht, sind die betreffenden Formunsmitglieder nicht von der Unrichtigkeit Ihrer Ansicht zu überzeugen.

    Dann muss man das eben so stehen lassen.

    Vielleicht kann man diesen Thread auch für Ausbildungszwecke verwenden, um zu veranschlaulichen, wie man es später in der Praxis (nicht) handhaben soll.

    Um die Praxis an den Pranger zu stellen, die das offenbar uneinheitlich handhabt?

  • Fälle aus der Praxis dienen seit jeher der Veranschaulichung des Unterrichtsstoffes (hier: der Formfrage). Das wäre im Übrigen ein schöner Fall für eine Klausur, um festzustellen, was die Leute so dazu schreiben.

    Im Unterricht kommt oft der Einwand, dass "solche Fälle" in der Praxis doch gar nicht vorkämen. Meine Antwort darauf war stets, dass in der Praxis noch ganz andere Fälle vorkommen, von denen man nicht einmal zu träumen wagt.

    Die Kollegin in #30 hätte sich das ja auch nicht vorstellen können. Jedenfalls nicht, bis sie es am eigenen Leib erfahren hat.

  • Schöne Klausur. :) Es hat hier aber immerhin 43 Beiträge gebraucht, bis genügend Spannung aufgebaut war, um den § 415 ZPO anzuführen.

    Mir war nicht bewusst, dass ich mich hier in einer Prüfungssituation befinde.

    Der „Gegenseite“ ist aber von Beitrag #1 bis jetzt noch nichts eingefallen, als von „Vorlage beim Entscheider“ oder „Beurkundungsgesetz“ zu sprechen. Alle Argumente die ich (und durchaus der weit gewichtigere Cromwell) vorgebracht habe, sind mit „Nichtbeachtung“ oder dem Eröffnen von Nebenkriegsschauplätzen behandelt worden. Schöne juristische Diskussion.

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (16. April 2021 um 14:33)

  • Wenn Du den Gegner nicht besiegen kannst, verwirre ihn.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Zur Klausur- und Prüfungssituation hat es auch erst Cromwell gemacht. Das Argument des "Vertrauens" war vielleicht auch nicht unbedingt dazu geeignet, die Diskussion in juristische Bahnen zu lenken. Und der 352 FamFG tut es für sich allein bestimmt noch nicht. Den "Nebenkriegsschauplatz" mit dem Präsentatsbeamten habe ich aufgemacht, um für mich die Parallele zum GB-Verfahren zu ziehen. Deshalb interessiert mich die Diskussion überhaupt. ;) Und verwirren lässt sich nur, wer sich nicht sicher ist.

  • Back to the roots:
    Wenn ich das Nachlassgericht das Rechtshilfegericht ersuche, die von ihm von den Urschriften gezogenen Kopien zu beglaubigen (wie dies der Themenstarter offensichtlich getan hat bzw. mit seiner Fragestellung "absichern" wollte): kann das Rechtshilfegericht dieses ggf. neue- Rechtshilfeersuchen "unerledigt" zurückweisen? :eek:

    Wenn nein (und ich nicht aufgrund der Kopien in der Akte -wie zwischenzeitlich ausdiskutiert- das Erbscheinsverfahren abschließen möchte): Rechtshilfeersuchen! :wechlach:

    Ansonsten -wie ausgeführt- die Kopien als ausreichend -und nicht durch das Rechtshilfegericht verfälscht- erachten und Erbscheinsverfahren durch Erbscheinserteilung abschließen. :)

  • 1. Der Antragsteller hat die Unterlagen vorgelegt. Mehr verlangt § 352 Absatz 3 Satz 1 FamFG von ihm nicht. Insbesondere steht da nirgendwo, dass Originale/Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften zur Akte genommen werden müssen, da ja ein Erbschein nicht in Rechtskraft erwächst und immer wieder über seine Einziehung zu entscheiden sein kann. Außerdem kann es zwischen Erbscheinsantrag und Entscheidung zum Personalwechsel kommen bzw. kann die Zuständigkeit des Richters begründet sein. Vielleicht können wir ja zunächst Einigkeit erzielen, dass es genügt, wenn dem Nachlassgericht die Originale einmalig vorgelegt werden. Mehr kann ich auch niemandem empfehlen, der seine Unterlagen später nicht gelocht, getackert und mit Seitenzahlen beschriftet zurück erhalten will. (Dazu gibt es einen anderen Thread.)

    2. Dann verbleibt nur noch die Frage zur Zuständigkeit bzw. Wirkung des Rechtshilfegerichts. Tritt dieses bezüglich seiner Handlungen an die Stelle des Nachlassgerichts (so TL, Cromwell u.a.)? Ich musste mich damit bisher noch nicht befassen. Gibt es dafür eine Vorschrift? In den §§ 156 ff. GVG scheint vorausgesetzt zu werden, was Rechtshilfe ist.

  • Rechtshilfe ist die Vornahme einer Handlung durch ein eigentlich unzuständiges Gericht auf Ersuchen eines zuständigen Gerichts, das darum ersucht hat, dass das ersuchte Gericht die Handlung vornimmt, die eigentlich das zuständige Gericht vornehmen müsste. Es liegt dann in der Natur der Sache, dass das unzuständige Gericht im Rahmen des Ersuchens wie das zuständige Gericht handelt, weil dieses seine Zuständigkeit partiell an das ersuchte Gericht übertragen hat.

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  • Und partiell übertragen werden kann laut Kommentierung zum 2353 BGB (z.B. MüKo; unter Hinweis auf KG) unter anderem die "Beibringung" der erforderlichen Unterlagen (= öffentliche Urkunden i.S.d. 415 ZPO).


  • Ich habe die These, dass es keine "richtigen" und "falschen" Ansichten gebe, schon immer für das Totengräbervehikel einer fruchtbaren Diskussion gehalten. Mit dieser Begründung ließe sich jeder Unsinn vertreten, weil es ja angeblich keine "falschen" Ansichten gibt. Und oft spielen dann ausgerechnet diejenigen, die irgendwelchen Unsinn in die Welt setzen, die beleidigte Leberwurst, wenn man den Unsinn, den sie von sich geben, auch als solchen bezeichnet. Es ist immer besser zu denken, bevor man schreibt (denn dann brauchte man manchmal gar nicht mehr zu schreiben), anstatt zuerst zu schreiben, um dann aufgrund der Reaktionen zum Denken gezwungen zu werden. Und einräumen, dass man sich geirrt oder nicht ausreichend recherchiert hat? Eine heutzutage leider nur noch selten anzutreffende Tugend.

    Das Problem ist, dass man mit dieser Einstellung Leute davon abhält, überhaupt ihre Meinung zu äußern. Es hat eben nicht jeder User jahre- oder gar jahrzehntelange Erfahrung und deshalb kommt man bisweilen zu vorschnellen, unvollständigen oder nicht überzeugenden Einschätzungen. Entscheidend ist aber doch, dass der Threadersteller sich am Ende seine eigene Meinung bilden kann, und dafür sind verschiedene Stellungnahmen eine willkommene Handreichung.

    Weiter halte ich daran fest, dass ein Denken in "richtig" und "falsch" in juristischen Diskussionen nicht hilfreich ist. Was heute für richtig gehalten wird, kann morgen falsch sein. Das wird einem doch gerade in der jetzigen Zeit besonders deutlich vor Augen geführt, in der die Corona-Krise täglich juristische Axiome in ihren Grundfesten erschüttert. Jura ist eine Argumentationswissenschaft und die Überzeugungskraft von Argumenten ändert sich mit der Zeit und in der Gesellschaft.

    Nur als Randnotiz darf weiter der Hinweis erlaubt sein, dass wir uns hier in einem Internetforum befinden und die Auskünfte nicht selten auf Grundlage unvollständiger, ungenauer oder sogar fehlerhaft geschilderter Sachverhalte erteilt werden. Gepaart mit dem postulierten Richtigkeitsanspruch ist das gefährlich.

    Zur Sache möchte ich schließlich anmerken, dass mich das Argument, wonach das Rechtshilfegericht an die Stelle des Nachlassgerichts tritt, inzwischen ebenfalls überzeugt und ich mich der Auffassung von TL und Cromwell anschließe. Ich würde es aber dennoch nicht als "richtig", sondern als "überzeugend" bezeichnen wollen.

  • Ähnlich. Die von TL und Cromwell genannten Gründe sind gefestigte Meinung. Mit dem Nachlass- ist auch das Rechtshilfegericht gemeint, soweit die Aufgabe partiell übertragen wurde. Zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gibt es dazu genügend Rechtsprechung. Hinsichtlich der Urkunden findet sich immer derselbe Satz mit der "Beibringung". Und in einer Kommentierung zum FamFG noch die Ergänzung "zur Entscheidung". Früher war damit vermutlich wirklich nur das Einsammeln und Weiterleiten gemeint. Ob das ausschliesslich so gehandhabt wurde, weil die Anfertigung von Abschriften noch mit erheblich mehr Aufwand verbunden war, könnte man bei Gelegeheit mal in der von der Kommentierung in Bezug genommenen Entscheidung des Kammergerichts nachlesen. Der Weg vom bloßen "Vertrauen", über die "Beurkundung" bis hin zum "Protokoll" war allerdings zu weit, als dass man die Lösung als Selbstverständlichkeit darstellen könnte. Sofern der 415 ZPO wirklich der Weisheit letzter Schluss ist.

  • Der Weg war nicht weit. Er musste nur nach und nach nochmals beschrieben werden weil diejenigen, denen man am Anfang schlicht sagte, dass sie auf dem falschen Weg sind, das nicht einsehen wollten.

    Manchmal ist das wie wenn sich Wanderer unterwegs treffen und sich nach dem Weg erkundigen. Denen sagt der einheimische Wanderer: „Geht nicht durch die Schlucht, denn das ist zu gefährlich!“

    Und dann fängt die Diskussion an. Warum? Weshalb? Das kann man doch so nicht sehen. Oder auch anders sehen. Ich kenne einen, der läuft aber immer durch die Schlucht. Das muss man mir erstmal beweisen, dass das gefährlich ist.

    Der Einheimische hört sich das an. Manchmal beginnt er dann zu argumentieren. Manchmal erzählt er von alten Geschichten oder neuesten Erkenntnissen. Er legt sich ins Zeugs und versucht die Wanderer vom Irrweg abzubringen.

    Einige Wanderer kehren um. Wenige bedanken sich. Andere fangen an, den Einheimischen als Besserwisser und ewig Gestrigen zu beschimpfen. Fühlen sich in ihrer Wandererehre angegriffen, denn schließlich gibt es ja Gegenden in den sie sich auch auskennen und der Einheimische nicht. Viele dabeistehende Passanten schweigen einfach.

    Und der Einheimische? Der überlegt sich, warum er sich das antut. Aber er will ja nicht so sein und hilft deswegen dennoch immer und immer wieder. Manchmal aber läuft er auch einfach nur kopfschüttelnd davon.

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  • Oje. Mit anderen Worten: Du hast dich mit dem 415 ZPO selbst am meisten überrascht.

    Du hast mich offensichtlich völlig falsch verstanden. Aber auch das ist inzwischen bezeichnend.

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