Erbausschlagung - Kosten niederschlagen?

  • Guten Tag in die Runde!
    Der Bruder des Erblassers gibt in seiner vorsorglichen Erbausschlagungserklärung an, der Erblasser habe eine Tochter namens Tina Mustermann(zu der nie Kontakt bestand) und diese soll ca. 45 Jahre alt sein.
    Der Rechtspfleger verfügt, die Geschäftsstelle soll eineEMA durchführen.
    Die Geschäftsstelle findet in ihrer EMA eine Tina Mustermann und legt die Akte dem Rechtspfleger mit der Anschrift vor.
    Der Rechtspfleger schreibt Tina Mustermann an undinformiert sie über den Tod ihres Vaters.
    Daraufhin ruft Tina Mustermann in der Geschäftsstelle an und teilt mit, dass der Erblasser nicht ihr Vater ist. Sie faxt ihre Geburtsurkunde zum Nachlassgericht.
    Die Nachlassakte wird nun mir –in neuer Zuständigkeitvorgelegt- und ich stelle fest, dass der Vater der Tina Mustermann tatsächlichnicht der Erblasser ist, da die Geburtsurkunde zeitlich das Datum der Geburt von Tina Mustermann trägt und darauf ein anderer Herr Mustermann eingetragen ist. Ich stelle außerdem fest, dass diese Tina Mustermann ungefähr 10 Jahre jünger als die gesuchte Tina Mustermann ist. Damit ist für mich die Sache erledigt, dass die von der Geschäftsstelle ermittelte Tina Mustermann nicht die Tochter des Erblassers ist und es sich allenfalls um den gleichen Namen handelt.

    Ich lege die Sache weg. Heute bekomme ich die Sache wieder auf den Tisch, mit einer Erbausschlagungserklärung von einem anderen Amtsgericht von der „falschen“ Tina Mustermann. Offensichtlich hat sie vorsichtshalber aufgrund unserer Post die Erbschaft nach dem Erblasser ausgeschlagen.

    Ein Verwandtschaftsverhältnis wird nicht angegeben, sie hängt ihre Geburtsurkunde nochmals dran.

    Was meint ihr? 30 Euro erheben oder kulant niederschlagen. Immerhin hat das Amtsgericht eine völlig unbeteiligte Person angeschrieben. Streng genommen… wäre sie zum Notar gegangen, hätte sie gleichdort bezahlen müssen.

  • Schon komisch, dass die Tochter überhaupt angeschrieben werden sollte (§ 1953 Abs. 3 BGB dürfte ja nicht einschlägig gewesen sein).

    Ob hier ein Grund für eine Niederschlagung der Kosten vorliegt, ist zweifelhaft: in der Regel heißt es im nachlassgerichtlichen Anschreiben "Sie könnten als möglicher Erbe in Betracht kommen".

    Ist doch nicht komisch, woher sollte sie sonst Kenntnis erlangen, wenn kein Kontakt bestand und bereits Anfragen (Gläubiger, Vermieter) vorliegen?

  • Ich hätte die Tochter bei dieser Konstellation auch angeschrieben, wenn sie durch einfache Recherche im Melderegister zu finden ist, auch wenn es nach dem Gesetz nicht vorgeschrieben ist.

  • Schon komisch, dass die Tochter überhaupt angeschrieben werden sollte (§ 1953 Abs. 3 BGB dürfte ja nicht einschlägig gewesen sein).

    Ob hier ein Grund für eine Niederschlagung der Kosten vorliegt, ist zweifelhaft: in der Regel heißt es im nachlassgerichtlichen Anschreiben "Sie könnten als möglicher Erbe in Betracht kommen".

    Sehe ich in beiden Punkten genauso

  • Schon komisch, dass die Tochter überhaupt angeschrieben werden sollte (§ 1953 Abs. 3 BGB dürfte ja nicht einschlägig gewesen sein).

    Ob hier ein Grund für eine Niederschlagung der Kosten vorliegt, ist zweifelhaft: in der Regel heißt es im nachlassgerichtlichen Anschreiben "Sie könnten als möglicher Erbe in Betracht kommen".

    Das kann man als Bürger ehrlich gesagt nur so verstehen, dass man Erbe werden kann, falls nicht ein anderes Testament oder Erben einer besseren Rangklasse auftauchen.
    Wie man ernsthaft die Auffassung vertreten kann, der angeschriebene Bürger würde das als "Sie haben den gleichen Namen wie die angebliche Tochter des Erblassers (von der uns sonst nichts vorliegt), und ob Sie wirklich die Tochter des Erblassers sind, haben wir nicht ernsthaft geprüft" verstehen - und daher die Kosten der Ausschlagung tragen - ist mir nicht recht klar.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Man schlägt doch auch nicht als Laie ein Erbe aus, wenn man nicht mit dem Erblasser verwandt ist.
    Mir ist auch schleierhaft wie das andere Amtsgericht das einfach beurkundet. Spätestens wenn jemand vor mir sitzt, frage ich nach dem Verwandtschaftsverhältnis und wenn derjenige sagt, dass er nicht verwandt ist, dann erkläre ich, dass eine Ausschlagung nicht nötig ist und dann ist er wieder weg (üblicherweise ist das natürlich bereits bei Terminsabsprache am Telefon geklärt).

  • Wie man ernsthaft die Auffassung vertreten kann, der angeschriebene Bürger würde das als "Sie haben den gleichen Namen wie die angebliche Tochter des Erblassers (von der uns sonst nichts vorliegt), und ob Sie wirklich die Tochter des Erblassers sind, haben wir nicht ernsthaft geprüft" verstehen - und daher die Kosten der Ausschlagung tragen - ist mir nicht recht klar.

    Nach dem Sachverhalt war das der Nichterbin durchaus klar:


    Der Rechtspfleger schreibt Tina Mustermann an undinformiert sie über den Tod ihres Vaters.
    Daraufhin ruft Tina Mustermann in der Geschäftsstelle an und teilt mit, dass der Erblasser nicht ihr Vater ist. Sie faxt ihre Geburtsurkunde zum Nachlassgericht.

    Ihr war offensichtlich bekannt, dass man sie für die Tochter des EL hielt. Also hat sie direkt mitgeteilt und sogar nachgewiesen, dass sie das nicht ist. Danach noch zum Gericht zu gehen und auszuschlagen, war offensichtlich unnötig.

  • Man hätte der Frau natürlich mitteilen müssen, dass die Angelegenheit entgegen dem ursprünglichen gerichtlichen Schreiben für sie erledigt ist.

    Das kommt eben davon, wenn die Leute mit der Geschäftsstelle telefonieren und der Rechtspfleger die Dinge lediglich zur Kenntnis nimmt. Der am ausgestreckten Arm verhungerten Beteiligten dafür auch noch die Kosten aufbürden zu wollen, halte ich für ein durchaus mutiges Unterfangen.

  • Der Frau kann man die Ausschlagung nun wirklich nicht vorwerfen. Sie wurde informiert, dass sie ggf. Erbin geworden sein könnte. Wenn nicht explizit im Schreiben steht, welche Umstände das Gericht zu dieser Vermutung veranlasst, kann sie das ja vielleicht nicht sofort ausschließen. Man kennt ja unter Umständen gar nicht alle Cousins/Cousinen o.ä., gerade wenn man zur Verwandtschaft kaum Kontakt hat.

    Da ist einfach Ausschlagen doch eigentlich die "Nummer sicher" aus Sicht der Beteiligten, als ggf. doch Schulden eines ihr völlig unbekannten entfernten Verwandten zu erben.

    Daher würde ich hier auch Niederschlagen, da der Fehler beim Gericht liegt.

  • ....
    Die Nachlassakte wird nun mir –in neuer Zuständigkeitvorgelegt- und ich stelle fest, dass der Vater der Tina Mustermann tatsächlichnicht der Erblasser ist, da die Geburtsurkunde zeitlich das Datum der Geburt von Tina Mustermann trägt und darauf ein anderer Herr Mustermann eingetragen ist. Ich stelle außerdem fest, dass diese Tina Mustermann ungefähr 10 Jahre jünger als die gesuchte Tina Mustermann ist. Damit ist für mich die Sache erledigt, dass die von der Geschäftsstelle ermittelte Tina Mustermann nicht die Tochter des Erblassers ist und es sich allenfalls um den gleichen Namen handelt. .....

    Ich denke, ich als Beteiligte wäre an diesem Punkt schon davon ausgegangen, dass sich das Nachlassgericht bei mir meldet und mir seine Sicht der Dinge ("Sie können nicht Erbin geworden sein, wir haben das hier vermerkt, Sie sind am Verfahren nicht beteiligt, alles in Ordnung") auch mitteilt. Sie weiß doch nicht, was dahinter stehen könnte. Ich würde diese Kosten nicht erheben (und es spätestens beim nächsten Mal anders machen).

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Der Frau kann man die Ausschlagung nun wirklich nicht vorwerfen. Sie wurde informiert, dass sie ggf. Erbin geworden sein könnte. Wenn nicht explizit im Schreiben steht, welche Umstände das Gericht zu dieser Vermutung veranlasst, kann sie das ja vielleicht nicht sofort ausschließen. Man kennt ja unter Umständen gar nicht alle Cousins/Cousinen o.ä., gerade wenn man zur Verwandtschaft kaum Kontakt hat.

    Da ist einfach Ausschlagen doch eigentlich die "Nummer sicher" aus Sicht der Beteiligten, als ggf. doch Schulden eines ihr völlig unbekannten entfernten Verwandten zu erben.

    Daher würde ich hier auch Niederschlagen, da der Fehler beim Gericht liegt.

    Laut Sachverhalt ist der Erblasser gar kein Verwandter der Ausschlagenden:

    Zitat

    Daraufhin ruft Tina Mustermann in der Geschäftsstelle an und teilt mit, dass der Erblasser nicht ihr Vater ist. Sie faxt ihre Geburtsurkunde zum Nachlassgericht.

    Da jedoch eine hinsichtlich des Nachlassfalls völlig Unbeteiligte behelligt wurde, halte ich eine Niederschlagung der Gebühr dennoch für gerechtfertigt.

  • Man hätte der Frau natürlich mitteilen müssen, dass die Angelegenheit entgegen dem ursprünglichen gerichtlichen Schreiben für sie erledigt ist.

    Das kommt eben davon, wenn die Leute mit der Geschäftsstelle telefonieren und der Rechtspfleger die Dinge lediglich zur Kenntnis nimmt. Der am ausgestreckten Arm verhungerten Beteiligten dafür auch noch die Kosten aufbürden zu wollen, halte ich für ein durchaus mutiges Unterfangen.


    Ich denke, ich als Beteiligte wäre an diesem Punkt schon davon ausgegangen, dass sich das Nachlassgericht bei mir meldet und mir seine Sicht der Dinge ("Sie können nicht Erbin geworden sein, wir haben das hier vermerkt, Sie sind am Verfahren nicht beteiligt, alles in Ordnung") auch mitteilt. Sie weiß doch nicht, was dahinter stehen könnte. Ich würde diese Kosten nicht erheben (und es spätestens beim nächsten Mal anders machen).

    Der Frau kann man die Ausschlagung nun wirklich nicht vorwerfen. Sie wurde informiert, dass sie ggf. Erbin geworden sein könnte. Wenn nicht explizit im Schreiben steht, welche Umstände das Gericht zu dieser Vermutung veranlasst, kann sie das ja vielleicht nicht sofort ausschließen. Man kennt ja unter Umständen gar nicht alle Cousins/Cousinen o.ä., gerade wenn man zur Verwandtschaft kaum Kontakt hat.

    Der Anruf und das Fax der Frau machen deutlich, dass ihr bewusst war, dass man sie fälschlich für die Tochter des Erblassers hielt. Im Übrigen finde ich es verwunderlich, dass offenbar unterstellt wird, dass die SE am Telefon kein Wort gesagt hat. Wesentlich wahrscheinlicher ist es doch, dass dabei noch ein "Dann haben wir Sie verwechselt, wir meinten eine andere Tina Mustermann" gefallen ist. Und nein, es ist nicht von Bedeutung, dass dies nicht vom RPfl. gesagt wurde.

    Ich kann nachvollziehen, wenn jemand die Kosten niederschlagen würde. Das nicht zu tun ist aber weder falsch noch rechtfertigt es die Empörung, die hier teilweise herauszulesen ist.

  • Naja, wir reden hier von Bürgern, die üblicherweise keinen Kontakt zu Behörden haben und denen die Abläufe bei diesen Verfahren nicht klar sind.

    Was sie aber sofort nachschlagen können ist, dass sie nur sechs Wochen für eine Ausschlagung haben. Und wenn das Gericht sie mit Verwandtschaft verwechselt, besteht doch das nicht fernliegende Risiko, dass das wieder passiert. Daher ist eine Ausschlagung gar nicht sooo fernliegend.

  • Mit anderen Worten:

    Wenn man einen Fehler begeht, dann ist derjenige selbst schuld, wenn er aufgrund dieses Fehlers einen Folgefehler begeht, der ohne den Ausgangsfehler nie hätte begangen werden können.

    Das wäre so einfach, hätte es nicht den Kontakt mit der Geschäftsstelle gegeben. Jetzt kann man nicht mehr pauschal behaupten, der Ausschlagungsfehler beruhe ausschließlich auf dem Mitteilungsfehler. Ich bin da eher bei S.H.: Kosten kann man außer Ansatz lassen, muß man aber nicht zwingend.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Mit anderen Worten:

    Wenn man einen Fehler begeht, dann ist derjenige selbst schuld, wenn er aufgrund dieses Fehlers einen Folgefehler begeht, der ohne den Ausgangsfehler nie hätte begangen werden können.

    Ruhe in Frieden, Sachlichkeit. Es war schön mit dir.

    Ich wüsste nicht, was an meiner Aussage unsachlich sein soll, denn darauf läuft es im Ergebnis zweifelsfrei hinaus.

    Im Übrigen sollte es für die Kostenfrage gleichgültig sein, auf welcher gerichtlichen und funktionellen Ebene ein Fehler vorgekommen ist. Ob dies ein Unterlassen des Rechtspflegers im Hinblick auf eine gebotene Handlung oder ein etwaiges zweifelhaftes Verhalten des Geschäftsstellenpersonals ist, bleibt sich einerlei.

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