sehr hoher Betrag auf Girokonto

  • Hallo,
    ich habe hier ein Betreuungsverfahren übernommen. Der Betreute hat letztes Jahr sein Haus verkauft und hat dadurch einen sehr hohen Betrag ( 350.000 €) auf seinem Girokonto.
    Ich habe die Betreuerin angeschrieben, dass zumindest ein Tagesgeldkonto eröffnet werden soll, damit dort das meiste des Vermögens übertragen und ein Sperrvermerk eingetragen werden kann.
    Telefonisch hat die Betreuerin bereits erklärt, dass der Betreute kein weiteres Konto möchte, jetzt legt sie mir ein entsprechendes Schreiben von ihm vor.
    Darin führt er aus, dass er kein Online Banking benutze und das Management eines weiteren Kontos sehr schwierig sei und mehr Probleme als Nutzen brächte.
    Aus den Gründen lehne er ein weiteres Konto ab.
    Ich habe jetzt die Rechnungslegung geprüft und dem Betreuten eine Abschrift des Vermerks übersandt, in diesem Schreiben habe ich ihn nochmal ausdrücklich und ausführlich auf den Sperrvermerk hingewiesen und dass er zu seinem Schutz diene, ihm vorgeschlagen einen höheren Betrag auf dem Girokonto zu belassen, aber den Rest zu versperren.
    Daraufhin hat er sich nicht gemeldet.
    Laut Gutachten leidet er an einer mittelgradigen Depression mit Angstzuständen, die sich unter anderem in Antriebsstörungen äußert. Er ist "trotz etwas komplizierten Denkens" und depressiver Verstimmung sehr wohl in der Lage eine Betreuerbestellung abzuwägen, insofern verfügt er über einen freien Willen.
    Die Konzentrationsfähigkeit ist gut erhalten, kognitive Defizite konnten nicht erkannt werden.
    Ich schließe daraus, dass er geschäftsfähig ist und somit selbst entscheiden kann, wie sein Geld verwahrt wird, habe allerdings wegen der Höhe des Betrags echt Bedenken.
    Würdet ihr etwas veranlassen ?
    Vielen Dank für Eure Meinungen im Voraus.

  • Ich verstehe nicht, was die Sperre damit zu tun hat. Bei der Sperre geht es ja nur darum, dass der Betreuer nicht ohne Genehmigung des Betreuungsgericht verfügen darf. Nicht mehr, nicht weniger.
    Wenn der Betroffene geschäftsfähig ist und das wünscht, dann spricht nichts dagegen, es so zu lassen.
    Im Übrigen kannst du mE auch eine Anlage als Sparkonto nur anregen und es nicht zwingend verlangen.

  • Hallo,

    ungeachtet dessen sollte der Betreute m.E. nicht mehr als 100.000,-- Euro bei einem Geldinstitut haben, da die Haftung der Bank mW. nur bis zu diesem Betrag gewährleistet ist (Einlagensicherung). Eine Verteilung des Guthabens auf mehrere Geldinstitute wäre daher wohl überlegenswert.

    mfg

  • Hallo,

    ungeachtet dessen sollte der Betreute m.E. nicht mehr als 100.000,-- Euro bei einem Geldinstitut haben, da die Haftung der Bank mW. nur bis zu diesem Betrag gewährleistet ist (Einlagensicherung). Eine Verteilung des Guthabens auf mehrere Geldinstitute wäre daher wohl überlegenswert.

    mfg

    Und was ist mit dem Wunsch des Betroffenen? Ist der Betreuer sein „Vormund“? Wird der Betroffene mit Anordnung der Betreuung rechtlos? Darf ein Bürger nicht mehr als EUR 100.000,00 bei einer Bank deponieren? Und keine Werpapiere in einem Depot haben?

  • Ich verstehe nicht, was die Sperre damit zu tun hat. Bei der Sperre geht es ja nur darum, dass der Betreuer nicht ohne Genehmigung des Betreuungsgericht verfügen darf. Nicht mehr, nicht weniger.
    ...

    Was es mit dem Sperrvermerk zu tun hat, ist leicht erklärt:

    Über das Girokonto kann der Betreuer jederzeit frei verfügen. Bei einem unredlichen Betreuer wäre das fatal.

    Zur eigenen Absicherung würde ich den Betreuer auf alle Probleme eines so hohen Geldbestandes auf einem Girokonto hinweisen (inklusive der nur teilweise gegebenen Einlagensicherung). Außerdem sollte der Betroffene zur Anhörung geladen werden, um ihm auch noch einmal die Gefahren zu verdeutlichen.

  • Außerdem sollte der Betroffene zur Anhörung geladen werden, um ihm auch noch einmal die Gefahren zu verdeutlichen.

    Das halte ich für eine amtsmißbrauchende Gängelung des Betroffenen.

    Aber es steht natürlich jedem BetreuungsRechtspfleger im Rahmen seiner jährlichen Rechnungslegungsprüfung frei, den Betroffenen in seinem häuslichen Umfeld aufzusuchen.

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    “Das tolle am Internet ist, dass endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, dass es auch jeder tut.” Marc-Uwe Kling, Die Känguru Chroniken
    Wie oft kommt das vor? "Öfter als niemals, seltener als immer." Jack Reacher - Der Bluthund
    "Aufs Beste hoffen, fürs Schlimmste planen" Jack Reacher

  • Außerdem sollte der Betroffene zur Anhörung geladen werden, um ihm auch noch einmal die Gefahren zu verdeutlichen.

    Das halte ich für eine amtsmißbrauchende Gängelung des Betroffenen.

    Aber es steht natürlich jedem BetreuungsRechtspfleger im Rahmen seiner jährlichen Rechnungslegungsprüfung frei, den Betroffenen in seinem häuslichen Umfeld aufzusuchen.

    Mobile Betroffene werden regelmäßig nicht im häuslichen Umfeld aufgesucht, sondern zum Erscheinen im Gericht eingeladen.

    Ziel des Termins wäre auch nicht die von dir angeprangerte "amtsmißbrauchende Gängelung des Betroffenen", sondern eine (vorsorgliche) Absicherung für den zuständigen Rechtspfleger.

    Es gibt durchaus Schriftstücke, die Betroffene unterschreiben, weil es der Betreuer gern so wollte, ohne das vollständig zu überblicken.
    Wenn der Betreuer das Guthaben auf dem Girokonto abheben und verschwinden sollte, wäre es schlecht, wenn dann vielleicht herauskommt, dass der Betroffene die Risiken des hohen Guthabens auf einem Girokonto eigentlich gar nicht verstanden hatte.

  • Ziel des Termins wäre auch nicht die von dir angeprangerte "amtsmißbrauchende Gängelung des Betroffenen", sondern eine (vorsorgliche) Absicherung für den zuständigen Rechtspfleger.

    Wenn der Betroffene nicht erscheint, dann mit Zwangsgeldandrohung erneut laden oder wie würde es weiter gehen? Die Begündung wäre interessant. Zur Absicherung, das der Betroffene den zuständigen Betreuungsrechtspfleger auch verstanden hat, wird er wieder unter Androhung eines Zwangsgeldes erneut vorgeladen.

    Aber 80% der Betroffenen kommen ja zu Gericht, wenn von dort ein Brief kommt, wird schon klappen.

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  • Mir erscheint es auch übertrieben, den Betroffenen nochmal zu Gericht zu laden. Das bedeutet für ihn ja auch Stress und das ausgerechnet bei der Diagnose.
    Oder gibt es irgendwelche Hinweise, dass die Betreuerin unlauter sein könnte? Handelt es sich um eine Ehrenamtlerin (aber nicht aus dem befreiten Kreis) oder eine Berufsbetreuerin?

  • Mir scheint, es gibt (nicht nur in diesem Thread) in letzter Zeit einen irgendwie seltsamen Trend dazu, an die Stelle des freien Willens einer betreuten Person den (moralischen) Willen des/ der Rechtspflegers/ –Pflegerin oder des/ der Betreuers bzw. Betreuerin zu setzen.
    Nur zur Erinnerung: wir befinden uns zeitlich nach 1992 und § 1903 Abs. 3 BGB ist nach wie vor in Kraft.

  • Mir scheint, es gibt (nicht nur in diesem Thread) in letzter Zeit einen irgendwie seltsamen Trend dazu, an die Stelle des freien Willens einer betreuten Person den (moralischen) Willen des/ der Rechtspflegers/ –Pflegerin oder des/ der Betreuers bzw. Betreuerin zu setzen.
    Nur zur Erinnerung: wir befinden uns zeitlich nach 1992 und § 1903 Abs. 3 BGB ist nach wie vor in Kraft.

    Genau das ergibt sich doch bereits aus #1:


    Ich schließe daraus, dass er geschäftsfähig ist und somit selbst entscheiden kann, wie sein Geld verwahrt wird

    Es geht doch (insbesondere in den letzten Beiträgen) darum, sicher zu sein, dass der Betroffene die Sache versteht und dass die Entscheidung tatsächlich seinem freien Willen entspricht.

  • Wer als Rechtspfleger eine der gesetzlichen Vorgaben (§§ 1806, 1807, 1809 BGB) nicht beachtet, muss sich Rückfragen etwaiger Geschädigter gefallen lassen und insofern finde ich ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis nachvollziehbar.
    Denn wenn das Geld im Laufe der Zeit weniger wird, weil die Inflation mit Bankgebühren den Wert „vernichtet“, oder das Geld ganz weg ist, weil der Betreuer wegen der fehlenden Versperrung damit abgehauen ist oder der Einlagensicherungsfonds „nur“ 100.000 € bei der Bankpleite zahlt, hat man ein ordentliches Rechtfertigungsproblem.

    Wer den Betroffenen fragt, ob er auf diese Rechte verzichtet und der ausdrücklich zustimmt hat die Verantwortung genau dahin gebracht, wo sie hingehört:
    zum geschäftsfähigen Betroffenen. Wenn das Schreiben des Betroffenen also als authentisch einzustufen ist (und nicht etwa vom Betreuer „vorgefertigt“ wurde), kann man es m. E. nur so weiterlaufen lassen.

    Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.
    Mit freundlichen Grüßen
    Ihre Justizbehörde

  • Mir scheint, es gibt (nicht nur in diesem Thread) in letzter Zeit einen irgendwie seltsamen Trend dazu, an die Stelle des freien Willens einer betreuten Person den (moralischen) Willen des/ der Rechtspflegers/ –Pflegerin oder des/ der Betreuers bzw. Betreuerin zu setzen.

    Wer als Rechtspfleger eine der gesetzlichen Vorgaben (§§ 1806, 1807, 1809 BGB) nicht beachtet, muss sich Rückfragen etwaiger Geschädigter gefallen lassen und insofern finde ich ein gesteigertes Sicherheitsbedürfnis nachvollziehbar.

    Der gerichtlichen "Überwachung" unterliegt immer noch der Vormund bzw. Betreuer und nicht der Betroffene. Nur unter den Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB "oder von Amts wegen einen Betreuer" ist der volljährige Bürger der gerichtlichen Fürsorge unterworfen -> gaaaaanz wichtig hierbei: Richtervorbehalt!!!! Auch die Geldanlage verpflichtet (lediglich) den Betreuer, und nicht den Betroffenen. Klar, wenn der Rechtpfleger das "Problem" sieht, sollte man die Betroffenen (Betroffener und Betreuer) darauf ansprechen, aber wenn es nicht gewünscht wird, am Zustand etwas zu verändern, dann ist es eben immer noch die eigene Entscheidung des Betroffenen. Wenn der Rechtspfleger sieht, dass Aktien eines US-amerikanischen Brauseherstellers im Depot liegen, kommt ja auch kein Schreiben, dass Süßgetränke Karies fördern... :cool:

    Und bevor wieder Ideen aufkommen, das Geld doch (teilweise) im Schließfach zu bunkern, dann lieber auf dem Konto belassen, Stafzinsen hin oder her ;D

    Zitat

    Wer den Betroffenen fragt, ob er auf diese Rechte verzichtet und der ausdrücklich zustimmt hat die Verantwortung genau dahin gebracht, wo sie hingehört:
    zum geschäftsfähigen Betroffenen. Wenn das Schreiben des Betroffenen also als authentisch einzustufen ist (und nicht etwa vom Betreuer „vorgefertigt“ wurde), kann man es m. E. nur so weiterlaufen lassen.

    :meinung:

  • Danke für Eure Rückmeldungen.
    Aus meiner Sicht habe ich dem Betreuten eindringlich die Folgen der hohen Summen auf dem Girokonto geschildert, vielleicht kann ich ihm einen Termin am Gericht anbieten, oder alternativ, ein Telefonat.
    Wenn er darauf nicht reagiert werde ich die Sache laufen lassen.

  • Hallo,

    ungeachtet dessen sollte der Betreute m.E. nicht mehr als 100.000,-- Euro bei einem Geldinstitut haben, da die Haftung der Bank mW. nur bis zu diesem Betrag gewährleistet ist (Einlagensicherung). Eine Verteilung des Guthabens auf mehrere Geldinstitute wäre daher wohl überlegenswert.

    mfg

    Und was ist mit dem Wunsch des Betroffenen? Ist der Betreuer sein „Vormund“? Wird der Betroffene mit Anordnung der Betreuung rechtlos? Darf ein Bürger nicht mehr als EUR 100.000,00 bei einer Bank deponieren? Und keine Werpapiere in einem Depot haben?

    Gemach, gemach. Ich hatte bewusst die Begriffe "sollte" und "überlegen" gewählt. Zu der Sorge über Vermögen bzw. Vermögenssorge gehört mE. auch, den Betreuten auf gewisse Risiken hinzuweisen. Die Banken weisen ja selbst - allerdings kleingedruckt - auf dieses Risiko hin. Wenn der Betreute dies nicht möchte, wird da natürlich auch nix veranlasst.

    mfg

  • da die Haftung der Bank mW. nur bis zu diesem Betrag gewährleistet ist (Einlagensicherung). Eine Verteilung des Guthabens auf mehrere Geldinstitute wäre daher wohl überlegenswert.

    die 100.000,00 Euro sind die gesetzliche Einlagensicherung jeder in Deutschland zugelassenen Bank. Darüber hinaus haben Privatbanken, die dem Bundesverband deutscher Banken e.V. angeschlossen sind, meist eine höhere Absicherung, welche sich am Eigenkapital der Bank orientiert. Aber das ist variabel und nicht mehr mehrere hundert Mio wie früher aber immer noch meist höher als die gesetzlichen 100T€.

  • Zum einen sichern sich zumindest die Sparkassen intern gegenseitig in unbegrenzter Höhe ab.
    Zum anderen ist es aus der Praxis gesagt vollkommen unmöglich, bei einer Bank nur ein Geldmarktkonto zu bekommen um sagen wir mal 100 K zu parken. Die Bank verdient dabei nichts und zahlt selbst noch negativ Zins. Da kann ich aus der Praxis behaupten = Macht keine Bank

    Eröffnet man bei Bank X, sagen wir bei einer anderen Sparkasse ein Sparbuch, dann benötigt man dagegen wieder ein Girokonto. Das kostet auch wieder monatlich Geld usw. Dann kann man auch den sauren Apffel nehmen und die Stafzinsen zahlen. ( Ist jetzt grad bei der Sparda Bank in Mode gekommen )

  • Zum einen sichern sich zumindest die Sparkassen intern gegenseitig in unbegrenzter Höhe ab.

    Ich bin mir nicht sicher, ob das bei allen Sparkassen noch so ist.

    Die Gewährsträgerschaft ist passé. Man sollte sich die entsprechender Sicherungsbedtimmungen seiner Sparkasse bzw. seiner Genossenschaftsbank genau anschauen. Hab mir die einer Sparkasse in einem meiner Verfahren angeschaut. Ich würde nicht mehr als EUR 100.000,00 bei ihr anlegen. Was auch der Betreuer nicht getan hat.

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