Pflegschaft für Vermögensangelegenheiten - Kind in Brasilien

  • Hallo,

    ich brauche mal ein paar "kreative Ideen". Der Vater des Kindes ist verstorben und hinterlässt eine Immobilie, nebst hohen Verbindlichkeiten. Das Kind ist Alleinerbe. Die Mutter, (steht unter Betreuung) war damit total überfordert und nicht in der Lage die Angelegenheit zu regeln. Die Immobilie wird von der gesamten 6-köpfigen Familie bewohnt und ist in einem katastrophalen Zustand. Nachdem mir der Betreuer berichtet hat, dass eine Decke teilweise eingestürzt sei, habe ich das Jugendamt vorbeigeschickt....
    Nun wurde der Mutter die Vermögenssorge hinsichtlich der Erbschaft entzogen. Der Pfleger hat es geschafft die Immobilie gut zu verkaufen, sodass für das Kind unterm Strich 50.000 € übrig geblieben sind.
    Voraussetzung für den Kaufvertrag war, dass die Familie die Immobilie zum Stichtag xy räumt. Das war natürlich nicht so einfach, da sich die Mutter bei der Wohnungssuche nicht gerade kooperativ zeigte.
    Schlussendlich hat sich die Familie entschieden zurück in das Heimatland der Mutter, nach Brasilien, auszuwandern. Jugendamt war involviert und hatte diesbezüglich keine Bedenken.
    Mein Plan war, die Pflegschaft nach Abwicklung des Verkaufs aufzuheben und den Erlös versperrt anzulegen, bis das Kind in 2 Jahren 18 ist.

    Nun hab ich über die Betreuerin der Mutter erfahren, dass die Familie in Brasilien wohl in schlimmen Verhältnissen lebt und nicht genügend Geld zum Leben hat. Das Kind erhält eine Halbwaisenrente von ca. 200 €. Die leitet der Pfleger bislang nach Brasilien weiter. Die Familie möchte wohl auch wieder nach Deutschland zurückkehren, allerdings fehlen die finanziellen Mittel. Von der Quarantäne in Deutschland und der Obdachlosigkeit mal ganz abgesehen. Die 50.000 € Erlös stehen jedoch dem Kind allein zu. Ich habe Bedenken, das Vermögen für die Mutter "freizugeben". Dann würde das nämlich für den Unterhalt der ganzen Familie draufgehen.
    Die Pflegschaft allerdings noch 2 Jahre laufenlassen ist irgendwie auch nicht Sinn der Sache.

    Ich bin echt für jeden Vorschlag dankbar!

  • Die 50.000 € Erlös stehen jedoch dem Kind allein zu.
    ?????


    Zunächst würde ich durch einen Unterhaltsspezialisten unter den Richtern eine Stellungnahme zur Unterhaltspflicht einholen. Seinen eigenen Unterhalt wird das Kind aus seinem Vermögen sicherstellen müssen. Was ist mit dem Unterhaltsanspruch der Mutter gegenüber dem Kind?
    Bis vor Kurzem war beispielsweise das Erbe nicht vor dem Zugriff der Sozialhilfe sicher, wenn diese den Unterhalt der getrennt lebenden Mutter sicherstellte.

    Ferner kann der Richter ermitteln, wie hoch der Unterhaltsbedarf in Brasilien ist.
    Überdies wäre es seine Aufgabe dafür zu sorgen, dass der Schutz des Kindesvermögens in Brasilien gewährleistet ist.

  • Bei den besagten 50.000 € wird es sich wohl um den auf den Erbteil des Kindes entfallenden Betrag handeln.

    Wobei ich jetzt mal vorsichtshalber nicht explizit danach frage, wie die betreffende Erbauseinandersetzung zustande gekommen ist.

  • Bei den besagten 50.000 € wird es sich wohl um den auf den Erbteil des Kindes entfallenden Betrag handeln.

    Wobei ich jetzt mal vorsichtshalber nicht explizit danach frage, wie die betreffende Erbauseinandersetzung zustande gekommen ist.

    Es gab keine Erbauseinandersetzung. Das Kind war Alleinerbe. Die Mutter war vom Erblasser geschieden und die Geschwister nur Halbgeschwister.

  • Die 50.000 € Erlös stehen jedoch dem Kind allein zu.
    ?????


    Zunächst würde ich durch einen Unterhaltsspezialisten unter den Richtern eine Stellungnahme zur Unterhaltspflicht einholen. Seinen eigenen Unterhalt wird das Kind aus seinem Vermögen sicherstellen müssen. Was ist mit dem Unterhaltsanspruch der Mutter gegenüber dem Kind?
    Bis vor Kurzem war beispielsweise das Erbe nicht vor dem Zugriff der Sozialhilfe sicher, wenn diese den Unterhalt der getrennt lebenden Mutter sicherstellte.

    Ferner kann der Richter ermitteln, wie hoch der Unterhaltsbedarf in Brasilien ist.
    Überdies wäre es seine Aufgabe dafür zu sorgen, dass der Schutz des Kindesvermögens in Brasilien gewährleistet ist.

    In diese Richtung würde ich auch gehen. Mit dem Richter würde ich auch absprechen, ob er das Pflegschaftsverfahren nach § 5 RpflG übernimmt, wenn zu prüfen ist, wie nach brasilianischem Kindesschutzrecht das Vermögen vor Ort geschützt werden kann.

    Wenn der Pfleger Kontakt zum Pflegling hat, lässt es sich sicher einrichten, abends nach deutscher Zeit einen gemeinsamen Videocall mit Pfleger, Pflegling und Gericht hinzubekommen. Wer weiß, was der 16jährige vorhat? Vielleicht hat er außer der Mutter überhaupt keine Bindungen nach Brasilien und will so schnell es geht nach Deutschland, vielleicht mit Vollmacht der Mutter in ein Internat zur Berufsausbildung oder Schule/Abi/Studium? Dann wäre es gut für ihn, wenn er hier 50.000 € Startkapital hätte und man ihm ein personalisiertes Flugticket überlassen könnte. Vielleicht will er in Brasilien bleiben und seine Familie mit den 50.000 € so gut es geht unterstützen? - Dann ist die Unterhaltsberechnung auf jeden Fall erforderlich, damit sein Eigenunterhalt für eine Zeit lang gesichert ist. Auf jeden Fall würde ich versuchen, dessen Willen zu ermitteln und zwar möglichst unmittelbar per Videocall, nur sekundär über E-Mail o. ä.

    Spannend...

  • Hallo,

    ich brauche mal ein paar "kreative Ideen". Der Vater des Kindes ist verstorben und hinterlässt eine Immobilie, nebst hohen Verbindlichkeiten. Das Kind ist Alleinerbe. Die Mutter, (steht unter Betreuung) war damit total überfordert und nicht in der Lage die Angelegenheit zu regeln. Die Immobilie wird von der gesamten 6-köpfigen Familie bewohnt und ist in einem katastrophalen Zustand. Nachdem mir der Betreuer berichtet hat, dass eine Decke teilweise eingestürzt sei, habe ich das Jugendamt vorbeigeschickt....
    Nun wurde der Mutter die Vermögenssorge hinsichtlich der Erbschaft entzogen. Der Pfleger hat es geschafft die Immobilie gut zu verkaufen, sodass für das Kind unterm Strich 50.000 € übrig geblieben sind.
    Voraussetzung für den Kaufvertrag war, dass die Familie die Immobilie zum Stichtag xy räumt. Das war natürlich nicht so einfach, da sich die Mutter bei der Wohnungssuche nicht gerade kooperativ zeigte.
    Schlussendlich hat sich die Familie entschieden zurück in das Heimatland der Mutter, nach Brasilien, auszuwandern. Jugendamt war involviert und hatte diesbezüglich keine Bedenken.
    Mein Plan war, die Pflegschaft nach Abwicklung des Verkaufs aufzuheben und den Erlös versperrt anzulegen, bis das Kind in 2 Jahren 18 ist.

    Auf welcher Grundlage sollte der Erlös versperrt angelegt werden? :gruebel: Eltern müssen an Konten ihrer Kinder keinen Sperrvermerk anbringen.

    Nun hab ich über die Betreuerin der Mutter erfahren, dass die Familie in Brasilien wohl in schlimmen Verhältnissen lebt und nicht genügend Geld zum Leben hat. Das Kind erhält eine Halbwaisenrente von ca. 200 €. Die leitet der Pfleger bislang nach Brasilien weiter. Die Familie möchte wohl auch wieder nach Deutschland zurückkehren, allerdings fehlen die finanziellen Mittel. Von der Quarantäne in Deutschland und der Obdachlosigkeit mal ganz abgesehen. Die 50.000 € Erlös stehen jedoch dem Kind allein zu. Ich habe Bedenken, das Vermögen für die Mutter "freizugeben". Dann würde das nämlich für den Unterhalt der ganzen Familie draufgehen.
    Die Pflegschaft allerdings noch 2 Jahre laufenlassen ist irgendwie auch nicht Sinn der Sache.

    ....

    Wenn der Mutter die Vermögenssorge hinsichtlich "der Erbschaft" entzogen wurde, kann auch nur der zuständige Richter diesen Entzug aufheben. Ansonsten muss die Pflegschaft bis zur Volljährigkeit weiterbestehen.

  • Ein Richter war in dem Verfahren nicht involviert. Die Vermögenssorge habe ich als Rechtspfleger entzogen. Ich habe jedoch mit meinem Abteilungsrichter bereits Rücksprache gehalten, Hilfe kann ich hier jedoch nicht erwarten.
    Für eine eventuelle Rückübertragung wäre daher, meiner Ansicht nach, auch ich zuständig.
    Ein Videocall mit der Familie ist definitiv nicht möglich. Die Mutter ist nicht in der Lage das zu organisieren.
    Nur das Kind hat die deutsche Staatsangehörigkeit.

  • Aber der 16jährige hat doch sicher eine E-Mail-Adresse? Und die hat doch sicher auch der Pfleger, so ein Immobilienverkauf bringt ja gewisse Kommunikation auf allen Kanälen mit sich. Und selbst in den ärmsten Favelas laufen die Leute mit Smartphone herum. Da ließe sich doch sicher irgendwie ein Kontakt anbahnen... Bei 50.000 € hat die Familien ohnehin wohl ausreichend Anreiz, sich zumindest beim Pfleger mal zu melden.

    Ansonsten sehe ich es auch so, dass die Pflegschaft weiterläuft: Der Grund ist nicht entfallen und das Kind ist auch immer noch nicht volljährig. Eine Rückübertragung auf die Mutter sehe ich auch kritisch. Denn außer der Tatsache, dass sich jetzt alle in Brasilien aufhalten und es jetzt in tatsächlicher Hinsicht alles komplizierter ist sowie dass die Immobilie jetzt zu Geld gemacht worden ist, spricht laut Sachverhalt immer noch nichts dafür, dass die Mutter die Vermögenssorge adäquat ausüben kann.

    Letztlich geht es da auch irgendwann darum, sich als Rechtspfleger selbst nicht haftungsrechtlich zu exponieren. Die Pflegschaft aufzuheben, weil es vielleicht bequem ist, die Familie um Geld und der Pfleger um Entlassung betteln, das Geld dann nach Brasilien zur freien Verwendung durch die Mutter zu überweisen und mit 18 reicht das Kind dann vielleicht in Deutschland eine Haftungsklage ein, weil das Gericht es sich zu leicht gemacht hat - heikel.
    Dann lieber schlimmstenfalls die zwei Jahre durchziehen. Aber die Familie wird sich sicher vorher beim Pfleger melden und nach dem Verbleib der 50.000 € fragen.

  • Inwieweit bin ich als Familiengericht überhaupt noch zuständig, wenn das Kind dauerhaft in Brasilien lebt?
    Das Kind steht komplett unter dem Einfluss der Mutter. Diese hätte das Vermögen gerne zur freien Verfügung. Sie hatte den utopischen Plan für das Kind dort eine Immobilie zu erwerben.
    Eine Rückübertragung der elterlichen Sorge kommt definitiv nicht in Frage. Dann wäre das Geld nämlich weg.
    Ich hatte schon die Idee, dass der Pfleger für den Lebensunterhalt des Minderjährigen eine Art Dauerauftrag einrichten könnte. Dann wäre meiner Ansicht nach die Sache zumindest vorläufig geregelt und die Pflegschaft könnte aufgehoben werden.

  • Den Inhalt der Pflegschaft kann man m.E. außen vor lassen: Besteht für ein Kind ein gerichtlich angeordnetes Schutzverhältnis, z.B. Pflegschaft oder Vormundschaft, ist nach IPR gerichtlich dafür Sorge zu tragen, dass es beim Wegzug ins Ausland diesen Schutz nicht verliert. Habe jetzt nichts mehr damit zu tun. Ansonsten landeten regelmäßig Vorgänge bei uns, die vorher die internationalen Wege genommen hatten, z.B. OLG, Bundesverwaltungsamt oder Bundesamt für Justiz. Eins ist sicher: Im Ausland braucht es eine richterliches Tätigwerden.

  • Im Moment habe ich die Zeit nicht, aber die Zuständigkeit endet bei dauerhafter Wohnsitznahme im Ausland.
    Die alte Handreichung des Deutschen Vereins war für mich eine gute Hilfe. Gerade habe ich eine neue gefunden, bei der man eventuell die passenden Hinweise findet. Ansonsten: Bundesamt für Justiz anrufen. Dort wissen sie alles, zumindest aber wissen sie, wer es wissen sollte.

    https://www.deutscher-verein.de/de/uploads/emp…lfallarbeit.pdf

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