Ich bearbeite Nachlasssachen noch nicht so lange.
Folgender Fall:
Erblasserin hinterlässt Erbvertrag (mit vorverstorbenen Gatten), notarielles Testament sowie handschriftliche Notizen auf begl. Abschrift des notariellen Testaments (alles eröffnet und an alle Beteiligten bekannt gegeben).
Im Erbvertrag war geregelt, dass nur die gegenseitige Alleinerbeinsetzung erbvertraglich bindend getroffen ist. Im Übrigen sind die Regelungen einseitig getroffen.
Im notariellen Testament wurden Erben, Ersatzerben und Vermächtnisse bestimmt, die einseitigen Bestimmungen aus dem Erbvertrag wurden widerrufen.
Die handschriftlichen Notizen sind zweifarbig. Auffällig sind auf meinen ersten (ungeübten) Blick auch zwei verschiedene Handschriften.
Die farbigen Notizen sind Erbeinsetzung "entfällt", Unterstreichungen mit Pfeilen und Durchstreichungen und schlecht lesbare Anmerkungen. Kein Datum, keine Unterschrift.
Notizen mit Kugelschreiber sind Ersatzerbeinsetzung durgestrichen, Ankreuzungen, Pfeile. Nach ca. der Hälfte Datum und Unterschrift der Erblasserin. Weitere Streichungen und Ankreuzungen.
Jetzt wendet sich ein im notariellen Testament als Vermächtnisnehmer benannter an mich als Nachlassgericht mit der Bitte um Beurkundung eines Erbscheinsantrages, "da alle anderen Positionen gestrichen seien und er so als einziger bedacht ist und somit Erbe sei".
Ich teile auch die Meinung er sei Alleinerbe nicht. Die farbige Passage zu Alleinerbeinsetzung "entfällt" ist nicht unterschrieben und somit - meiner Meinung nach - formunwirksam.
Mit welcher Begründung könnte ich versuchen den Anfragenden "abzuwimmeln" und zum Notar zur Beurkundung zu schicken. An sich bin ich ja verpflichtet zur Protokollierung, aber ich habe hier erhebliche Bedenken. Ich kann doch nichts protokollieren, was - für mich - nicht richtig ist.
Wäre für eure Meinungen sehr dankbar.