Einigungsgebühr tatsächlich entstanden?

  • Hallo,
    folgender Fall:
    Klage erhoben, dann zahlt Beklagte, woraufhin Kläger und Beklagte den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklären, sich bezüglich der Kostentragung aber uneins sind, so dass das Gericht das schriftliche Verfahren anordnet und mit Urteil – Quotelung– entscheidet.
    Jetzt beantragt der Kläger neben der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr noch eine Einigungsgebühr mit Hinweis auf den Beschluss des OLG Köln vom 9.3.2016, Az 17 W 287/15, nach dem eine Einigungsgebühr entsteht, wenn die Parteien den Rechtsstreit in derHauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben und die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen.
    Die Beklagte meint, die Einigungsgebühr sei nicht entstanden, da es sich bei den Erklärungen der Parteienum bloße Prozesshandlungen handeln würde.
    In der Entscheidung des OLG steht tatsächlich, dass die Einigungsgebühr in so einem Fall entstanden ist.
    Da ich solche Fälle regelmäßig habe, aber noch nie einer eine Einigungsgebühr beantragt hat, wollte ich mal fragen, wie ihr das seht und ob ihr solche Fälle auch des Öfteren habt oder hattet. Denn dann müsste die Einigungsgebühr regelmäßig entstehen, was ich nicht so ganz glauben mag…

  • Was ist das denn für eine krasse Entscheidung? Im Gerold steht das so nicht, und ich vermute, auch in den anderen herangezogenen Kommentaren. Die Einigungsgebühr setzt immer noch erstmal eine Einigung zwischen den Parteien voraus. Das ist mehr als Erledigung. Und auch wenn die Hauptsache durch Zahlung erledigt wird, und der Kostenstreit weiter offen ist, stellt das keine Teileinigung dar. Völlig abwegig, das Ganze. Der arme Rechtspfleger.

  • Das OLG Köln verweist in der o. g. Entscheidung für die Erstattungsfähigkeit auf die auch im Gerold/Schmidt zitierte (AGS 2010, 2018). Im dortigen Fall war im Gerichtsprotokoll festgehalten, daß die Parteien eine Einigung gefunden hatten. Das Verfahren wurde zuerst ruhend gestellt und dann übereinstimmend für erledigt erklärt, wobei die Kostenentscheidung dem Gericht überlassen wurde.

    In dieser Entscheidung wurde klargestellt, daß trotz der übereinstimmenden Erklärungen materiell-rechtlich eine Einigung zum Klagegegenstand vorlag, welche die EG entstehen ließ.

    Weiter wird in dieser Entscheidung auf die weitere Entscheidung des OLG Köln (MDR 2006, 539) hingewiesen, wonach kein Widerspruch zu dieser bestehe, weil im dortigen Fall das Verfahren "nur" übereinstimmend für erledigt erklärt worden war. Denn im dortigen Verfahren wurde gerade keine Einigung über den (dort anhängigen Zugewinnausgleichs-)Anspruch getroffen. Vielmehr waren wohl Kostengesichtspunkte maßgeblich, die dazu führten, daß der Antrag für übereinstimmend als erledigt erklärt worden war.

    Auch in der o. g. Entscheidung des OLG Köln geht dieses wohl von einer materiell-rechtlichen Einigung zum Klageanspruch aus. Es fand unstreitig ein Gespräch zwischen den RAe zur Erledigung des Rechtsstreites statt, aufgrund dessen dann der Gerichtstermin auch antragsgemäß aufgehoben und später die übereinstimmende Erledigung erklärt wurde. Indem "antragsgemäß" die Aufhebung des Gerichtstermins erklärt wurde, was auf ein "Mehr" als nur ein (einseitiges) Anerkenntnis oder einen (einseitigen) Verzicht hindeutet und wohl Ausfluß einer Einigung angesehen wurde (welche die Entscheidung des Gerichtes obsolet machen würde), hat das OLG die EG für entstanden erachtet.

    Für den hiesigen Fall bedeutet das, daß der Kläger doch schon mehr zum Vorliegen einer materiell-rechtlichen Einigung darlegen müßte. Denn allein nur die übereinstimmende Erklärung reicht auch nach dem OLG Köln (MDR 2006, 539) nicht aus. Auf der anderen Seite handelt es sich hier ja auch (allenfalls) um einen außergerichtlichen Vergleich. Für dessen Kosten gilt - soweit nichts anderes vereinbart - der § 98 ZPO, weil die gerichtliche Kostenentscheidung die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs nicht umfaßt (BGH, NJW 2011, 1680 - im übrigen entgegen der Entscheidungen des OLG Köln) - vermutlich das, was Joelina wohl im Hinterkopf hat.

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    Einmal editiert, zuletzt von Bolleff (5. Juli 2021 um 13:52) aus folgendem Grund: Nur ein Wörtchen ergänzt ;-)

  • Danke für die umfangreichen Ausführungen.
    Da ich auf jeden Fall ein RM kassieren werde, hab ich die EG festgesetzt, warte auf de Beschwerde und gebe die Sache dann ans OLG hoch. Dann habe ich eine Entscheidung von meinem OLG.

  • Bitte uns informieren, was am Ende entschieden wurde.

    Ansonsten: Erstmal ist ja immer die Frage zu stellen, ob die Gebühr entstanden ist. Für mich hier ebenfalls bereits fraglich. Danach geht es darum, ob die Kostengrundentscheidung genügt, um die Gebühr auch festzusetzen. Letzteres scheidet, jedenfalls nach dem vorhandenen bzw. geschilderten Sachverhalt, für mich hier aus. Wenn das Gericht allein über die Kosten des Rechtsstreits entschieden hat, dann ist die außergerichtliche Einigung nicht automatisch davon umfasst. Anders ist es nur, wenn es sich um einen Vergleich innerhalb des Rechtsstreits handelt. Dann enthält die Formulierung über die Kosten des Rechtsstreits grds. automatisch auch die Kosten des (gerichtlich protokollierten) Vergleichs. Das hat das OLG FFM bereits vor ein paar Jahren in einer hiesigen Beschwerdesache entschieden. Nach dem Beschluss müsste ich jedoch erst noch suchen. :D

  • Die Beschwerde ist jetzt gekommen, ich habe einen Nichtabhilfebeschluss gemacht und schicke die Akte jetzt ans OLG.
    Wenn sie wieder zurück ist, melde ich mich und teile das Ergebnis mit.

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