Virilteil Waldgenossenschaft / Interessentenwald

  • Kennt sich jemand mit Virilteilen aus und kann mir Tipps geben, wo ich Grundlagen dazu finde? Weder der Stöber, noch mein Juris- bzw. Beck-Zugang geben dazu etwas her.

    Kann an einem Bruchteilsanteil an einem Virilteil an einem Interessentenwald ein Vorkaufsrecht bestellt werden?

  • Bei einem „Virilteil“ (= successio in capita) dürfte es sich um einen virtuellen (gedachten) Anteil handeln, der mE nicht belastungsfähig ist.

    Wie hier ausgeführt,
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…356#post1020356
    gibt es altrechtliche Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken, an Mühlen, Brauhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind (Art. 164 EGBGB). Bei Grundstücken, die den Waldkorporationen gehören und deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken berechtigt sind, steht den Mitgliedern als Gesamtheit gemeinsames Eigentum zu, nicht jedoch den einzelnen Berechtigten anteilsmäßig. Sie haben nur Nutzungsanteile (s. BayObLGZ 1971, 122/135: Waldkorporation Großdechsendorf; BayObLG vom 31.5.1972, 2Z 10/72: Verband der Korporationsrechtler in Grün; BayObLG vom 4.12.1980, 2Z 45/80 = MittBayNot 1981, 25: Ipsheimer Stiftungswaldgemeinde; BayObLG vom 26.10.1972, 2Z 57/72 = MittBayNot 1972, 301 - Leitsatz -: Genossenschaft der Gemeinderechtsbesitzer von Schönbrunn und Furthammer; OLG Bamberg OLGZ 1976, 461/463; LG Würzburg MittBayNot 1995, 467: Körperschaft Kleinschönbach; aus der älteren Rechtsprechung BayObLGZ 8, 570: Konsortium Hubholz; BayObLGZ 11, 150/154: Würzburger und Ansbacher Güterwald).

    Auch die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20.12.1907 (BayObLGZ 8, 570/575) geht von einer derartigen Verfassung im Grundsatz aus, hält es dort jedoch nicht für ausgeschlossen, dass sich eine Körperschaftswaldung im Laufe der Zeit durch Ersitzung zu einer im Miteigentum der Berechtigten stehenden Privatwaldung entwickelt hat.

    Dabei wird zwischen einem „walzenden Nutzungsrecht“ und einem „radizierten Nutzungsrecht“ unterschieden. Deren Übertragbarkeit (oder auch Nichtübertragbarkeit) richtet sich nach den für den jeweiligen Verband geltenden Vorschriften. Das müsste dann auch für die Belastungsfähigkeit gelten.

    Vielleicht schaust Du mal bei Beck-OK/Zeiser, GBO, Hrsg: Hügel, Stand: 01.02.2021, Sonderbereiche Alte Rechte, RN 204 ff. nach:
    https://beck-online.beck.de/?vpath=bibdata…lII%2egl2%2ehtm

    In welchem Bundesland spielt sich denn das Ganze ab ?

    p.s.:

    siehe auch das Gutachten des DNotI vom 26. Februar 2001; Abruf-Nr. 11212
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…c68c3b732389459

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (14. Mai 2021 um 13:05) aus folgendem Grund: p.s. eingefügt


  • In welchem Bundesland spielt sich denn das Ganze ab ?

    NRW

    Habe dazu gerade das Gesetz über den Gemeinschaftswald im Land Nordrhein-Westfalen - Gemeinschaftswaldgesetz - vom 8. April 1975 gefunden.
    In § 3 II dieses Gesetzes steht:

    Zitat

    Die Anteile können selbständig durch Rechtsgeschäft übertragen werden und Gegenstand besonderer Rechte sein.


  • NRW ....Habe dazu gerade das Gesetz über den Gemeinschaftswald im Land Nordrhein-Westfalen - Gemeinschaftswaldgesetz - vom 8. April 1975 gefunden....

    Gut möglich, dass dieses Gesetz Anwendung findet. Es handelt sich vorliegend aber offenbar um vor dem Inkrafttreten des BGB begründetes Eigentum („Virilteil“). Dann müsste zunächst einmal geklärt werden, ob darauf das NRW-Gemeinschaftswaldgesetz von 1975 überhaupt Anwendung finden kann. In NRW unterliegen z.B. die Hauberggenossenschaften im Kreise Siegen der durch Art 164 EGBGB aufrechterhaltenen Haubergordnung vom 17.3.1879 (PrGS 228); s. Mittelstädt in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB RN 38).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • In NRW unterliegen z.B. die Hauberggenossenschaften im Kreise Siegen der durch Art 164 EGBGB aufrechterhaltenen Haubergordnung vom 17.3.1879 (PrGS 228); s. Mittelstädt in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2018, Art. 164 EGBGB RN 38).

    Widerspricht das nicht § 1 GemWaldG ?

    [h=2]§ 1 Geltungsbereich[/h]Dieses Gesetz regelt die Rechtsverhältnisse der

    • 1.bisherigen Waldgenossenschaften nach dem Waldkulturgesetz für den Kreis Wittgenstein vom 1. Juni 1854 (PrGS. NW. S. 277),
    • 2.bisherigen Hauberggenossenschaften nach der Haubergordnung für den Kreis Siegen vom 17. März 1879 (PrGS. NW. S. 277),


    • 3.bisherigen Gemeinschaften nach dem Gesetz über Gemeinschaftliche Holzungen vom 14. März 1881 (PrGS. NW. S. 277),
    • 4.bisherigen Jahnschaften sowie der den Jahnschaften gleichgestellten Konsortenschaften nach dem Gesetz betreffend die Regelung der Forstverhältnisse für das ehemalige Justizamt Olpe im Kreise Olpe, Regierungsbezirk Arnsberg, vom 3. August 1897 (PrGS. NW. S. 277),
    • 5.Rechtsgemeinschaften nach § 19 Satz 3 des Gemeinheitsteilungsgesetzes vom 28. November 1961 (GV. NW. S. 319), geändert durch Gesetz vom 7. April 1970 (GV. NW. S. 251),
    • 6.Waldgenossenschaften nach den Vorschriften dieses Gesetzes.


  • Ja, jetzt warst Du etwas schneller. Hier meine vorbereitete Antwort:

    Sehe gerade, dass das die Vorschriften über die Hauberggenossenschaften nach der Haubergordnung für den Kreis Siegen vom 17. März 1879 (PrGS. NW. S. 277) neu geregelt wurden.

    § 1 des Gesetzes über den Gemeinschaftswald im Land Nordrhein-Westfalen – Gemeinschaftswaldgesetz vom 08.04.1975
    https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes…chaftswald#det0
    lautet mit Stand vom 05.05.2021:

    § 1
    Geltungsbereich

    Dieses Gesetz regelt die Rechtsverhältnisse der
    1. bisherigen Waldgenossenschaften nach dem Waldkulturgesetz für den Kreis Wittgenstein vom 1. Juni 1854 (PrGS. NW. S. 277),
    2. bisherigen Hauberggenossenschaften nach der Haubergordnung für den Kreis Siegen vom 17. März 1879 (PrGS. NW. S. 277),
    3. bisherigen Gemeinschaften nach dem Gesetz über Gemeinschaftliche Holzungen vom 14. März 1881 (PrGS. NW. S. 277),
    4. bisherigen Jahnschaften sowie der den Jahnschaften gleichgestellten Konsortenschaften nach dem Gesetz betreffend die Regelung der Forstverhältnisse für das ehemalige Justizamt Olpe im Kreise Olpe, Regierungsbezirk Arnsberg, vom 3. August 1897 (PrGS. NW. S. 277),
    5. Rechtsgemeinschaften nach § 19 Satz 3 des Gemeinheitsteilungsgesetzes vom 28. November 1961 (GV. NW. S. 319), geändert durch Gesetz vom 7. April 1970 (GV. NW. S. 251),
    6. Waldgenossenschaften nach den Vorschriften dieses Gesetzes.
    Die Übergangsvorschrift in § 45 des Gesetzes über den Gemeinschaftswald im Land Nordrhein-Westfalen – Gemeinschaftswaldgesetz lautet (Hervorhebung in Absatz 1 durch mich):

    § 45 Übergangsregelung für Anteilgrundbücher
    (1) Für Anteilberechtigungen, auf die nach bisherigem Recht die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Grundstücke keine Anwendung fanden, sind § 42 Abs. 2 und 3 erst dann anzuwenden, wenn für sie das Anteilgrundbuch angelegt ist. Bis zu diesem Zeitpunkt richtet sich die Übertragung und Verpfändung des Anteils nach bisherigem Recht.
    (2) Für Anteilsberechtigungen, auf die schon nach bisherigem Recht die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Grundstücke anwendbar waren und für die ein besonderes Grundbuchblatt angelegt ist, ist das vorhandene Grundbuchblatt oder die Eintragung im gemeinschaftlichen Grundbuchblatt nach § 4 der Grundbuchordnung das Anteilgrundbuch im Sinne von § 42 Abs. 2.

    § 42 lautet:
    § 42 Gemeinschaftsgrundbuch, Anteilgrundbuch

    (1) Zum Gemeinschaftsvermögen gehörende Grundstücke sind im Grundbuch ohne namentliche oder zahlenmäßige Angabe der Anteilberechtigten in der Weise einzutragen, daß sie den Anteilberechtigten an der Gesamthandsgemeinschaft zustehen (Gemeinschaftsgrundbuch). Die Gesamthandsgemeinschaft ist mit dem Namen der Waldgenossenschaft zu verzeichnen, deren Mitglieder die Anteilberechtigten sind.

    (2) Für jede Anteilberechtigung ist von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt (Anteilgrundbuch) anzulegen, wobei die Gesamthandsgemeinschaft mit ihrem Namen (Absatz 1 Satz 2) anzugeben ist.

    (3) Soweit Anteilgrundbücher bisher nicht angelegt sind, ersucht die Aufsichtsbehörde das Grundbuchamt um Anlegung der Anteilgrundbücher. Dem Ersuchen ist ein beglaubigter Auszug des nach § 4 neu aufgestellten und genehmigten Lagerbuches beizufügen.

    (4) Ist nach bisherigem Recht ein Lagerbuch geführt, ein Anteilgrundbuch aber nicht angelegt worden, ersucht die Aufsichtsbehörde das Grundbuchamt um Anlegung der Anteilgrundbücher auf der Grundlage des bisherigen, den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 angepaßten und von ihr genehmigten Lagerbuches. Für das Genehmigungsverfahren gelten die Vorschriften des § 4 Abs. 2 Sätze 3 und 4 und Abs. 3 entsprechend.

    (5) § 4 Abs. 1 der Grundbuchordnung findet entsprechende Anwendung.

    (6) Das Grundbuchamt hat der Waldgenossenschaft jede Eintragung in das Anteilgrundbuch mitzuteilen.

    (7) Das Justizministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Verfahren zur Anlegung des Gemeinschafts- und des Anteilgrundbuches sowie deren Ausgestaltung näher zu regeln.

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