Tabellenberichtigung nach Aufhebung

  • Hallo,

    folgendes Problem: In einem Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung und Insolvenzplan gehen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens einige Anträge auf Tabellenberichtigung ein:
    a) Forderung wird festgestellt, weil Sachwalter Widerspruch zurücknimmt
    b) Forderung wird reduziert, weil Gl. sie teilweise zurücknimmt.

    Eine Berichtigung der Insolvenztabelle nach Aufhebung gab es bei mir noch nie. Ich will dies auch nicht einführen, da m. E. Tabelle geschlossen durch Aufhebung zum 31.03.21.

    Sachwalter beruft sich darauf, dass im Insolvenzplan steht, dass bei Verteilung zum 31.03.23 alle Forderungen berücksichtigt werden, die zum 31.12.22 zur Insolvenztabelle uneingeschränkt festgestellt sind.

    M. E. kann der Insolvenzplan doch nicht Aufgaben des Insolvenzgerichts nach Aufhebung begründen. Wie seht Ihr das ?

  • Es kommt immer wieder vor, dass Gläubiger (in aller Regel das Finanzamt) nach Aufhebung des Verfahrens auf ihre angemeldeten Forderungen (teilweise) verzichten. Ich wüsste nicht, warum das nicht möglich sein sollte. Deswegen erfolgt bei uns eine enstprechende Tabellenberichtigung und wir vermerken das im Schlussverzeichnis.

    Mit einer Rücknahme eines Widerspruchs nach Aufhebung würde ich mir jetzt spontan schwer tun. Ich habe das aber noch nicht in der Praxis gehabt. Vielleicht hat ja jemand dazu erhellende Erkenntnisse.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Mir ist ein solcher Fall auch noch nicht vorgekommen, zumal man die Berichtigungen vor Aufhebung des Verfahrens durchführen sollte.

    Gleichwohl ist eine Tabellenberichtigung auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeschlossen, siehe BGH vom 29.03.2012, IX ZR 116/11.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Es kommt immer wieder vor, dass Gläubiger (in aller Regel das Finanzamt) nach Aufhebung des Verfahrens auf ihre angemeldeten Forderungen (teilweise) verzichten..

    Den Murks kenne ich. I.d.R. wird genau das zurückgenommen, was der Verwalter an Quote gezahlt hat. Sollte (hier ja nicht, da Planverfahren) es zu einer NTV kommen, so der Gläubiger es versemmelt....

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Es kommt immer wieder vor, dass Gläubiger (in aller Regel das Finanzamt) nach Aufhebung des Verfahrens auf ihre angemeldeten Forderungen (teilweise) verzichten..

    Den Murks kenne ich. I.d.R. wird genau das zurückgenommen, was der Verwalter an Quote gezahlt hat. Sollte (hier ja nicht, da Planverfahren) es zu einer NTV kommen, so der Gläubiger es versemmelt....

    Dieser Zusammenhang ist mit noch nicht aufgefallen. Ich hatte bisher eigentlich immer den Eindruck, dass diese Rücknahmen aus Verrechnungen des Finanzamts zusammenhängen.

    Scheinbar habt ihr ein dummes Finanzamt.

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    Zitat Josef Dörndorfer

  • Das zu Grunde liegende Problem ist, dass in den meisten Insolvenzplänen gesetzeskonform Regelungen aufgenommen werden (müssen), dass bis zu einem Jahr nach Beendigung des Verfahrens nachträglich festgestellt Forderungen den gleichen Regelungen des Insolvenzplans unterliegen, wie sofort festgestellte Forderungen. Die nachträgliche Tabellenänderung schafft da natürlich die meiste Transparenz.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Dann habe ich nach lange Suche doch noch etwas gefunden. BGH IX ZR 206/11 vom 10.05.2012 Rdnr. 15 gegen Ende:
    "Nach Annahme und Bestätigung des Plans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens kommt es auf ein Bestreiten des Insolvenzverwalters und der anderen Insolvenzgläubiger nicht mehr an; denn eine Prüfung und Feststellung von Forderungen kann nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr erfolgen."

    Mit dieser Begründung will ich alle Anträge auf Tabellenberichtigungen ablehnen. Mal schauen, was kommt.

  • Danke auch an Gegs. Als Rpfl. habe ich erst jetzt die merkwürdigen Regelungen der InsO zu diesem Thema entdeckt wie z. B. §§ 254b, 259b InsO. Dann frage ich mich, wieso wir in der Praxis auf Drängen der Beteiligten noch hektisch viele Forderungen kurz vor Aufhebung prüfen.

  • Dann habe ich nach lange Suche doch noch etwas gefunden. BGH IX ZR 206/11 vom 10.05.2012 Rdnr. 15 gegen Ende:
    "Nach Annahme und Bestätigung des Plans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens kommt es auf ein Bestreiten des Insolvenzverwalters und der anderen Insolvenzgläubiger nicht mehr an; denn eine Prüfung und Feststellung von Forderungen kann nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr erfolgen."

    Mit dieser Begründung will ich alle Anträge auf Tabellenberichtigungen ablehnen. Mal schauen, was kommt.

    Die Rechtsprechung ist allerdings nicht zum aktuellen Stand der inso ergangen.
    Daher würde ich auf jeden Fall berichtigen

  • Nun, ich bin aus Planverfahren schon länger etwas raus . Folgende Äußerungen beziehen sich nicht ! auf RSB-Verfahren.
    Zur "Forderungsrücknahme", die mag mindestens in der Bemerkungsspalte vermerkt werden.
    Zur nachverfahrendlichen Rücknahme von Widersprüchen:
    das ist etwas heikel. Ich möchte dies mal von einem einfachen Gedanken ausgehend entfalten (Planverfahren und Eigenverwaltung einmal kurz wegdenken bitte).
    1. Variante
    der Schuldner hat einer im übrigen festgestellten Forderung widersprochen => Klauselsperre (201). Nach Aufhebung müsste der betr. Gl. Leistungsklage erheben. Der Sch. will sich nich damit überziehen lassen und gibt dem Gl. in der Sache recht. M.E. kann er seinen Widerspruch zurücknehmen.
    2. Variante
    ein Gläubiger hat der Feststellung einer Forderung widersprochen (sonst niemand); der Anmeldegläubiger will im Hinblick auf nachverfahrendliche Vollstreckung den Widerspruch beseitigen, der bestreitende Gl. "erkennt seinen Irrtum": m.E. kann er seinen Widerspruch zurücknehmen um den Prozess zu vermeiden.
    3. Variante
    Der Insolvenzverwalter hat einer Forderungsfeststellung widersprochen. Nach Verfahrensaufhebung kann er nich mehr zurücknehmen, da er nicht mehr legitimiert ist.

    So: und jetzt das Ganze mal auf die Ausgangsfrage gewendet:
    Mit Aufhebung des Verfahrens ist der Sachwalter nicht mehr im Amt. Bei der Planüberwachung ist die Befugnis des im Amt bleibenden Verwalters begrenzt. Damit kann er seinen Widerspruch nicht mehr zurücknehmen.
    ABER: der Plan könnte diese Befugnis vorsehen. Dann würde ich mich als Rpfl. nicht über Zulässigkeitsfragen eines rechtskräftig bestätigen Plans verhalten. (nein, ich führe jetzt nicht zur Zulässigkeit einer möglicherweise gegebenen Planklausel aus).

    greez Def

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  • 3. Variante
    Der Insolvenzverwalter hat einer Forderungsfeststellung widersprochen. Nach Verfahrensaufhebung kann er nich mehr zurücknehmen, da er nicht mehr legitimiert ist.

    Ergänzung:
    Rein therotisch könnte es doch sein, dass eine rechtzeitig erhobene Festsellungsklage beim Prozessgericht anhängig ist und das Insolvenzverfahren mittlerweile aufgehoben wurde. Dann ist das Amt des IVs hinsichtlich der Feststellungsklage noch nicht beendet. Es dürfte doch dann dem IV möglich sein im Verlauf des Prozesses den Widerspruch zurückzunehmen.

    Für den Sachwalter bei der Eigenverwaltung kann nichts anders gelten.

    Man müsste wohl bei Variante 3 differenzieren zwischen a) rechtzeitig erhobene Feststellungsklage ist anhängig und b) keine Feststellungsklage

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    Zitat Josef Dörndorfer

  • Aus dem leeren Bauch heraus geschrieben, sollte man im Planverfahren auch beachten, dass die ganzen "Befugnisse" nicht einfach verschwinden, sondern mit Aufhebung des Verfahrens auf den Schuldner "zurück fallen". Rechtsstreite sind nicht einfach beendet, sondern sind qua Parteiwechsel per Gesetz vom Schuldner weiter zu führen. Ob das jetzt auch hinsichtlich der Frage gilt, Widersprüche des Sachwalters gegen die Feststellung angemeldeter Forderungen zurück zu nehmen, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.

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  • Zu a) Wenn man dem ITS nicht die Möglichkeit der Rücknahme des Widerspruchs einräumt muss der Gläubiger jedesmal die Feststellungsklage anstreben, für mich etwas überzogen.

    zu b) mit einer Forderungsreduzierung hätte ich hier nie Probleme.


    Etwas Lektüre:

    AG Alzey, Berichtigungsbeschluss vom 25.09.2020 – 1 IK 7/17

    AG Köln, Beschluss vom 08.01.2016 - 71 IN 20/13

    Eine Berichtigung der Tabelle – auch zur Anpassung an Veränderungen – kommt auf Antrag oder von Amts wegen in Betracht, ohne zeitliche Beschränkung (etwa durch die Aufhebung des Insolvenzverfahrens) und ohne dass es eines Rückgriffs auf die §§ 319 f. ZPO und ihre Voraussetzungen bedürfte (BGH BeckRS 2020, 17492 Rn. 5, 7; NZI 2017, 213 Rn. 8 (analog § 164 ZPO); überzeugend MüKoInsO/Schumacher Rn. 51 f.; Uhlenbruck/Sinz Rn. 43 ff.; aA wohl HmbKommInsR/Preß/Henningsmeier Rn. 23; K. Schmidt InsO/Jungmann Rn. 29 (abw. aber wohl Rn. 25)). Die Ablehnung einer beantragten Berichtigung durch den Rechtspfleger kann mit der befristeten Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG angefochten werden (BGH NZI 2017, 213 Rn. 10); die Entscheidung des Richters ist – auch bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung – unanfechtbar (BGH BeckRS 2020, 17492 Rn. 5 f.). Ob dies auch bei der Vornahme einer „einfachen“ Tabellenberichtigung auf Antrag oder von Amts wegen gilt (so etwa MüKoInsO/Schumacher Rn. 51; Uhlenbruck/Sinz Rn. 50) oder ob man insoweit wie die wohl allgM zu § 183 Abs. 2 (→ § 183 Rn. 7) mangels Entscheidungscharakters von der generellen Unanfechtbarkeit ausgehen sollte, ist zweifelhaft – Abgrenzungsschwierigkeiten sprechen wohl für Letzteres.
    (BeckOK InsO/Zenker, 22. Ed. 15.1.2021 Rn. 22, InsO § 178 Rn. 22)

  • Die von Rainer genannten Zitate von Münchner und Uhlenbruck würde ich gerne nachlesen. Bei welchem § der InsO stehen diese ?

  • jetzt wird es schräg ! sorry !
    also noch mal so von Anfang

    im aufgehobenen Verfahren kann:

    - ein Gläubiger seine Forderung ganz oder teilweise reduzieren ! (wie dies ggfls. rechtlich zu würdigen ist, hierzu AG Düsseldorf Beschluss vom 18.04.2018 - 502 IN 175/09)

    - der Schuldner seinen Widerspruch zurücknehmen (Grund: § 201 gbit die Klauselsperre bei ansonsten festgestellter Forderung) die Rücknahme des Widerspruchs führt zum Recht der freien Nachforderung

    Bei alledem handelt es sich nicht um Berichtigungen nach § 319 ZPO oder Protokollberichtigungen !

    Eine "geschlossene Tabelle" gibt es nicht. NIenmand käme auf die Idee nach Aufhebung des Verfahrens auf einen Gläubiger während der Restschuldbefreiung gegen dessen Willen weitere Zuteilungen vorzunehmen !

    - der Verwalter kann erklären was er will, die Räterepublik ausrufen oder was auch immer; insolvenzrechtlich unerheblich, der ist nicht mehr Verwalter

    Neben der Rücknahme des Schuldnerwiderspruchs, der im Eigenverwaltungsverfahren die Zuteilung hindert ! kann der Insolvenzplan vorsehen, dass auch der Sachwalter hierzu befugt ist. Hier muss halt mal in den Plan hineingeschaut werden, ob eine entsprechende rechtliche Befugnis besteht. Die rechtlichen Wirkungen sind hierbei nicht zu untersuchen.

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