Auszahlungsantrag durch testamentarische Erben

  • In einer Nachlasssache wurde durch die Polizei ein beim Verstorbenen aufgefundener Geldbetrag hinterlegt. Die Hinterlegung erfolgte damals zugunsten der unbekannten Erben.
    Zwischenzeitlich tauchte ein privatschriftliches Testament auf. Die benannten Erben haben dieErbschaft angenommen aber keinen Erbschein beantragt.

    Sie beantragen nunmehr die Herausgabe des hinterlegtenBetrages.

    Benötigen Sie dazu den Erbschein oder genügt Testament+EÖ-Niederschrift ?
    Eigentlich hätte ich lieber den Erbschein, auch, weil es jaein kein notarielles Testament ist.


    Wie seht Ihr das?

  • Bei Erbnachweisen halte ich mich eigentlich immer ans Grundbuch, also § 35 GBO.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Andererseits ist die HL-Stelle nicht das Grundbuchamt. Hier gilt wohl eher die Rechtsprechung zu der Frage, ob Banken einen Erbschein verlangen dürfen, denn im HintG steht nichts von öffentlichen Urkunden. Wie hoch ist denn der Betrag?

  • Danke schon mal für die schnellen Antworten.

    Der Betrag ist ein hoher 4-Stelliger Betrag.

    Einen Erbschein wollen die Erben nicht beantragen, weil
    sie wohl bei der Bank so an das Geld kommen.

  • Angesichts der geschilderten Umstände kann man der Bank einen sportlichen Umgang mit den Geldern der Erben nicht absprechen. Wenn dann doch in Wahrheit das Rote Kreuz eingesetzt war, wird halt noch Mal gezahlt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Vergleich mit den Banken hinkt, weil in deren AGB eine Freizeichnung enthalten ist, wenn an den durch privatschriftliches Testament ausgewiesenen Erben ausbezahlt wird, bei der Hinterlegungsstelle gibt es keine AGBs, deshalb Erbschein.

  • Vorsorglich möchte ich noch darauf hinweisen, dass Hinterlegungsrecht Landesrecht ist und es für die Frage des Nachweises auf das anzuwendende HintG ankommt. Es könnten sich hieraus landesrechtliche Besonderheiten ergeben.

  • Vorsorglich möchte ich noch darauf hinweisen, dass Hinterlegungsrecht Landesrecht ist und es für die Frage des Nachweises auf das anzuwendende HintG ankommt. Es könnten sich hieraus landesrechtliche Besonderheiten ergeben.

    Das ist natürlich richtig.

    "So hat der Nachweis der Empfangsberechtigung nach der Rechtsprechung in aller Regel durch Vorlage eines Erbscheins zu erfolgen, wenn die Hinterlegung nach § 372 BGB zugunsten der unbekannten Erben angeordnet worden ist und der die Herausgabe des hinterlegten Betrags Beantragende behauptet, Erbe zu sein (zu § 21 Abs. 3 Nr. 1 BbgHintG: Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 30. Januar 2015, 11 VA 8/14, juris Rn. 35 ff.; zu § 13 HintO: KG, Beschluss vom 22. April 2008, 1 VA 16/06, juris Rn. 9). Dies ist aber eine andere Fallkonstellation als die vorliegende." (BayObLG a.a.O.)

    Womöglich gibt es Bundesländer, die auch in diesen Fällen auf eine entsprechende Anwendung des § 35 GBO abstellen. Ich bezweifle aber, dass es Bundesländer gibt, die es noch darunter tun und ein handschrifltiches Testament ausreichen lassen würden.

  • Unter Vorbehalt, dass es im Länderrecht evtl. andere Vorschriften gibt:
    Hatte letztes Jahr eine mehrere Bundesländer übergreifende Fortbildung für HL-Sachen und dort wurde eindeutig gesagt, dass als Herausgabegrundlage der Erben (grundsätzlich immer) ein Erbschein erforderlich ist, da es im HL-Recht keine dem § 35 GBO entsprechende Vorschrift gibt und es sich anders als im Grundbuch nicht um einen Unrichtigkeitsnachweis handelt. Zudem nimmt der Erbschein gemäß § 2366 BGB am öffentlichen Glauben teil, die durch Testament ausgewiesene Erbfolge nicht. Ein not. Testament nebst EÖP kann danach nur im Ausnahmefall als ausreichend angesehen werden. Dazu wurden folgende Entscheidungen zitiert: KG vom 22.04.2008, KG vom 11.05.1998, BayObLG vom 25.06.2020 (habe ich bisher nicht nachgelesen).
    Fazit für mich: Die Forderung nach einem Erbschein ist durch die gesetzlichen Vorschriften stets gedeckt, wenn ich ein notarielles Testament mit EÖP anerkenne, muss ich mir bewusst sein, dass es ggf. ein Haftungsrisiko gibt.

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