Grunddienstbarkeit - Ausübungsbereich § 1023 BGB

  • Ich habe hier folgenden Fall (den ich bereits in einem bestehenden Thema vorgetragen habe, aber noch keine Antwort bekommen habe; deshalb versuche ich es nun noch einmal):

    In der mir vorliegenden Urkunde wird ein Ver- und Entsorgungsleitungsrecht an einem Flurstück bewilligt.

    Wörtlich heißt es in der Urkunde:
    "Der Leitungsverlauf wird nicht Inhaltder Dienstbarkeiten. Es findet somit § 1023 BGB Anwendung mit der Maßgabe, dass der Eigentümer/Inhaber des dienenden Grundstücks die Verlegung der Ausübung auf eine andere, für den Berechtigten geeignete Stelle verlangen kann..."

    Das verstehe ich nicht:Wenn man § 1023 BGB wörtlich nimmt, ist dieser doch nur anwendbar, wenn der Ausübungsbereich auf einen Teil des belasteten Grundstücks beschränkt ist.
    Aber hier wurde doch der Ausübungsbereich (=Leitungsverlauf) gerade nicht auf eine bestimmte Fläche beschränkt. Damit wäre doch das gesamte Grundstück mit dem Ver- und Entsorgungsrecht belastet und § 1023 BGB macht dann keinen Sinn, oder?

    Ich verstehe § 1023 BGB so, dass ursprünglich das Leitungsrecht an einem Flurstück bestellt wird und es heißt dann (z.B.), dass der Ausübungsbereich beschränkt wird auf die im anliegenden Lageplan farblich gekennzeichnete Fläche. Somit könnte dann gemäß § 1023 BGB dieser farblich gekennzeichnete Bereich geändert werden, also das Leitungsrecht würde dann an einer anderen Stelle des belasteten Grundstücks ausgeübt. Das ist aber hier nicht der Fall, da ja gar keine Einschränkung des Ausübungsbereichs erfolgt.
    Wie seht ihr das?

    Vielen Dank schon mal für eure Hilfe.

  • Ich sehe das genauso und stimme deinen Bedenken zu. Die Auswahl der Ausübungsstelle an eine für den Berechtigten geeigneten Stelle zu verlegen, kann man zwar schuldrechtlich vereinbaren, aber gerade die notwendige (dingliche) Bestimmtheit ist nicht gegeben.
    So auch der MüKo... "Auch kann sich der Verpflichtete ein uneingeschränktes Recht zur Verlegung der Ausübungsstelle einräumen lassen. Dies gilt allerdings nicht für Ausübungsstellen, die für die Belastung des Grundstücks von wesentlicher Bedeutung sind und deshalb genau bezeichnet sein müssen. Ein freies, nicht näher qualifiziertes Recht zur Auswahl der Ausübungsstelle ist zwar schuldrechtlich möglich, genügt aber nicht den Anforderungen sachenrechtlicher Bestimmtheit (→ § 1018 Rn. 17 aE)."
    (MüKoBGB/Mohr, 8. Aufl. 2020 Rn. 15, BGB § 1023 Rn. 15)

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