Insolvenzverfahren ohne Gläubiger aber mit verwertbarer Masse

  • Hallo,

    in einem Verbraucherverfahren hat nach 3 Jahren noch immer kein Gläubiger eine Forderung angemeldet.

    Es hat sich jedoch ein Anspruch herausgestellt, dessen Verwertung über mehrere Jahre möglich ist und erhebliche Gelder in die Insolvenzmasse fließen lässt, wodurch die Verfahrenskosten problemlos gedeckt sind und sich eine überschießende Masse ergeben wird, falls weiter keine Forderung angemeldet wird.

    Aus Perspektive des IV muss das Verfahren im eröffneten Verfahren verbleiben, bis die Verwertung der Masse abgeschlossen ist. Dies dürfte etwa 4 Jahre dauern. Dies würde dazu führen dass nach 5 oder 6 Jahren RSB erteilt wird, danach noch 1 Jahr Verwertung der Masse und dann erst Schlussbericht und Aufhebung des Verfahrens inklusive Rückzahlung der dann noch vorhandenen Beträge an den Schuldner.


    Eine Möglichkeit, das eröffnete Verfahren früher aufzuheben wird es wohl nicht geben, da zumindest theoretisch ja noch Forderungsanmeldungen möglich werden und auch dies erst nach Beendigung der Verwertung der Masse möglich ist, oder ?

    Und einen Anspruch des Schuldners, dass auf eine weitere Verwertung verzichtet werden muss, da keine Forderungsanmeldungen vorliegen, gibt es auch nicht ?

    Allenfalls dann am Ende noch die Anregung, die Vergütung des IV von der Regelvergütung angemessen nach unten zu korrigieren, da ja keine Verteilung usw. ( § 3 Abs.2 InsVV) ?

  • Es gibt in der Insolvenz keine vergleichbare Vorschrift wie in der Einzelzwangsvollstreckung das das Verfahren einzustellen ist wenn die Forderung gedeckt ist.
    Und die Vergütung würde ich auch nicht nach unten korrigieren nur weil nichts verteilt werden muss. Das kommt doch in 95 Prozent der Verbraucherinsolvenzverfahren vor, dass es nur für die Kosten reicht. Da gibt es doch auch Regelvergütung für den Verwalter und wenn das Verfahren so lange dauert schon mal gar keine Kürzung.
    Ich hatte jetzt auch ein Verfahren wo die Schuldnerin aus allen Wolken gefallen ist. Masse knapp 30.000, davon kriegt der Verwalter 17.000 die Gläubiger 10.000 (100%) noch ein paar Kosten und sie hat 500 Euro wieder gekriegt.
    Da ist doch am Anfang was schief gelaufen. Bei so einer Konstellation macht man doch kein Insolvenzverfahren . Da müsst ihr wirklich mal besser beraten. :teufel:

    Alles Gute im Leben ist entweder illegal, unmoralisch oder macht dick. (Murphys Gesetz)

  • Uijuijui, ohne weitere Kenntnis ins Blaue zu behaupten, da "wäre was schief gelaufen" und "da müsst ihr besser beraten" deutet dann ja doch auf eine eher fragwürdige Einstellung und nicht unbedingt große Sachkenntnis hin. Wie war denn "die Konstellation" ???

    Gar nicht so selten, dass in Verbraucherverfahren bei Eröffnung hohe Forderungen bei mehreren Gläubigern (hier 30.000,- bei 8 Gl.) bestehen, die massiv die Zwangsvollstreckung betreiben und die Eröffnung allein schon zum Anlass nehmen, die Forderungen dann doch nicht weiter zu verfolgen und nicht anzumelden. Speziell wenn wie hier bei Eröffnung von einem masselosen Verfahren ausgegangen wird.

    Nun, gehen wir mal davon aus, und danach sieht es aus, dass ein Abschlag nach § 3 Abs. 2 e) InsVV nicht auf den Widerstand des Verwalters stößt

  • Es ist doch nicht gesagt, dass nicht doch noch Gläubiger anmelden. Schon deshalb ist das Verfahren weiterzuführen.
    Durch das GeriCht wäre in dieser Konstellation auch die Aufforderung der nachrangigen Gl zur Anmeldung durchzuführen. Meist wacht dabei ein normaler Gl auf und meldet an.

    Ansonsten könnte der Sch es ja mit einem Plan versuchen

  • Mein letzter Teil bezog sich auf mein Verfahren. ;) deswegen verstehe ich deine Aggressivität jetzt mal gar nicht. Wenn sich dein Verwalter auf einen Abschlag einlässt ist doch gut, bei mir würde er volles Geld kriegen. Und das es Konstellationen geben kann wo Gläubiger nicht anmelden also das Insolvenzverfahren sinnvoll ist, weiss ich auch.;)
    ich sehe aber die nicht ganz unerheblichen Verfahren (meist Betreute) wo die Schuldner zum Schluss einen ordentlichen Kostenbeitrag an der Backe haben oder der Verwalter was verwertet hat und die Schulden gar nicht so hoch waren, also das Insolvenzverfahren nicht sinnvoll war. Du kannst nämlich nicht davon ausgehen , dass an allen Gerichten nach RSB Erteilung auf Teufel komm raus gestundet wird. Und da wünsche ich mir eben Beratung der Schuldnerberatung. Denn wenn ich für jedes "das hat mir die Schuldnerberatung ganz anders erzählt" 100 Euro kriegen würde, müsste ich schon lange nicht mehr arbeiten. Aber macht was ihr wollt. :D:teufel:

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  • Das Insolvenzverfahren wurde vor dem 30.09.2020 beantragt, sodass die alte Fassung der InsO weiterhin Anwendung findet.

    Eventuell könnte das Verfahren nach § 212 oder § 213 InsO eingestellt werden. Dann kann aber keine RSB erteilt werden.

    Wenn im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet wurden, kann vorzeitig über die RSB entschieden werden. Ich bin der Meinung, dass der frühestmögliche Zeitpunkt dafür der Ablauf der Frist des § 189 InsO ist. In der Kommentierung gibt es aber auch andere Meinungen dazu.

    Wenn im Lauf des Verfahrens RSB erteilt werden sollte, dann muss die Insolvenzmasse unter Beachtung von § 300a InsO weiterhin verwertet werden. Oder man erreicht erst nach Erteilung der RSB die Einstellung das Verfahrens.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer


  • Wenn im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet wurden, kann vorzeitig über die RSB entschieden werden. Ich bin der Meinung, dass der frühestmögliche Zeitpunkt dafür der Ablauf der Frist des § 189 InsO ist. In der Kommentierung gibt es aber auch andere Meinungen dazu.

    Ich lese den Ausgangsfall so, dass die Verfahrenskosten bisher noch nicht gedeckt sind, somit dürfte es doch noch keine RSB geben. :gruebel:

  • Nun, gehen wir mal davon aus, und danach sieht es aus, dass ein Abschlag nach § 3 Abs. 2 e) InsVV nicht auf den Widerstand des Verwalters stößt

    Auch das ist, jedenfalls für mich fragwürdig, da ich ohne weitere Informationen nicht zum Schluss komme, dass die Vermögensverhältnisse überschaubar sind.

    Eindeutiger wird es hier:

    ....

    f. Eine außergewöhnlich hohe Zahl von Gläubigern rechtfertigt einen Zuschlag, eine entsprechende Abweichung vom Normalfall nach unten einen in der Höhe korrespondierenden Abschlag. BGH, Beschluss vom 11. Mai 2006 - IX ZB 249/04

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)


  • Wenn im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet wurden, kann vorzeitig über die RSB entschieden werden. Ich bin der Meinung, dass der frühestmögliche Zeitpunkt dafür der Ablauf der Frist des § 189 InsO ist. In der Kommentierung gibt es aber auch andere Meinungen dazu.

    Ich lese den Ausgangsfall so, dass die Verfahrenskosten bisher noch nicht gedeckt sind, somit dürfte es doch noch keine RSB geben. :gruebel:

    Aus dem Ausgangsfall geht das nicht eindeutig hervor. Nachdem ich den Sachverhalt noch einmal gelesen habe, komme ich zu dem Ergebnisse, dass man das auch so wie du verstehen kann.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Wenn im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet wurden, kann vorzeitig über die RSB entschieden werden. Ich bin der Meinung, dass der frühestmögliche Zeitpunkt dafür der Ablauf der Frist des § 189 InsO ist. In der Kommentierung gibt es aber auch andere Meinungen dazu.

    auch dafür halte ich vorher die Aufforderung nach 39 für erforderlich

  • Wenn im Insolvenzverfahren keine Forderungen angemeldet wurden, kann vorzeitig über die RSB entschieden werden. Ich bin der Meinung, dass der frühestmögliche Zeitpunkt dafür der Ablauf der Frist des § 189 InsO ist. In der Kommentierung gibt es aber auch andere Meinungen dazu.

    auch dafür halte ich vorher die Aufforderung nach 39 für erforderlich

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • dies ist zutreffend, im Ausgangsfall soltle jedoch zunächst das Fell des Bären erlegt worden sein :D

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  • Obwohl sich meine Frage eher auf die allgemeine Konstellation bezog, kurz noch mal zum speziellen Ausgangsfall.

    Es wurde 3 Jahre nach Eröffnung ein Vermögensanspruch, der erst während des eröffneten Verfahrens entstanden ist, verkauft.
    Die Kaufpreiszahlung erfolgt anteilig als Einmalzahlung und in Raten und über eine Dauer, die weit über die Laufzeit der Abtretungserklärung hinausgehen wird. Sonst passiert nichts, kein EInkommen, kein Vermögen, keine Anmeldungen.
    Leider wurde der Sachverhalt zu spät bekannt, also erst nach Beschluss "Gläubigerversammlung" (Zustimmung mangels Gläubiger nach 160 Abs. 1 InsO). Die Verfahrenskosten sind durch die Einmalzahlung gedeckt.
    Auch eine Nachtragsverteilung löst das "Problem" nicht ? Dann würde zwar nach § 300 Abs. 1 Nr. 1 InsO sofort RSB erteilt, aber die Verwertung der Masse liefe nach § 300a Abs. 1 Satz 2 dennoch weiter.

    Wie ich im Ausgangsposting schon schrieb, gehe ich ja auch davon aus, dass man in solchen Fällen ja nichts tun kann, was das Verfahren abkürzt. Bis auf die Frage, ob man eine sinnvolle von Regelvergütung abweichende Vergütung vereinbaren kann, was ja auch BGH so sieht.

    Und ansonsten: für die betroffene Schuldnerin ne schöne Sache. Geht mit jeder Menge Schulden und aussichtloser Perspektive in die Inso rein und kommt restschuldbefreit und mit kleinem neuen "Vermögen" aus der Inso raus und der IV freut sich über einen unerwarteten Hinzuverdienst, die Staatskasse hat keine Stundungsproblemforderung. Also alles gut und tschüß

  • Wenn die Verfahrenskosten gedeckt sind, kann doch RSB erteilt werden?! Und meines Erachtens dann trotz allem das Verfahren beendet werden, ggf. nach Aufforderung an die 39er Gläubiger. Wenn keine Anmeldungen vorliegen, würde ich zumachen und den halb verwerteten Gegenstand an die Schuldnerin freigeben. Wofür sollte das Verfahren denn fortgeführt werden? Für die Vergütung des Verwalters?

    "Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als dauernde Berufsunfähigkeit im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen." (Bundessteuerblatt) :D

  • Und meines Erachtens dann trotz allem das Verfahren beendet werden, ggf. nach Aufforderung an die 39er Gläubiger. Wenn keine Anmeldungen vorliegen, würde ich zumachen und den halb verwerteten Gegenstand an die Schuldnerin freigeben. Wofür sollte das Verfahren denn fortgeführt werden? Für die Vergütung des Verwalters?

    Und wo hast du die gesetzliche Grundlage dafür? Die InsO sagt das Verfahren ist zu führen bis die Masse vollständig verwertet ist

  • Eigentlich sagt § 1, dass das Ziel ist, die Gläubiger zu befriedigen „indem das Vermögen verwertet“ wird. Von einer Verwertung, die zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlich ist, finde ich da nichts.
    Dass die Befriedigung der Gläubiger allerdings erst beginnt, wenn die vorrangigen Forderungen (§§ 54, 55 InsO) beglichen bzw. begleichbar sind, ist klar.

    Eine Verwertung, die nicht mehr erforderlich ist, würde m.E. die Gefahr einer Haftung nach § 60 InsO nach sich ziehen, wenn dadurch Vermögenswerte verschleudert werden. Entsprechende Klagen habe ich gelegentlich auf dem Tisch, bisher jedoch durchgehend ohne Erfolg - was allerdings nicht ausschließt, dass irgendwann mal eine begründete dabei sein kann.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • 197 InsO: (1) Die Schlußverteilung erfolgt, sobald die Verwertung der Insolvenzmasse mit Ausnahme eines laufenden Einkommens beendet ist.

    Also nach Verwertung der gesamten Masse, nicht nach Verwertung von so viel das man denkt es reicht

  • Eigentlich sagt § 1, dass das Ziel ist, die Gläubiger zu befriedigen „indem das Vermögen verwertet“ wird. Von einer Verwertung, die zur Befriedigung der Gläubiger nicht erforderlich ist, finde ich da nichts.
    Dass die Befriedigung der Gläubiger allerdings erst beginnt, wenn die vorrangigen Forderungen (§§ 54, 55 InsO) beglichen bzw. begleichbar sind, ist klar.

    Eine Verwertung, die nicht mehr erforderlich ist, würde m.E. die Gefahr einer Haftung nach § 60 InsO nach sich ziehen, wenn dadurch Vermögenswerte verschleudert werden. Entsprechende Klagen habe ich gelegentlich auf dem Tisch, bisher jedoch durchgehend ohne Erfolg - was allerdings nicht ausschließt, dass irgendwann mal eine begründete dabei sein kann.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    Ergibt sich das nicht auch zwanglos aus § 803 I 2 ZPO, soweit die Norm im Inso-Verfahren anwendbar ist?

  • warum das Übermaßverbot im Insolvenzverfahren nicht gelten soll, vermag ch nicht erkennen. Hieraus folgt, dass eine Verwertung nicht mehr zu erfolgen hat, wenn gemäß dem Verfahrenszweck der Gläubigerbefriedigung diese abgeschlossen werden kann.
    Da der SV nunmehr konkretisiert wurde, tun sich 2 Dinge auf: zum einen, die Bemessung der Vergütung und ob dann noch Kostendeckung bereis gegeben ist, zum anderen die Aufforderung der Nachranggläubiger.
    Wenn sich keine Gläubiger bzw. nur Gläubiger melden, deren Forderungen nach Begleichung von Kosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten gedeckt werden können, ist Schlusstermin zu bestimmen, da es keinen Grund gibt, das Verfahren länger aufrecht zu erhalten.
    Irgendwie erinnert mich das an den Fall - lange for der BGH-Rechtsprechung, ob bei einem "leeren Schlussverzeichnis" die 7 Jhre Abtretungserklärung nach Verfharensaufhebung trotz Kostendeckung noch verstreichen müssen oder ob RSB erteilt werden kann (letzteres wurde vom BGH auch ! so gesehen und steht seit 2014 im Gesetz.

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    :daumenrau

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