Nacherbschaft, Veräußerung zu Lebzeiten gestattet?

  • Moin moin,

    in einem Ehegattentestament ist Erbfolge des Überlebenden zu 5/6 und Einsetzung einer behinderten Tochter als nicht befreite Vorerbin zu 1/6 angeordnet. Nacherbfall ist mangels Angabe der Tod des Vorerben.

    Es ist der erste Erbfall eingetreten.

    (Ersatznacherbfolge ist angeordnet. Die Ersatznacherbfolge ist auflösend bedingt für den Fall, dass der Nacherbe sein Anwartschaftsrecht auf den Vorerben überträgt.)

    Der Überlebende soll "auch ausdrücklich berechtigt sein, im Vermögen vorhandenen Grundbesitz oder sonstige Vermögenswerte zu Lebzeiten auf einzelne gemeinschaftliche Abkömmlinge zu übertragen."

    Wie ist die letzte Regelung rechtlich zu betrachten und kann dann trotz Nacherbschaft ohne jegliche Zustimmung von Nacherben und Ersatznacherben übertragen werden, solang dem Grundbuchamt die Eigenschaft "gemeinschaftliche Abkömmling(e)" in der Form des § 29 nachgewiesen wird?

    Ich bin erst bei der Eintragung der Erben und überlege, ob dies als auflösend Bedingung der Nacherbfolge einzutragen ist?

    LG, Ryker

    Alle Angaben ohne Gewähr.

    2 Mal editiert, zuletzt von Ryker (17. Juni 2021 um 10:53)

  • Übertragen werden kann immer - die Vorerbschaft ist keine Grundbuchsperre.

    Die Frage ist ob der Nacherbenvermerk gelöscht werden kann (und ob der Erbschein richtig ist - was steht denn da drin und was ist im Grundbuch eingetragen? Auch der befreite Vorerbe kann nicht unentgeltlich übertragen.)

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Übertragen werden kann immer - die Vorerbschaft ist keine Grundbuchsperre.

    Die Frage ist ob der Nacherbenvermerk gelöscht werden kann (und ob der Erbschein richtig ist - was steht denn da drin und was ist im Grundbuch eingetragen? Auch der befreite Vorerbe kann nicht unentgeltlich übertragen.)

    Hast du befreite oder nicht befreite Vorerbschaft?

    Danke für Eure Antworten. Entschuldigt die späte Rückmeldung. Ich hatte den Sachverhalt falsch geschildert und nunmehr meinen Ausgangspost überarbeitet. Wäre nett, wenn Ihr es euch noch einmal anseht.

  • Da ist wohl eher die Frage, ob die Grundstücke nach § 2110 BGB dem Ehegatten als Vorausvermächtnis - auflösend bedingt dadurch, dass sie nicht an jemanden aus dem genannten Personenkreis überschrieben werden - zugewandt worden sind. Steht bestimmt nix dazu im Erbschein?

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  • tom: Der überlebende Ehegatte ist Miterbe als Vollerbe, sodass § 2110 Abs. 2 BGB zugunsten des überlebenden Ehegatten von vorneherein nicht in Betracht kommt. Lt. Sachverhalt gibt es keinen Erbschein, denn ansonsten müsste sich der Fragesteller nicht der Mühe der Testamentsauslegung unterziehen.

    Zur Sache selbst:

    Als Ausgangslage ist festzuhalten, dass der erstverstorbene Ehegatte vom überlebenden Ehegatten zu 5/6 als Vollerbe und von der behinderten Tochter zu 1/6 als Vorerbin beerbt wurde. Es fragt sich also, wie der überlebende Ehegatte unter diesen Voraussetzungen alleine (also ohne die Mitvorerbin) über zum Nachlass gehörenden Grundbesitz verfügen können soll.

    Punkt 1:

    Bevor sich die Frage stellt, ob die als Miterbin und Vorerbin eingesetzte Tochter (zusammen mit dem zum Mit-Vollerben eingesetzten überlebenden Ehegatten) ohne Zustimmung der Nacherben über Grundbesitz verfügen kann (hierzu nachfolgend Punkt 2), stellt sich zunächst die vorgelagerte Frage, ob der lediglich zum Miterben (als Vollerbe) eingesetzte überlebende Ehegatte überhaupt ohne die zur Vorerbin eingesetzte Miterbin verfügen kann. Ich sehe keinen rechtlichen Weg, der dies ermöglichen könnte.

    Punkt 2:

    Ich sehe auch keinen Weg, der es ermöglicht, dass die zur Miterbin eingesetzte Vorerbin ohne Zustimmung der Nacherben (zusammen mit dem überlebenden Ehegatten als Mitvollerbe) über Grundbesitz verfügen kann. Das - nach meiner Ansicht ohnehin unzulässige - aufschiebend bedingte Vorausvermächtnis zugunsten der Vorerbin funktioniert schon deshalb nicht, weil die Vorerbin nicht Alleinerbin, sondern Miterbin ist, sodass die dingliche Rechtswirkung des § 2110 Abs. 2 BGB für einzelne Nachlassgegenstände von vorneherein nicht eintreten kann. Des Weiteren funktioniert sie auch deshalb nicht, weil sich die besagte Bedingung - so man sie überhaupt für zulässig hält - nicht auf den Gesamtnachlass, sondern lediglich auf einzelne Nachlassgegenstände erstreckt, sodass die Bedingung erst in Form einer zeitlich gestaffelten Verfügung über alle Nachlassgegenstände im Ergebnis den Gesamtnachlass beträfe.

    Zum Ganzen vgl. hier

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post126887

    sowie ergänzend hier:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…ll=1#post962358

    Ich frage mich wirklich, was sich der Notar bei diesem Testament gedacht hat. Er hat ja nicht einmal versucht, eine rechtliche Konstruktion zu beschreiben, die zu dem Gewollten führen könnte.

  • tom: Der überlebende Ehegatte ist Miterbe als Vollerbe, sodass § 2110 Abs. 2 BGB zugunsten des überlebenden Ehegatten von vorneherein nicht in Betracht kommt. Lt. Sachverhalt gibt es keinen Erbschein, denn ansonsten müsste sich der Fragesteller nicht der Mühe der Testamentsauslegung unterziehen.

    Stimmt :oops:


    Ja, das stimmt alles.

    Wenn überhaupt käme eine Auslegung in Betracht, bei der der überlebende Ehegatte Nacherbentestamentsvollstrecker (§ 2222 BGB) ist. Ist aber eher weit hergeholt.

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  • Ich danke Euch und werde zur Antragstellung samt Einreichung eines Erbscheins auffordern. M.E. ist bei derartiger Unklarheit das Nachlassgericht an der Reihe zu ermitteln und auszulegen was gewollt und möglich ist.

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