Wirksamkeit einer Vollmacht

  • Hallo, ich bräuchte mal Input:
    Es soll ein Grundstückskaufvertrag vorbereitet werden, der Verkäufer soll aufgrund seines Alters von seiner Tochter vertreten werden.
    Diese legt eine Formular-Vollmacht des Justizministeriums des Landes NRW vor, aufgrund dieser Vollmacht will sie handeln. Ich bin mir über die Wirksamkeit dieser Vollmacht aber nicht sicher, deshalb meine Fragen
    - Die Beglaubigung der Unterschriften erfolgte durch den Kreis, also nicht notariell.
    - Zur Wirksamkeit heisst es in der Vollmacht: Die Vollmacht ist nur wirksam, solange die bevollmächtigte Person die Vollmachts-
    urkunde besitzt und bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Urkunde im Original vorlegen kann.
    - In der Vollmacht sind verschiedene Punkte wie Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit, Aufenthalt und Wohnungsangelegenheiten
    pp. geregelt. Grundstücke bzw. grundstücksgleiche Rechte sind nicht ausdrücklich erwähnt, es könnte eventuell der Punkt
    Vermögenssorge so gewertet werden. Dort heisst es
    "Sie darf mein Vermögen verwalten und hierbei alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte im In- und Ausland vornehmen,
    Erklärungen aller Art abgeben und entgegennehmen, sowie Anträge stellen, abändern, zurücknehmen
    ja ist dann angekreuzt
    dann folgt noch ein Absatz namentlich
    dort ist aber nichts ausgefüllt
    über Vermögensgegenstände jeder Art verfügen
    ja ist angekreuzt
    Zahlungen und Wertgegenstände annehmen
    ja ist angekreuzt
    Verbindlichkeiten eingehen
    ja ist angekreuzt
    Willenserklärungen bezüglich meiner Konten, Depots und Safes abgeben. Sie darf mich im Geschäftsverkehr mit Kreditinstituten
    mit Kreditinstituten vertreten
    ja ist angekreuzt

    Reicht diese Vollmacht zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrages??

  • ....
    - Die Beglaubigung der Unterschriften erfolgte durch den Kreis, also nicht notariell....

    Hat die Unterschriftsbeglaubigung die Betreuungsbehörde des Kreises vorgenommen ?

    Dann hilft Dir der Beschluss des BGH vom 12. November 2020 - V ZB 148/19
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechts…909&pos=0&anz=1
    weiter.

    Leitsätze:

    a) Die Beglaubigung von Unterschriften auf Vorsorgevollmachten durch die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG genügt den Anforderungen des § 29 GBO.

    b) Eine Vorsorgevollmacht im Sinne des § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG liegt auch dann vor, wenn sie im Außenverhältnis unbedingt erteilt worden ist und lediglich im Innenverhältnis nur für den Fall gelten soll, dass der Vollmachtgeber betreuungsbedürftig geworden ist.

    c) Die Beglaubigungsbefugnis der Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG erstreckt sich auch auf Vorsorgevollmachten, die über den Tod hinaus gültig sein sollen.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke, das hilft ja schon wirklich weiter.
    Allerdings bezieht sich der Sachverhalt im Beschluss wohl auf eine Vollmacht, die auch auf die Verwaltung, des Erwerbs und der Veräußerung von Vermögen abzielt.
    Die hier vorliegende Vollmacht benennt diesen Aufgabenkreis nicht ausdrücklich und da bin ich doch dann auf Auslegung angewiesen.

  • Über "Vermögensgegenstände jeder Art verfügen" zu dürfen, ist aber nicht wirklich mehrdeutig. "Verfügt" wird durch Begründung, Belastung, Inhaltsänderung oder Aufhebung eines Rechts. Darunter fällt mit Sicherheit auch die Veräußerung von Grundbesitz.

  • Über "Vermögensgegenstände jeder Art verfügen" zu dürfen, ist aber nicht wirklich mehrdeutig. "Verfügt" wird durch Begründung, Belastung, Inhaltsänderung oder Aufhebung eines Rechts. Darunter fällt mit Sicherheit auch die Veräußerung von Grundbesitz.

    dem schließe ich mich an

  • GENERALVOLLMACHT (Überschrift):

    "...Die Vollmacht ist auch für den Fall erteilt, dass ich meine Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann. Sie dient daher auch der Vermeidung der Anordnung einer Betreuung."
    Es sind keine Beschränkungen, auch nicht nur für das Innenverhältnis enthalten.

    Nach dem BGH-Beschluss vom 12.11.2020 - V ZB 148/19[FONT=Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif] -[/FONT] bezieht sich die Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörde nur auf solche Vollmachten, die eine Beschränkung auf den Vorsorgefall enthalten:

    "Ausreichend, aber auch erforderlich für das Vorliegen einer Vorsorgevollmacht im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG ist die Beschränkung der Verwendung der Vollmacht im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall. Diese Beschränkung und damit die Beglaubigungszuständigkeit der Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde, muss sich, damit die Beglaubigung der Unterschrift auf der1718- 11 -Vorsorgevollmacht den Anforderungen des § 29 GBO genügt, aus der Vollmachtsurkunde ergeben."

    An der Überschrift "Generalvollmacht" hätte ich mich zunächst nicht gestört, der Begriff "auch" lässt jedoch erkennen, dass die Vollmacht nicht nur für den Betreuungsfall erteilt wurde.
    Aus meiner Sicht hat ist die durch die Betreuungsbehörde beglaubigte Vollmacht nicht formgerecht nach § 29 GBO.

    Wie seht Ihr das?

  • "...Die Vollmacht ist auch für den Fall erteilt, dass ich meine Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann. Sie dient daher auch der Vermeidung der Anordnung einer Betreuung."
    Es sind keine Beschränkungen, auch nicht nur für das Innenverhältnis enthalten.

    ....

    "Ausreichend, aber auch erforderlich für das Vorliegen einer Vorsorgevollmacht im Sinne von § 6 Abs. 2 Satz 1 BtBG ist die Beschränkung der Verwendung der Vollmacht im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall.

    M. E. liegt hier von der Formulierung her der genau umgekehrte Fall vor. Es handelt sich nicht um eine Vollmacht, die im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall beschränkt ist, sondern um eine Generalvollmacht, die (u.a.) auch für den Vorsorgefall gelten soll. Ich kann daher deine Bauchschmerzen nachvollziehen. Ob es mir reichen würde, darüber bin ich mir noch nicht einig.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • @ Cromwell:

    Der BGH verlangt eine Beschränkung der Vollmacht im Innenverhältnis auf den Vorsorgefall. Diese ist in der vorliegenden Vollmacht nicht enthalten. Diese soll nach meiner Auslegung für alle Angelegenheiten unbeschränkt gelten, u.a. auch für den Vorsorgefall. Für solche Vollmachten reicht die Beglaubigungsbefugnis der Betreuungsbehörde nach meinem Verständnis nicht aus.

  • Wäre für euch folgende Vollmacht zum Verkauf des Grundbesitzes der Vollmachtgeberin ausreichend? "...Zum Ersatzbevollmächtigten, und zwar bezüglich der Generalvollmacht sowie auch bezüglich der Vollmacht in persönlichen Angelegenheiten bestimmen wir unseren Sohn M.M. und zwar für den Fall, dass einer von uns Erschienenen die Vollmacht nicht mehr ausüben kann oder ausüben will bzw. wenn nach dem Versterben eines von uns der Überlebende auch nicht mehr in der Lage ist, im Sinne der vorstehenden Bestimmungen dieser Urkunde seine Angelegenheiten nicht mehr selbst zu besorgen...."

    Diese notarielle Vollmacht wurde von Eheleuten ausgestellt und der Ehemann ist bereits verstorben. M.E. muss ich nicht prüfen, ob die Vollmachtgeberin nicht mehr in der Lage ist, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Der Fall, dass einer der Ehegatten (=1.Bevollm.) die Vollmacht nicht mehr ausüben kann, ist eingetreten und das wäre ja eine Bedingung zum Eintritt der Vollmacht.

    Sehr ihr das anders?

    Vielen Dank!

  • Diesen Bedingungseintritt kann man tatsächlich prüfen. Sollte daher reichen, denke ich.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

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