Anhörung von Erbeserben im Erbscheinsverfahren

  • Hallo zusammen,

    ich würde gern mal eure Meinungen zu folgendem Sachverhalt hören:

    Sterbefall im Jahr 1967 bei mir hier im Osten der Republik. Erblasserin E ist verheiratet und hat 2 Kinder K1 und K2, letzter Wohnsitz DDR. Für Kind K1 beantragt dessen gerichtlich bestellter Betreuer nun Erbschein, wonach als Erben der Ehemann M und die 2 Kinder K1 und K2 auszuweisen sein sollen. Es liegen keine Erbausschlagungen vor. Urkundlicher Nachweis über das Bestehen der Ehe und Abstammung der Kinder liegt alles vor. So weit, so (vermeintlich) einfach.

    Jetzt mein Problem:

    Zu dem Erbscheinsantrag habe ich die weiteren gesetzlichen Erben M und K2 anzuhören.

    a)
    Der Ehegatte M ist im Jahr 1985 nachverstorben und kann deshalb nicht mehr angehört werden. Dessen Erben sind durch Erbschein ausgewiesen, und zwar die 2 gemeinsamen Kinder K1 und K2 sowie seine zweite Frau F. Also wollte/musste ich auch die zweite Ehefrau F anhören. Diese wiederum ist 2013 ebenfalls verstorben. Deren Erben sind ihre eigenen 5 Kinder. Ergo habe ich diese 5 Kinder (die weder mit der Erblasserin E noch mit dem Ehemann M, sondern nur mit der zweiten Ehefrau F verwandt sind) angehört. Jetzt bekomme ich von diesen 5 Kindern jeweils Ausschlagungen. Es wird erklärt: "Es wird der Erbteil, der mir durch meinen Erbteil nach F und damit durch (den an sie angefallenen Erbteil) nach M ausgeschlagen.“ Die Kinder berufen sich also auf die Vererblichkeit des Ausschlagungsrechtes.
    Ich habe da aber so meine Zweifel an der Wirksamkeit der Ausschlagungen. Zum Einen müsste man doch bei dem M davon ausgehen, dass er mit dem Tode der E von seiner eigenen Erbenstellung als Ehegatte Kenntnis hatte und somit durch Versäumung der eigenen Ausschlagungsfrist das Erbe angenommen hat. Zum Anderen dürfte die Ausschlagung - der Formulierung nach - als Ausschlagung für die F nach dem M auszulegen sein. Eine Erbausschlagung als 5 Kinder als Erbeserben für den M nach der E sehe ich darin jedenfalls nicht.

    b)
    Das Kind K2 ist 2004 nachverstorben. Also muss ich auch hier dessen Erben anhören. Ein Erbnachweis nach K2 liegt beim zuständigen Nachlassgericht nicht vor. Es konnte jedoch ermittelt werden, dass K2 geschieden war und eine Tochter T hatte. Zu der T habe ich durch das Einwohnermeldeamt die Mitteilung bekommen, das sie sich vor vielen Jahren nach Spanien abgemeldet hat, ohne eine konkrete Anschrift zu benennen. Die geschiedene Ehefrau (und Mutter der T) ist verstorben, ich kann sie also zum Verbleib der T auch nicht mehr fragen. Auch der Betreuer des K1 sowie der K1 selbst können Angaben zu T machen.

    Wie weiter jetzt?
    Zu a) wäre meine Idee: Die Erbausschlagungen werden als Widerspruch gegen den Erbscheinsantrag gewertet. Damit muss dann Beschluss nach § 352e Abs. 2 FamFG mit Aussetzung der sofortigen Wirksamkeit ergehen. Beschluss zustellen und warten was passiert.

    Zu b): Da ich keine weiteren Anhaltspunkte zur Ermittlung der T habe, höre ich die T nicht an und hoffe es passiert nichts? Oder ich höre die T nicht an und fertige einen Aktenvermerk, dass die weitere Ermittlung der T untunlich ist und die Grundrechte des Antragstellers auf Erteilung des Erbscheins insoweit Vorrang gegenüber dem Anspruch der T aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs haben (so z.B. Bumiller/Harders/Harders, 12. Aufl. 2019, FamFG § 345 Rn. 10, aufzurufen über Beck online). Oder gebe ich die Sache an das Betreuungsgericht zur Einrichtung einer Abwesenheitspflegschaft für die T (macht vielleicht auch Sinn, denn es fällt anteiliger Grundbesitz in den Nachlass)? Oder mache ich etwas ganz anderes?

    Vielleicht hat ja hier jemand noch andere zündende Ideen? Bereits jetzt vielen Dank.

  • Vermutlich ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten, sodass Ehegatte und beide Kinder zu je 1/3 erben (§ 365 Abs. 1 ZGB, § 10 Abs. 1 EGFBG). Auch wenn der Erblasser Alleineigentümer oder Bruchteilseigentümer von Grundbesitz war, ist dabei keine Nachlassspaltung eingetreten (erst für Erbfälle ab 01.01.1976).

    Wenn der im Jahr 1985 miterbende Ehegatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatte, ist für seine Erbfolge ebenfalls keine Nachlassspaltung eingetreten (weder für den Erbteil nach dem erstverstorbenen Ehegatten als bewegliches Vermögen noch für seinen evtl. eigenen Bruchteilsmiteigentumsanteil).

    Ich gehe davon aus, dass sämtliche vorliegende Erbausschlagungen verfristet sind, weil davon auszugehen ist, dass der überlebende Ehegatte vom Tod seines Ehepartners weiß und dass er auch weiß, dass er nach ihm zum gesetzlichen Miterben berufen ist. In diese durch Kenntnis verschaffte Rechtsstellung treten alle Erben und Erbeserben ein.

    Einen Nachlasspfleger für die Erben von Kind K2 (oder einen Abwesenheitspfleger für die Tochter T) lediglich für Anhörungszwecke zu bestellen, halte ich für relativ sinnfrei. Virulent wird das Ganze erst, wenn die Grundbuchberichtigung erfolgen soll, weil dann eine Tote als Miterbin eingetragen würde. Letztlich kommt man also an einem Erbnachweis nach K2 nicht vorbei. Aber das halte ich im vorliegenden Erbscheinsverfahren für unerheblich.

    Im Ergebnis ist der Erbschein antragsgemäß zu erteilen.

  • [quote='Cromwell','RE: Anhörung von Erbeserben im Erbscheinsverfahren ist die gesetzliche Erbfolge eingetreten, sodass Ehegatte und beide Kinder zu je 1/3 erben (§ 365 Abs. 1 ZGB, § 10 Abs. 1 EGFBG). Auch wenn der Erblasser Alleineigentümer oder Bruchteilseigentümer von Grundbesitz war, ist dabei keine Nachlassspaltung eingetreten (erst für Erbfälle ab 01.01.1976).

    richtig, so lautet der Erbscheinsantrag

    Wenn der im Jahr 1985 miterbende Ehegatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatte, ist für seine Erbfolge ebenfalls keine Nachlassspaltung eingetreten (weder für den Erbteil nach dem erstverstorbenen Ehegatten als bewegliches Vermögen noch für seinen evtl. eigenen Bruchteilsmiteigentumsanteil).

    letzter gewöhnlicher Aufenthalt war bei mir im Bezirk, also in der ehem. DDR. Damit stimme ich Dir voll und ganz zu.

    Ich gehe davon aus, dass sämtliche vorliegende Erbausschlagungen verfristet sind, weil davon auszugehen ist, dass der überlebende Ehegatte vom Tod seines Ehepartners weiß und dass er auch weiß, dass er nach ihm zum gesetzlichen Miterben berufen ist. In diese durch Kenntnis verschaffte Rechtsstellung treten alle Erben und Erbeserben ein.

    Danke für die Bestätigung, ich sehe das genau so

    Einen Nachlasspfleger für die Erben von Kind K2 (oder einen Abwesenheitspfleger für die Tochter T) lediglich für Anhörungszwecke zu bestellen, halte ich für relativ sinnfrei. Virulent wird das Ganze erst, wenn die Grundbuchberichtigung erfolgen soll, weil dann eine Tote als Miterbin eingetragen würde. Letztlich kommt man also an einem Erbnachweis nach K2 nicht vorbei. Aber das halte ich im vorliegenden Erbscheinsverfahren für unerheblich.

    ok, danke für Deine Meinung. Du hast mich damit in meiner eigenen Auffassung bestärkt.
    Was dann später bei der Grundbuchberichtigung passiert, ist für mich als Nachlassgericht bei der Entscheidung über den vorliegenden Erbscheinsantrag erst einmal nicht relevant. Mir ist allerdings auch klar, dass mit meinem Erbschein das Grundbuch nicht abschließend bereinigt werden kann. Für den Sterbefall K2 bin ich jedoch nicht zuständig, da letzter Wohnsitz/Aufenthalt in anderem Gerichtsbezirk war.

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