Nachlassverwaltung

  • Mein Fall kurz geschildert:
    Mutter ist November 2020 verstorben, Kind A und Kind B haben das Erbe ausgeschlagen, Kind C stellt Antrag auf Nachlassverwaltung im 02/2021

    Das ist mein erster Antrag dieser Art, was muss ich machen?

  • Wenn Kind C Erbe geworden ist (Erbschein?), prüfen, ob eine die Verfahrenskosten deckende Nachlassmasse vorhanden ist. Der Nachlassverwalter erhält keine Vergütung aus der Landeskasse. Sofern ausreichend Nachlassmasse vorhanden ist, anordnen.

    Ergänzung: Keine Antragsberechtigung, wenn der Erbe bereits unbeschränkt haftet. Vergl. ausführlich hierzu Schulz in Schulz (Hrsg.), Handbuch Nachlasspflegschaft, 2. Aufl. 2017 S. 475 ff.

  • Ein Erbschein wurde bislang nicht beantragt, ob Masse da ist, kann die Tochter mir nicht sagen.

    Nach Schulz (siehe #2, S. 480) ist es möglich, einen Bewertungssachverständigen gemäß §§ 26,30 FamFG, §§ 402 ff. ZPO im Rahmen der Amtsermittlung gemäß § 26 FamFG einzusetzen, der ermittelt, ob ausreichende Masse vorhanden ist.

    Die Erbin kann natürlich auch einen Kostenvorschuss leisten.

    Ich denke, ein Erbschein dürfte Voraussetzung für die Beantragung der Nachlassverwaltung seitens des Erben sein. Denn das Gericht prüft ja erst im Erbscheinsverfahren, wer Erbe geworden ist (Wirksamkeit der Ausschlagungserklärungen). Wenn mehrere Erben vorhanden sind, können diese nur gemeinschaftlich die Nachlassverwaltung beantragen (§ 2062 BGB).

  • Der Erbe ist antragsberechtigt laut Gesetz. Und da steht nichts davon, dass er sich dabei durch ein vom selben Gericht ausgestelltes Zeugnis über sein Erbrecht (Erbschein) bei dem selben Gericht zu legitimieren hätte. Nochmal lesen? Ja.

    Eine andere Frage ist natürlich, ob er einen ES braucht, wenn er am Schluss des Verfahrens einen Restnachlass ausgehändigt haben möchte.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Der Erbe ist antragsberechtigt laut Gesetz. Und da steht nichts davon, dass er sich dabei durch ein vom selben Gericht ausgestelltes Zeugnis über sein Erbrecht (Erbschein) bei dem selben Gericht zu legitimieren hätte. Nochmal lesen? Ja.

    Schulz (siehe #2 S. 479 Rn. 15): "Der Erbe muss den Antrag nicht begründen. Seine Erbberechtigung muss der Antragsteller jedoch nachweisen".

    Palandt BGB § 1981 Rn. 1: Der Erbe "muss sich nur durch Erbschein oder letztwillige Verfügung ausweisen".

    Wie weist denn der Antragsteller seine Erbberechtigung nach?

    Wie verschafft sich das Gericht Gewissheit, dass der Antragsteller Alleinerbe ist und es nicht vielleicht noch weitere Erben gibt, die den Antrag ebenfalls stellen müssen (§ 2062 BGB)?

  • Nachweis durch Sachvortrag und Personenstandsurkunden reicht bei gesetzlicher Erbfolge. Erbschein ist (soweit die Erbfolge unstrittig bzw. klar ist) keine Antragsvoraussetzung.

    Palandt schreibt auch seit Jahren, dass das Gericht die Wirksamkeit einer Ausschlagung nur im Erbscheinsverfahren prüft. Das ist auch falsch.

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  • Nachweis durch Sachvortrag und Personenstandsurkunden reicht bei gesetzlicher Erbfolge. Erbschein ist (soweit die Erbfolge unstrittig bzw. klar ist) keine Antragsvoraussetzung.

    Palandt schreibt auch seit Jahren, dass das Gericht die Wirksamkeit einer Ausschlagung nur im Erbscheinsverfahren prüft. Das ist auch falsch.


    Müsste der Sachvortrag auch die Erklärung beinhalten, dass der Antragsteller die Erbschaft angenommen hat?

    Palandt widerspricht sich in der Tat, wenn einerseits der Nachweis der Erbenstellung durch Erbschein gefordert und ein paar Sätze weiter die Auffassung vertreten wird, dass das Antragsrecht schon vor Annahme der Erbschaft bestehe, aber ein Antrag auf Nachlassverwaltung nicht eine konkludente Annahme der Erbschaft darstelle (§ 1943 Rn. 2).

    Wenn der Antrag vor Annahme der Erbschaft zulässig ist, kann die Erbschaft nicht durch einen Erbschein nachgewiesen werden (§ 352 Abs. 1 Nr. 7 FamFG).

    Schulz a.a.O. mit weiteren Nachweisen hält den Antrag vor Annahme der Erbschaft für unzulässig, da ein Rechtschutzbedürfnis fehle.

    Diese Auffassung überzeugt mich eher, da der Erbe antragsberechtigt ist, und Erbe nur sein kann, wer die Erbschaft angenommen oder nicht form- oder fristgerecht ausgeschlagen hat.

    Behält sich ein Erbberechtigter vor, die Erbschaft auszuschlagen, gibt es für ihn zu diesem Zeitpunkt keinen Grund, die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten durch eine Nachlassverwaltung auf den Nachlass zu beschränken, da ihm die Nachlassverbindlichkeiten im Falle der Ausschlagung nicht zur Last fallen würden.

    Bei Anordnung der Nachlassverwaltung vor Erbschaftsannahme und anschließender Ausschlagung des Antragstellers, würden die Kosten der Nachlassverwaltung letztlich dem nachrückenden wahren Erben aufgebürdet.

  • Wer kann den Antrag stellen: alle Erben (und zwar gemeinschaftlich) und ein Nachlassgläubiger.

    Wer noch nicht Erbe ist, kann keine Nachlassverwaltung beantragen. Wozu auch? Welche Haftung soll beschränkt werden? Wer noch nicht Erbe ist, haftet doch auch (noch) nicht. Und wenn er nicht haften will, schlägt er die Erbschaft eben aus. Kritisch wird es erst mit Annahme der Erbschaft. Dann droht auch evtl. eine unbeschränkte Haftung aller Erben, die deshalb gemeinsam den Antrag stellen können.

    Ein Nachlassgläubiger hat bei Antragstellung einen anderen Beweggrund, weshalb bei ihm die Annahme der Erbschaft durch alle Erben keine Antragsvoraussetzung ist.

  • Sagen wir es mal so: Es ist keine Frage des fehlenden Rechtschutzbedürfnisses. Wer die Erbschaft noch nicht angenommen hat, hat sie eben dann mit dem Antrag auf Beschränkung der Haftung (=Nachlassverwaltung) konkludent angenommen. Das ist für mich so klar wie sonstwas. Ich kann nur dann einen Antrag stellen meine Haftung als Erbe beschränken zu wollen, wenn ich Erbe bin oder es zumindest mit dem Antrag werden will. Alles andere ist in meinen Augen völlig widersinnig.

    By the way: Nicht immer alles blind glauben, was in einem Kommentar steht. Selber denken ist immer gut. Das wird hier schön deutlich.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (22. Mai 2021 um 17:47)

  • Wo steht denn, dass die Nachlassverwaltung als Haftungsbeschränkungsmaßnahme beantragt werden muss? Sie kann doch auch als Service beantragt werden, wenn jemand sich nicht selbst kümmern will. Das mag im Moment unüblich sein, aber auch das kann sich ändern.

  • Wo steht denn, dass die Nachlassverwaltung als Haftungsbeschränkungsmaßnahme beantragt werden muss? Sie kann doch auch als Service beantragt werden, wenn jemand sich nicht selbst kümmern will. Das mag im Moment unüblich sein, aber auch das kann sich ändern.


    Die Nachlassverwaltung wird "zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger (Nachlassverwaltung) angeordnet". Wo das steht? In § 1975 BGB.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Na ja…ich kann sie ja wegen allen möglichen Gründen beantragen. Auch weil ich das Gericht ärgern will oder was weiß ich. Aber die Haftungsbeschränkung ist eben nach § 1975 BGB die besondere Rechtsfolge, wegen der man das in der Regel macht.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (22. Mai 2021 um 21:54)

  • Sagen wir es mal so: Es ist keine Frage des fehlenden Rechtschutzbedürfnisses. Wer die Erbschaft noch nicht angenommen hat, hat sie eben dann mit dem Antrag auf Beschränkung der Haftung (=Nachlassverwaltung) konkludent angenommen. Das ist für mich so klar wie sonstwas. Ich kann nur dann einen Antrag stellen meine Haftung als Erbe beschränken zu wollen, wenn ich Erbe bin oder es zumindest mit dem Antrag werden will. Alles andere ist in meinen Augen völlig widersinnig.

    Die Frage ist, ob das der Erbin klar ist. Da nach der Sachverhaltsdarstellung der Erbin die Nachlasszusammensetzung nicht bekannt ist, kann es gut sein, dass die Erbin eine falsche Vorstellung von dem Wesen einer Nachlassverwaltung hat und ihrer Möglichkeit, das Erbe noch auszuschlagen.

    Im Erbscheinsverfahren muss die Erbin ausdrücklich erklären, dass sie das Erbe angenommen hat, und ggf. kann man ihr das an der Stelle nochmal erklären. Darüber hinaus hat die Erbin im Erbscheinsverfahren auch an Eides Statt zu versichern, dass keine weiteren Personen vorhanden sind, die als Erben in Betracht kommen. Es gibt genügend Argumente dafür, zuerst ein Erbscheinsverfahren durchzuführen.

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