Keine Rücksendung EB durch Rechtsanwalt

  • Hallo liebe Rechtspfleger-Kolleginnen und Kollegen!

    In einer VKH-Überprüfungssache habe ich einen Beschluss gemacht und Raten angeordnet. Der Beschluss wurde bereits vor 3 Monaten an die Partei und deren Anwalt gesandt. Die ZU der Partei kam zurück. Das EB jedoch wurde nicht zurückgesandt. Die Geschäftsstelle bat die Kanzlei mehrfach um Rücksendung. Die Angestellten der Kanzlei teilten mit, dass sich der RA im Homeoffice befindet und die Akten dort noch liegen würden. RA sei informiert, ....es tat sich dann nichts, so dass ich den Beschluss an den RA zugestellt habe per ZU.
    Nun legt der RA Beschwerde ein und erklärt, der Beschluss sei jetzt zugestellt worden. Von der früheren Zustellung per EB wird natürlich nichts erwähnt.
    Da in diesem Überprüfungsverfahren durch den RA immer nur kleckerweise Unterlagen eingereicht und abgeänderte Anträge gestellt worden sind, habe ich das Gefühl, dass das EB bewusst nicht zurückgesandt worden ist. Der Beschluss hätte längst rechtskräftig sein müssen, da vor 3 Monaten die Übersendung des Beschlusses erfolgte.
    Ich habe den RA jetzt angeschrieben und um Rücksendung der EB gebeten und auf den Sachverhalt hingewiesen (Akten zu Hause etc., es ist daher davon auszugehen, dass der Beschluss bereits vor 3 Monaten zugestellt worden ist).
    Wenn er das nicht macht, gilt dann die "neue Frist" mit der ZU?
    Jetzt ist die Partei nämlich arbeitsunfähig und es müsste alles komplett neu berechnet werden.
    Ich habe insgesamt 5 Verfahren der Partei, in denen versucht wird, die Ratenzahlungen aufzuheben.

  • Aus meiner Sicht gilt tatsächlich die Frist nach der Zustellung per ZU, da ein eindeutiger Nachweis der Zustellung der EB nicht in der Akte ist. Die Aussage der Kanzlei der Anwalt wisse Bescheid, genügt nicht um eine Zustellung anzunehmen. Zukünftig würde ich wohl eher davon ausgehen dem Anwalt nur noch per ZU zuzustellen.

  • Ich würde erstmal die Reaktion auf dein neuerliches Schreiben wegen des EB abwarten. Ansonsten: Dass die Partei jetzt Arbeitsunfähig ist, mag eine Abänderung ab dem Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit begründen (die neue Prüfung müsstest du dir im Zweifel aber auch antun, wenn das Problem mit der Zustellung nicht gewesen wäre, dann halt im Abänderungsverfahren), aber nicht rückwirkend.
    Ich denke also, die wirst zumindest teilweise nicht abhelfen und die Sache hochgeben können. Und dann - mal ins Unreine überlegt - kann man es doch vielleicht gleich so machen, dass man die Nichtabhilfeentscheidung so fasst, dass man nicht abhilft und im Übrigen das Rechtsmittel für die Zeit ab Eintritt der Veränderung als Abänderungsantrag auslegt, über den nach Rückkehr der Akten vom OLG entschieden wird.
    Dann wär die Akte schon mal oben und die können gleich auch schauen, was sie mit der Frist machen wollen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die ZU für die ZUstellung an die Partei liegt doch längst dem Gericht vor. Kommt es für die Rechtsmittelfrist überhaupt auf die Zustellung an den RA an?

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Die ZU für die ZUstellung an die Partei liegt doch längst dem Gericht vor. Kommt es für die Rechtsmittelfrist überhaupt auf die Zustellung an den RA an?

    Hab ich mich auch gerade gefragt.

    Und man könnte sich vielleicht nochmal die Mitteilung der Kanzlei angucken. Was genau haben die mitgeteilt? Wenn die bestätigt haben, den Beschluss bekommen und an den RA weitergeleitet zu haben, ist das ein internes Problem. Ich meine, ob es auf den Eingang in der Kanzlei oder beim RA persönlich ankommt, war auch mal Thema irgendwo in der Literatur und Rechtsprechung. Und wenn ich mich richtig erinnere, kommt es auf den Eingang in der Kanzlei an, müsste man vllt. nochmal nachlesen. Ob sie dann im Freitext schreiben, dass der Beschluss da angekommen ist oder unter Verwendung des Vordrucks für das EB, macht m. E. keinen Unterschied. Vielleicht kann man also doch darauf abstellen.

  • Bei so einem Sachverhalt kann man auch darüber nachdenken, die Anwaltskammer zu informieren. EBs werden aus gutem Grund genutzt, ua "vertrauenswürdig". Darauf wird wert gelegt.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Bei so einem Sachverhalt kann man auch darüber nachdenken, die Anwaltskammer zu informieren. EBs werden aus gutem Grund genutzt, ua "vertrauenswürdig". Darauf wird wert gelegt.

    Deshalb wäre ich auch mal sehr gespannt, ob das EB noch zurückkommt und wenn ja, mit welchem Datum. Falls bei dem Sachverhalt (Akten beim RA im Homeoffice, RA ist angeblich informiert) das EB auch noch mit einem recht aktuellen Datum zurückgeschickt würde, könnte das für den RA in der Tat unlustig werden.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Die ZU für die ZUstellung an die Partei liegt doch längst dem Gericht vor. Kommt es für die Rechtsmittelfrist überhaupt auf die Zustellung an den RA an?

    Hab ich mich auch gerade gefragt.

    Und man könnte sich vielleicht nochmal die Mitteilung der Kanzlei angucken. Was genau haben die mitgeteilt? Wenn die bestätigt haben, den Beschluss bekommen und an den RA weitergeleitet zu haben, ist das ein internes Problem. Ich meine, ob es auf den Eingang in der Kanzlei oder beim RA persönlich ankommt, war auch mal Thema irgendwo in der Literatur und Rechtsprechung. Und wenn ich mich richtig erinnere, kommt es auf den Eingang in der Kanzlei an, müsste man vllt. nochmal nachlesen. Ob sie dann im Freitext schreiben, dass der Beschluss da angekommen ist oder unter Verwendung des Vordrucks für das EB, macht m. E. keinen Unterschied. Vielleicht kann man also doch darauf abstellen.

    Ich kann's gerade nicht mit Rechtsprechung unterfüttern, folge aber burkinafasos Gedankengang und würde auf die Zustellung per ZU an die Partei abstellen. Klar hat das Gericht auch im Nachprüfungsverfahren an den Rechtsanwalt zuzustellen, aber ich würde ich es gerade in so einem Fall mal auf eine Entscheidung der Beschwerdekammer ankommen lassen. Ansonsten wäre ja die Nicht-Rücksendung von EBs ein geeignetes Mittel, um die Rechtskraft von Entscheidungen künstlich hinauszuzögern. Die Rücksendung des EBs mit korrektem Datum ist m.E. jetzt nur noch eine Prinzipienfrage, weil durch die Einreichung des Rechtsmittels deutlich wird, dass der Zugang auch beim RA zwischenzeitlich erfolgt ist, s. § 189 ZPO.

    Und ja, den Trick würde der RA mit mir nur einmal machen. Künftig alles gegen kostenpflichtige ZU. Alles schon gesehen und die Verwaltung hat - wie Araya vorschlägt - damals auch die Anwaltskammer involviert.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")


  • Ich kann's gerade nicht mit Rechtsprechung unterfüttern, folge aber burkinafasos Gedankengang und würde auf die Zustellung per ZU an die Partei abstellen.

    Die Rechtslage ist eigentlich zweifelsfrei. Maßgeblich ist die Zustellung an den Rechtsanwalt (vgl. BGH, XII ZB 151/10).

    Vorliegend stellt sich nun die Frage wann die Zustellung an den RA erfolgte. Aufgrund der Mitteilung der Kanzlei bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass die erste Zustellung (per EB) beim Rechtsanwalt angekommen sein dürfte (und nicht etwa verlorengegangen ist). Daher würde ich vom Rechtsanwalt auch entsprechenden Vortrag dazu erfordern und auch eine Mitteilung an die RAK in den Raum stellen.

    Wenn sich aber nicht feststellen lässt wann (oder ob) die erste Zustellung beim RA erfolgt ist, kann die Beschwerde nicht als verfristet angesehen werden.

    In Zukunft würde ich an solch einen RA dann aber auch per ZU zustellen.


    Ansonsten wäre ja die Nicht-Rücksendung von EBs ein geeignetes Mittel, um die Rechtskraft von Entscheidungen künstlich hinauszuzögern.

    Das Risiko, dass ein RA das EB nicht ordnungsgemäß abgibt liegt auf der Hand. Es dürfte vom Gesetzgeber in Kauf genommen worden sein. Maßnahmen gegen solche RA bietet das Standesrecht. Die ordnungsgemäße Rücksendung von EB's ist eine Berufspflicht des RA.


    Die Rücksendung des EBs mit korrektem Datum ist m.E. jetzt nur noch eine Prinzipienfrage, weil durch die Einreichung des Rechtsmittels deutlich wird, dass der Zugang auch beim RA zwischenzeitlich erfolgt ist, s. § 189 ZPO.


    Naja, es wurde doch nochmal per ZU zugestellt. Daher lässt sich aus der Einreichung des Rechtsmittels nicht zwingend ableiten, dass die Zustellung per EB erfolgreich war.

  • Die Rechtslage ist eigentlich zweifelsfrei. Maßgeblich ist die Zustellung an den Rechtsanwalt (vgl. BGH, XII ZB 151/10).

    (...)

    Naja, es wurde doch nochmal per ZU zugestellt. Daher lässt sich aus der Einreichung des Rechtsmittels nicht zwingend ableiten, dass die Zustellung per EB erfolgreich war.

    1. Du hast mit dem Hinweis auf den BGH natürlich Recht. Das hier ist aber ein Fall, den ich mir in meinem Beritt auch gut vorstellen kann, sodass ich an Rechtsfortbildung interessiert bin. ;) Die BGH-Entscheidung ist ja auch schon wieder über 10 Jahre alt. Und da mancherorts seit ein paar Jahren die Prozessvollmacht von Anwälten wirksam dahingehend eingeschränkt werden kann, dass sie für das Nachprüfungsverfahren nicht bevollmächtigt sind (und die Beiordnung das NPV nicht mehr beinhaltet - das Thema wurde hier schon in anderen Threads diskutiert), wäre es m.E. auch mal wieder an der Zeit für neue Rechtsprechung, die sich mit der Frage "An wen ist im NPV zuzustellen?" beschäftigt.

    Wenn's darüber eine aktuelle Entscheidung gibt, die sagt, dass die BGH-Entscheidung immer noch richtig ist, ist das ja gut.

    2. Zu schnell gelesen. Ich ging von einem Doppelschlag "EB an RA und gleichzeitig ZU an Partei" aus. Siehe 1. S. 1: Du hast natürlich Recht. Der Zugang beim RA ist durch die ZU schon nachgewiesen genug.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

    Einmal editiert, zuletzt von Schneewittchen (28. Mai 2021 um 14:45) aus folgendem Grund: Formatierung hat gesponnen

  • Zumindest im vorliegenden Fall dürfte nicht zur Diskussion stehen an wen zuzustellen ist.
    Der RA hat im Überprüfungsverfahren ja sogar aktiv mitgewirkt und Unterlagen eingereicht sowie Anträge gestellt. Da lässt sich m.E. schlecht vertreten, dass der RA nicht hinreichend bevollmächtigt ist.
    Ich sehe auch keinen Grund warum §172 ZPO in diesem Fall nicht gelten sollte.

    Wenn der RA bisher im Überprüfungsverfahren nicht gehandelt hätte, könnte man dies ggf. anders beurteilen. In einem solchen Fall könnte man es mal darauf ankommen lassen.
    An Rechtsfortbildung bin ich nämlich auch stets interessiert. ;)

  • Ich habe jetzt nicht alles durchgelesen, aber vielleicht hilft auch die Abhandlung von

    [TABLE='width: 796']

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    [td]

    Wagner/Ernst: Falsche oder verzögert abgegebene Empfangsbekenntnisse im elektronischen Rechtsverkehr,

    [/td]

    [td][/td]

    [/tr]


    [/TABLE]
    NJW 2021, 1564 ff.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ein Empfangsbekenntnis setzt immer die Mitwirkung des Zustelladressaten (Berufsträger, nicht Kanzleikraft) voraus, indem er annahmebereit ist. Für eine wirksame Zustellung ist deshalb nicht schon der Eingang in der Kanzlei maßgeblich. Das Formular ist nicht zwingend, der Empfänger kann die Zustellung auch anderweitig quittieren.

  • Im vorliegenden Fall dürfte die Beschwerde erfolgreich sein. Hilft man ihr nicht ab, würde man im hiesigen Bezirk spätestens vom Rechtsmittelgericht aufgehoben.

    Für künftige Fälle empfehle ich daher, wie es andere auch schon getan haben, Zustellungen an den RA bis auf Weiteres gegen ZU. Würde mir als Rechtfertigung dafür vorsorglich das Aktenzeichen vom Ausgangsfall notierten.

    Und damit sich künftig nicht (wieder) die Frage stellen kann, ob die Zustellung an die Partei oder den Anwalt maßgeblich ist, (weil ja auch eh klar ist, dass der BGH (nur) die Zustellung an den Anwalt fordert),€€ gebe ich zu bedenken, ob es daher nicht sinnvoll ist, künftig das Aufforderungsschreiben und den Aufgebungsbeschluss ausschließlich (!) an den Anwalt vorzunehmen. Hier wird so verfahren und dies klappt gut.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Die ZU für die ZUstellung an die Partei liegt doch längst dem Gericht vor. Kommt es für die Rechtsmittelfrist überhaupt auf die Zustellung an den RA an?

    Aus meiner Sicht spielt die Zustellung an die Partei überhaupt keine Rolle, eine formlose Übersendung des Beschlusses hätte genügt.

    Maßgebend ist bei im Hauptverfahren anwaltlich vertretenen PKH-Parteien die Zustellung an den RA, vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. März 2018 – 8 WF 28/18

    Da eine Rücksendung des EB nicht erfolgt/e, würde ich nunmehr an den RA per ZU zustellen lassen. (Das hätte eigentlichviel zeitnaher zum Beschlusserlass erfolgen sollen.)

    Den Beschluss an sich würde ich nicht von Amts wegen ändern. Eventuelle Verschlechterungen der wirtschaftlichen Verhältnisse müsste dann schon die Partei mittels Beschwerde vorbringen.

  • Wenn es dir alleine um die Frist geht, sehe ich es auch so wie die anderen. Die Beschwerde ist fristgerecht eingelegt.
    Ist die Beschwerde denn auch begründet? (Einreichung des PKH Vordrucks, Belege etc.). Wenn nicht, dann kurze Frist setzen und bei fruchtlosem Ablauf, Nichtabhilfe und ab ans Rechtsmittelgericht.

    Für die Zukunft: An diesen RA nur noch mit PZU zustellen. Ich hätte gar nicht erst angefangen, an die Rücksendung des EB zu erinnern.

  • Letzteres ist allerdings üblich. Selbst in den besten Kanzleien kann mal etwas liegenbleiben.

    Ansonsten stimme ich zu.

  • Die Ansicht aus dem Beschluss vom 29.04.2010, V ZB 202/09, hat der BGH im Beschluss vom 13.1.2021 – XII ZB 386/20
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…667&pos=0&anz=1
    bestätigt („Gemäß der mithin anwendbaren Bestimmung des § 172 I 1 ZPO hat die Zustellung dabei an den für den Rechtszug bestellten Verfahrensbevollmächtigten (§ 10 II FamFG) und nicht an den Betroffenen selbst zu erfolgen (BGH Beschl. v. 29.4.2010 – V ZB 202/09, BeckRS 2010, 15618 mwN). Eine gleichwohl an den anwaltlich vertretenen Betroffenen vorgenommene Zustellung ist wirkungslos und setzt Fristen nicht in Lauf (vgl. Senat NJW-RR 2016, 897 = FamRZ 2016, 1259 Rn. 7 mwN; BVerfG NJW 2017, 318 Rn. 15 ff.). Für Betreuungssachen gilt insoweit nichts Abweichendes…“)

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