Präventive Rechtsberatung: Vorsorgevollmacht etc.

  • Guten Morgen!

    Ein RA hat nachträgliche BerH beantragt für "Beratung bzgl. Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung". Auf meine Bitte, das rechtliche Problem zu konkretisieren, kam die Erläuterung, dass die Mandantschaft körperlich stark beeinträchtigt sei und deshalb die Erteilung einer Vorsorgevollmacht o.ä. dringend geboten sei. Dann mein Einwand, dass es sich mE um präventive Rechtsberatung handele, für die keine BerH gewährt werden kann. Daraufhin kam die "Erklärung", dass die Mandantschaft keine Wahl hatte aufgrund der körperlichen Beeinträchtigungen und es sich daher um keine präventive Rechtsberatung handele, sondern ein konkretes rechtliches Problem vorliege.

    Nein, liegt es mE immer noch nicht! Wie seht ihr das? Ich habe mich telefonisch bei hiesigen Stellen (Caritas o.ä.) informiert - ja, dort wird immer noch kostenlos zu den o.g. Themen beraten. Zu Corona-Zeiten vermehrt telefonisch, aber auch persönliche Termine seien im Bedarfsfall möglich. Für mich besteht also keinerlei Erfordernis, dafür einen RA aufzusuchen. Der Einwand mit der körperlichen Beeinträchtigung hinkt auch etwas, da die von mir angegebenen Beratungsstellen im gleichen Wohnort sind und der RA sich eine Stadt weiter befindet.

    Was denkt ihr dazu? Für mich ist das so glasklar... übersehe ich da etwas? :gruebel:

  • Das Problem des Antragstellers ist, dass er bereits jetzt verbindlich regeln will, wer ihn wie vertreten kann, wenn er das nicht mehr selbst können sollte und wie er medizinisch behandelt werden soll. Ich sehe das als konkretes rechtliches Problem, für das grundsätzlich Beratungshilfe bewilligt werden kann. Vorsorgevollmacht/ Betreuungsverfügung und Patientenvollmacht will der Antragsteller ja jetzt errichten.

    Wenn er sie braucht, wird er sie ja wohl kaum noch errrichten können. Das muss schon vorher geschehen sein.

    Die von dir genannten Stellen wird man aber wohl als andere zumutbare Hilfsmöglichkeiten ansehen können.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Wie #2.

    Am rechtlichen Problem würde ich es nicht scheitern lassen, aber an anderweitigen Hilfsmöglichkeiten. Hier sei noch die Betreuungsbehörde genannt, die derartige Vollmachten sogar öffentlich beglaubigen kann.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Wie #2.

    Am rechtlichen Problem würde ich es nicht scheitern lassen, aber an anderweitigen Hilfsmöglichkeiten. Hier sei noch die Betreuungsbehörde genannt, die derartige Vollmachten sogar öffentlich beglaubigen kann.

    So ist es.

    Nach §4 Abs. 1 BtBG ist die Betreuungsbehörde zur Beratung über eine Vorsorgevollmacht berufen.
    Die Bewilligung von BerH scheidet daher m.E. aus.

  • Wie #2.

    Am rechtlichen Problem würde ich es nicht scheitern lassen, aber an anderweitigen Hilfsmöglichkeiten. Hier sei noch die Betreuungsbehörde genannt, die derartige Vollmachten sogar öffentlich beglaubigen kann.

    So ist es.

    Nach §4 Abs. 1 BtBG ist die Betreuungsbehörde zur Beratung über eine Vorsorgevollmacht berufen.
    Die Bewilligung von BerH scheidet daher m.E. aus.

    Es sei denn, ihr habt es mit einer der Betreuungsbehörden zu tun, die seit über einem Jahr "wegen der aktuellen Situation" keine Beratungen mehr durchführen und die Leute an Anwälte bzw. - für Beglaubigungen - an die Notare verweisen (am Anfang auch an die Stadt, aber nachdem jetzt eine Schadensersatzklage anhängig ist, weil die von der Stadt "beglaubigte" Vollmacht dann bei der Bank und dem Grundbuchamt wertlos war, haben sie das wenigstens eingestellt).

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ganz ehrlich? Ich sehe da kein rechtliches Problem.
    Sicher, es ist eine wichtige Entscheidung, aber eine Vorsorgevollmacht erteilen ist vorrangig eine Frage von: Was will ich und wem vertraue ich? Das ist keine rechtliche Abwägung.
    Und es gibt genug niederschwellige Informationsmöglichkeiten und Vorstücke.

    Welcher rechtliche Nachteil kann mir erwachsen?
    Ich erteile die Vollmacht nicht: Ich bin im Ernstfall auf einen Betreuer angewiesen.
    Ich erteile die Vollmacht: Es ist eine Vertrauensperson da, die sich kümmert.
    Und auch die umfangreichste anwaltliche Beratung schützt mich nicht davor, dass die Person meines Vertrauens mich im Ernstfall im Keller einschließt und die Konten leerräumt.

  • Ganz ehrlich? Ich sehe da kein rechtliches Problem.
    Sicher, es ist eine wichtige Entscheidung, aber eine Vorsorgevollmacht erteilen ist vorrangig eine Frage von: Was will ich und wem vertraue ich? Das ist keine rechtliche Abwägung.
    Und es gibt genug niederschwellige Informationsmöglichkeiten und Vorstücke.

    Welcher rechtliche Nachteil kann mir erwachsen?
    Ich erteile die Vollmacht nicht: Ich bin im Ernstfall auf einen Betreuer angewiesen.
    Ich erteile die Vollmacht: Es ist eine Vertrauensperson da, die sich kümmert.
    Und auch die umfangreichste anwaltliche Beratung schützt mich nicht davor, dass die Person meines Vertrauens mich im Ernstfall im Keller einschließt und die Konten leerräumt.

    :daumenrau Ich sehe da auch kein "Problem" im Sinne des BerHG.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • @ Myvatn:

    Der Anwalt soll wohl kaum allein dazu beraten, wer als Vertrauensperson in Betracht kommt. Aber bei der inhaltlichen Abfassung einer Vorsorgevollmacht, insbesondere aber bei der Errichtung einer Patientenverfügung, können weitreichende inhaltliche Fehler gemacht werden. Dann kann es ganz schnell passieren, dass der von mir gewünschte Erfolg im "Katastrophenfall" nicht eintreten kann. Oder mit Deinen Worten zu sprechen: Ich bin plötzlich auf einen mir unbekannten Betreuer angewiesen, obwohl ich doch bereits eine vertrauenswürdige Person mit allen Vollmachten (nur leider unwirksam oder nicht weitreichend genug) ausgestattet habe.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • man kann auch seinen Hausarzt mal fragen.

    Zur Vorsorgevollmacht?

    Bei einer Patientenverfügung schon, da halte ich das für absolut sinnvoll. Natürlich muss auch jemand gefragt werden, der sich mit der rechtlichen Umsetzung auskennt. Aber bevor man eine Patientenverfügung errichtet, muss man erst einmal wissen, welche medizinischen Bereiche man regeln und welche Entscheidungen man treffen will. Das geht am Besten mit jemanden mit medizinischem Wissen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Wie #2.

    Am rechtlichen Problem würde ich es nicht scheitern lassen, aber an anderweitigen Hilfsmöglichkeiten. Hier sei noch die Betreuungsbehörde genannt, die derartige Vollmachten sogar öffentlich beglaubigen kann.

    So ist es.

    Nach §4 Abs. 1 BtBG ist die Betreuungsbehörde zur Beratung über eine Vorsorgevollmacht berufen.
    Die Bewilligung von BerH scheidet daher m.E. aus.

    Es sei denn, ihr habt es mit einer der Betreuungsbehörden zu tun, die seit über einem Jahr "wegen der aktuellen Situation" keine Beratungen mehr durchführen und die Leute an Anwälte bzw. - für Beglaubigungen - an die Notare verweisen (am Anfang auch an die Stadt, aber nachdem jetzt eine Schadensersatzklage anhängig ist, weil die von der Stadt "beglaubigte" Vollmacht dann bei der Bank und dem Grundbuchamt wertlos war, haben sie das wenigstens eingestellt).

    Ich schließe mich auch dieser Meinung an. Vorrang hat die Betreuungsbehörde als anderweitige zumutbare Hilfemöglichkeit zu beraten. Scheidet diese Möglichkeit allerdings aus tatsächlichen Gründen aus, z. B. infolge Pandemie keine Termine verfügbar, würde ich BerH bewilligen. Ein rechtliches Problem sehe ich nämlich schon. Und die 35 € Beratungsgebühr (eine Vertretung dürfte nur selten erforderlich sein, da es ja keinen Gegner gibt) sehe ich für den Staat auch gut angelegt, wenn infolge der Beratung vermehrt von der Vorsorgevollmacht Gebrauch gemacht wird.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!