Termin mit Reichsbürgern

  • Ich habe in nächster Zeit einen Termin mit Reichsbürgern. Da ich mich auf den Ernstfall vorbereite, hab ich mal ne Frage:
    Wie ist das genaue Prozedere, wenn ich a) eine Partei bzw. einen Beteiligten und b) einen Zuschauer rauschmeißen will? Bedarf es eines Beschlusses oder reicht die Aufforderung an den Betroffenen bzw. die Weisung an die Wachtmeister mit einem entsprechenden Vermerk im Protokoll. Die Namen u.s.w. werden mir bekannt sein(sitzungspolizeiliche Verfügung, Ausweiskopien...).
    Bisher habe ich die Störer (Zuschauer) nach Verwarnung nur aufgefordert den Saal zu verlassen. Diese sind der Aufforderung auch immer nachgekommen. Hat immer funktioniert. Diesmal wird es jedoch nicht so ohne Weiteres ablaufen. Ich rechne damit, dass die Wachtmeister Zwang ausüben müssen. Bei dem Klientel möchte ich keine verfahrenstechnischen Fehler machen. Daher meine Frage.

  • § 176 ZPO: Du hast die Sitzungspolizei.

    Du fordert (nach entsprechenden Warnungen) den Wachtmeister auf, den aus dem Saal zu transportieren. Der macht das dann.

    Kommt es dabei zu Widerstandshandlungen wird hier die Polizei hinzugezogen, um den zu übernehmen. Die stellen dann die Personalien fest.

  • Nimm auf jeden Fall einen Protokollführer oder am besten einen Kollegen mit in den Termin. Dann kann dein Kollege die Störungen notieren und du behält die Kundschaft im Auge.

    Ich würde so vorgehen:

    -Störung / ungebührliches Verhalten feststellen
    -Störer ausdrücklich und am besten namentlich ermahnen (einmal)
    -Konsequenz für weitere Störungen ausdrücklich androhen (z.B. bei drastischen Störungen Entfernen aus dem Saal)
    -Nichtbeachtung und weitere Störung feststellen
    -Entfernung aus dem Saal nach § 177 GVG durch Beschluss anordnen (ich beschließe hiermit, den anwesenden / den Verfahrensbeteiligten xy aus dem Verhandlungssaal zu entfernen, da er durch sein Verhalten trotz Mahnung die Sitzungsordnung nachhaltig gestört und den Anordnungen zur Wahrung der Ordnung nicht Folge geleistet hat).

    Diesen Beschluss habe ich bei solchen Terminen als Lesehilfe immer dabei. Die Wachtmeister würde ich vorab in Kenntnis setzen, damit sie wissen, bei welchem 'Stichtwort' sie einschreiten müssen.

    Passiert das während der Bietzeit, würde ich ggf. noch die verlorene Zeit dranhängen, weil während dieser Ordnungsmaßnahmen niemand bieten kann.

    Vermerke im Protokoll die genaue Uhrzeit, zu welcher derjenige den Saal verlassen hat, insbesondere wenn es sich um einen Verfahrensbeteiligten handelt.

    Nach meiner Erfahrung entsteht im Falle des Rausschmiss immer ein Tumult bei den 'Unterstützern' im Publikum, bzw. protestieren diese dagegen. Versuche cool zu bleiben, ein strenger Blick reicht vielleicht manchmal statt zu versuchen, über den Mob drüber zu schreien.


    Wenn die Störung darin besteht, dass der Reichsbürger zu einer längeren Ansprache anhebt und dich dauernd unterbricht oder seine seitenlangen Pamphlete vorlesen will, kommt auch der Wortenzug in Betracht (§ 136 Abs.2 ZPO). Wenn ich sehe, dass die Kundschaft zu einem solchen Vortrag ansetzt, unterbinde ich das. Ich möchte in meiner Versteigerung keine Ausbreitung irgendwelcher kruden Thesen haben.

    - fragen worauf sich der Antrag richtet und wie lange das Vorlesen dauern wird
    - darauf hinweisen, dass die Übergabe der Schriftstücke genügt und ein wörtliches Verlesen im Termin nicht notwendig ist, wenn über die Anträge nicht im Termin zu entscheiden ist
    - Ermessensentscheidung, ob das Vorlesen den Termin unverhältnismäßig in die Länge zieht oder ggf. unsachliches Vorbringen die Verhandlung stört

    Auch diesen Beschluss habe ich immer vorbereitet als Entwurf.

  • Und noch ein Tipp, bereite dich auf Befangenheitsanträge vor. Offenkundig rechtsmissbräuchliche Befangenheitsanträge kannst du unmittelbar selbst in der Verhandlung zurückweisen. Als Begründung z.B. dass der Antrag ganz offenkundig nur dazu dient, die Abhaltung des Termins zu verhindern (vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2005 Az. V ZB 7/05)

  • Und noch ein Tipp, bereite dich auf Befangenheitsanträge vor. Offenkundig rechtsmissbräuchliche Befangenheitsanträge kannst du unmittelbar selbst in der Verhandlung zurückweisen. Als Begründung z.B. dass der Antrag ganz offenkundig nur dazu dient, die Abhaltung des Termins zu verhindern (vgl. BGH, Beschluss vom 14.04.2005 Az. V ZB 7/05)

    Danke.

  • Engel, Zwangsversteigerung gegen Querulanten - ein Verfahren ohne Ende, Rpfleger 1981,81;
    sowie Engels, "Reichsbürger" Vortrag in Heilbronn (2017, als es noch Präsenzverantaltungen gab.)
    Leider gibt es zu Engels keinen nachfolgenden Aufsatz.
    Dem Script lagen jedoch die Folien bei.

  • [h=2]LG Heilbronn: Reichsbürger verurteilt[/h] Das LG Heilbronn verurteilte am 30. 6. 2017 (3 KLs 43 Js 33.403/15) einen sogenannten „Reichsbürger“ zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten zur Bewährung. Ihm wurde vorgeworfen, er habe verschiedene Behördenmitarbeiter mit abstrusen Millionenforderungen überzogen. Diesen Tatbestand bewertete die Strafkammer beim LG als versuchte Nötigung. Eine Bewährung konnte gerade noch deshalb ausgesprochen werden, weil der Angeklagte nahezu 6 Monate in U-Haft saß und sein hohes Alter mit 75 Jahren berücksichtigt wurde. Die Kammer ging davon aus, dass unter dem Eindruck der U-Haft weitere Straftaten nicht mehr zu erwarten seien.

    Mitgeteilt von Gerhard Schmidberger, Heilbronn (Quelle: Heilbronner Stimme v. 28.6. und 1. 7. 2017)
    Quelle ZfIR Aktuell 2017, A4

    Nur falls ominöse, persönliche Forderungen geltend gemacht werden.
    Da gabt es zwei schöne Artikel in unserer Lokalpresse.
    Die Hauptverhandlung, die ich mir gegönnt hatte, war recht interessant.
    Die U-Haft hatte unseren Reichsbürger doch schwer beeindruckt.

  • Ich halte es aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht für klug, derlei Themen hier im Forum öffentlich zu diskutieren.

    Ich bitte daher um Verständnis, dass ich diesen Thread schließe und demnächst lösche.

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