Pfändung und Antrag Eigentumsumschreibung

  • Hallo,

    ich habe:

    1)einen Antrag auf Eintragung der Pfändung einer Eigentümergrundschuld(Briefrecht)
    Hier wurde der Brief nicht vorgelegt-Zwischenvfg erging mit Hinweis keine Rangwahrung
    Gläubiger teilt mit, das Wegnahme angeordnet, aber Coronabedingt noch nicht erfolgen konnte

    danach
    2) Antrag Eigentumsumschreibung und Löschung der Rechte in Abt III durch Eigentümer
    Vorgelegt wird auch eben dieser Brief durch den Eigentümer...

    Was tun?
    Antrag 1)zurückweisen, da die Pfändung ohne Briefübergabe nicht wirksam geworden ist?

    Der Brief ist ja jetzt hier beim GBA...
    Aber er ist ja vom Eigentümer mit dem Ziel der Löschung eingereicht worden....
    Muss ich den Gläubiger des Antrags zu 1)darauf hinweisen, das der Brief hier ist?

    Bin etwas ratlos...

  • ...Was tun?
    Antrag 1)zurückweisen, da die Pfändung ohne Briefübergabe nicht wirksam geworden ist?....

    Genau. Der Leitsatz aus dem Beschluss des OLG München vom 20.06.2011, 34 Wx 259/11, lautet:

    „Die wirksame Pfändung der Briefgrundschuld erfordert die Briefübergabe an den Gläubiger. Dass der Brief beim Grundbuchamt verwahrt wird und die (Hilfs-) Pfändung und Überweisung des Herausgabeanspruchs stattgefunden hat, ändert daran nichts.(Rn.8)“

    Das OLG München führt aus: „Erst die Vorlage des Briefs durch den Gläubiger erbringt dem Grundbuchamt gegenüber den Nachweis, dass ihm der Brief übergeben, die Pfändung demnach wirksam geworden ist (zu allem Schöner/Stöber Rn. 2477; ebenso Zöller/Stöber ZPO 28. Aufl. § 830 Rn. 6; Demharter GBO 27. Aufl. Anhang zu § 26 Rn. 8; aus der Rechtsprechung BayObLG NJW-RR 1991, 1398; KGJ 40, 322; KGJ 44, 275/ 278; KG JFG 14, 444/446; OLG Düsseldorf OLGZ 1969, 208; ferner BGH NJW 1979, 2045; Rpfleger 1995, 119)“

    Der Brief muss dem Gläubiger durch den Schuldner oder einen Dritten übergeben oder durch den Gerichtsvollzieher im Wege der Zwangsvollstreckung weggenommen worden sein. Erst dann wird die Pfändung des Briefrechts nach §§ 830, 857 VI ZPO wirksam (Kemper in Saenger, Zivilprozessordnung, 9. Auflage 2021, § 830 RN 8; Herget im Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage 2020, § 830 RN 4). Es reicht nicht aus, dass der Brief beim GBA verwahrt wird, auch wenn der Herausgabeanspruch hilfsweise mit gepfändet und überwiesen ist (Saenger/Kemper, aaO).

    Wie Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, in RN 2477 ausführen, ist der ohne Briefvorlage gestellte Antrag sogleich zurückzuweisen oder auf Wunsch des Gläubigers mit der Folge auszusetzen, dass er bei Behebung des Mangels mit Briefvorlage als neu und nunmehr ordnungsgemäß im Sinne der §§ 13, 17 GBO gestellt gilt.

    Da der Gläubiger mitgeteilt hat, dass er den Briefbesitz noch nicht erlangt hat, ist der Antrag zurückweisungsreif. Anschließend ist der Löschungsantrag zu vollziehen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Alles korrekt.

    Aber der Eigentümer verstößt offensichtlich gegen das Inhibitorium des PfÜb, sich jeder Verfügung über die Eigentümergrundschuld zu enthalten, § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

    Soll das Grundbuchamt jetzt sehenden Auges diesen Gesetzesverstoß ignorieren?

    Wobei dem Gläubiger vorzuhalten ist, dass er ziemlich blöde ist, die EGS zum pfänden, aber keine Zwangssicherungshypothek beantragt zu haben.

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • ….wobei das relative Verfügungsverbot dem Pfändungsgläubiger auch nichts mehr nützt, wenn das Recht gelöscht wurde. Von der Löschung ist er zu benachrichtigen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Das dem GBA zur Kenntnis gelangte Verfügungsverbot ....

    Da die Zustellung an Drittschuldner und Schuldner für die Wirksamkeit der Pfändung der Briefgrundschuld weder erforderlich noch ausreichend ist (Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 830 RN 8) und dem GBA auch nicht nachgewiesen werden muss (Schöner/Stöber RN 2477: „Der Pfändungsbeschluss (die Pfändungsverfügung) muss in Ausfertigung vorliegen; Zustellung an den Drittschuldner oder Schuldner ist nicht erforderlich“), kann das GBA nicht wissen, ob das relative Verfügungsverbot aus § 829 I 2 ZPO, 135, 136 BGB überhaupt wirksam geworden ist. Der Vorgang ist nicht anders zu handhaben, als wenn der Berichtigungsantrag des Pfändungsgläubigers sogleich zurückgewiesen worden wäre.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Den gegenwärtigen Meinungsstand zum Thema kenne ich nicht, aber ein dem GBA bekanntgewordenes Veräusserungsverbot war von diesem mal trotz seiner relativen Wirkung zu beachten, wenn sich wegen eines fehlenden Vermerks ein gutgläubiger Erwerb anschließen kann oder wenn das betroffene Recht gelöscht werden soll. Erstes und letzteres ist hier der Fall. Eine Diskussion darüber, ob die Wirksamkeit des Veräusserungsverbots ausreichend nachgewiesen ist, strenge ich jetzt sicher nicht an. Ein Hinweis auf das Veräusserungsverbot hat sich zumindest als Folge der Nachfrage aber gehört.

  • Wenn der Eigentümer dem GBA den Brief vorlegt und ihn der Pfändungsgläubiger somit nicht haben kann, das sogar zusätzlich einräumt, kann sich das GBA sicher sein, dass ein Veräußerungsverbot nicht besteht. Ohne Übergabe keine Verstrickung, ohne Verstrickung kein Inhibitorium.

  • So ist es. Andernfalls würde der in´s Leere gehenden Pfändung die gleiche Wirkung wie der erfolgreichen Pfändung zugebilligt. Da dem Grundbuchamt weder die Zustellung an den Schuldner, noch an den Drittschuldner nachzuweisen ist, könnte auch nicht beurteilt werden, ob der eine oder andere zum Zeitpunkt der Zustellung überhaupt noch im Briefbesitz war. Davon abgesehen, gibt es offenbar auch Pfändungsbeschlüsse, die kein gegenüber dem Drittschuldner auszusprechendes Arrestatorium enthalten (s. BGH, VII. Zivilsenat, Beschluss vom 16.12.2020, VII ZB 10/20, Rz. 17, 18, 22-25)
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…028&pos=0&anz=1

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  • Im Ergebnis fürchte ich auch, dass das GBA zurückweisen und anschließend löschen muss.

    Wobei die Sache schon pikant ist: dem Schuldner wird ein PfÜb zugestellt und ihm gerichtlich geboten, sich jeder Verfügung über die Grundschuld zu enthalten, insbesondere das Bewirken der Löschung.

    Er geht aber frisch und fröhlich an diesem Gebot vorbei und legt den Brief (den er dem Gläubiger übersenden müsste) dem Grundbuchamt vor und beantragt die Löschung.

    Die Frage ist natürlich, ob das GBA jetzt dem Gläubiger mitteilen sollte, dass der Löschungsantrag nebst Brief vorliegt. Denn dann könnte dieser schnell eine einstweilige Anordnung beantragen.

    Oder besser noch: den Gerichtsvollzieher zum Grundbuchamt schicken, um den Brief dort wegzunehmen. Ich sehe jetzt schon bildlich vor mir, wie der Gerichtsvollzieher sich mit dem Rechtspfleger im GBA körperlich um den Brief prügelt. :D

    Ich bin Weinkenner. Wenn ich Wein trinke, merke ich sofort: aah, Wein. (Han Twerker)

  • Da könnte ich mich beherrschen. Sollen sich GV und Schuldner kloppen. Trotzdem hat Bukowski recht, wenn er auf das seltsame Ergebnis hinweist. Womöglich müsste man doch auf Inhibitorium und Veräusserungsverbot als "Vorwirkung" (BGH, Beschl. v. 16.2.2012 - V ZB 308/10) durch den Erlass des Pfändungsbeschlusses abstellen.

  • Das Entstehen von Verstrickung und Pfandrecht setzt aber voraus, dass ein wirksamer Pfändungsbeschluss vorliegt und auch die Briefübergabe an den Pfandgläubiger erfolgt ist. Vor der Briefübergabe ist die Pfändung trotz Zustellung unvollständig und daher noch wirkungslos (Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, § 830 RN 10).

    Zwar ist der Schuldner aufgrund des Pfändungsbeschlusses zur Herausgabe des Grundschuldbriefes verpflichtet (BGH 5. Zivilsenat, Beschluss vom 16.02.2012, V ZB 308/10, Rz. 19). Kommt er jedoch dieser Verpflichtung nicht nach und überlässt den Grundschuldbrief einem Dritten, wie hier dem GBA, bedarf es der Hilfspfändung des Herausgabeanspruchs.

    Das OLG München führt zu einer Pfändungsverfügung des Finanzamts im Beschluss vom 26.11.2010, 34 Wx 93/10, aus: „Die erlassene Pfändungsverfügung erlaubt es dem Gläubiger, vor Wirksamwerden der Pfändung die Briefwegnahme durch Zwangsvollstreckung zu betreiben. Ist diese erfolglos, räumt bereits die Pfändungsverfügung die Befugnis ein, die gesetzlich vorgesehenen Ersatzmaßnahmen zu ergreifen, um die für das Wirksamwerden der Pfändung notwendigen Voraussetzungen herbeizuführen (siehe Stöber Forderungspfändung Rn. 1830). Insoweit gestaltet sich die Lage anders als bei der (notwendigen) (Hilfs-) Pfändung von Herausgabeansprüchen gegen Dritte.“

    Befindet sich der Hypothekenbrief im Besitz eines Dritten, so wird die Pfändung grundsätzlich erst dann wirksam, wenn der Vollstreckungsgläubiger (bzw. der von ihm beauftragte Gerichtsvollzieher) den unmittelbaren Besitz an dem Brief erlangt. Gibt der Dritte den Brief nicht freiwillig heraus, so muss der Vollstreckungsgläubiger den Anspruch des Schuldners gegen den Dritten auf Herausgabe des Briefes (§§ 985, 952 BGB) pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen, § 886 ZPO (Schrandt in Keller, Handbuch Zwangsvollstreckungsrecht, 1. Auflage 2013, Teil E: Die Zwangsvollstreckung in Grundpfandrechte, RN 1221).

    Und Dritter ist in diesem Fall das GBA.

    Eine andere Frage ist, welche Wirkung eine freiwillige Herausgabe des Grundpfandbriefes an den von der Pfändungsgläubigerin beauftragten Gerichtsvollzieher hätte. Dazu geht das OLG Düsseldorf (3. ZS), im Beschluss vom 28.05.1968, 3 W 455/67, davon aus, dass der Pfändungsgläubiger das Pfandrecht erlangt, der Grundpfandbrief also nicht zurückverlangt werden kann.

    Davon, dass der Pfändungsbeschluss allein nicht ausreicht, geht auch der BGH im Beschluss vom 16.02.2012, V ZB 308/10, aus, indem er in Rz. 19 ausführt: „Die für die Pfändung erforderliche Herausgabe des Grundschuldbriefs steht nicht im Belieben des Vollstreckungsschuldners. Dieser ist vielmehr schon auf Grund der Pfändungsverfügung verpflichtet, den Brief an den Pfändungsgläubiger herauszugeben. Ist er zur Herausgabe nicht bereit, kann der Pfändungsgläubiger auf Grund der Pfändung und Überweisung der Grundschuld gegen ihn die Zwangsvollstreckung (nach § 883 ZPO) betreiben (Stein/Jonas/Brehm, ZPO, 22. Aufl., § 830 Rn. 14; Wieczorek/Lüke, ZPO, 3. Aufl., § 830 Rn. 10).“

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  • Inhibitorium erst mit Übergabe des Briefs dachte ich auch. Aber: "Grundlage der Verpflichtung ist eine Vorwirkung des mit der Pfändungsverfügung nach 309 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AO aufzuerlegenden Verbots, über die gepfändete Grundschuld zu verfügen. Das Verbot liefe ins Leere, ..." (BGH a.a.O.). Das gleiche Inhibitorium, wie nach der ZPO.

    6 Mal editiert, zuletzt von 45 (15. Mai 2021 um 19:58)

  • Gut, aber diese Vorwirkung muss sich dann wohl erst durch die wirksame Pfändung verwirklichen. Der BGH führt im Urteil vom 22.09.1994, IX ZR 165/93, aus (Hervorhebung durch mich):

    Die Briefübergabe oder Grundbucheintragung stellt eine im öffentlichen Interesse zum Zwecke der Rechtssicherheit im Verkehr mit hypothekarischen Rechten angeordnete Voraussetzung der Pfändung dar. Indem das Gesetz die Pfändung der Hypothekenforderung denselben Regelungen unterwirft wie die Abtretung (vgl. §§ 398, 873, 1154 BGB) oder die Verpfändung (vgl. § 1274 BGB) - beides kann wirksam nur geschehen, wenn durch Briefübergabe oder Grundbucheintragung dem sachenrechtlichen Publizitätserfordernis genügt ist -, soll der Gleichlauf von rechtsgeschäftlichem und vollstreckungsrechtlichem Erwerb gewährleistet werden (vgl. …) Bei Nichtbeachtung des Publizitätserfordernisses liegt ein “Mangel am Tatbestand” vor, der die Entstehung eines Pfändungspfandrechts ausschließt. Ohne die Briefübergabe oder Grundbucheintragung ist die Pfändung nicht etwa fehlerhaft; sie ist nur unvollständig und kann durch Hinzutreten des bislang fehlenden Tatbestandselements noch vervollständigt (nicht: geheilt) werden. Solange dies nicht geschehen ist, bleibt die Pfändung wirkungslos (vgl. RGZ 76, 231 (233);…..)

    Das RG führt im Urteil vom 28.04.1911, Rep. VII. 222/10, = RGZ 76, 231 = BeckRS 1911, 100265, aus: „Es handelt sich bei der Vorschrift des § 830 Abs. 1 nicht um eine bloß zum Schutze eines einzelnen gegebene Bestimmung, sondern um eine im öffentlichen Interesse zum Zwecke der Rechtssicherheit im Verkehr mit Hypotheken getroffene Anordnung, deren Nichtbefolgung die Entstehung des Pfandrechts ausschließt. ….“

    Und wenn vorliegend nicht einmal nachgewiesen ist (und nachgewiesen zu werden braucht), wann der Pfändungsbeschluss dem Schuldner zugestellt wurde, dann können die Publizitätserfordernisse erst recht nicht gewahrt sein.

    Davon abgesehen geht der BGH (anders als das Reichsgericht) davon aus, dass der Mangel der Briefübergabe nicht dazu führt, dass eine rückwirkende Heilung erfolgt („…. kann durch Hinzutreten des bislang fehlenden Tatbestandselements noch vervollständigt (nicht: geheilt) werden“).

    Jedenfalls hat das OLG München im Beschl. v. 20.06.2011, 34 Wx 259/11, in der Pfändung der (teilweise entstandenen) Eigentümerbriefgrundschuld allein keine Verpflichtung des GBA gesehen, den Grundpfandbrief an den Pfändungsgläubiger herauszugeben. Es führt aus: „Um sich in den notwendigen Besitz des Briefes zu setzen ist es für den Gläubiger, wenn der Justizfiskus die Herausgabe verweigert, jedoch unerlässlich, entweder Klage gegen diesen zu erheben oder sein Recht auf Herausgabe gegen denjenigen geltend zu machen, der es verweigert (KG, KGJ 40, 322 [326]; Demharter, § 60 Rdnr. 14)“.

    Frage an den Threadstarter: Gibt es denn vorliegend irgendwelche Anhaltspunkte darüber, dass der Pfändungsbeschluss dem Schuldner bereits zugestellt war, bevor dieser ihn (direkt oder über den mit der Umschreibung des Eigentums beauftragten Notar?) dem GBA vorgelegt hat ?

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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