Insolvenzverfahren ohne Gläubiger aber mit verwertbarer Masse

  • Obwohl sich meine Frage eher auf die allgemeine Konstellation bezog, kurz noch mal zum speziellen Ausgangsfall.

    Es wurde 3 Jahre nach Eröffnung ein Vermögensanspruch, der erst während des eröffneten Verfahrens entstanden ist, verkauft.
    Die Kaufpreiszahlung erfolgt anteilig als Einmalzahlung und in Raten und über eine Dauer, die weit über die Laufzeit der Abtretungserklärung hinausgehen wird. Sonst passiert nichts, kein EInkommen, kein Vermögen, keine Anmeldungen.
    Leider wurde der Sachverhalt zu spät bekannt, also erst nach Beschluss "Gläubigerversammlung" (Zustimmung mangels Gläubiger nach 160 Abs. 1 InsO). Die Verfahrenskosten sind durch die Einmalzahlung gedeckt.
    Auch eine Nachtragsverteilung löst das "Problem" nicht ? Dann würde zwar nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 InsO sofort RSB erteilt, aber die Verwertung der Masse liefe nach § 300a Abs. 1 Satz 2 dennoch weiter.

    Wie ich im Ausgangsposting schon schrieb, gehe ich ja auch davon aus, dass man in solchen Fällen ja nichts tun kann, was das Verfahren abkürzt. Bis auf die Frage, ob man eine sinnvolle von Regelvergütung abweichende Vergütung vereinbaren kann, was ja auch BGH so sieht.

    Und ansonsten: für die betroffene Schuldnerin ne schöne Sache. Geht mit jeder Menge Schulden und aussichtloser Perspektive in die Inso rein und kommt restschuldbefreit und mit kleinem neuen "Vermögen" aus der Inso raus und der IV freut sich über einen unerwarteten Hinzuverdienst, die Staatskasse hat keine Stundungsproblemforderung. Also alles gut und tschüß

    Nach dem Fußballspiel die Frage:
    Konnte der Schuldner diesen Vermögensgegenstand wirksam verkaufen? Was soll die IV geltend machen und zur Masse ziehen?

  • Pragmatisch würde ich es so handhaben, dass der Schuldner die Kosten des Verfahrens (derzeitiger Stand) aufbringen könnte/müsste (z.B. indem die Oma in ihren Sparstrumpf greift) und dann würde ich die Schlussunterlagen einreichen.
    Nach Verfahrensaufhebung geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis hinsichtlich des nicht verwerteten Vermögensgegenstands wieder auf den Schuldner über.

    Eine Anmeldung von Gläubigern nach § 39 InsO ist in meinem Leben noch nie passiert. Wenn sich die Gläubiger nicht für eine Forderungsanmeldung interessieren, tun sie es im Fall des § 39 InsO noch weniger.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Die 39er würd ich vor Aufhebung auf jeden Fall zur Anmeldung auffordern lassen. Das wäre sonst ein Kunstfehler - und ich habe auch Verfahren erlebt, bei dene es darauf Ausschüttungen gegeben hat.
    Ein Übermaßverbot gibt es als verfassungsrechtliche Schranke bei jedem staatlichen Eingriff - und das Insolvenzverfahren ist nichts anderes als ein (schwerwiegender) Eingriff in die Freiheiten nach Art. 2 und 14 GG. Da hilft auch §. 197 InsO m.E. nicht drüber.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • § 213 InsO dürfte Ausfluss des Übermaßverbots sein. Wenn innerhalb der Anmeldefrist keine einzige Forderung angemeldet wurde, muss auch keine einziger Gläubiger der Einstellung zustimmen.

    Nach einer Einstellung nach § 213 InsO, kann gemäß § 289 InsO nicht RSB erteilt werden. Andersherun (also erst RSB und dann Einstellung) dürfte es aber möglich sein.

    Die meiner Meinung nach einzig relevante Frage ist hier, ab welchem Zeitpunkt gemäß § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 frühestens über die RSB entschieden werden kann.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • § 213 InsO dürfte Ausfluss des Übermaßverbots sein. Wenn innerhalb der Anmeldefrist keine einzige Forderung angemeldet wurde, muss auch keine einziger Gläubiger der Einstellung zustimmen.

    Nach einer Einstellung nach § 213 InsO, kann gemäß § 289 InsO nicht RSB erteilt werden. Andersherun (also erst RSB und dann Einstellung) dürfte es aber möglich sein.

    Die meiner Meinung nach einzig relevante Frage ist hier, ab welchem Zeitpunkt gemäß § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 frühestens über die RSB entschieden werden kann.

    Von der auch im Schrifttum vertretenen Einstellungsthese durch Zustimmung nicht vorhandener Zustimmenden halte ich nix !
    § 39'er auffordern, nPT durchführen und dann weitersehen. Wenn sich niemand meldet, oder nur in einem Umfang, der neben den 54/55'er gedeckt werden kann ist Schlussrechnung einzureichen. Nach Ablauf der Präklusionsfristen steht das Verteilungsverzeichnis, danach kann dann auch die RSB erteilt werden und das Verfahren ist aufzuheben.
    Wo sist das Prob ? sorry, aber so haben wir das bisher gemacht und haben auch zu einer Neubewertung bisher einen Anlass nicht gesehen

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • § 213 InsO dürfte Ausfluss des Übermaßverbots sein. Wenn innerhalb der Anmeldefrist keine einzige Forderung angemeldet wurde, muss auch keine einziger Gläubiger der Einstellung zustimmen.

    Nach einer Einstellung nach § 213 InsO, kann gemäß § 289 InsO nicht RSB erteilt werden. Andersherun (also erst RSB und dann Einstellung) dürfte es aber möglich sein.

    Die meiner Meinung nach einzig relevante Frage ist hier, ab welchem Zeitpunkt gemäß § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 frühestens über die RSB entschieden werden kann.

    Von der auch im Schrifttum vertretenen Einstellungsthese durch Zustimmung nicht vorhandener Zustimmenden halte ich nix !
    § 39'er auffordern, nPT durchführen und dann weitersehen. Wenn sich niemand meldet, oder nur in einem Umfang, der neben den 54/55'er gedeckt werden kann ist Schlussrechnung einzureichen. Nach Ablauf der Präklusionsfristen steht das Verteilungsverzeichnis, danach kann dann auch die RSB erteilt werden und das Verfahren ist aufzuheben.
    Wo sist das Prob ? sorry, aber so haben wir das bisher gemacht und haben auch zu einer Neubewertung bisher einen Anlass nicht gesehen

    Ich kann deine Meinung aus den folgenden Gründen nicht teilen.
    1.) Es ist nicht Voraussetzung für eine Einstellung nach § 213 InsO, dass Forderungen angemeldet wurden.
    2.) Bei deiner Vorgehensweise wird § 196 InsO ignoriert.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Ich würde es genauso machen wie Def. Es ist nicht Ziel des Verfahrens, es um des Verfahrens willen weiterzuführen. Und § 196 InsO steht dem auch nicht entgegen. Meines Erachtens ist Verwertung immer im Zusammenhang mit dem Ziel des Insolvenzverfahrens, nämlich größtmögliche Befriedigung der Gläubiger, zu betrachten. Dieses Ziel wird hier dadurch bereits erreicht, dass kein Gläubiger eine Forderungsanmeldung vorgenommen hat. Ich habe also überhaupt kein Problem damit zu sagen, ja, die Masse ist nicht vollständig verwertet, aber, um das Verfahrensziel zu erreichen, ist das auch nicht nötig. Und ich hab auch keine Schmerzen damit, das genauso in meine Zustimmung zur Schlussverteilung zu schreiben (die es ja streng genommen sowieso nicht gibt).

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • . Und ich hab auch keine Schmerzen damit, das genauso in meine Zustimmung zur Schlussverteilung zu schreiben (die es ja streng genommen sowieso nicht gibt).

    Wieso gibt es bei dir (streng genommen) keine Zustimmung zur Schlussverteilung?
    Die verlangt 197 InsO doch eindeutig

  • zu brukinafaso:

    Ich kann deine Meinung aus den folgenden Gründen nicht teilen.
    1.) Es ist nicht Voraussetzung für eine Einstellung nach § 213 InsO, dass Forderungen angemeldet wurden.
    2.) Bei deiner Vorgehensweise wird § 196 InsO ignoriert.[/QUOTE]

    äh sehe ich dies richtig: Du willst § 196 InsO beachten und dennoch nach § 213 einstellen, wie soll dies denn bitte gehen ?

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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  • . Und ich hab auch keine Schmerzen damit, das genauso in meine Zustimmung zur Schlussverteilung zu schreiben (die es ja streng genommen sowieso nicht gibt).

    Wieso gibt es bei dir (streng genommen) keine Zustimmung zur Schlussverteilung?
    Die verlangt 197 InsO doch eindeutig


    Wenn es keine Gläubiger gibt, gibt es zwangsläufig keine Schlussverteilung.

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • zu brukinafaso:

    Ich kann deine Meinung aus den folgenden Gründen nicht teilen.
    1.) Es ist nicht Voraussetzung für eine Einstellung nach § 213 InsO, dass Forderungen angemeldet wurden.
    2.) Bei deiner Vorgehensweise wird § 196 InsO ignoriert.

    äh sehe ich dies richtig: Du willst § 196 InsO beachten und dennoch nach § 213 einstellen, wie soll dies denn bitte gehen ?[/QUOTE]

    Das ist ein Missverständnis.

    Ich in deinem Kommentar in #26 zwei Aussagen erkannt.
    1.) Du bist der Meinung, dass es eine Einstellung nach § 213 InsO nur geben können, wenn Forderungen angemeldet wurden.
    2.) Bei dir gibt es Aufhebungen, obwohl die Insolvenzmasse noch nicht vollständig verwertet wurde.

    Mit jeder meiner Aussagen wollte ich mich nur auf jeweils eine deiner Aussagen beziehen.

    Zu 1.) muss ich wohl nichts weiter ausführen. Es sollte klar sein, was ich meine.
    Zu 2.): Es gibt zwei Möglichkeiten ein Insolvenzverfahren aufzuheben, § 200 InsO und § 258 InsO. Mangels Insolvenzplan scheidet hier § 258 InsO aus.
    Eine Aufhebung nach § 200 InsO setzt voraus, dass die Schlussverteilung vollzogen wurde. Gemäß § 196 InsO darf die Schlussverteilung erst erfolgen, wenn die Insolvenzmasse, bis auf laufendes Einkommen, vollständig verwertet wurde. Solange das aber nicht passiert ist, kann das Verfahren nur durch eine Einstellung beendet werden.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Gemäß § 196 InsO darf die Schlussverteilung erst erfolgen, wenn die Insolvenzmasse, bis auf laufendes Einkommen, vollständig verwertet wurde. Solange das aber nicht passiert ist, kann das Verfahren nur durch eine Einstellung beendet werden.

    Das ist so nicht richtig, weil es sonst § 197 I S.3 InsO nicht geben würde.

    Unverwertbar bedeutet nicht nur aus tatsächlichen Gründen, sondern auch aus rechtlichen Gründen, wie bereits in § 162 KO kommentiert. Und dann wäre man wieder beim Übermaßverbot.....

    Im Endeffekt will der Verwalter das Verfahren beenden. Um möglichen Haftungsproblemen zu begegnen, kann er die nicht benötige Masse nicht so einfach an den Schuldner herausgeben. Könnte ja einen Tag später noch ein Gläubiger kommen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Gemäß § 196 InsO darf die Schlussverteilung erst erfolgen, wenn die Insolvenzmasse, bis auf laufendes Einkommen, vollständig verwertet wurde. Solange das aber nicht passiert ist, kann das Verfahren nur durch eine Einstellung beendet werden.

    Das ist so nicht richtig, weil es sonst § 197 I S.3 InsO nicht geben würde.

    Unverwertbar bedeutet nicht nur aus tatsächlichen Gründen, sondern auch aus rechtlichen Gründen, wie bereits in § 162 KO kommentiert. Und dann wäre man wieder beim Übermaßverbot.....

    Im Endeffekt will der Verwalter das Verfahren beenden. Um möglichen Haftungsproblemen zu begegnen, kann er die nicht benötige Masse nicht so einfach an den Schuldner herausgeben. Könnte ja einen Tag später noch ein Gläubiger kommen.

    Ergeben sich denn keine haftunsrechtlichen Probleme, wenn das Gericht der Schlussverteilung zustimmt, obwohl es noch verwertbare Massegegenstände gibt und kurz darauf doch noch Forderungen angemeldet werden?

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Wenn der Schlussverteilung zugestimmt wird, dann wird auch nach § 188 InsO veröffentlicht.
    Und damit ist der Weg ins Schlussverzeichnis gesperrt.

    Genau deswegen überlege ich ja, ob da eine Haftung droht.
    Aus dem Bauch heraus würde ich das bejahen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • i.Ü.: welchen Unterschied würde es denn machen, wenn die Masse vollständig verwertet wurde, und ich durch die Präklusion keine zu berücksichtigenden Gläubiger hätte ?!
    vlt.etws zur Gewissensberuhigung (obwohl nicht fallgegenständlich): angenommen, es kämen ohne ende Ausfallmitteilungen rein, und die nunmehr in den Grenzen der Präklusion zu berücksichigenden Forderungen würde die - erst teilweise verwertbare Masse - übersteigen, wird die Genehmigung der Schlussverteilung widerrufen....

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
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