StrafS, Ordnungsgeldbeschluss gegen Dolmetscher, Beschwerde durch RA, Vergütung RA

  • Hallo zusammen,

    ich stehe gerade auf dem Schlauch und hoffe ihr könnt mich runterschubsen.

    Ich habe eine Strafsache, in der gegen den Dolmetscher ein Ordnungsgeldbeschluss erlassen wurde.
    Der Dolmetscher hat daraufhin einen Rechtsanwalt beauftragt, der Beschwerde nebst Begründung gegen diesen Beschluss eingelegt hat (= 1 Schriftsatz).
    Sodann wurde der Ordnungsgeldbeschluss aufgehoben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers (=Dolmetschers) der Staatskasse auferlegt.

    Der Rechtsanwalt macht nun eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4302 Ziff. 1 VV RVG und eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4302 Ziff. 2 VV RVG (nebst Postpauschale und Umsatzsteuer) geltend.

    Ich bin zunächst darüber gestolpert, dass der Rechtsanwalt für eine Tätigkeit zwei Gebühren geltend macht - zudem gleiche Gebührennummer, anderer Gebührentatbestand.

    Doch dann habe ich mich gefragt, ob Teil 4 des VV RVG überhaupt Anwendung findet.
    In der Vorbemerkung 4 Abs. 1 heißt es: "Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Privatklägers, eines Nebenklägers, eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten, eines Verletzten, eines Zeugen oder Sachverständigen und im Verfahren nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz sind die Vorschriften dieses Teils entsprechend anzuwenden."

    Der Ordnungsgeldbeschluss wurde u.a. mit der Begründung aufgehoben, dass die Tätigkeit eines Dolmetschers nicht mit der eines Zeugen vergleichbar sei und daher die Vorschriften nicht entsprechend Anwendung finden.
    Gilt das dann an dieser Stelle nicht genauso?

    Ich steh gerade auf dem Schlauch.
    Ich denke der Antrag ist nicht korrekt, doch komme ich nicht drauf, welche Gebühren stattdessen geltend gemacht werden können.

    Für eure Hilfe wäre ich euch sehr dankbar!

  • Ich würde hier argumentieren, dass der Dolmetscher in der Vorbemerkung bei "Zeugen und Sachverständigen" mitgemeint ist, wie auch im JVEG.

    M.E. ist richtigerweise die Beschwerde nebst Begründung als eine einzige Einzeltätigkeit abzurechnen.

  • Ich danke dir für deine Antwort!

    Mein erster Gedanke war er bekommt die Gebühr Nr. 4302 VV RVG, aber eben nur einmal.

    Ich würde den Dolmetscher an dieser Stelle auch mit Zeugen und Sachverständigen gleichsetzen.

    Mich hatte dann nur stutzig gemacht, dass diese Gleichsetzung hinsichtlich des Ordnungsgeldbeschlusses nicht erfolgen durfte.

    Auch einen Tag später fällt mir keine Alternative ein, sodass ich das jetzt so beanstanden werde.

    (Im Zweifel kann man bei erneuter Vorlage der Akte immer noch schreiben "nach nochmaliger Prüfung der Sache ..." ;))

  • Zwei Gebühren nach Nr. 4302 VV RVG wären nur entstanden, wenn der RA die Beschwerde zunächst ohne Begründung eingereicht hätte und diese später in einem gesonderten Schriftsatz erfolgt wäre, vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 24. Aufl. 2019, RVG VV Vorbemerkung 4.3 Rn. 16 f.:

    Zitat

    Ist zunächst auftragsgemäß Beschwerde eingelegt und diese später auftragsgemäß begründet worden, fallen gem. VV Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 1 RVG die Verfahrensgebühr VV 4302 Nr. 1 RVG für die Einlegung und nach VV 4302 Nr. 2 RVG für die Begründung der Beschwerde gesondert an. Denn anders als in den Anm. zu VV 4300, 4301 RVG ist zu VV 4302 RVG insoweit nichts anderes bestimmt worden. Die Anm. zu VV 4300, 4301 RVG gelten für das Beschwerdeverfahren nicht entsprechend.

    Zitat

    Wird der RA von vornherein gleichzeitig mit der Beschwerdeeinlegung und -begründung beauftragt, entsteht von vornherein nur eine Verfahrensgebühr nach VV 4302 RVG. Denn bei gleichzeitiger Auftragserteilung gilt die Verfahrensgebühr gem. VV Vorb. 4.3 Abs. 3 S. 2, § 15 Abs. 1 RVG die Tätigkeit des RA vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit ab.
    (Gerold/Schmidt/Burhoff, 24. Aufl. 2019, RVG VV Vorbemerkung 4.3 Rn. 17)

    Zudem ist die Höhe der Einzelgebühren begrenzt auf die Gebühren, die ein Vollverteidiger für die gleiche Angelegenheit erhalten hätte (§ 15 Abs. 6 RVG), vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 24. Aufl. 2019, RVG VV Vorbemerkung 4.3 Rn. 18 f.

  • Ich würde den Dolmetscher an dieser Stelle auch mit Zeugen und Sachverständigen gleichsetzen.

    Ich habe da noch Bauchschmerzen. Der Dolmetscher ist Gehilfe des Gerichts und der Prozessbeteiligten und damit Beteiligter eigener Art und nicht mit Zeugen und Sachverständigen gleichzusetzen (vgl. LG Cottbus, Beschl. v. 11.08.2008 - 24 jug Qs 40/08 - Rn. 11 f). Ob daher insoweit nach Vorb. 4 Abs. 1 VV RVG überhaupt Teil 4 VV und damit auch die Gebühren für die Einzeltätigkeiten im dortigen Abschnitt 3 anzuwenden ist/sind, darüber könnte man sicherlich diskutieren.

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
    L E O N A R D O | D A | V I N C I

  • Ich denke, daß man hier mit der (allgemeinen) Beschwerdegebühr Nr. 3500 VV nach dem Wert des Ordnungsgeldes richtig läge. Im Fall des LG Cottbus wurde die Beschwerde nach § 304 Abs. 2 StPO als zulässiges Rechtsmittel angesehen.

    Der Fall wäre m. E. gebührenrechtlich vergleichbar mit dem Gebührenanfall in der ZV bei Verurteilung zu einem Ordnungsgeld (§ 890 ZPO). Wehrt sich der Schuldner mit der Beschwerde dagegen, berechnet sich die Beschwerdegebühr Nr. 3500 VV nicht - wie bei Festsetzung des Ordnungsgeldes durch das Prozeßgericht als ZV-Gericht - nach § 25 I Nr. 3 RVG (wo die h. M. vom zugrundeliegenden Hauptsachewert und nicht lediglich einem Bruchteil ausgeht), sondern nach der Beschwer des Schuldners, die sich also in der Höhe des jeweiligen Ordnungsgeldes ausdrückt.

    Ggf. mag man hier dogmatisch gesehen evtl. auch die Gebühr für die Einzeltätigkeit Nr. 3403 VV annehmen, die dann auf die 0,5 eines Verfahrensbevollmächtigten beschränkt wäre (s. Frog in #6).

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  • Uh, da wird sich der RA aber freuen. :cool:


    Naja, evtl. findet es jemand überzeugender mit einer Analogie zu arbeiten. Der Dolmetscher sei zwar verfahrensrechtlich nicht mit einem Zeugen oder Sachverständigen zu vergleichen, gebührenrechtlich dann aber dennoch so zu behandeln. Daher sei "analog Teil 4 VV" die Vertretung in der Beschwerde gegen ein Ordnungsgeld durch einen RA abzurechnen. Überzeugt mich nur nicht in dieser Kürze. :D

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  • Ich würde den Dolmetscher an dieser Stelle auch mit Zeugen und Sachverständigen gleichsetzen.

    Ich habe da noch Bauchschmerzen. Der Dolmetscher ist Gehilfe des Gerichts und der Prozessbeteiligten und damit Beteiligter eigener Art und nicht mit Zeugen und Sachverständigen gleichzusetzen (vgl. LG Cottbus, Beschl. v. 11.08.2008 - 24 jug Qs 40/08 - Rn. 11 f). Ob daher insoweit nach Vorb. 4 Abs. 1 VV RVG überhaupt Teil 4 VV und damit auch die Gebühren für die Einzeltätigkeiten im dortigen Abschnitt 3 anzuwenden ist/sind, darüber könnte man sicherlich diskutieren.

    Die Bauchschmerzen verstehe ich. Es ist ja gerade auch Inhalt der Entscheidung, dass er eben nicht wie Sachverständige oder Zeugen zu behandeln ist, und deshalb kein Ordnungsgeld auferlegt bekommen kann. Wenn aber Teil 4 ausfällt, dann bleibt nur sowas wie §23 EGGVG?

    Ich verstehe die Bauchschmerzen auch. Genau aus diesem Gedanken heraus habe ich den Fall hier eingestellt.

    Folgt man der Begründung der Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses ("nicht gleichgesetzt"), so dürfte in der Folge keine Gleichsetzung bei den Gebühren erfolgen.
    Es sei denn es ist zwischen der verfahrensrechtlichen und der gebührenrechtlichen Stellung des Dolmetschers zu unterscheiden - was ich nicht für richtig erachte.
    Demnach käme dann doch nur eine Vergütung nach Teil 3 in Betracht!?

    Ich weiß nicht wieso, aber so ganz gefallen tut mir das alles noch nicht. :gruebel:
    (Und damit meine ich nicht eure Hilfe :), sondern diesen speziellen Einzelfall.)

  • Ich würde den Dolmetscher an dieser Stelle auch mit Zeugen und Sachverständigen gleichsetzen.

    Ich habe da noch Bauchschmerzen. Der Dolmetscher ist Gehilfe des Gerichts und der Prozessbeteiligten und damit Beteiligter eigener Art und nicht mit Zeugen und Sachverständigen gleichzusetzen (vgl. LG Cottbus, Beschl. v. 11.08.2008 - 24 jug Qs 40/08 - Rn. 11 f). ....

    Ich finde diese und ähnliche Entscheidungen vom Ergebnis her nicht so recht nachvollziehbar.

    Wenn man auf die Bezeichnung des Dolmetschers als "Gehilfe des Gerichts" abstellt, trifft das sicher auch auf Sachverständige zu. Diese beauftragt das Gericht, weil die eigene Sachkunde (mangels entsprechender Ausbildung) fehlt, um eine fachliche Einschätzung zu entsprechenden Fragestellungen z. B. im Strafverfahren zu erlangen.

    Erscheint der Sachverständige nicht zum Termin der Hauptverhandlung, um sein Gutachten zu erstatten, dürfte in der Regel eine Verlegung des Termins die Folge sein. (In wenigen Fällen kann jedoch vielleicht auch eine Verlesung/Erörterung des schriftlichen Gutachtens erfolgen und der Termin durchgeführt werden.)
    Ohne den Dolmetscher hingegen ist eine Terminsdurchführung auf jeden Fall undenkbar. Ob bei dessen Nichterscheinen schnell genug Ersatz angefordert werden kann, erscheint - je nach der benötigten Sprachkenntnissen - sehr fraglich.

    Und nun kommt der - für mich - nicht verständliche Unterschied:
    Der Dolmetscher darf in Bezug auf eine mögliche Verhängung von Ordnungsgeld den Termin ungestraft "verschlafen", der Sachverständige hingegen nicht. :(

    Falls nun doch gegen den Dolmetscher ein Ordnungsgeld verhängt wurde und sich dieser mit Hilfe eines RA wehrt, kann dieser ggf. keine Vergütung beanspruchen (mangels anwendbarer Gebührenvorschrift im RVG)? :gruebel:

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