Pfändbares Einkommen

  • Ich habe hier einen Schuldner, der leider nur sehr sporadisch an seinem Insolvenzverfahren mitwirkt.

    Ursprünglich hat er mitgeteilt, dass er seiner nicht erwerbstätigen Ehefrau sowie seinen beiden Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist. Aufgrund dieser Tatsache ergaben sich für die Dauer von mehreren Jahren scheinbar keine pfändbaren Einkommensbestandteile. Anhaltspunkte dafür, dass seine Ehefrau sowie mindestens ein Kind bereits seit längerem eigenes Einkommen haben, kamen überraschend (d.h. bei einem Gespräch mit seiner Tochter zu ganz anderen Fragen).
    Ich habe ihn daraufhin mehrfach erfolglos aufgefordert, mir eine entsprechende Auskunft zu erteilen.

    Meiner Vertreterin hat es im Herbst 2020 irgendwann gereicht, sie hat dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass zukünftig keine Unterhaltspflichten mehr zu berücksichtigen sind und er das pfändbare Einkommen hierher zu zahlen ist. Der Arbeitgeber ist dieser Aufforderung nachgekommen und der schuldner hat sich auch nur mäßig darüber beschwert.

    Im Rahmen eines Antrags, die Kinder und die Ehefrau nicht mehr als Unterhaltsberechtigte zu berücksichtigen, kam die Sache dann ins Rollen. Mittlerweile liegt ein Beschluss aus Sommer 2021 vor, dass nur noch der Sohn als unterhaltsberechtigte Person zu berücksichtigen ist.

    Ich gehe allerdings davon aus, dass ich bis zu diesem Beschluss alle hinsichtlich der Ehefrau und Tochter (die ab sofort keine Berücksichtigung mehr finden) eingenommenen pfändbaren Beträge an den Schuldner erstatten muss. Ist zwar materiell falsch, aber ohne Beschluss gelten die beiden Personen für die Vergangenheit doch als unterhaltsberechtigt?

    [Mal abgesehen davon, mit dem Schuldner eine wie auch immer geartete Vergleichsvereinbarung zu treffen.]

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • [Mal abgesehen davon, mit dem Schuldner eine wie auch immer geartete Vergleichsvereinbarung zu treffen.]

    Das wird wohl nur über die kalte Kühe, also dem sanften Hinweis auf einen Verstoß gegen die Mitwirkungspflichten und dessen möglicher Heilung gelingen.

    Einen direkten Anspruch gegen den Schuldner dürfte es da nicht geben, siehe BGH vom 03.11.2011, IX ZR 45/11, Rn. 17

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die Grundlage wäre, dass man Rückwirkung aussprechen kann für Beträge, bzgl. derer die ZV-Maßnahme noch nicht beendet ist. Jetzt kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass die ZV-Maßnahme noch nicht beendet ist, weil das Geld noch beim IV ist (Es ist ja nicht beim Schuldner, dann geht's natürlich nicht, eine Rückzahlungspflicht des Schuldners kann man nie begründen).

    Rückwirkende Beschlüsse, die nur zu einem "Behalten" von pfändbaren Beträgen führen, finde ich jetzt nicht allzu kreativ.

  • Die Grundlage wäre, dass man Rückwirkung aussprechen kann für Beträge, bzgl. derer die ZV-Maßnahme noch nicht beendet ist. Jetzt kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass die ZV-Maßnahme noch nicht beendet ist, weil das Geld noch beim IV ist (Es ist ja nicht beim Schuldner, dann geht's natürlich nicht, eine Rückzahlungspflicht des Schuldners kann man nie begründen).

    Rückwirkende Beschlüsse, die nur zu einem "Behalten" von pfändbaren Beträgen führen, finde ich jetzt nicht allzu kreativ.

    ne ! Wohltaten gehen rückwirkend (sofern noch nicht ausgezahlt) , alles andere nicht. Mal weg vom Insolvenzverfahren: das Vollstreckungsgericht ordnet rückwirkend an, dass seit drei Jahren ein UHB nicht zu berücksichtien sei..... oki, viel Spass im Einziehungserkenntnisverfahren gegen den arbeitgeber

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Die Grundlage wäre, dass man Rückwirkung aussprechen kann für Beträge, bzgl. derer die ZV-Maßnahme noch nicht beendet ist. Jetzt kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass die ZV-Maßnahme noch nicht beendet ist, weil das Geld noch beim IV ist (Es ist ja nicht beim Schuldner, dann geht's natürlich nicht, eine Rückzahlungspflicht des Schuldners kann man nie begründen).

    Rückwirkende Beschlüsse, die nur zu einem "Behalten" von pfändbaren Beträgen führen, finde ich jetzt nicht allzu kreativ.

    ne ! Wohltaten gehen rückwirkend (sofern noch nicht ausgezahlt) , alles andere nicht. Mal weg vom Insolvenzverfahren: das Vollstreckungsgericht ordnet rückwirkend an, dass seit drei Jahren ein UHB nicht zu berücksichtien sei..... oki, viel Spass im Einziehungserkenntnisverfahren gegen den arbeitgeber

    Für die Einziehung wäre es hier unproblematisch, rückwirkend seit Herbst 2020 anzuordnen. Seitdem hat der Arbeitgeber die (angeblichen) Unterhaltspflichten nicht mehr berücksichtigt.

    Mir kommt an dieser Stelle ohnehin die Verantwortung des Schuldners und ggf. Arbeitgebers etwas kurz.

    Hätte denn der Schuldner nicht selbstständig seinem Arbeitgeber die Veränderung seiner Unterhaltspflichten mitteilen müssen? Bzw. sollte/muss nicht der Arbeitgeber nicht in gewissen Zeitabständen mal bei seinem Arbeitnehmer entsprechend nachfragen? :gruebel: Wenn der AN nichts sagt, berücksichtigt doch sonst der Arbeitgeber ggf. bis zum Ausscheiden des Schuldners schon längst nicht mehr bestehende Unterhaltspflichten.

  • Wenn der AN nichts sagt, berücksichtigt doch sonst der Arbeitgeber ggf. bis zum Ausscheiden des Schuldners schon längst nicht mehr bestehende Unterhaltspflichten.

    Ist für die Korrektur nicht eher der Gläubiger verantwortlich :gruebel:.

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  • Sorry, aber das ist mir jetzt von der Argumentation nicht so ganz klar:
    hätte der Arbeitgeber die Unterhaltspflichten seit 2020 nicht mehr berücksichtigt, gäbe es ja kein Problem...
    Selbst wenn der Schuldner dies dem Arbeitgeber hätte mitteilen müssen, verändert dies aber die schuldbefreiende Leistung des Arbeitgebers nicht. Ich denke nicht, dass es eine Verpflichtung des Arbeitgebers gibt, ständig beim Arbeitnehmer nachzufragen, ob ein Unterhalsberechtiger verstorben ist oder eigenen Einkünfte hat. Arbeitsvertraglich mag eine Anzeigepflicht gegeben sein, eine Nachfragepflicht des Arbeitgebers sehe ich hier nicht, sofern sich nicht Anhaltspunkte aufdrängen.

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    :daumenrau

  • Laut Sachverhalt hat der Arbeitgeber seit Herbst 2020 die (vormaligen) gegenüber der Ehefrau und Tochter Unterhaltspflichten nicht mehr berücksichtigt.

    Die entsprechenden pfändbaren Beträge sind noch vorhanden. Falls man auf die Idee der Anordnung einer rückwirkenden Nichtberücksichtigung käme, könnte dieser Beschluss auch realisiert werden.

  • Meiner Vertreterin hat es im Herbst 2020 irgendwann gereicht, sie hat dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass zukünftig keine Unterhaltspflichten mehr zu berücksichtigen sind und er das pfändbare Einkommen hierher zu zahlen ist. Der Arbeitgeber ist dieser Aufforderung nachgekommen und der schuldner hat sich auch nur mäßig darüber beschwert.

    Ich verstehe gerade das Problem nicht - der Arbeitgeber hat nicht berücksichtigt und an Masse gezahlt.
    Da ist doch alles gut - Masse hat pfändbare Beträge und behält die

    Wenn der Sch gg diese Handhabung durch Seinen Arbeitgeberetwas hätte, müsste er diesen verklagen. Das gibt ihm keinen Anspruch gg dieMasse

    Allenfallsder Arbeitgeber könnte von der Masse etwas zurückverlangen ausungerechtfertigter Bereicherung. Fraglich ob er dies tut.

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