Schuldanerkenntnis und Vollstreckung aus unerlaubter Handlung

  • Guten Morgen,

    ich habe vorliegend eine notarielle Urkunde mit einem Schuldanerkenntnis. Im Schuldanerkenntnis selbst erklärt der Schuldner, dass er aufgrund "Vorspielung falscher Tatsachen zielgerichtet einen Irrtum erregt hat" und damit den Gläubiger bei vollem Bewusstsein der Nichtrückzahlung um einen Betrag in Höhe von X gebracht hat. Er erkennt die Forderung in voller Höhe in der Weise an, dass dieses Anerkenntnis die Verpflichtung zur Zahlung selbständig begründen soll.

    Nun bin ich auf die Entscheidung des LG Bonn, Urteil vom 13. 5. 1998 - 5 S 43–98, gestoßen, bin mir aber nicht sicher, ob die Entscheidung noch aktuell ist. Dort wird gesagt, dass klar zu unterscheiden ist zwischen den zwei verschiedenen Ansprüchen - Anspruch aus unerlaubter Handlung und Anspruch aus Schuldanerkenntnis. "Die Forderung aus dem Schuldversprechen ist ungeachtet der Zweckvorstellung von den rechtlichen und wirtschaftlichen Bezügen losgelöst, so daß die Forderung gem. § 780 BGB nicht zu einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S. des § 850f II ZPO wird."

    Für meinen Fall heißt das dann, dass eine privilegierte Vollstreckung nach § 850f II ZPO aufgrund des Schuldanerkenntnisses gar nicht möglich ist. Oder seht ihr das anders? Gibt es vielleicht schon neuere Rechtsprechungen?

  • Kann ich den Antrag auf Erlass des Pfüb dann generell erlassen und den Antrag auf § 850f II ZPO zurückweisen? Alleine damit der Pfüb eine rangwahrende Wirkung hat, Gläubiger kann dann ja immer noch Rechtsmittel einlegen. Oder lieber noch einmal eine Zwischenverfügung erlassen? (wäre dann schon die 3. Zwischenverfügung und der Gläubiger drängt auf Erlass)

    Bin mir unschlüssig bei der weiteren Vorgehensweise.

  • 7 U 198/11
    OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2013



    Ich werfe mal eine Gegenmeinung ein.
    https://openjur.de/u/641688.html und da Randnummer 45ff. Das ermöglicht den Nachweis sogar über Privaturkunden.


    Falls du dennoch bei deiner Meinung bleibst:
    PfÜb ohne strittige 850f Entscheidung erlassen, die Begründung dazu ins Formular reinschreiben oder mit einer Anlage dranpappen und untrennbar verbinden. An den PfÜB gehört jetzt auch eine Rechtsmittelbelehrung (sofortige Beschwerde, da Interessensabwägung erfolgte, somit Vollstreckungsentscheidung, und nicht wie üblich Vollstreckungsmaßnahme.)

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • 7 U 198/11
    OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.06.2013



    Ich werfe mal eine Gegenmeinung ein.
    https://openjur.de/u/641688.html und da Randnummer 45ff. Das ermöglicht den Nachweis sogar über Privaturkunden.


    ....

    Allerdings liegt dem Urteil ein Feststellungsprozess zugrunde bzw. ist dieses in einem solchen ergangen.

    Soweit ersichtlich wird nirgends gesagt, dass die Feststellungsklage überhaupt nicht erforderlich war, weil bereits die Vereinbarung an sich ausreichend gewesen wäre, bevorrechtigt nach § 850f ZPO zu vollstrecken.

  • Guten Morgen,

    ich habe vorliegend eine notarielle Urkunde mit einem Schuldanerkenntnis. Im Schuldanerkenntnis selbst erklärt der Schuldner, dass er aufgrund "Vorspielung falscher Tatsachen zielgerichtet einen Irrtum erregt hat" und damit den Gläubiger bei vollem Bewusstsein der Nichtrückzahlung um einen Betrag in Höhe von X gebracht hat. Er erkennt die Forderung in voller Höhe in der Weise an, dass dieses Anerkenntnis die Verpflichtung zur Zahlung selbständig begründen soll.

    Nun bin ich auf die Entscheidung des LG Bonn, Urteil vom 13. 5. 1998 - 5 S 43–98, gestoßen, bin mir aber nicht sicher, ob die Entscheidung noch aktuell ist. Dort wird gesagt, dass klar zu unterscheiden ist zwischen den zwei verschiedenen Ansprüchen - Anspruch aus unerlaubter Handlung und Anspruch aus Schuldanerkenntnis. "Die Forderung aus dem Schuldversprechen ist ungeachtet der Zweckvorstellung von den rechtlichen und wirtschaftlichen Bezügen losgelöst, so daß die Forderung gem. § 780 BGB nicht zu einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S. des § 850f II ZPO wird."

    Für meinen Fall heißt das dann, dass eine privilegierte Vollstreckung nach § 850f II ZPO aufgrund des Schuldanerkenntnisses gar nicht möglich ist. Oder seht ihr das anders? Gibt es vielleicht schon neuere Rechtsprechungen?

    Man wird das dir vorliegende Schuldanerkenntnis wohl so auslegen können, dass der Schuldner auch anerkannt hat, dass er vorsätzlich eine unerlaubte Handlung begangen hat. Dann dürfte auch eine Entscheidung nach § 850f ZPO möglich sein.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Guten Morgen,

    ich habe vorliegend eine notarielle Urkunde mit einem Schuldanerkenntnis. Im Schuldanerkenntnis selbst erklärt der Schuldner, dass er aufgrund "Vorspielung falscher Tatsachen zielgerichtet einen Irrtum erregt hat" und damit den Gläubiger bei vollem Bewusstsein der Nichtrückzahlung um einen Betrag in Höhe von X gebracht hat. Er erkennt die Forderung in voller Höhe in der Weise an, dass dieses Anerkenntnis die Verpflichtung zur Zahlung selbständig begründen soll.

    Nun bin ich auf die Entscheidung des LG Bonn, Urteil vom 13. 5. 1998 - 5 S 43–98, gestoßen, bin mir aber nicht sicher, ob die Entscheidung noch aktuell ist. Dort wird gesagt, dass klar zu unterscheiden ist zwischen den zwei verschiedenen Ansprüchen - Anspruch aus unerlaubter Handlung und Anspruch aus Schuldanerkenntnis. "Die Forderung aus dem Schuldversprechen ist ungeachtet der Zweckvorstellung von den rechtlichen und wirtschaftlichen Bezügen losgelöst, so daß die Forderung gem. § 780 BGB nicht zu einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S. des § 850f II ZPO wird."

    Für meinen Fall heißt das dann, dass eine privilegierte Vollstreckung nach § 850f II ZPO aufgrund des Schuldanerkenntnisses gar nicht möglich ist. Oder seht ihr das anders? Gibt es vielleicht schon neuere Rechtsprechungen?

    Man wird das dir vorliegende Schuldanerkenntnis wohl so auslegen können, dass der Schuldner auch anerkannt hat, dass er vorsätzlich eine unerlaubte Handlung begangen hat. Dann dürfte auch eine Entscheidung nach § 850f ZPO möglich sein.

    Kannst du das näher begründen, warum du glaubst, dass das Urteil nicht zutreffend ist?

  • Guten Morgen,

    ich habe vorliegend eine notarielle Urkunde mit einem Schuldanerkenntnis. Im Schuldanerkenntnis selbst erklärt der Schuldner, dass er aufgrund "Vorspielung falscher Tatsachen zielgerichtet einen Irrtum erregt hat" und damit den Gläubiger bei vollem Bewusstsein der Nichtrückzahlung um einen Betrag in Höhe von X gebracht hat. Er erkennt die Forderung in voller Höhe in der Weise an, dass dieses Anerkenntnis die Verpflichtung zur Zahlung selbständig begründen soll.

    Nun bin ich auf die Entscheidung des LG Bonn, Urteil vom 13. 5. 1998 - 5 S 43–98, gestoßen, bin mir aber nicht sicher, ob die Entscheidung noch aktuell ist. Dort wird gesagt, dass klar zu unterscheiden ist zwischen den zwei verschiedenen Ansprüchen - Anspruch aus unerlaubter Handlung und Anspruch aus Schuldanerkenntnis. "Die Forderung aus dem Schuldversprechen ist ungeachtet der Zweckvorstellung von den rechtlichen und wirtschaftlichen Bezügen losgelöst, so daß die Forderung gem. § 780 BGB nicht zu einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung i.S. des § 850f II ZPO wird."

    Für meinen Fall heißt das dann, dass eine privilegierte Vollstreckung nach § 850f II ZPO aufgrund des Schuldanerkenntnisses gar nicht möglich ist. Oder seht ihr das anders? Gibt es vielleicht schon neuere Rechtsprechungen?

    Man wird das dir vorliegende Schuldanerkenntnis wohl so auslegen können, dass der Schuldner auch anerkannt hat, dass er vorsätzlich eine unerlaubte Handlung begangen hat. Dann dürfte auch eine Entscheidung nach § 850f ZPO möglich sein.

    Die in #1 und #2 genannten Rechtsprechungen stehen einer solchen Auslegung jedoch deutlich entgegen.

    Was veranlasst dich zur gegenteiligen Ansicht?

  • Schauen wir uns doch den Gesetzeswortlaut von §850f II ZPO mal an:
    "(2)Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung betrieben, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens ohne Rücksicht auf die in § 850c vorgesehenen Beschränkungen bestimmen;"

    Im Gesetzeswortlaut steht schon mal nicht, woraus sich das genau ergeben muss.

    Dann schauen wir mal in die Kommentare:
    "Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht einen Titel vorzulegen, aus dem sich – ggf. im Wege der Auslegung – der deliktische Schuldgrund und der von Abs. 2 vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben; eine davon abweichende Beurteilung ist dem Vollstreckungsgericht versagt (BGH NJW 2005, 1663)"(BeckOK ZPO/Riedel, 40. Ed. 1.3.2021, ZPO § 850f Rn. 36)

    "Auf die Art des Vollstreckungstitels kommt es für Abs. 2 nicht an. Nicht ausreichend sind dagegen vollstreckbare Forderungsbescheide der öffentlichen Verwaltung oder solche von öffentlichen Leistungsträgern[ und VB, bekannt ]"
    (MüKoZPO/Smid, 6. Aufl. 2020, ZPO § 850f Rn. 17)


    Und aus der BGH Entscheidung zur Unzulässigkeit von §850f II beim Vollstreckungsbescheid: (VII ZB 17/05)
    "Ob der geltend gemachte Anspruch zu Recht besteht, wird in diesem Verfahren nicht geprüft,[...] ... die rechtliche Einordnung des Anspruchs beruht allein auf einseitigen, vor der Titulierung nicht überprüften Angaben des Gläubigers. Schon deshalb kann eine Bindung für das VollstrG nicht eintreten (Schuschke/Walker, § 850f ZPO Rdnr. 11 [...]


    Damit ist für mich klar, dass im Rahmen eines notariellen Schuldanerkenntnisses 850f II durchaus möglich sein muss.
    Denn es ist der einseitige Vortrag des Schuldners selbst, er gibt selbst zu, der Anspruch bestehe zu recht.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

    Hier geht Ihre Spende nicht unter. Rette mit, wer kann.

    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Das Urteil des OLG Düsseldorf hat sich mit einem anderen Sachverhalt beschäftigt. Ausweislich des Urteils gab es erst einen Verrag, in dem der Rechtsgrund der vbuH anerkannt wurde, der aber kein Vollstreckungstitel war. Dann gab es ein notariell beurkundetes Schuldanerkenntnis über die Forderung selbst, nicht aber über den Rechtsgrund der vbuH. Der Rechtsgrund der vbuH war somit nicht tituliert.

    Bei dem hier zur Diskussion gestellten Sachverhalt enthält das notariell beurkundete Schuldanerkenntnis eine Erklärung, die man als Anerkenntnis einer vbuH auffassen kann. Wenn man das so auslegt, ist der Rechtsgrund der vbuH tituliert.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!