Zweitschuldner bei elektronischen PfÜB-Anträgen

  • Ich würde mich über Meinungen zur folgenden Thematik freuen:

    Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse werden in der Regel nur erlassen, wenn der Vorschuss eingezahlt ist, § 12 Abs. 6 S. 1 GKG. Die Frage der Zweitschuldnerhaftung (§ 29 Nr. 4 GKG) stellt sich somit nicht.

    Diese Vorschusspflicht wird durch § 12 Abs. 6 S. 2 GKG für elektronische Posteingänge (§ 829a ZPO) aufgeweicht bzw. nach hinten verlagert, damit der Beschluss schnell(er) erlassen werden kann.

    Hier wird von der Staatskasse (Bezirksrevisorin) nun die Auffassung vertreten, dass bei elektronischen Eingängen stets der Schuldner als Zweitschuldner anzugeben ist (der Rechtspfleger das also in der Abschlussverfügung zu verfügen hat).

    Mir leuchtet nicht ein, weshalb elektronische Posteingänge anders behandelt werden sollten, als Eingänge per Post. Die Vorschusspflicht besteht ja weiterhin, wurde nur nach hinten verlagert. Ich halte es daher für falsch, den Schuldner bei elektronischen Eingängen als Zweitschuldner an die Kasse zu übermitteln.

    Auch aus ganz praktischen Erwägungen heraus:

    1. Was ist, wenn der Antrag durch den Gläubiger vor Erlass des PfÜB zurückgenommen wird? Die Vorschusspflicht bleibt ja - wie gesagt - bestehen und die Kosten werden dem Gläubiger zum Soll gestellt. Wenn dieser dann nicht zahlt, könnte der Schuldner für eine nie durchgeführte ZV-Maßnahme in Anspruch genommen werden.

    2. Die Gerichtskosten werden auch bei elektronischen Eingängen regelmäßig bereits mit in den PfÜB auf Seite 9 aufgenommen, auch wenn sie tatsächlich noch gar nicht gezahlt wurden. Es besteht hiernach die Gefahr, dass der Schuldner für die Gerichtskosten sowohl durch den Gläubiger (PfÜB) als auch von der Staatskasse (als Zweitschuldner) in Anspruch genommen wird. Er müsste quasi doppelt zahlen.

    Gibt es hierzu Meinungen bzw. Erfahrungen?

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Der Schuldner ist (auch) Kostenschuldner gemäß §29 Nr. 4 GKG.

    1. Was ist, wenn der Antrag durch den Gläubiger vor Erlass des PfÜB zurückgenommen wird? Die Vorschusspflicht bleibt ja - wie gesagt - bestehen und die Kosten werden dem Gläubiger zum Soll gestellt. Wenn dieser dann nicht zahlt, könnte der Schuldner für eine nie durchgeführte ZV-Maßnahme in Anspruch genommen werden.

    Es kommt darauf an, ob die Kosten notwendig i.S.d. §788 ZPO sind. Wenn dies der Fall ist, haftet der Schuldner auch dafür. Auch bei Rücknahme des Antrages können die Kosten notwendig gewesen sein, wenn die Rücknahme z.B. auf einer nach Antragsstellung geschlossenen Stundungsvereinbarung beruht.

    2. Die Gerichtskosten werden auch bei elektronischen Eingängen regelmäßig bereits mit in den PfÜB auf Seite 9 aufgenommen, auch wenn sie tatsächlich noch gar nicht gezahlt wurden. Es besteht hiernach die Gefahr, dass der Schuldner für die Gerichtskosten sowohl durch den Gläubiger (PfÜB) als auch von der Staatskasse (als Zweitschuldner) in Anspruch genommen wird. Er müsste quasi doppelt zahlen.

    Dem Schuldner bleibt es unbenommen sich mit der Erinnerung nach §766 ZPO gegen den PfÜB vor einer doppelten Inanspruchnahme zu wehren, sobald er die Gerichtskosten beglichen hat.


    Mir leuchtet nicht ein, weshalb elektronische Posteingänge anders behandelt werden sollten, als Eingänge per Post. Die Vorschusspflicht besteht ja weiterhin, wurde nur nach hinten verlagert. Ich halte es daher für falsch, den Schuldner bei elektronischen Eingängen als Zweitschuldner an die Kasse zu übermitteln.

    Auch bei Posteingängen ist der Schuldner Zweitschuldner für die Gerichtskosten. Da spielt natürlich keine Rolle mehr, wenn die Kosten schon vorgeschossen wurden (sondern i.d.R. nur wenn der Antraasteller PKH erhält oder kostenbefreit ist). Insofern sehe ich nicht das eine andere Behandlung der Eingänge vorliegt, die unangemessen wäre. Die unterschiedliche Behandlung resultiert aus einer unterschiedlichen Sachlage.
    Ich sehe kein Problem den Schuldner als Zweitschuldner mitzuteilen. Er ist schließlich auch Zweitschuldner. Ohnehin würde ja zuerst der Erstschuldner in Anspruch genommen.

  • Zuständiger Kostenbeamter in Vollstreckungssachen ist der Beamte des mittleren Dienstes bzw. der/ die Justizangestellte, der die Aufgabe zugewiesen ist. Dieser übt seine Aufgabe in seinem Zuständigkeitsbereich eigenständig aus.
    Der Rechtpfleger ist nicht Dienstvorgesetzter des Kostenbeamte, so dass es mir bereits schwer fällt eine Grundlage zu sehen, den Kostenbeamtern mit Anweisungen durch den Rechtspfleger zu versehen.
    Wenn der Bezirksrvisor in seiner Eigenschaft als Kostenprüfbeamter den Kostenbeamten mit Weisungen versehen will, soll er dies tun (ob es für allgemeingültige Weisungen eine Grundlage gibt, kann man allenfalls aus der Kostenverfügung entnehmen.)
    Als Rechtspfleger halte ich mich bei Thema Kosten komplett raus.

    Da die Gebühr mit Antragstellung entsteht und fällig ist, stellt der Kostenbeamte im Normalfall die Kosten bereits mit Registrierung des Eingangs zum Soll.

    Zu diesem Zeitpunkt kann er aber gar nicht beurteilen, ob der Schuldner nach § 29 Nr. 4 GKG auch für diese Kosten haftet, da seitens des Gerichts noch keine Feststellungen hinsichtlich der Notwendigkeit der Zwangsvollstreckungskosten getroffen wurden (kann ja sein, dass das Gericht den Antrag zurückweist.

    Mit dem Ansatz der Kosten auf Seite 9 des Antrags habe ich kein Problem, da gegenüber dem Gericht die Kosten mit Sollstellung als gezahlt gelten.

  • zu 1.:
    Genauso verhält es sich bei Anträgen kostenbefreiter Gläubiger, die diese vor Erlass des Pfüb zurücknehmen. Auch da bekommt der Schuldner die Gebühr zum Soll gestellt (§ 29 Nr. 4 GKG i.V.m. § 788 I ZPO). Dementsprechend muss der Kostenbeamte es wohl bei den elektronischen Anträgen genauso handhaben.

    Nicht notwendig erscheint mir jedoch eine entsprechende Verfügung durch den Rechtspfleger. Es obliegt dem Kostenbeamten in eigener Zuständigkeit, über die Erhebung der Gebühr und von welchem Kostenschuldner zu entscheiden. Ggf. sollte die Bezirksrevisorin über eine Richtlinie für die Kostenbeamten nachdenken.

    Ehe es jedoch zur Geltendmachung der Zweitschuldnerhaftung kommt, bedarf es entsprechender (vergeblicher) Vollstreckungsversuche beim Erstschuldner. Da muss schon viel passieren, ehe tatsächlich ein Schuldner wegen Nichtzahlung der 22,- € als Zweitschuldner in Anspruch genommen wird.


    zu 2.:
    Grundsätzlich besteht die von dir geschilderte Gefahr. Praktisch dürfte diese sich jedoch nie realisieren.


  • Dem Schuldner bleibt es unbenommen sich mit der Erinnerung nach §766 ZPO gegen den PfÜB vor einer doppelten Inanspruchnahme zu wehren, sobald er die Gerichtskosten beglichen hat.

    Das scheint mir nicht in allen Fällen zielführend.

    Ehe der Schuldner die Rechnung als Zweitschuldner von der Justizkasse erhält, hat der Drittschuldner mutmaßlich den im Pfüb genannten Betrag (inklusive der Gebühr für diesen) bereits längst an den Gläubiger abgeführt. Mit einer nachträglichen Einschränkung des Pfüb nach Einlegung von § 766 ZPO bekommt man das nicht mehr "repariert".

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