2 Wohnungsrechte an einer Wohnung

  • Da mir meine hiesigen Kollegen nicht weiterhelfen konnten und auch die Suche nichts ergab, möchte ich gern euch um Rat bitten.

    Im Grundbuch ist in Abt. II ein Wohnungsrecht für einEhepaar eingetragen. Es lastet an der einzigen Wohnung im Obergeschoss mit dreiRäumen und wurde im Zuge der Auflassung an die Tochter T als Gegenleistunggewährt. Das Ehepaar lebt noch in dieser Wohnung und das Wohnungsrecht sollbestehen bleiben.
    Nun überlässt T den Grundbesitz an ihren Sohn und möchte imGegenzug mit ihrem Ehemann an eben dieser Wohnung ebenfalls ein Wohnungsrecht bestellthaben ohne Angaben von Bedingungen oder ähnlichem.
    Das Ehepaar des ersten Wohnungsrechtes stimmt der Auflassungzu (Wohnungsrecht soll aber, wie gesagt, bestehen bleiben).

    Beim Wohnungsrecht handelt es sich doch aber um einexquisites Recht! Es wird ja auch unter Ausschluss des Eigentümers gewährt undist nicht übertragbar. Ähnlich eines Mietvertrages, eine Wohnung kann ja nichtdoppelt vermietet werden.
    Ich bin deshalb der Meinung, dass die ganze Urkunde nichtausführbar ist und zurückzuweisen wäre, da das Wohnungsrecht, als Gegenleistungzur Auflassung so nicht eintragungsfähig ist.

    Nun die Frage, seht ihr das bei Darstellung desSachverhaltes auch so, oder übersehe ich was?

  • Ist das auch so zur Eintragung beantragt?

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    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Der Palandt verweist in meiner 75. Aufl. bei Rz. 7 zu § 1093 BGB auf BGH 46, 253 wegen der Bestellung mehrerer inhaltsgleicher Rechte für mehrere Personen.

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  • Die Auflassung und die Eintragung des Wohnungsrechtes ist beantragt.
    Das alte Wohnungsrecht soll explizit übernommen werden laut Urkunde

    Die Fundstelle des Palandt habe ich schon gefunden. Bin allerdings der Meinung, dass es in der Entscheidung einzig um die Bestellung des Wohnungsrechtes für Gesamtberechtigte innerhalb eines Rechte geht.
    Hier habe ich ein Recht von 1998 für Ehepaar als Gesamtbérechtigte und das neue Recht separat für ein anderes Ehepaar (de Kinder) als Gesamtberechtigte, aber eben jeweils

  • Als unproblematisch angesehen wird die Zulässigkeit mehrerer selbständiger inhalts- und ranggleicher Rechte an demselben Grundstück (Grundstücksteil) für jeweils einen anderen Berechtigten. So können anerkanntermaßen auch Wohnungsrechte für mehrere Personen, insbesondere Ehegatten und Geschwister, an demselben Grundstück hinsichtlich derselben Räume mit gleichem Rang derart bestellt werden, daß sie rechtlich voneinander völlig unabhängig sind und sich nur hinsichtlich der tatsächlichen Möglichkeit der Raumnutzung gegenseitig beschränken (RG HRR 1925 Nr. 880; BayObLGZ 1957, 322; OLG Oldenburg und Saage, DNotZ 1957, 317; Ripfel, Grundbuchrecht 1961 S. 151 7 c). -Zitat aus BGH 46 253 RdNr. 7

    damit müsste sich wenigstens die tatsächliche Raumnutzung unterscheiden. Was bei mir nicht der Fall ist. Es handelt sich bei beiden Rechten um die einzigen drei Räume des Obergeschosses

  • Siehe Rz. 7 und 12 der Entscheidung, wobei Du Rz. 7 ja schon zitiert hast...

    Die gegenseitige Beschränkung hinsichtlich der tatsächlichen Möglichkeit der Raumnutzung ist nicht Eintragungsvoraussetzung oder direkter Rechtsinhalt. Vielmehr handelt es sich um eine Beschränkung rein tatsächlicher Natur, die sich erst aus dem (identischen) Rechtsinhalt dieser mehreren Rechte ergibt. Für das GBA bei der Eintragung völlig irrelevant.

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  • vielen Dank für die sehr hilfreichen Antworten!
    Und so kommt plötzlich doch zur Eintragungsfähigkeit....

    Eine Frage dazu noch. Die beiden Berechtigten des bestehenden Wohnungsrechtes müssten meiner Meinung nach bei der Bestellung des Wohnungsrechtes als Betroffene doch zustimmen, oder? Kann ich die formgerechte Zustimmung zur Auflassung diesbezüglich umdeuten?

  • Die Berechtigten des bestehenden Wohnungsrechts sind durch die neue Eintragung grundbuchrechtlich nicht betroffen (siehe #7). Ihr Recht besteht unverändert fort.

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  • OLG München, Beschl. v. 17.6.2014 - 34 Wx 206/14


    Als neuere Entscheidung s. a. KG Berlin 1. Zivilsenat, Beschluss vom 08.01.2019, 1 W 344/18, Rz. 5:
    https://gesetze.berlin.de/bsbe/document/KORE204792019
    „Zunächst begegnet es keinen Bedenken, zwei selbständige Wohnungsrechte inhalts- und
    ranggleich an denselben Wohnräumen zu bestellen. Ausübungsstreitigkeiten sind
    nach § 1024 BGB zu lösen (Zitat: Bayer/Lieder a.a.O. Rdn. 468; Reymann a.a.O. Rdn. 20).“
    und die weiteren Nachweise bei Kazele im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.05.2021, § 1093 BGB RN 141 in Fußnote 225

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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