Minimalforderung

  • Ich habe folgenden Fall:

    Die Hauptforderung war vierstellig. Es wurden bereits Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erlassen. Ein Drittschuldner hat mehrere Zahlungen geleistet. Verblieben ist eine Resthauptforderung unter 1,00 EUR. Nun wird ein weiterer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt, der natürlich entsprechende Kosten verursacht.

    Ich habe dies noch nie beanstandet. Ich frage mich hier aber, ob dies wirklich verhältnismäßig ist.

    Wie sind eure Meinungen?

  • Ein Rechtsschutzbedürfnis des Gläubigers kann m.E. nicht verneint werden.
    Anderenfalls würde man den Gläubiger hinsichtlich seiner Restforderung (sei sie auch noch so marginal) rechtelos stellen.

    Dazu ist auch zu bedenken, dass Minimalbeträge sich in vielen Verfahren auch summieren und somit gerade für Großgläubiger nicht mehr unerheblich sein müssen.

  • Ein Rechtsschutzbedürfnis hat der Gl. auf alle Fälle.

    Wenn ein Betrag von 50 Cent eingeklagt werden kann, muß er natürlich auch vollstreckbar sein.

    Diskutieren könnte man allenfalls die Frage der Notwendigkeit der Kosten, wenn diese im Verhältnis zur Restforderung außer Verhältnis stehen. Aber gerade bei Minimalbeträgen: Was hindert denn den Schuldner, gerade diese paar Cent zu bezahlen? Insbesondere um den Anfall weiterer Vollstreckungskosten zu vermeiden?

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Meinung A: Der Schuldner hat (fast) alles bezahlt. Soll sich der Gläubiger mal nicht so anstellen.
    Meinung B: Der Schuldner hat (fast) alles bezahlt. Dann kann er auch den lächerlichen Restbetrag noch zahlen.

    Ist man Gläubigerfreund oder Schuldnerfreund?

    Meinung C: Bevor ich mir lange Gedanken mache, zahle ich das selbst...Griff zum Telefonhörer.

    Ob du wirklich richtig stehst siehst du wenn das Licht angeht. :)

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ein Rechtsschutzbedürfnis hat der Gl. auf alle Fälle.

    Wenn ein Betrag von 50 Cent eingeklagt werden kann, muß er natürlich auch vollstreckbar sein.

    Diskutieren könnte man allenfalls die Frage der Notwendigkeit der Kosten, wenn diese im Verhältnis zur Restforderung außer Verhältnis stehen. Aber gerade bei Minimalbeträgen: Was hindert denn den Schuldner, gerade diese paar Cent zu bezahlen? Insbesondere um den Anfall weiterer Vollstreckungskosten zu vermeiden?

    Wenn auch wegen ein paar Cent Hauptforderung vollstreckt werden kann, sind die dafür entstehenden Kosten doch automatisch notwendig. Die sind zwar unverhältnismäßig, aber dann ist das so. Vollstreckungsorgane prüfen keine Verhältnismäßigkeit, sondern nur im Rahmen der Zulässigkeit die Rechtsmissbräuchlichkeit.

    Der verständige Schuldner würde dann vollständig bezahlen. Hier sind die Zahlungen ja durch den Drittschuldner erfolgt, d. h. der Schuldner weiß vielleicht gar nicht, dass er kurz vorm Ziel steht, vielleicht ist es ihm auch egal, vielleicht hat er den Überblick verloren, vielleicht lehnt er aus Prinzip Zahlungen an genau diesen Gläubiger ab - wer weiß das alles schon?!?

    Ich warne davor, hier ein Rechtsschutzbedürfnis zu verneinen, denn wo wollte man da eine vernünftige Grenze ziehen? Dürfen dann alle Schuldner diese Bagatellgrenze für sich einfordern? Sollen dann alle Gläubiger auf einen Bagatellteil verzichten?
    Bei Margen in manchen Branchen von unter 1 % machen auch vermeintliche Bagatellbeträge in der Masse viel aus.

    Darüber zu entscheiden, steht dem Vollstreckungsorgan schlicht nicht zu. Sich über die Forderungshöhe zu einigen, ist Sache der Parteien, ggf. bei Streit Sache des Prozessgerichts.

    Einmal editiert, zuletzt von Ivo (5. Mai 2021 um 08:39)

  • Ich habe folgenden Fall:

    Die Hauptforderung war vierstellig. Es wurden bereits Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse erlassen. Ein Drittschuldner hat mehrere Zahlungen geleistet. Verblieben ist eine Resthauptforderung unter 1,00 EUR. Nun wird ein weiterer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt, der natürlich entsprechende Kosten verursacht.

    Ich habe dies noch nie beanstandet. Ich frage mich hier aber, ob dies wirklich verhältnismäßig ist.

    Wie sind eure Meinungen?

    Grundsätzlich kann man dem Gläubiger das Rechtsschutzbedürfnis auch für eine geringe Forderung nicht absprechen.

    Interessanter fände ich, weshalb so eine geringe Resthauptforderung verblieben ist. Warum hat der Drittschuldner diese nicht auch noch geleistet? :gruebel:

    Und es wäre natürlich zu hinterfragen, wenn ein Pfüb hinsichtlich eines DS beantragt wird, für den bereits ein Pfüb zugunsten des Gläubigers vorliegt.

  • Interessanter fände ich, weshalb so eine geringe Resthauptforderung verblieben ist. Warum hat der Drittschuldner diese nicht auch noch geleistet? :gruebel:

    Das liegt ganz oft daran, dass den im Forderungskonto ausgerechneten Zinsen die bis zur Zahlung natürlich weiter anfallenden Zinsen durch den Drittschuldner oder Schuldner nicht hinzugerechnet werden (schlicht eine Zinsdifferenz),

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Interessanter fände ich, weshalb so eine geringe Resthauptforderung verblieben ist. Warum hat der Drittschuldner diese nicht auch noch geleistet? :gruebel:

    Das liegt ganz oft daran, dass den im Forderungskonto ausgerechneten Zinsen die bis zur Zahlung natürlich weiter anfallenden Zinsen durch den Drittschuldner oder Schuldner nicht hinzugerechnet werden (schlicht eine Zinsdifferenz),

    Bei einer Zinsdifferenz bräuchte es aber doch keinen neuen Pfänder, oder? :gruebel:

  • Und es wäre natürlich zu hinterfragen, wenn ein Pfüb hinsichtlich eines DS beantragt wird, für den bereits ein Pfüb zugunsten des Gläubigers vorliegt.

    Das wäre es natürlich, aber davon steht nichts im Sachverhalt. Es ist nur von einem neuen Pfänder die Rede. Der kann sich auf eine ganz andere Forderung einem ganz anderen Drittschuldner gegenüber beziehen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Der neue PfÜB-Antrag betrifft einen neuen Drittschuldner.

    Auch ich habe mich schon gefragt, ob das Problem die Zinsberechnung ist. Auch stellt sich die Frage, ob durch den Drittschuldner, der bereits mehrfach gezahlt hat, weitere Zahlungen kommen werden.

    Aber das habe ich als Vollstreckungsgericht alles nicht zu ermitteln und zu prüfen. Den PfÜB muss ich wohl erlassen.

  • Bei einer Zinsdifferenz bräuchte es aber doch keinen neuen Pfänder, oder? :gruebel:

    Doch, wenn bei dem ursprünglichen Drittschuldner nichts mehr zu holen ist oder aus anderen Gründen.

    Es ist mir doch bei der Zwangsvollstreckung nicht vermehrt, mehrere Drittschuldner gleichzeitig in Anspruch zu nehmen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Bei einer Zinsdifferenz bräuchte es aber doch keinen neuen Pfänder, oder? :gruebel:

    Doch, wenn bei dem ursprünglichen Drittschuldner nichts mehr zu holen ist oder aus anderen Gründen.

    Es ist mir doch bei der Zwangsvollstreckung nicht vermehrt, mehrere Drittschuldner gleichzeitig in Anspruch zu nehmen.

    Natürlich nicht. Ich war gedanklich bei einem neuen Pfänder denselben Drittschuldner betreffend. Sorry für das Missverständnis

  • Interessanter fände ich, weshalb so eine geringe Resthauptforderung verblieben ist. Warum hat der Drittschuldner diese nicht auch noch geleistet? :gruebel:

    Das liegt ganz oft daran, dass den im Forderungskonto ausgerechneten Zinsen die bis zur Zahlung natürlich weiter anfallenden Zinsen durch den Drittschuldner oder Schuldner nicht hinzugerechnet werden (schlicht eine Zinsdifferenz),

    Bei einer Zinsdifferenz bräuchte es aber doch keinen neuen Pfänder, oder? :gruebel:

    Nein natürlich nicht, wenn es sich um den gleichen Drittschuldner handelt.

    Wie wir jetzt dank der Klarstellung in #11 wissen, handelt es sich hier jedoch um einen Pfüb bezüglich eines anderen DS.

  • Bei meinen bisherigen Gerichten wurde vom Gläubiger in solchen Fällen ein Nachweis angefordert, dass der Schuldner bei Bagatellforderungen vor der Verursachung weiterer Vollstreckungskosten erfolglos zur Zahlung der Restforderung aufgefordert wurde. In einem konkreten Fall ging es um 0,79 EUR, deren weitere Beitreibung dann doch rund 40,00 EUR (RA- und GV-Kosten) nach sich zog. Der Gläubiger legte seinerzeit ein entsprechendes Schreiben an den Schuldner vor, eine Zahlung der Restforderung war (in dem speziellen Fall tatsächlich aus reinem Trotz :)) nicht erfolgt. Ob es hierfür irgendeine rechtliche Grundlage im Gesetz oder in der Rechtsprechung gibt, ist mir allerdings nicht bekannt.

  • Nein, da gibt es keine rechtliche Grundlage. In der Zwangsvollstreckung sind grundsätzlich Titel, Klausel und Zustellung die Grundlage.

    Grundsätzlich muss man bei jedem Antrag auch das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses feststellen. Vielleicht wäre dieses bei so einem Minimalbetrag genauer zu prüfen? :gruebel:

  • Vielleicht wäre dieses bei so einem Minimalbetrag genauer zu prüfen? :gruebel:

    Die Idee, den Gläubiger zuerst nochmals um Eigenbemühungen zu bitten, halte ich für praktikabel.

    Die Meinung, dass hier irgendwie eine Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist, lehne ich dagegen ab. Es würde darauf hinauslaufen, dass niemand mehr den vollen Forderungsbetrag bezahlt, sondern immer einen kleinen Teil zurückbehalten wird.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Grundsätzlich muss man bei jedem Antrag auch das Vorliegen des Rechtsschutzbedürfnisses feststellen. Vielleicht wäre dieses bei so einem Minimalbetrag genauer zu prüfen? :gruebel:

    Lieber Frog, widersprichst du dir nicht zu #7 selber?

    ich sehe das Rechtsschutzbedürfnis auch bei Beträgen unter 1,00 Euro als gegeben an, da auch dem Gläubiger der volle Betrag zzgl. Zinsen rechtlich zusteht. Da kann es nicht auf ct-Beträge ankommen, welche die Vollstreckungsorgane "prüfen" wollen.. hierzu sehe ich keine rechtliche Grundlage. Ansonsten greift Art. 14 GG auch hier ein, wonach auch ct-Beträge geschützt sind. Dass die Gebühren bei einer Restschuld von vielleicht 0,97 Euro diese um Faktor X (will ich jetzt einfach hier nicht ausrechnen ;D) übersteigen, macht nichts. Das liegt im Rahmen der Gebührenvorschrift.

    Klar, es gibt Fälle, bei denen ich (Recstschuld die beispielsweise genannten 0,97 Euro) mir und dem Mandanten sage, das fechten wir durch, bei anderen sage ich, dass wegen 2,50 Euro der Ertrags-/Nutzen-Aufwand nicht lohnt und wir die Sache abhaken (vor allem, wenn es rechnerisch "nur" um die Zinsen geht)...


    Die Meinung, dass hier irgendwie eine Verhältnismäßigkeit zu prüfen ist, lehne ich dagegen ab. Es würde darauf hinauslaufen, dass niemand mehr den vollen Forderungsbetrag bezahlt, sondern immer einen kleinen Teil zurückbehalten wird.

    :zustimm:

  • In Einzelfällen mag ein Rechtsschutzbedürfnis schon verneint werden können, etwa wenn Schutzinteressen des Schuldners deutlich überwiegen (Zöller/Seibel, 753 Rn. 9 unter Verweis auf OLG Düsseldorf, NJW 1980, 1171 - Wohnungsdurchsuchung). Ich meine, dass es auch RSpR gibt, die in Einzelfällen bei Bagatellforderungen eine nochmalige Zahlungserinnerung fordern.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



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