TV-Zeugnis oder Bescheinigung des Nachlassgerichts?

  • Hallo ihr Lieben,

    ich bin mir nicht sicher, ob mein Pingeligkeitsradar noch richtig justiert ist. Und so richtig finde ich zu meinem Problem auch nichts - womöglich weil es tatsächlich keins ist. Vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen:

    Im Grundbuch ist als Eigentümer bereits seit 2010 der Erbe eingetragen, sowie ein TV-vermerk. Das Grundstück wird jetzt durch den Testamentsvollstrecker veräußert und ich soll die AV eingetragen. Ursprünglich wurde mir nur eine Ausfertigung des Erbscheins und eine privatschriftliche Annahmeerklärung vorgelegt. Daraus ergibt sich am Rande auch, dass offenbar eine notarielle letztwillige Verfügung vorhanden war (Nachlassgericht ist JottWeDe). Erbnachweis ist aber bislang definitiv der jetzt wieder vorgelegte Erbschein gewesen.
    Ich habe durch Zwischenverfügung ein Testamentsvollstreckerzeugnis angefordert. Vorgelegt wird mir nun eine gesiegelte Bestätigung des Nachlassgerichts aus dem Jahr 2010 über die Amtsannahme.

    Ich ringe jetzt mit mir, ob das vielleicht doch reicht. Nach § 35 Abs. 2 letzter HS genügt das nur, wenn die Erbfolge auf einer notariellen Verfügung beruht. Auch aus Schöner/Stöber Rn. 3462 entnehme ich, dass beim Erbschein TV-Zeugnis erforderlich ist. Danach reicht die Annahmebescheinigung definitiv nicht. Mich wundert nur, dass das seit 2010 offenbar nie ein Problem war. Übersehe ich etwas?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Nach § 35 Abs. 2 HS. 2 GBO ist die Bestimmung des § 35 Abs. 1 S. 2 GBO entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass es anstelle eines TV-Zeugnisses genügt, wenn sich die Ernennung des Testamentsvollstreckers aus einer notariellen letztwilligen Verfügung ergibt, wozu - wie üblich - dann noch die Amtsannahmebescheinigung des Nachlassgerichts hinzutreten muss.

    Ich halte den genannten Nachweis daher für ausreichend, allerdings nur, wenn feststeht, dass das Amt des TV auch tatsächlich auf einem notariellen Testament beruht (das bislang nicht vorliegt). Diese aktuelle Nachweislücke würde ich schließen, indem ich mir die Nachlass- und Testamentsakten anfordere, weil sich aus diesen Akten gleichzeitig ergibt, dass weder spätere letztwillige Verfügungen noch nachträgliche Ereignisse vorliegen, welche das im Jahr 2010 angenommene Amt des TV in Frage stellen.

  • Nach § 35 Abs. 2 HS. 2 GBO ist die Bestimmung des § 35 Abs. 1 S. 2 GBO entsprechend anzuwenden. Dies bedeutet, dass es anstelle eines TV-Zeugnisses genügt, wenn sich die Ernennung des Testamentsvollstreckers aus einer notariellen letztwilligen Verfügung ergibt, wozu - wie üblich - dann noch die Amtsannahmebescheinigung des Nachlassgerichts hinzutreten muss.

    Ich halte den genannten Nachweis daher für ausreichend, allerdings nur, wenn feststeht, dass das Amt des TV auch tatsächlich auf einem notariellen Testament beruht (das bislang nicht vorliegt). Diese aktuelle Nachweislücke würde ich schließen, indem ich mir die Nachlass- und Testamentsakten anfordere, weil sich aus diesen Akten gleichzeitig ergibt, dass weder spätere letztwillige Verfügungen noch nachträgliche Ereignisse vorliegen, welche das im Jahr 2010 angenommene Amt des TV in Frage stellen.

    Dann war ich doch nicht völlig auf dem Holzweg mit meinen Zweifeln. Danke dir!

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Frage zum Thema: Brauche ich den Nachweis der Annahme des TVamtes schon beim GB-Berichtigungsantrag oder erst bei einer tatsächlichen Verfügung des TV? GB-Berichtigungsantrag ist von der Erbin gestellt. Aus den beigezogenen Nachlassakten ergibt sich, dass die Frist zur Annahme für den TV noch nicht abgelaufen ist ... (Anordnung TV ist in einem Erbvertrag getroffen).

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Ich würde eintragen. Die Annahme hat auch nix mit der TV an sich zu tun, Testamentsvollstrecker könnte auch wer anders sein.

    ... und wenn es gar keinen TV gibt, wenn die Benannte das Amt nicht annimmt ... ? :gruebel:

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Bei angeordneter Testamentsvollstreckung kann der Erbe überhaupt keinen Grundbuchberichtigungsantrag stellen (OLG München Rpfleger 2020, 455 = FamRZ 2020, 962 = FGPrax 2020, 52 = ZEV 2020, 191 LS). Und wenn ihn der Testamentsvollstrecker stellt, muss er natürlich sein Amt nachweisen.

    Da gibt es aber auch andere Meinungen/Entscheidungen (Da der Erbe bzw. Miterbe auch in seinem Recht betroffen ist, ist er antragsberechtigt iSd § 13 GBO (OLG Stuttgart MittBayNot 2013, 489 = RNotZ 2013, 647; LG Stuttgart Rpfleger 1998, 243; Meikel GBO/Böttcher Rn. 56; Schöner/Stöber GrundbuchR Rn. 803, 3466; → § 52 Rn. 29; Palandt/Weidlich BGB Einf. vor § 2197 Rn. 6; Bertsch Rpfleger 1968, 178 (179); Schneider MittRhNotK 2000, 283; aA BayObLGZ 1995, 363; Demharter Rn. 50). Demnach kann nicht nur der Testamentsvollstrecker verlangen, dass die Erben – berichtigend – in das Grundbuch eingetragen werden (so zB OLG München JFG 20, 373).
    (BeckOK GBO/Reetz, 42. Ed. 1.5.2021, GBO § 13 Rn. 77)
    ; Wilsch, Grundbuchordnung für Anfänger, L. Besondere Amtsverfahren Rn. 345, beck-online, mit Hinweis Fußnote auf Walloschek ZEV 2011, 167 (169)).

    Ja, dass der TV, wenn er den Antrag stellt, sein Amt nachweisen muss, ist mir klar. Deshalb auch die Frage, was ist, wenn nur der Erbe den Berichtigungsantrag gestellt hat :gruebel:.

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Bei angeordneter Testamentsvollstreckung kann der Erbe überhaupt keinen Grundbuchberichtigungsantrag stellen (OLG München Rpfleger 2020, 455 = FamRZ 2020, 962 = FGPrax 2020, 52 = ZEV 2020, 191 LS). Und wenn ihn der Testamentsvollstrecker stellt, muss er natürlich sein Amt nachweisen.

    Da gibt es aber auch andere Meinungen/Entscheidungen (Da der Erbe bzw. Miterbe auch in seinem Recht betroffen ist, ist er antragsberechtigt iSd § 13 GBO (OLG Stuttgart MittBayNot 2013, 489 = RNotZ 2013, 647; LG Stuttgart Rpfleger 1998, 243; Meikel GBO/Böttcher Rn. 56; Schöner/Stöber GrundbuchR Rn. 803, 3466; → § 52 Rn. 29; Palandt/Weidlich BGB Einf. vor § 2197 Rn. 6; Bertsch Rpfleger 1968, 178 (179); Schneider MittRhNotK 2000, 283; aA BayObLGZ 1995, 363; Demharter Rn. 50). Demnach kann nicht nur der Testamentsvollstrecker verlangen, dass die Erben – berichtigend – in das Grundbuch eingetragen werden (so zB OLG München JFG 20, 373).
    (BeckOK GBO/Reetz, 42. Ed. 1.5.2021, GBO § 13 Rn. 77)
    ; Wilsch, Grundbuchordnung für Anfänger, L. Besondere Amtsverfahren Rn. 345, beck-online, mit Hinweis Fußnote auf Walloschek ZEV 2011, 167 (169)).

    Ja, dass der TV, wenn er den Antrag stellt, sein Amt nachweisen muss, ist mir klar. Deshalb auch die Frage, was ist, wenn nur der Erbe den Berichtigungsantrag gestellt hat :gruebel:.

    Da ich auch der Meinung bin, dass die TV nicht das Antragsrecht für die GB-Berichtigung des Erben hindert, würde ich eintragen.

  • Bei angeordneter Testamentsvollstreckung kann der Erbe überhaupt keinen Grundbuchberichtigungsantrag stellen (OLG München Rpfleger 2020, 455 = FamRZ 2020, 962 = FGPrax 2020, 52 = ZEV 2020, 191 LS). Und wenn ihn der Testamentsvollstrecker stellt, muss er natürlich sein Amt nachweisen.

    Da gibt es aber auch andere Meinungen/Entscheidungen (Da der Erbe bzw. Miterbe auch in seinem Recht betroffen ist, ist er antragsberechtigt iSd § 13 GBO (OLG Stuttgart MittBayNot 2013, 489 = RNotZ 2013, 647; LG Stuttgart Rpfleger 1998, 243; Meikel GBO/Böttcher Rn. 56; Schöner/Stöber GrundbuchR Rn. 803, 3466; → § 52 Rn. 29; Palandt/Weidlich BGB Einf. vor § 2197 Rn. 6; Bertsch Rpfleger 1968, 178 (179); Schneider MittRhNotK 2000, 283; aA BayObLGZ 1995, 363; Demharter Rn. 50). Demnach kann nicht nur der Testamentsvollstrecker verlangen, dass die Erben – berichtigend – in das Grundbuch eingetragen werden (so zB OLG München JFG 20, 373).
    (BeckOK GBO/Reetz, 42. Ed. 1.5.2021, GBO § 13 Rn. 77)
    ; Wilsch, Grundbuchordnung für Anfänger, L. Besondere Amtsverfahren Rn. 345, beck-online, mit Hinweis Fußnote auf Walloschek ZEV 2011, 167 (169)).

    Ja, dass der TV, wenn er den Antrag stellt, sein Amt nachweisen muss, ist mir klar. Deshalb auch die Frage, was ist, wenn nur der Erbe den Berichtigungsantrag gestellt hat :gruebel:.

    Ich hatte eigentlich gehofft, dass mir der Katastrophenaufsatz von Walloschek (ZEV 2011, 167) nie mehr irgendwo begegnen würde (in einem 5-seitigen Schreiben vom 27.04.2011 an die Schriftleitung der ZEV hatte ich diesen Aufsatz seinerzeit in seine Einzelteile zerlegt). Ich habe es noch nie erlebt, dass in einem einzigen Aufsatz so viel Falsches geschrieben wurde.

    In der Sache selbst ist festzuhalten, dass die von mir vertretene Ansicht der Rechtsprechung des BayObLG (Rpfleger 1996, 148) und der ständigen Rechtsprechung des OLG München entspricht (bereits in JFG 20, 373 und zuletzt in Rpfleger 2020, 455). Die letztgenannte Entscheidung ist auch die aktuellste zu diesem Thema.

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