Ablehnung Protokollierung Erbscheinsantrag auf Nachlassgericht

  • Ich bearbeite Nachlasssachen noch nicht so lange.

    Folgender Fall:

    Erblasserin hinterlässt Erbvertrag (mit vorverstorbenen Gatten), notarielles Testament sowie handschriftliche Notizen auf begl. Abschrift des notariellen Testaments (alles eröffnet und an alle Beteiligten bekannt gegeben).

    Im Erbvertrag war geregelt, dass nur die gegenseitige Alleinerbeinsetzung erbvertraglich bindend getroffen ist. Im Übrigen sind die Regelungen einseitig getroffen.
    Im notariellen Testament wurden Erben, Ersatzerben und Vermächtnisse bestimmt, die einseitigen Bestimmungen aus dem Erbvertrag wurden widerrufen.

    Die handschriftlichen Notizen sind zweifarbig. Auffällig sind auf meinen ersten (ungeübten) Blick auch zwei verschiedene Handschriften.
    Die farbigen Notizen sind Erbeinsetzung "entfällt", Unterstreichungen mit Pfeilen und Durchstreichungen und schlecht lesbare Anmerkungen. Kein Datum, keine Unterschrift.
    Notizen mit Kugelschreiber sind Ersatzerbeinsetzung durgestrichen, Ankreuzungen, Pfeile. Nach ca. der Hälfte Datum und Unterschrift der Erblasserin. Weitere Streichungen und Ankreuzungen.

    Jetzt wendet sich ein im notariellen Testament als Vermächtnisnehmer benannter an mich als Nachlassgericht mit der Bitte um Beurkundung eines Erbscheinsantrages, "da alle anderen Positionen gestrichen seien und er so als einziger bedacht ist und somit Erbe sei".

    Ich teile auch die Meinung er sei Alleinerbe nicht. Die farbige Passage zu Alleinerbeinsetzung "entfällt" ist nicht unterschrieben und somit - meiner Meinung nach - formunwirksam.

    Mit welcher Begründung könnte ich versuchen den Anfragenden "abzuwimmeln" und zum Notar zur Beurkundung zu schicken. An sich bin ich ja verpflichtet zur Protokollierung, aber ich habe hier erhebliche Bedenken. Ich kann doch nichts protokollieren, was - für mich - nicht richtig ist.

    Wäre für eure Meinungen sehr dankbar.

  • Mit welcher Begründung könnte ich versuchen den Anfragenden "abzuwimmeln" und zum Notar zur Beurkundung zu schicken.

    Mit keiner.

    Ich kann doch nichts protokollieren, was - für mich - nicht richtig ist.

    Wieso nicht?
    Du protokollierst bloß die Angaben des Antragstellers. Dieser ist für den Inhalt des Antrages verantwortlich.
    Du kannst ihm nicht das Recht nehmen einen (deines Erachtens) unbegründeten Antrag zur Niederschrift beim Gericht zu stellen. Das geht erst dann, wenn der Antrag offensichtlich rechtsmissbräuchlich wäre und das ist hier offensichtlich nicht der Fall.
    Du kannst den Antrag aber dann auch problemlos zurückweisen, wenn du ihn für unbegründet hältst. Der Höflichkeit halber würde ich bei Antragsaufnahme mitteilen, dass Zweifel an der Begründetheit des Antrages bestehen und ggf. auf die Kostenfolge hinweisen. Wenn auf die Abnahme bestanden wird, nimmt man den Antrag auf und weist ihn später halt zurück.


    Ich teile auch die Meinung er sei Alleinerbe nicht. Die farbige Passage zu Alleinerbeinsetzung "entfällt" ist nicht unterschrieben und somit - meiner Meinung nach - formunwirksam.


    Das sehe ich übrigens auch so. Ein Widerruf nach §2255 BGB dürfte nicht in Betracht kommen, da die Änderung nicht an der Testamentsurkunde selbst vorgenommen wurden.
    Ein formwirksamer Widerruf nach §2254 BGB scheint auch nicht vorzuliegen.

  • Der Rechtsmittelweg steht dem Antragsteller zur Überprüfung deiner ablehnenden Entscheidung offen, insofern ergibt die Protokollierung durchaus Sinn. Allein verweise ich höflich auf eine mögliche Argumentationshilfe durch den Notar und auf den Notar als "objektiven" Dritten, der die Sache vielleicht anders betrachten mag.

  • Der Rechtsmittelweg steht dem Antragsteller zur Überprüfung deiner ablehnenden Entscheidung offen, insofern ergibt die Protokollierung durchaus Sinn. Allein verweise ich höflich auf eine mögliche Argumentationshilfe durch den Notar und auf den Notar als "objektiven" Dritten, der die Sache vielleicht anders betrachten mag.

    Genauso habe ich es in meinem früheren Leben auf dem Nachlassgericht gehalten. Wenn ich der Ansicht war, dass ich den Erbschein nie erteilen würde, habe ich darauf hingewiesen, dass ich den Antrag zwar aufnehme, wenn darauf bestanden wird, aber die Argumente vom Antragsteller geliefert werden müssten. Ich empfahl die Aufnahme durch einen Notar. Entweder wurde ganz Abstand genommen oder ein Notar gewählt.

  • Mit welcher Begründung könnte ich versuchen den Anfragenden "abzuwimmeln" und zum Notar zur Beurkundung zu schicken. An sich bin ich ja verpflichtet zur Protokollierung, aber ich habe hier erhebliche Bedenken. Ich kann doch nichts protokollieren, was - für mich - nicht richtig ist.

    Der Notar ist neben uns zuständig, aber gewiss kein Auffangbecken für schwierige / problematische / von vornherein abzulehnende Anträge. Wie kommt man überhaupt auf den Gedanken? Wenn es tatsächlich einen Grund gäbe, dass der Antrag nicht aufgenommen werden dürfte, dann sähe die Sache beim Notar doch nicht anders aus.

  • Mit welcher Begründung könnte ich versuchen den Anfragenden "abzuwimmeln" und zum Notar zur Beurkundung zu schicken. An sich bin ich ja verpflichtet zur Protokollierung, aber ich habe hier erhebliche Bedenken. Ich kann doch nichts protokollieren, was - für mich - nicht richtig ist.

    Der Notar ist neben uns zuständig, aber gewiss kein Auffangbecken für schwierige / problematische / von vornherein abzulehnende Anträge. Wie kommt man überhaupt auf den Gedanken? Wenn es tatsächlich einen Grund gäbe, dass der Antrag nicht aufgenommen werden dürfte, dann sähe die Sache beim Notar doch nicht anders aus.

    Anträge, die nicht aufgenommen werden dürfen, gibt es im Erbscheinsverfahren so gut wie nie. Was es häufiger gibt, sind Anträge, die keine Aussicht auf Erfolg haben. Da ist es Aufgabe des Notars (und des Gerichts, soweit Beurkundungszuständigkeit besteht), auf das Stellen sachdienlicher Anträge hinzuwirken (arg. ex § 17 Abs. 1 BeurkG). Aber wenn trotz Belehrung beurkundet werden soll, wird beurkundet. Und beim Gericht gilt nichts anderes.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Allerdings bewegt sich der Notar im Gegensatz zum Rechtspfleger nicht auf dem schmalen Grad zwischen der Verpflichtung einen sachdienlichen Antrag aufzunehmen und dem Verbot der Rechtsberatung.
    Ich handhabe es auch so, dass ich bei Sachverhalten mit Beratungsbedarf auf die Möglichkeit der Beratung beim Anwalt, oder die Antragsaufnahme beim Notar hinweise. Wenn die Beteiligten auf Antragsaufnahme bei mir bestehen, nehme ich den Antrag natürlich auf.
    Dabei versuche ich durch Nachfragen an die Infos zu kommen, die ich brauche, damit dem Antrag stattgegeben wird. Je nach Sachlage gibt es entweder direkt im Termin den Hinweis, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden kann, oder zumindest den Hinweis, dass erst später geprüft und entschieden wird und die Möglichkeit der Zurückweisung besteht, sowie auf die Kostenfolge.
    Aber ich bevorzuge auch die Antragstellung beim Notar, insbesondere da ich auf diese Weise auch schon Anträge bekommen habe, die ich im ersten Moment für völlig falsch hielt, dann aber vom Notar eines Besseren belehrt wurde.
    Wäre der Antragsteller bei mir gewesen, hätte er ein anderes (evtl. schlechteres) Ergebnis bekommen, wenn man voraussetzt, dass ihm die Argumente des Notars auch nicht bekannt waren.
    So praktisch es in manchen Fällen seinen kann. Einen Antrag aufzunehmen, über den man selbst entscheiden muss kann sehr schizophren sein :D

  • Der Kern der Ausgangsfrage ist doch inwieweit ein Rechtspfleger die Protokollierung eines Antrages verweigern kann.

    Ich werfe deshalb einfach mal KG Berlin, Beschluss vom 09. Februar 2009 – 11 W 1/09 –, juris in den Ring.

    Zusammengefasst besagt die Entscheidung, dass die Protokollierung eines Antrags durch den Rechtsfleger in ganz besonderen Ausnahmefällen verweigert werden kann. Dass der Rechtspfleger den Antrag für unbegründet hält, gehört nicht dazu.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Im Ergebnis würde ich den Antrag aufnehmen, mit dem ausdrücklichen Hinweis, daß eine Rechtsberatung nicht erfolgen darf und gegebenenfalls die Möglichkeit der kostenpflichtigen Zurückweisung besteht.

  • Antrag und Begründung (mit dem vom Antragsteller vorgegebenen Wortlaut) zu Protokoll nehmen. Ggf. bei der Terminvereinbarung darauf hinwirken, dass der Antragsteller eine von ihm (oder ggf. einem Anwalt) vorbereitete Begründung zum Termin mitbringt.

  • Ich hatte auch schon Fälle, in denen im Erbscheinsantrag stand, dass die ausführliche Begründung durch einen Rechtsanwalt nachgereicht wird. Wenn zum Beispiel bei (behaupteter) Testierunfähigkeit seitenlange Ausführungen mit Ausfallerscheinungen und Beweisangeboten erforderlich sind, sprengt dies wohl irgendwann den Rahmen.

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