Palandt und Schönfelder: Abtritt mit 76 Jahren Verspätung

  • Natürlich tut die Umbenennung niemandem weh, aber ich sehe das skeptisch.
    Ähnlich wie bei der Änderung von Kinderbüchern geht der Trend dahin, durch solche Maßnahmen das Vergessen an die Stelle des Erklärens zu setzen.
    Die Geschichte kann nicht dadurch gelöscht werden, dass ich sie einfach ausblende.
    Wenn ich die Erinnerung aufrechterhalten will, muss ich mich damit auseinandersetzen. Eine entsprechende Einleitung im Sinne einer historischen Einordnung im Palandt und anderen hätte gereicht.

    Wenn die Bearbeitungen der betreffenden Juristen noch Teil des jeweiligen Kommentars wären, würde ich dem zustimmen. Aber sie sind es nicht mehr, im Falle Palandt waren sie es eigentlich nie, und die Verwendung des Namens als "Gattungsbezeichnung" ist eine noch erheblich weitergehende Reinwaschung als die Nichtverwendung.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Ich sage zu den Büchern "Palandt" und "Schönfelder". Wahrscheinlich werde ich auch für eine Weile nach den Umbenennungen "Palandt" und "Schönfelder" sagen. Die historischen Persönlichkeiten dahinter haben mir, bis ich diesen Thread gesehen habe, ehrlich gesagt überhaupt nichts gesagt - für mich sind beide Namen Bezeichnungen für Werke, nicht Personen, weil ich ihnen eben in ihrer Buchform erstmalig begegnet bin.

    Der Umbenennung stehe ich neutral gegenüber. Political correctness kann sprachlich anstrengende Blüten treiben, aber den Punkt sehe ich hier nicht erreicht. Dann werden die Werke halt umbenannt - na und? Ist nicht das erste Mal, dass das passiert, und es wird nicht das letzte Mal sein. Der Kalthoener wurde auch zum Büttner/Wrobel-Sachs bzw. jetzt Dürbeck/Gottschalk.

    So lange am Ende des Tages alle noch wissen, was gemeint ist, ist die Bezeichnung (außerhalb von Zitaten) doch zweitrangig. Und mal ehrlich: Aus den Online-Sammlung kopiert man schon mit Fundstellenbezeichnung und wenn ich doch einen Bücherband zitiere, schlage ich vorne nochmal den Zitiervorschlag nach und nehme den.

    TL;DR: Schöne Intention. m.E. überflüssig - insgesamt eine Diskussion um des Kaisers Bart.

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • geht mir ebenso wie bei Schnewittchen. Wir die hier im Forum aktiv sind, sind eben alle diese Werke gewohnt und damit wurden wir (in Buchform) juristisch sozialisiert. Der nächsten Generation wird es nicht anders gehen, die bekommen von den "Alten" (*hust*) immer noch das Werk Palandt oder Schöfelder genannt, obwohl die dann umbenannt sind. Bis der Dreher bzw. Dreher/Trödle sich ausgeblichen haben, wird es auch noch eine Weile dauern.

    was die Online-Ausgaben angeht, ja da kopiert man die Zitation raus und fertig. Auch ein Vorwort lese ich in der Online-Ausgabe doch eher seltender, beim Buch schon mal wenn man entsprechend aufschlägt. Ich würde das kritisch Auseinandersetzen auch nicht zu hoch hängen... man muss ja auch nicht das BGB umbenennen, auch wenn die Frau vor 70 Jahren noch die Zustimmung des Ehemannes für dies und jenes brauchte und jetzt das BGB ausdrücklich die Ehe "von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts" ausdrücklich zulässt. Es bleibt das BGB und sollte es bleiben.

    Auch wenn ich dann eine Ausgabe des Grüneberg etc. auf dem Tisch habe.. wird mir noch lange eben der "palandt" im Kopf rumgeistern... ansonsten auch klasse Beiträge von Ivo und Störtebecker.

    (eigentlich müsste man das Forum hier langsam den "Cromwell" nennen, dank seiner vielen und guten Beiträge!!) :D

  • (eigentlich müsste man das Forum hier langsam den "Cromwell" nennen, dank seiner vielen und guten Beiträge!!) :D

    1. Schleimer! :D:strecker
    2. Der Name griffe viel zu kurz. Du bist einfach nicht breit genug im Forum unterwegs, sonst hättest Du noch etliche andere Namen parat, die in ihrer Gesamtheit das Werk dann unaussprechlich werden ließen.

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • 1. Schleimer! :D:strecker

    nop... hat nichts mit Schleimen zu tun.

    Zitat


    Du bist einfach nicht breit genug im Forum unterwegs

    Widerspruch!!!!

    Zitat


    2. Der Name griffe viel zu kurz. [...], sonst hättest Du noch etliche andere Namen parat, die in ihrer Gesamtheit das Werk dann unaussprechlich werden ließen.


    Da gebe ich dir Recht, selbstverständlich gibt es auch noch eine gewisse Anzahl von anderen guten Leuten, welche das Forum "tragen" :D.. aber wir sollten weiterhin beim Thema bleiben !

  • Umbenennungen gibt es immer mal wieder, seien es Straßen, Städte (z.B. Chemnitz) oder sonstwas. Das Thema hier interessiert außerhalb der Juristerei keinen, und Juristen wissen die Personen einzuordnen. Nun ist es halt so, wayne.

    Viel spannender wird es, wenn die Geschlechterbenachteiligung, Ungleichbehandlung im Gesetzeswortlaut (in gefühlten 10.000 Gesetzen) mal abgeschafft wird. Schon die BRAO in der Überschrift kennt nur: " Der Rechtsanwalt". Selbst das AGG spricht nur von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. So wirklich gendergerecht ist wohl kaum.

    Das wird ein "Spaß" beim lesen. Kennt da jemand näheres dazu? Da muss es doch Bestrebungen geben.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

  • Viel spannender wird es, wenn die Geschlechterbenachteiligung, Ungleichbehandlung im Gesetzeswortlaut (in gefühlten 10.000 Gesetzen) mal abgeschafft wird. Schon die BRAO in der Überschrift kennt nur: " Der Rechtsanwalt". Selbst das AGG spricht nur von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen. So wirklich gendergerecht ist wohl kaum.

    Warum in die Ferne schweifen, ist das Gute doch so nah:

    Zitat

    § 12 RpflG, Bezeichnung des Rechtspflegers:
    Im Schriftverkehr und bei der Aufnahme von Urkunden in übertragenen Angelegenheiten hat der Rechtspfleger seiner Unterschrift das Wort "Rechtspfleger" beizufügen."

    Nix da Rechtspflegerinnen. ;)

    Was das angeht, halte ich es mit meinem verehrten Sir Terry Pratchett aus dem Handbuch für Assassinen, (Scheibenweltkalender 2001 - frei aus der Erinnerung zitiert): "Man lese Jungen für Mädchen, wo es angemessen ist. (...) Max Mustermann mag zwar verbal das weibliche Geschlecht für sich in Anspruch nehmen, ist aber trotzdem ein Junge. (...) Der nächste, der eine Diskussion hierüber anfängt, wird postwendend zum Schulleiter geschickt."

    Wobei es im Alltag natürlich nicht so einfach ist wie in einem Satireroman. Zu Recht.

    /Exkurs Ende

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • Bitte nicht mehr gendern: Mich nervt es nur, meinethalben alles in weiblicher oder diverer Form, aber *, er/innen nervt nur und macht nicht einfache Texte wirklich nicht verständlicher und an sich schlechte Gesetze nicht unbedingt besser.

    Und ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist, bestehende Diskriminierung zu beseitigen. Aber anderes Thema....

  • Bitte nicht mehr gendern: Mich nervt es nur, meinethalben alles in weiblicher oder diverer Form, aber *, er/innen nervt nur und macht nicht einfache Texte wirklich nicht verständlicher und an sich schlechte Gesetze nicht unbedingt besser.

    Und ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist, bestehende Diskriminierung zu beseitigen. Aber anderes Thema....

    :meinung:

  • Die Diskussion über die Weiternutzung solcher Namen finde ich richtig und wichtig. Ob die im Grunde ahistorische Neubenennung die richtige Entscheidung ist, mag ich nicht beurteilen.

    Die Initiative, die sich für die Umbenennung eingesetzt hat, palandtumbenennen.de, hat alternativ andere historische Namen, z.B. den Verleger Liebmann, vorgeschlagen.

    Auf der Webseite gibt es ein DLF-Interview mit dem Gründer der Initiative, Janwillem van de Loo, zu hören.

    Der bayerische Justizminister Georg Eisenreich hat sich ebenfalls für die Umbenennung eingesetzt, siehe z.B. dieses DLF-Interview
    https://www.deutschlandfunkkultur.de/juristische-st…ticle_id=500900
    oder auch die Pressemitteilungen des bay. Justizministeriums zu einer historischen Untersuchung
    https://www.justiz.bayern.de/presse-und-med…hiv/2021/60.php
    und zur Umbenennung
    https://www.justiz.bayern.de/presse-und-med…iv/2021/121.php

  • Danke Kai für die Anregungen zum Weiterdenken.
    Ich finde es mittlerweile das Allerwichtigste, dass unsere Gesellschaft abseits von cancel-culture und hate-speach wieder zu einem demokratischen Gedankenaustausch zurück findet.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

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