§ 82 a GBO - Zuständiges Nachlassgericht - Amtshilfeerzwingung

  • Es kommt vor, dass bei Grundbuchblattumschreibungen tote Eigentümer auffallen. Meistens lässt sich dann der Rechtsnachfolger ermitteln, sodass der Berichtigungszwang gegenüber den Erben ausgeübt werden kann (§ 82 GBO). Ich habe aber mittlerweile einige Fälle, in denen nichts über den Erblasser ermittelt werden kann (Sterbeort unbekannt, gewöhnlicher Aufenthalt bei Tod unbekannt, Geburtsdatum unbekannt, Melderegisteranfragevergeblich, Anfrage nach Nachlassverfahren ebenfalls vergeblich). In solchenFällen hatte ich Erbenermittlungsersuchen nach § 82 a GBO gestellt. Das Nachlassgericht im Hause nimmt diese aber nur an, wenn feststeht, dass der Erblasser bzw. Bucheigentümer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in unserem Amtsgerichtsbezirk hatte. In Fällen wo ich überhaupt keine Anhaltspunkte hatte, habe ich entsprechende Ersuchen an die Auffangzuständigkeit bzw. das Amtsgericht Berlin Schönefeld (§ 343 III FamFG) gerichtet. Diese wurden mir dann zurückgeschickt, mit der Begründung, es sei ja nicht klar, ob der verstorbene Bucheigentümer überhaupt einen Aufenthalt Stadtbezirk Berlin hatte. Mithin sei das AG Schöneberg nicht zuständig.

    Ich habe im Kommentar nachgelesen, dass gegen eine Ablehnung die Ermittlung nach § 82 a GBO vorzunehmen, der Amtshilfeerzwingungsantrag gemäß § 159 GVG beim Oberlandesgericht durch das Grundbuchamt gestellt werden kann. Zur Frage, welches Nachlassgericht für die Verfahren nach § 82 a GBO zuständig ist, habe ich im Kommentar allerdings nichts gefunden.

    Soweit ich das sehe, richtet sich die Zuständigkeit des Nachlassgerichts entweder nach § 343 FamG - die mir ja, wenn ich ersuche, oft nicht bekannt und nicht ermittelbar ist -oder nach der Spezialvorschrift des § 157 Abs. 1 GVG. Danach ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Amtshandlung vorgenommen werden soll.

    Ist nach § 157 GVG das eigene Nachlassgericht zuständig, wenn keine Feststellungen zum Erblasser möglich sind?

    Alternativ meine ich, dass § 343 III FamFG immer die Auffangzuständigkeit des AG Berlin Schöneberg begründet, da sich Nachlassgegenstände (sprich der Grundbesitz) in Deutschland befindet, sodass ich meinen Amtshilfeerzwingungsantrag dann an das OLG respektive Kammergericht Berlin richten müsste. Richtig?

  • Das Nachlassgericht im Hause nimmt diese aber nur an, wenn feststeht, dass der Erblasser bzw. Bucheigentümer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in unserem Amtsgerichtsbezirk hatte.

    Wie wäre es über § 344 Abs. 4 FamFG? "Für die Sicherung des Nachlasses ist jedes Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Sicherung besteht".

    Wenn die unbekannten Erben eines verstorbenen Eigentümers mangels Kenntnis der Erbschaft sich nicht um das Grundstück kümmern können, dann dürfte ein Sicherungsbedürfnis im Sinne von § 344 Abs. 4 FamFG bestehen.

    Sollte dieses Argument beim Nachlassgericht im Hause nicht ziehen, wäre folgende Argumentation denkbar:

    Das Kammergericht hat bereits im Jahr 1971 festgestellt:

    Die Sicherung und Erhaltung des Nachlaßvermögens ist daher nicht Selbstzweck.
    Dieses Vermögen soll nicht um seiner selbst willen, sondern für diejenigen Personen, die sich als Erben herausstellen, gesichert und erhalten werden. Das erfordert jedoch auch, daß die Erben, wenn sie unbekannt sind, ermittelt werden und eine Verbindung zwischen ihnen und dem Nachlaß hergestellt wird, weil dieser für sie verloren ginge, falls sie von seinem Vorhandensein und von ihrer Erbenstellung keine Kenntnis erlangen. Die Erbenermittlung ist daher eine Maßnahme der Nachlaßsicherung, so daß ein (Sicherungs-) Bedürfnis zur Einleitung einer Nachlaßpflegschaft allein auf Grund der Notwendigkeit gegeben sein kann, unbekannte Erben zu ermitteln, auch wenn das Nachlaßvermögen in seinem Bestand selbst nicht gefährdet ist. Deshalb gehört die Ermittlung der unbekannten Erben zu den
    wesentlichen Aufgaben des Nachlaßpflegers (KGJ 40, 37 [38];Staudinger-Lehmann aaO, § 1960 Rdn. 51) und kann sogar seine Hauptaufgabe sein (KG OLGR 8, 269).“
    (KG OLGZ 1971, S. 210; so auch OLGHamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14;OLGMünchen, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18).

    Ein Sicherungsbedürfnis "ist aber auch ohne eine konkrete Gefährdung des Nachlasses anzunehmen, wenn der Erbe unbekannt ist und dieser ohne Ermittlung durch das Nachlassgericht bzw. durch einen Nachlasspfleger niemals Kenntnis vom Anfall der Erbschaft erhalten würde“ (OLG München, Beschluss v. 16.08.2018 – 31 Wx 145/18; so auch OLG Hamm FamRZ 2015, 2196, 2197).

    Ich gehe nach dem Sachverhalt davon aus, dass die unbekannten Erben des Grundstückseigentümers ohne Ermittlungen durch das Nachlassgericht oder einen Nachlasspfleger niemals Kenntnis vom Anfall der Erbschaft bekommen können und somit ein Sicherungsbedürfnis im Sinne der vorzitierten obergerichtlichen Rechtsprechung besteht.

    Demnach wäre das Nachlassgericht im Hause gemäß § 344 Abs. 4 FamFG zuständig.

    (vgl. auch Siebert in Siebert (Hrsg). Nachlasspflegschaft. Ein Handbuch für die Praxis. 6. Aufl. 2020 Rn. 11)

    Solche Fälle hatte ich auch schon, und wenn ich dann im Rahmen der Erbenermittlungen den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers festgestellt habe, dann wurde das Nachlassverfahren an das zuständige Nachlassgericht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts abgegeben.



  • Wie wäre es über § 344 Abs. 4 FamFG? "Für die Sicherung des Nachlasses ist jedes Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Sicherung besteht".

    Für die Sicherung des Nachlasses ja, § 82a GBO spricht aber von Erbenermittlung.
    Welche Sicherungsmaßnahmen sollten denn ergriffen werden? Sind überhaupt welche nötig?

    Ich vermute mal, dass es sich um "vergessene" Grundstücke in der Natur handelt oder tendenziell nicht um hochwertigen Grundbesitz, also nicht um Häuser oder Eigentumswohnungen?
    Und wenn tote Eigentümer "auftauchen", ohne dass ein Sterbenachweis vorliegt, heißt das ja, dass diese Information als Rückschluss aus dem Eintragungsdatum oder dem bestenfalls eingetragenen Geburtsdatum abgeleitet wird? Und wenn jahrzehntelang keine Tätigkeit zur Sicherung erforderlich war, würde ich als Belegenheitsnachlassgericht - ohne weitere Informationen - auch erstmal kein akutes Sicherungs- bzw. Fürsorgebedürfnis erkennen.

    Eine Möglichkeit, Informationen zum Rechtsnachfolger zu erlangen, könnte eine Anfrage an die Gemeinde sein, wer die Grundbesitzabgaben zahlt (funktioniert aber leider nur, wenn Grundbesitzabgaben anfallen...).
    Aus der Grundakte müsste sich ja eine frühere Anschrift ergeben - ggf. eine Melderegisteranfrage mit Archivanfrage starten, mit dem Hinweis, dass die gesuchte Person im Jahre .... unter dieser Anschrift wohnhaft war.

  • [FONT=Verdana]Ich habe aber mittlerweile einige Fälle, in denen nichts über den Erblasser ermittelt werden kann (Sterbeort unbekannt, gewöhnlicher Aufenthalt bei Tod unbekannt, Geburtsdatum unbekannt, Melderegisteranfragevergeblich, Anfrage nach Nachlassverfahren ebenfalls vergeblich). In solchenFällen hatte ich Erbenermittlungsersuchen nach § 82 a GBO gestellt.

    Wozu soll das Ersuchen in diesen Fällen eigentlich dienen?

    Wie soll das Nachlassgericht die Erben ermitteln wenn es keine Anhaltspunkte für eine Ermittlung gibt und nicht einmal die Zuständigkeit festgestellt werden kann?


  • Wie wäre es über § 344 Abs. 4 FamFG? "Für die Sicherung des Nachlasses ist jedes Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis für die Sicherung besteht".

    Für die Sicherung des Nachlasses ja, § 82a GBO spricht aber von Erbenermittlung.
    Welche Sicherungsmaßnahmen sollten denn ergriffen werden? Sind überhaupt welche nötig?

    Bedürfnis zur Erbenermittlung = Sicherungsbedürfnis im Sinne von § 1960 BGB und § 344 Abs. 4 FamFG

    Nach der unter #2 zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Erbenermittlung eine Sicherungsmaßnahme im Sinne von § 1960 BGB. Ein Sicherungsbedürfnis (und damit auch die Voraussetzung für die Anordnung einer Nachlasspflegschaft) besteht schon dann, wenn der Erbe unbekannt ist und ohne Ermittlung des Nachlassgerichts niemals Kenntnis von seiner Erbschaft erhalten würde. Ein weiteres Sicherungsbedürfnis an dem Grundstück (Verkehrssicherungspflicht) ist nicht erforderlich. Somit ist die Erbenermittlung auch ein Sicherungsbedürfnis im Sinne von § 344 Abs. 4 FamFG und das Belegenheitsnachlassgericht zuständig.

    Selbst wenn eine Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen ist und der Erbe A sich um das Grundstück kümmert, der Erbe B jedoch unbekannt ist und ohne Ermittlungen des Nachlassgerichts nie Kenntnis von seiner Erbschaft erlangen würde, liegen die Voraussetzungen des § 1960 BGB für B vor.

    OLG Hamm, Beschluss vom 30.07.2014, 10 W 112/14:

    Da es sich bei einer Nachlasspflegschaft um eine Personenpflegschaft für den zurzeit noch nicht bekannten Erben handelt, ist für jedes Erbteil und jeden möglichen Erben gesondert zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Nachlasspflegschaft vorliegen“.


    Ich vermute mal, dass es sich um "vergessene" Grundstücke in der Natur handelt oder tendenziell nicht um hochwertigen Grundbesitz, also nicht um Häuser oder Eigentumswohnungen?
    Und wenn tote Eigentümer "auftauchen", ohne dass ein Sterbenachweis vorliegt, heißt das ja, dass diese Information als Rückschluss aus dem Eintragungsdatum oder dem bestenfalls eingetragenen Geburtsdatum abgeleitet wird? Und wenn jahrzehntelang keine Tätigkeit zur Sicherung erforderlich war, würde ich als Belegenheitsnachlassgericht - ohne weitere Informationen - auch erstmal kein akutes Sicherungs- bzw. Fürsorgebedürfnis erkennen.

    Ich bin vom Ausgangssachverhalt davon ausgegangen, dass feststeht, dass der Eigentümer verstorben ist. Für die Erbenermittlung zum Zwecke der Grundbuchberichtigung kann es m.E. auch nicht darauf ankommen, ob das Grundstück besonders werthaltig ist, denn aus Sicht des Grundbuchamts kommt es auf die Richtigkeit des Grundbuchs an.

    Die Werthaltigkeit des Grundbesitzes kann aber über § 1964 Abs. 1 BGB bei der Frage einfließen, in welchem Umfang die Erbenermittlungen erfolgen sollen und nach welcher Frist das Fiskuserbrecht festzustellen ist.

    Aus der Praxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Ermittlungen schwieriger und umfangreicher sind, je länger die Eintragung einer Erbengemeinschaft zurückliegt. Vor diesem Hintergrund halte ich die Bemühungen des Themenstarters für absolut gerechtfertigt.

    Das Erbrecht steht unter besonderem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG.

    Würde man unterlassen, die Erben zeitnah zu ermitteln und damit in Kauf nehmen, dass sich die Ermittlungen zu einem späteren Zeitpunkt erschweren mit der Folge, dass dann ggf. nur noch das Fiskuserbrecht festgestellt werden könnte, wäre Art. 14 Abs. 1 GG ad absurdum geführt.

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