Erbverzicht und Vergleich

  • Hallo zusammen,

    vor dem LG wurde ein Vergleich geschlossen.
    Danach verpflichtet sich die Klägerin, einen Erbverzichtsvertrag beurkunden zu lassen, der einen Verzicht der Beklagten enthält.
    Die Beklagten verpflichten sich, den Erbverzichtsvertrag zu genehmigen. Der Erbverzicht soll sich auch auf die Kinder der Beklagten erstrecken. Nach erfolgter Genehmigung zahlen die Beklagten einen Betrag in Höhe von 20.000 EUR an die Klägerin. Nach erfolgter Zahlung erklären die Parteien wechselseitig den Verzicht auf alle Forderungen aus dem Erbfall nach Herrn X.


    Klägerin = Ehefrau des Erblassers X.
    Beklagten = Kinder des Erblassers

    Die Eheleute hatten ein gemeinschaftliches Testament: Gegenseitige Erbeinsetzung und die Kinder nach dem Tod des Letztversterbenden.

    Nunmehr liegt mir der Erb- und Zuwendungsverzichtsvertrag vor.

    Die Beklagten verzichten für sich und die Abkömmlinge auf Erb- und Pflichtteilsrechte nach der Ehefrau des Verstorbenen.
    Ferner verzichten sie vorsorglich auf alle Zuwendungen aus der testamentarischen Erbeinsetzung.

    Die Klägerin verzichtet gegenüber den Verzichtenden auf die Rückzahlung des den 20.000 EUR übersteigenden Teil des Nachlasses der Herrn X. Dieser Verzicht ist als Gegenleistung für den Erbverzicht zu betrachten.


    Ein Abkömmling ist minderjährig.
    Ist nunmehr die familiengerichtliche Genehmigung erforderlich?
    Falls ja: Wie kann ich denn die Genehmigungsfähigkeit prüfen?


    Viele Grüße!

  • Wenn einer der Vertragsschließenden minderjährig ist: Genehmigung erforderlich, § 2347 BGB.
    Wenn einer der Vertragsschließenden minderjährige Abkömmlinge hat: Genehmigung nicht erforderlich, der Verzicht erstreckt sich kraft Gesetzes auf die Abkömmlinge, § 2349 BGB.

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  • Vorliegend tritt ja der Beklagte auf und verzichtet einmal für sich und ausdrücklich auch für sein minderjähriges Kind (unterzeichnet auch für sich und als gesetzl. Vertreter).
    Muss ich dann, obwohl sich der Verzicht kraft Gesetzes auf die Abkömmlinge erstreckt, trotzdem eine Genehmigung erteilen?
    Sorry. Stehe etwas auf dem Schlauch.

  • Der Sachverhalt ist mal wieder sehr dürftig. Ich gehe davon aus, dass die minderjährige Person nicht am Vertrag als Beteiligter mitwirkte, also keinen eigenen Verzicht erklärte und im Testament nicht die Abkömmlinge der Kinder als Ersatzerben eingesetzt sind: in diesem Fall ist keine Genehmigung des Familiengerichts erforderlich.

  • Tut mir Leid, ich versuche, den Sachverhalt noch etwas genauer auszuführen:

    Testament: gegenseitige Erbeinsetzung der Eheleute, nach dem Tod des Erstversterbenden erben die Kinder. Ersatzerben sind nicht benannt.

    Aufgeführt im Vertrag sind als "Erschienene" die Klägerin, die Beklagten und die Kinder der Beklagten, wobei bei der Mj. natürlich aufgeführt wurde, dass sie vertreten wird durch die Eltern.

    In der Erklärung erklärt dann aber der Beklagte:

    > "Ich verzichte für mich selbst und für alle Abkömmlinge auf alle Erb- und Pfichtteilsrechte."

    Und:

    > "Vorsorglich verzichten wir auf alle Zuwendungen, die aus der testamentarischen Erbeinsetzung des bindend gewordenen Ehegattentestaments."
    "Die Eheleute [Kindeseltern = Beklagter und Frau] verzichten auf alle Erb- und Pflichteilsrechte sowie sämtliche Zuwendungen auch für die Mj."

    Hoffentlich ist es nun etwas klarer.

    3 Mal editiert, zuletzt von utz (7. Mai 2021 um 13:26)

  • Das Ganze dürfte auf nicht ausreichenden erbrechtlichen Kenntnissen der beiden im Prozess beteiligten Anwälte, des beim Abschluss des Vergleichs beteiligten Gerichts und des verzichtsbeurkundenden Notars beruhen.

    Ein Verzicht (lediglich) auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht wäre für sich alleine von vorneherein sinnlos gewesen, weil die Schlusserbenstellung der Kinder nicht auf gesetzlicher Erbfolge, sondern auf einer Verfügung von Todes wegen beruht. Also musste, um das gewollte Ergebnis erreichen zu können, von vorneherein ein Verzicht erfolgen, der sich sowohl auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht der Kinder als auch auf die an die Kinder erfolgte testamentarische Zuwendung erstreckt. Beides sind rechtlich selbstständige Verzichte (§ 2346 BGB einerseits und § 2352 BGB andererseits). Ob der Vergleich tatsächlich so stümperhaft formuliert wurde, wie er hier inhaltlich mitgeteilt wurde, sei dahingestellt.

    Sowohl der Verzicht auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht als auch der Zuwendungsverzicht wirkt jeweils für die Abkömmlinge des Verzichtenden, sofern beim Verzicht nichts anderes bestimmt wird (§§ 2349, 2352 BGB; für den Zuwendungsverzicht gilt das allerdings erst seit dem 01.01.2010, weil § 2349 BGB bis dahin in § 2352 BGB nicht in Bezug genommen war). Ein Zuwendungsverzicht der Kinder, der auch für die jeweiligen Erben wirkt, kommt dabei natürlich - entgegen uschi - nur in Betracht, wenn die jeweiligen Enkel (auch in Anwendung der Auslegungsregel des § 2069 BGB) zu Ersatzerben des jeweiligen Kindes bestimmt wurden, weil es ansonsten überhaupt keine testamentarische Zuwendung an die Enkel gäbe, auf welche sich der Zuwendungsverzicht des jeweiligen Kindes erstrecken könnte (und ohne Ersatzerbeneinsetzung würde der ebenfalls für die Enkel wirkende Verzicht der Kinder auf das gesetzliche Erbrecht greifen).

    Langer Rede kurzer Sinn: Die Kinder können mit Wirkung für ihre Abkömmlinge sowohl einen Verzicht nach § 2346 BGB als auch einen Verzicht nach § 2352 BGB erklären, ohne dass die Enkel daran in irgendeiner Weise mitwirken müssen.

    Die notarielle Verzichtsurkunde (und ggf. auch der Vergleich) ist also rechtlicher Murks.

    Vieles, was bislang zu diesem Sachverhalt gesagt wurde, liegt somit neben der Sache.

  • Dann teile ich das dem Notar mal so mit.

    Kurze Nachfrage: Können die Verzichtsverträge überhaupt noch wirksam abgeschlossen werden, wenn der Erblasser (Ehemann) bereits verstorben ist???

    4 Mal editiert, zuletzt von utz (10. Mai 2021 um 09:35)

  • Dann teile ich das dem Notar mal so mit.

    Kurze Nachfrage: Können die Verzichtsverträge überhaupt noch wirksam abgeschlossen werden, wenn der Erblasser (Ehemann) bereits verstorben ist???


    Erbrechtliche Ansprüche nach dem Ehemann entstehen erst mit seinem Tod.

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  • Ich verstehe die Frage nicht.

    Es soll doch nur nach der Ehefrau verzichtet werden und diese lebt noch.

    Dann teile ich das dem Notar mal so mit.

    Kurze Nachfrage: Können die Verzichtsverträge überhaupt noch wirksam abgeschlossen werden, wenn der Erblasser (Ehemann) bereits verstorben ist???


    Erbrechtliche Ansprüche nach dem Ehemann entstehen erst mit seinem Tod.


    Vielen Dank euch beiden! Hatte einen riesen Denkfehler......

  • Der Pflichtteilsanspruch der Kinder am Nachlass des verstorbenen Ehemannes/Vaters ist natürlich bereits entstanden. Wenn ich es richtig sehe, sind diese Ansprüche aber in den Vergleichsgegenstand einbezogen worden. Bezüglich des Nachlasses des Verstorbenen kommt natürlich kein Pflichtteilsverzicht mehr in Betracht, aber ein solcher soll nach dem Sachverhalt auch nicht erklärt werden. Der bereits entstandene Pflichtteilsanspruch kann aus der Welt geschafft werden, indem man ihn nicht geltend macht (sprich: verjähren lässt) oder wenn man sich - wie hier - mit dem Erben über die Nichtgeltendmachung einigt.

    Dies alles kann Dir aber im Ergebnis gleichgültig sein, weil diese bereits entstandenen Pflichtteilsansprüche am Nachlass des Ehemannes in jedem Fall nur den Kindern und nicht den minderjährigen Enkeln zustehen.

  • Vielen Dank....

    Habe noch eine Nachfrage (sorry - bei Nachlass verstehe ich nur Bhf):

    Ich habe die Vermutung, dass es sich bei der Ehefrau um die zweite Ehefrau des Erblassers handeln könnte...

    Dann wäre der Fall doch anders gelagert, da die Verzichtenden dann nicht auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten oder liege ich da wieder falsch?
    Werde dem Notar das erstmal wie oben mitteilen, aber wenn er das mitteilt, bräuchte ich doch eine familiengerichtliche Genehmigung?

    Unter welchen Gesichtspunkten kann ich die Genehmigungsfähigkeit dann prüfen?

  • Der Sachverhalt sieht mir nicht nach "Kinder vs. Böse Hexe (AKA zweite Frau)", sondern nach "Familienduell" aus - im Erbvertrag hatten sich nach obiger Darstellung die Eheleute gegenseitig und dann "die Kinder" (liest sich für mich wie "die gemeinsamen Kinder" eingesetzt.

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  • Wenn es sich um die zweite Ehefrau des Erblassers handelt, die demzufolge nicht die Mutter der besagten Kinder und nicht die Großmutter der besagten Enkel ist, kommt von vorneherein nur ein Zuwendungsverzicht in Betracht, weil überhaupt kein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach der Ehefrau besteht, auf welches im Rechtssinne verzichtet werden könnte.

    Das ändert aber nichts daran, dass der erklärte Zuwendungsverzicht der Kinder auch für die Enkel wirkt.

  • Habe noch eine Nachfrage (sorry - bei Nachlass verstehe ich nur Bhf):

    Ich könnte mir vorstellen, dass es sich bei der Ehefrau um die 2. Ehefrau des Erblassers handelt und dass es sich ausschließlich um die Kinder des verstorbenen Ehemannes handelt.

    Dann wäre der Fall doch anders gelagert, da die "Kinder" nicht auf das gesetzliche Erbrecht verzichten oder habe ich da wieder einen Denkfehler?

    Werde dem Notar das erstmal wie oben mitteilen, aber wenn er mir mitteilt, dass es sich um die 2. Ehefrau handelt, bräuchte ich eine familiengerichtliche Genehmigung, oder?

    In dem Fall frage ich mich, wie ich dann in eine Prüfung einsteigen müsste und unter welchen Gesichtspunkten eine Genehmigung erteilt werden könnte...

  • Tut mir Leid, aber ich stehe immer noch auf dem Schlauch...


    cromwell 07.05.2021, 13:37 Uhr: "Langer Rede kurzer Sinn: Die Kinder können mit Wirkung für ihre Abkömmlinge sowohl einen Verzicht nach § 2346 BGB als auch einen Verzicht nach § 2352 BGB erklären, ohne dass die Enkel daran in irgendeiner Weise mitwirken müssen."

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