Briefgrundschuld: zweite Teilabtretung ohne Teilbrief?

  • Sachverhalt:
    Im Grundbuch eingetragen steht:
    Eigentümerbriefgrundschuld.

    Eigentümer hat diese Briefgrundschuld zu 50 Prozent an Sparkasse abgetreten und zu 50 Prozent behalten. Der Brief wurde dabei Sparkasse übergeben. Ein Teilbrief wurde nicht gebildet.

    Bis hierhin entspricht der Sachverhalt Schöner/Stöber, 16. Auflage 2020, Rn. 2409:
    Brief wurde insgesamt dem Zessionar übergeben, der diesen teils als Alleinbesitzer, teils als Fremdbesitzer für den Zedenten (in Ansehung des beim Zedenten verbliebenen Teils) verwahrt.

    Nun will Eigentümer aber: den bei ihm verbliebenen Rest der Grundschuld an den Dritten D abtreten - und die unmittelbare Brief-Alleinbesitzerin soll hiervon nichts erfahren.

    Ich fürchte, dass das nicht gehen wird, oder? Oder kann hier ggf. der Herausgabeanspruch gegen Sparkasse abgetreten werden? Das Problem ist aber, dass in Ansehung des Gesamtbriefs doch gar kein Herausgabeanspruch besteht (weil gar kein Teilbrief gebildet wurde), sodass man allenfalls ein neues Besitzkonstitut begründen müsste, was aber dann doch die Mitwirkung von Sparkasse voraussetzt?

    Für Einschätzungen wäre ich dankbar.

  • Grundsätzlich gilt § 41 GBO, aber wenn du eine Eintragung ohne Briefvorlage vornimmst, ist sie deshalb nicht unwirksam (Demharter GBO § 41 Rn. 19). Aufgrund des Zwecks der Vorschrift (Hügel/Zeiser GBO § 41 Rn. 1 ff.) sollte man aber überlegen, eine Eintragung ohne Briefvorlage sinnvoll ist. Wenn der Eigentümer nicht will, dass die Gläubiger voneinander wissen, muss er überlegen, ob er sich nicht doch noch einen Teilbrief erstellen lassen sollte, bevor er das abtritt.

  • Ohne gewünschte Eintragung geht diese Rechtsfrage ja am Grundbuchamt vorbei, aber nach der Kommentierung ist Mitbesitz oder ein Besitzsurrogat (§930 BGB) erforderlich (z.B. MüKo-Lieder, Rn 11 zu § 1152 BGB).

    Das Problem an der von Mata vorgeschlagenen Bildung eines Teilbriefes dürfte sein, dass man dafür den Stammbrief braucht (den die Sparkasse hat).

  • Durch die außerhalb des Grundbuchs erfolgte Teilabtretung des Rechts ist es zum Entstehen mehrerer dinglicher Rechte und zum Miteigentum am Brief gekommen (§ 952 BGB; hier: hälftiges Bruchteilseigentum, weil abgetretener und zurückbehaltener Teil betragsgemäßig identisch sind). Der teilabtretende Gläubiger hat somit einen Anspruch auf Einräumung von Mitbesitz gegen den Zessionar (von Prittwitz und Gaffron NJW 1957, 85, 86). Außerdem hat er einen Anspruch auf Aufhebung der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 749, 752 BGB) und damit auch auf Vorlage des Briefs an das Grundbuchamt zum Zweck der Erstellung eines Teilbriefs (§ 896 BGB greift nicht, weil keine Berichtigung des Grundbuchs erfolgen soll). Außerdem könnte unter Unbrauchbarmachung des Stammbriefs für beide Teilrechte natürlich auch ein selbstständiger Brief nach § 67 GBO erteilt werden. Von Letzterem war aber bislang keine Rede.

    Im Ergebnis bleibt also nur die Vorlegung des Stammbriefs zum Zweck der Erteilung eines Teilbriefs. Denn dann wird das zurückbehaltene Teilrecht nur noch vom Teilbrief verbrieft und das Recht kann unter Übergabe des Teilbriefs (wiederum außerhalb des Grundbuchs) abgetreten werden, ohne dass der andere (erste) Teilgläubigerzessionar davon erfährt (von der Teilbriefbildung als solche kann er ja ruhig erfahren).

    Probleme gibt es allerdings, wenn die erste Teilabtretung einen rangersten Teil des Rechts betraf (keine Angabe im Sachverhalt; ich wage leise zu bezweifeln, dass sich die Sparkasse auf die Abtretung eines gleichrangigen Teilrechts eingelassen hat). Denn diese Rangänderung wird nach zutreffender Ansicht nicht außerhalb des Grundbuchs wirksam. Wenn keine entsprechende Eintragung erfolgt (was natürlich auch die Eintragung der ersten Teilabtretung bedingt), könnte materiell nur ein gleichrangiges Teilrecht abgetreten werden.

  • Danke, Cromwell, für die interessanten Ausführungen. Ich vermute, die Sparkasse fühlt sich mit dem Brief sicher (ob zu Recht, ist ungewiss). Es erscheint aber denkbar, dass die Sparkasse sich den "erstrangigen" Teil in der Erklärung nach 1154 BGB hat abtreten lassen. Die Frage ist, was passieren würde, wenn zB jemand den (vermeintlich) letztrangigen Teil pfänden wollte und Herausgabe des Briefs verlangte (§ 830 ZPO). Die Sparkasse würde dann versuchen, den beschriebenen Ansprüchen ihr Zurückbehaltungsrecht entgegen zu setzen, wobei ich fürchte, dass das schwer wird, weil § 986 II BGB bei § 952 BGB nicht gelten soll.
    Zum Glück habe ich das nicht herbeigeführt, sondern bin lediglich mit Vorgang 2 befasst...

    Grundschuldbriefe gehören mE abgeschafft.

  • Es spricht nicht gegen das Rechtsinstitut des Grundpfandrechtsbriefs, dass manche Leute nicht dazu in der Lage sind, sich ihrer zutreffend zu bedienen. Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb die außerhalb des Grundbuchs bestehende Verkehrsfähigkeit eines Briefrechts aufgegeben werden soll, wenn gleichzeitig bei der GbR gepriesen wird, dass Grundbesitz mittelbar über Gesellschafteranteilsübertragungen außerhalb des Grundbuchs übertragen werden kann.

    Da die erste Teilabtretung nicht eingetragen wurde, kann die Sparkasse nach bereits Gesagten kein erstrangiges , sondern nur ein gleichrangiges Teilrecht materiell erworben haben, solange die Eintragung der Teilabtretung samt Rangänderung nicht nachgeholt wird (falls überhaupt ein erstrangiges Teilrecht abgetreten werden sollte; falls nicht, haben die Teilrechte ohnehin Gleichrang).

    Der vorliegende Fall zeigt exemplarisch, dass man im Fall der Teilabtretung stets einen Teilbrief erstellen lassen sollte. Denn dann ist jeder der beiden Briefe für sich alleine im Rechtssinne "der Brief" für das von ihm verbriefte Recht und der Gläubiger des einen Teilrechts kann beliebig verfügen, ohne dass dies den Gläubiger des anderen Teilrechts in irgendeiner Weise tangiert.

  • Ja, das muss die Sparkasse wissen.
    Materiellrechtlich kann aber hier eine Abtretung des verbliebenen Teils nach § 931 BGB erfolgen. Der Anspruch auf Einräumung von Mitbesitz, den Du beschrieben hast, ist ein Vindikationsanspruch nach §§ 985, 952 BGB, gerichtet auf Einräumung von Mitbesitz. In solchen Fällen kann nach § 931 BGB in Verbindung mit §§ 1154, 1117 I 2 BGB und § 1192 BGB die Forderung durch bloße Einigung übertragen werden.
    Hiervon zu unterscheiden ist natürlich das von Dir beschriebene Problem und die völlige Unzweckmäßigkeit.

    Briefgrundschulden gehören mE abgeschafft, gerade mit Elektronisierung des Grundbuchs. Sie dienen heute in der Praxis überwiegend dazu, das "Grundbuch dichtzumachen" (mit betrügerisch-infantilen Fehlvorstellungen), führen meistens nur zu nutzlosen Aufgebotsverfahren (Höhöhö, lassense doch stehen, könnse nochmal nen Kredit aufnehmen - macht fast niemand, Briefe werden verbummelt), sind teurer; seriöse Banken akzeptieren ohnehin solche Sicherheiten heute nicht mehr ohne Grundbuchberichtigung und Umschreibung der Vollstreckungsklausel.

  • Der Anspruch aus § 985 BGB für sich alleine (oder ein bloßer Vorlegungsanspruch nach § 896 BGB) ist kein einer Lösung nach § 931 BGB zugänglicher abtretbarer Anspruch, der Anspruch auf Einräumung auf Mitbesitz dagegen schon.

    Aber darauf wird sich kein Zessionar einlassen, wenn er noch seiner sieben Sinne mächtig ist.

    Deine Einschätzung im Hinblick auf die Abschaffung der Briefrechte teile ich nicht. Es gibt für seriöse Eigentümer gute Gründe, nicht zu offenbaren, mit wem er alles in kreditrelevanter Geschäftsbeziehung steht.

    Bei dieser Gelegenheit eine Frage, die mehr in der "Notarwelt" aufscheinen dürfte: Macht es eigentlich Sinn, eine nicht nach § 800 ZPO vollstreckbare Eigentümergrundschuld zu bestellen?

  • Der Anspruch aus § 985 BGB für sich alleine (oder ein bloßer Vorlegungsanspruch nach § 896 BGB) ist kein einer Lösung nach § 931 BGB zugänglicher abtretbarer Anspruch, der Anspruch auf Einräumung auf Mitbesitz dagegen schon.

    Aber darauf wird sich kein Zessionar einlassen, wenn er noch seiner sieben Sinne mächtig ist.

    Deine Einschätzung im Hinblick auf die Abschaffung der Briefrechte teile ich nicht. Es gibt für seriöse Eigentümer gute Gründe, nicht zu offenbaren, mit wem er alles in kreditrelevanter Geschäftsbeziehung steht.

    Bei dieser Gelegenheit eine Frage, die mehr in der "Notarwelt" aufscheinen dürfte: Macht es eigentlich Sinn, eine nicht nach § 800 ZPO vollstreckbare Eigentümergrundschuld zu bestellen?

    Nein, niemals, soweit ich sehe. Vollstreckbar nach § 800 oder nicht. Der BGH hat § 800 ZPO ohnehin sehr expansiv interpretiert, wenn ich mich richtig erinnere, sodass ein Verzicht den Vollstreckungstitel stark entwertet.

  • Ich hatte dabei den Sachverhalt im Auge, dass der Eigentümer nicht der persönliche Schuldner der Forderung ist, welche durch die Eigentümerbriefgrundschuld besichert werden soll. Da in diesem Fall eine persönliche Unterwerfung für das Eigenvermögen des Eigentümers von vorneherein nicht in Betracht kommt, wird man die Vollstreckbarkeit nach § 800 ZPO wohl "erst recht" für erforderlich halten müssen. Die bloße Unterwerfung für den Grundbesitz (ohne § 800 ZPO) hilft ja nichts, wenn der Grundbesitz veräußert würde, weil der Gläubiger dann einen Duldungstitel erwirken müsste.

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