Allgemeinverfügung MI Niedersachsen

  • Hallo zusammen,

    ich komme aktuell nicht richtig weiter.

    Kaufvertrag einer Gemeinde an Privatperson liegt vor. Zur Kaufpreisfinanzierung soll jetzt ein Grundpfandrecht bestellt werden.
    Bisher wurde immer eine Ausnahmegenehmigung des Landkreises als Aufsichtsbehörde gemäß § 121 Abs. 1 S. 2 NKomVG vorgelegt.

    Nun enthält der Kaufvertrag aber die Erklärung der Gemeinde, dass die Zulassung der Ausnahme auf Grund der Allgemeinverfügung vom 21.01.2021 vorliegt.

    Nach einiger Recherche habe ich diese Allgemeinverfügung nunmehr auf der Seite des MI gefunden. Ich stelle mir hier die Frage der Wirksamkeit und verfahrensrechtlichen Einordnung dieser Allgemeinverfügung. Bisher kenne ich das so, dass zur Herstellung der Allgemeingültigkeit eine ortsübliche Veröffentlichung (also z.B. im Amtsblatt) zu erfolgen hätte. Allerdings habe ich auch den §§ 35 ff VwVfG gefunden, insbesondere den § 41 Abs. 1 VwVfG. Danach reicht eine Bekanntgabe an den bestimmten Personenkreis.
    Die Verfügung ist an einen bestimmten Adressatenkreis (Verteiler) gerichtet (wir sind nicht dabei), so dass ich aber eher nicht von einer Allgemeingültigkeit ausgehen würde.

    Bin ich auf dem Holzweg? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass da vor mir noch keiner drüber gestolpert ist (und ich möchte keinen Anruf vom MI, warum ich seine Allgemeinverfügung nicht akzeptiere, ohne sagen zu können, warum ich sie nicht akzeptiere).

    Ich bin für Meinungen und Anregungen dankbar (der Notar fragt übrigens auch, was er jetzt noch einreichen soll).

    Edit: Die Allgemeinverfügung ist hier zu finden (rechts als pdf zum Download)

    Einmal editiert, zuletzt von rpfl_nds (17. Juni 2021 um 12:53) aus folgendem Grund: Klammern ergänzt, damit es schön aussieht :-)

  • Bisher kenne ich das so, dass zur Herstellung der Allgemeingültigkeit eine ortsübliche Veröffentlichung (also z.B. im Amtsblatt) zu erfolgen hätte.

    Meinst Du damit die Verkündung von Rechtsvorschriften nach § 11 NKomVG? Das ist hier nicht einschlägig.

    Allerdings habe ich auch den §§ 35 ff VwVfG gefunden, insbesondere den § 41 Abs. 1 VwVfG. Danach reicht eine Bekanntgabe an den bestimmten Personenkreis.
    Die Verfügung ist an einen bestimmten Adressatenkreis (Verteiler) gerichtet (wir sind nicht dabei), so dass ich aber eher nicht von einer Allgemeingültigkeit ausgehen würde.

    Bin ich auf dem Holzweg?

    Ich antworte mal aus meiner dienstlichen Sichtweise heraus (ich bin unter anderem für Ausnahmeentscheidungen in einem bestimmten Themengebiet zuständig).

    Nach meinem Eindruck versuchst Du, die Herstellung der Allgemeingültigkeit kommunaler Rechtsvorschriften auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Hier geht es aber um aufsichtsbehördliches Handeln, also inhaltlich eine ganz andere Baustelle.

    Adressaten sind nach § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG die niedersächsischen Kommunen. Die niedersächsischen Gerichte können rechtlich keine Adressaten sein, da diese nicht unter die Zuständigkeit des MI als (oberste) Kommunalaufsichtsbehörde nach § 171 NKomVG fallen und es insoweit auch an einer Außenwirkung im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG fehlen würde.

    Der Regelungsgehalt ist die generelle Zulässigkeit der Anwendung einer Ausnahme nach § 121 Abs. 1 NKomVG unter den näher bezeichneten Voraussetzungen. Das betrifft nur die niedersächsischen Kommunen, wenn sie entsprechende Verträge abschließen. Für die niedersächsischen Gerichte ist das aber nur mittelbar relevant, und zwar im Rahmen der Prüfung der Umsetzung dieser Voraussetzungen. Bei kommunalen Rechtsvorschriften mit Grundbuchrelevanz schreibt ja auch niemand rein, dass sie für das örtlich zuständige Amtsgericht gelten.

    Außerdem dürfte anzunehmen sein, dass die Allgemeinverfügung auch per E-Mail oder Brief an den Verteiler übermittelt worden ist und die Einstellung auf der Seite des MI lediglich der Information nicht unmittelbar betroffener Dritter (Gerichte und Notare) dient.

  • Zunächst vielen Dank für deine ausführliche Antwort!


    Meinst Du damit die Verkündung von Rechtsvorschriften nach § 11 NKomVG? Das ist hier nicht einschlägig.


    Die meinte ich, ja.

    Ich antworte mal aus meiner dienstlichen Sichtweise heraus (ich bin unter anderem für Ausnahmeentscheidungen in einem bestimmten Themengebiet zuständig).

    Nach meinem Eindruck versuchst Du, die Herstellung der Allgemeingültigkeit kommunaler Rechtsvorschriften auf den vorliegenden Sachverhalt zu übertragen. Hier geht es aber um aufsichtsbehördliches Handeln, also inhaltlich eine ganz andere Baustelle.


    Ich glaube, das habe ich versucht. Allerdings aus dem einfachen Grund, um herauszufinden, ob ich diese Verfügung kennen muss und wenn ja, ob ich auf Grund dieser Kenntnis die Erklärung der Gemeinde, dass diese Verfügung existiert und daher keine Genehmigung vorzulegen ist, akzeptieren muss (oder darf).

    Adressaten sind nach § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG die niedersächsischen Kommunen. Die niedersächsischen Gerichte können rechtlich keine Adressaten sein, da diese nicht unter die Zuständigkeit des MI als (oberste) Kommunalaufsichtsbehörde nach § 171 NKomVG fallen und es insoweit auch an einer Außenwirkung im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG fehlen würde.


    Das macht Sinn und hatte ich auch so verstanden.

    Der Regelungsgehalt ist die generelle Zulässigkeit der Anwendung einer Ausnahme nach § 121 Abs. 1 NKomVG unter den näher bezeichneten Voraussetzungen. Das betrifft nur die niedersächsischen Kommunen, wenn sie entsprechende Verträge abschließen. Für die niedersächsischen Gerichte ist das aber nur mittelbar relevant, und zwar im Rahmen der Prüfung der Umsetzung dieser Voraussetzungen. Bei kommunalen Rechtsvorschriften mit Grundbuchrelevanz schreibt ja auch niemand rein, dass sie für das örtlich zuständige Amtsgericht gelten.

    Außerdem dürfte anzunehmen sein, dass die Allgemeinverfügung auch per E-Mail oder Brief an den Verteiler übermittelt worden ist und die Einstellung auf der Seite des MI lediglich der Information nicht unmittelbar betroffener Dritter (Gerichte und Notare) dient.


    Auch das habe ich verstanden (hoffe ich). Ein solcher Fall liegt mir hier vor.
    Die Kommune schließt einen Vertrag und beruft sich in diesem auf die Allgemeinverfügung.
    Ich prüfe die Umsetzung. Und da kommt ja die Form ins Spiel. Ich brauchte bisher die einzelne Ausnahmezulassung in der Form des § 29 GBO. Die Form ist nicht gewahrt. Anders wäre es ja, wenn eine Veröffentlichung in einem Gesetz- oder Amtsblatt passiert wäre.
    Aber was bringt den Kommunen diese generelle Ausnahmegenehmigung, wenn ich als GBA sie wegen der Form nicht akzeptieren kann?

    Ich hatte schon überlegt, dass die in der Allgemeinverfügung aufgeführte Erklärung, dass hier ein solcher Fall vorliegt, ausreichen müsste. Da hier aber derjenige, der eine Genehmigung beibringen muss, selbst erklärt, dass er keine Genehmigung braucht, bereitet mir immer noch Bauchschmerzen.
    Wie oben geschrieben, weiß der Notar auch nicht weiter.
    Hast du eine Idee?
    Müsste hier nicht das MJ einen Erlass oder eine Allgemeinverfügung rausgeben, dass wir das so akzeptieren müssen? Dann hätte ich damit kein Problem.


    Ich habe auch schon nach vergleichbaren Fällen gesucht, aber nichts gefunden.

    Einzig der Verzicht auf die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigungen in einigen Fällen fällt mir als vergleichbares Beispiel ein. Das war aber m.E. keine Allgemeinverfügung, obwohl der Tenor passen würde. Hier ist aber bereits in § 22 GrEStG die Möglichkeit der Ausnahmezulassung im Einvernehmen mit dem MJ genannt. Zusätzlich ist diese Ausnahme unter den nds. Verwaltungsvorschriften z.B. bei BeckOnline abrufbar. Das hat ja einen vollständig anderen Charakter.

  • Ich hatte schon überlegt, dass die in der Allgemeinverfügung aufgeführte Erklärung, dass hier ein solcher Fall vorliegt, ausreichen müsste. Da hier aber derjenige, der eine Genehmigung beibringen muss, selbst erklärt, dass er keine Genehmigung braucht, bereitet mir immer noch Bauchschmerzen.
    Wie oben geschrieben, weiß der Notar auch nicht weiter.
    Hast du eine Idee?

    Ich lese den Text anders.

    Die Aussage lautet nicht "es wird keine Genehmigung benötigt", sondern "die Ausnahme gilt als zugelassen, wenn der Vertrag den beiden genannten Bedingungen entspricht". Das ist sozusagen die abstrakt erteilte Zulassung der Ausnahme für alle künftigen Fälle, in denen die beiden Bedingungen erfüllt werden.

    Daher hat die im letzten Absatz der Allgemeinverfügung beschriebene Erklärung nach meinem Verständnis auch nicht den Inhalt "ich erkläre, dass ich keine Genehmigung benötige", sondern "ich erkläre, dass der Vertrag den beiden Bedingungen aus der Allgemeinverfügung des MI vom 21.01.2021, Az. ..., entspricht und die Ausnahme daher als zugelassen gilt".

    Müsste hier nicht das MJ einen Erlass oder eine Allgemeinverfügung rausgeben, dass wir das so akzeptieren müssen? Dann hätte ich damit kein Problem.

    Wenn, dann Erlass. Eine Allgemeinverfügung i.S.d. könnte es aus rechtlichen Gründen nicht sein, da schon keine Außenwirkung gegeben ist. Dass das MI die Allgemeinverfügung mit der Bitte um Weiterleitung an die Gerichte an das MJ schickt, das wiederum die Weiterleitung an die Gerichte vornimmt ("übersende ich mit der Bitte um Beachtung usw."), wäre ja noch nachholbar.

    Vielleicht ist die Allgemeinverfügung in einem Ministerialblatt o.ä., ich kenne mich da mit den Gegebenheiten in Niedersachsen nicht aus, veröffentlicht worden, ohne dass dies auf der Internetseite des MI erwähnt wird.

    Ich habe auch schon nach vergleichbaren Fällen gesucht, aber nichts gefunden.

    Einzig der Verzicht auf die Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigungen in einigen Fällen fällt mir als vergleichbares Beispiel ein. Das war aber m.E. keine Allgemeinverfügung, obwohl der Tenor passen würde. Hier ist aber bereits in § 22 GrEStG die Möglichkeit der Ausnahmezulassung im Einvernehmen mit dem MJ genannt. Zusätzlich ist diese Ausnahme unter den nds. Verwaltungsvorschriften z.B. bei BeckOnline abrufbar. Das hat ja einen vollständig anderen Charakter.

    Der Unterschied liegt eigentlich "nur" darin, dass in diesem Beispiel von Anfang an geregelt wurde, dass es allgemeine Ausnahmen geben kann, die ressortübergreifend zu beachten sind. Das ist in § 121 Abs. 1 NKomVG nicht geschehen.


  • Ich lese den Text anders.

    Die Aussage lautet nicht "es wird keine Genehmigung benötigt", sondern "die Ausnahme gilt als zugelassen, wenn der Vertrag den beiden genannten Bedingungen entspricht". Das ist sozusagen die abstrakt erteilte Zulassung der Ausnahme für alle künftigen Fälle, in denen die beiden Bedingungen erfüllt werden.

    Daher hat die im letzten Absatz der Allgemeinverfügung beschriebene Erklärung nach meinem Verständnis auch nicht den Inhalt "ich erkläre, dass ich keine Genehmigung benötige", sondern "ich erkläre, dass der Vertrag den beiden Bedingungen aus der Allgemeinverfügung des MI vom 21.01.2021, Az. ..., entspricht und die Ausnahme daher als zugelassen gilt".


    Sorry, unpräzise von mir ausgedrückt. Ich meinte: "Ich erkläre, dass ich keine Einzelgenehmigung benötige", da ein Fall der Allgemeinverfügung vorliegt.


    Wenn, dann Erlass. Eine Allgemeinverfügung i.S.d. könnte es aus rechtlichen Gründen nicht sein, da schon keine Außenwirkung gegeben ist. Dass das MI die Allgemeinverfügung mit der Bitte um Weiterleitung an die Gerichte an das MJ schickt, das wiederum die Weiterleitung an die Gerichte vornimmt ("übersende ich mit der Bitte um Beachtung usw."), wäre ja noch nachholbar.

    Vielleicht ist die Allgemeinverfügung in einem Ministerialblatt o.ä., ich kenne mich da mit den Gegebenheiten in Niedersachsen nicht aus, veröffentlicht worden, ohne dass dies auf der Internetseite des MI erwähnt wird.


    Das Ministerialblatt hatte ich auch schon im Sinn. Habe aber nichts gefunden. Dann guck ich mal, wie man auf dem Dienstweg an das MJ kommt :D


    Der Unterschied liegt eigentlich "nur" darin, dass in diesem Beispiel von Anfang an geregelt wurde, dass es allgemeine Ausnahmen geben kann, die ressortübergreifend zu beachten sind. Das ist in § 121 Abs. 1 NKomVG nicht geschehen.


    Genau. Wenn es aber eine resortübergreifende Absprache gäbe, würde sich da m.E. aber niemand dran stören. Da wäre ich bei der Meinung von raicro: Die werden schon wissen, was sie tun :D.

    Also nochmals vielen Dank für die Ausführungen, jetzt habe ich noch ein bisschen Futter für mein Schreiben an den Notar und kann ihm zumindest sagen, dass ich derzeit auf der Vorlage einer Einzel-Ausnahmezulassung bestehen muss, solange mir die Allgemeinverfügung nicht in der Form des § 29 GBO (oder irgendwo veröffentlicht) vorliegt.

  • Würdest du uns deine Begründung für die Anforderung der Einzel-Ausnahmezulassung zur Verfügung stellen?

    Oder forderst du sie nur mit der Begründung an, dass die Allgemeinverfügung noch nicht veröffentlicht bzw. in der Form des § 29 GBO vorliegt?

    Vielen Dank!


  • Oder forderst du sie nur mit der Begründung an, dass die Allgemeinverfügung noch nicht veröffentlicht bzw. in der Form des § 29 GBO vorliegt?

    Viel mehr schreibe ich nicht.
    Ich würde erst bei Gegenargumenten bzw. bei einer Beschwerde noch intensiver darauf eingehen.
    Ich finde das auch immer noch total unbefriedigend. Manchmal ist selbst mir das förmliche Grundbuchverfahren zu förmlich und zu verfahren ;)

  • Viel mehr schreibe ich nicht.
    Ich würde erst bei Gegenargumenten bzw. bei einer Beschwerde noch intensiver darauf eingehen.
    Ich finde das auch immer noch total unbefriedigend. Manchmal ist selbst mir das förmliche Grundbuchverfahren zu förmlich und zu verfahren ;)

    Bin ganz deiner Meinung! :einermein :frustrier

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