Rechtsnachfolgeklausel aufgrund notariellen Testaments, obwohl Testamentsanfechtung

  • Hallo,

    mir liegt ein Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel bzgl. eines KFBs auf die Erbin vor. Grundlage ist ein eröffnetes notarielles Testament. Dieses wurde jedoch im Nachlassverfahren angefochten (Testierunfähigkeit der Erblasserin). Ferner hat die Anfechtende einen Erbscheinsantrag nach gesetzlicher Erbfolge gestellt und stützt diesen auf ihre Testamentsanfechtung. Das Erbscheinsverfahren ist nicht entschieden.
    Kann ich als "Zivilrechtspfleger" aber doch die Rechtsnachfolgeklausel im Zivilverfahren erteilen, oder? Die Voraussetzungen gem. § 727 ZPO liegen mit dem eröffneten notariellen Testament vor.

    Oder gibt es andere fundierte Ansichten? Ich habe nichts dazu gefunden. In einem ähnlichen Fall an einem anderen Gericht (gleiche Parteien) ist die Erteilung der Klausel erfolgt; die Erinnerung dagegen wurde vom Abteilungsrichter zurückgewiesen.

    Bin sehr dankbar für eure Ansichten

  • Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch Erbschein.

    Der BGH hatte 2005 aber § 35 I GBO für entsprechend anwendbar erklärt und auch eine begl. Abschrift d. not. Testaments nebst Eröffnungsprotokoll für tauglich gehalten, NJW 2005, 2779.

    Allerdings: § 35 I ermöglicht in Zweifelsfällen ebenfalls, einen Erbschein zu verlangen. Und was sollte zweifelhafter sein als die hier geschilderte Konstellation.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Nachweis der Erbfolge grundsätzlich durch Erbschein.

    Der BGH hatte 2005 aber § 35 I GBO für entsprechend anwendbar erklärt und auch eine begl. Abschrift d. not. Testaments nebst Eröffnungsprotokoll für tauglich gehalten, NJW 2005, 2779.

    Allerdings: § 35 I ermöglicht in Zweifelsfällen ebenfalls, einen Erbschein zu verlangen. Und was sollte zweifelhafter sein als die hier geschilderte Konstellation.

    Die Entscheidung hab ich mir auch angesehen.

    Man muss dazu sagen, dass die gegnerische Partei an zahlreichen Gerichten bis hoch zum BGH seit Jahren über 100 Eingaben, Rechtsmittel, Klagen, "gegen alles und jeden", pp. führt, wobei immer wieder die Geschäftsfähigkeit thematisiert wurde. Auch liegen bereits mehrere Gutachten bei diversen Gerichten dazu vor, die nicht gegen eine Testierfähigkeit sprechen. Ich persönlich habe keine Zweifel an der Testierfähigkeit damals. Was ich ja aber als Zivilrechtspfleger nicht prüfe.
    Ich halte daher das eröffnete notarielle Testament für ausreichend als "öffentl. oder öffentl. beglaubigte Urkunde" im Sinne von § 727 ZPO. Es ist (bisher... Anfechtung?) nicht unwirksam, ein anderslautender Erbschein liegt nicht vor.

  • Ich halte daher das eröffnete notarielle Testament für ausreichend als "öffentl. oder öffentl. beglaubigte Urkunde" im Sinne von § 727 ZPO. Es ist (bisher... Anfechtung?) nicht unwirksam, ein anderslautender Erbschein liegt nicht vor.

    Bei fehlender Testierfähigkeit wäre das Testament von Anfang an unwirksam. Eine "Anfechtung" braucht es da nicht.

  • Ich halte daher das eröffnete notarielle Testament für ausreichend als "öffentl. oder öffentl. beglaubigte Urkunde" im Sinne von § 727 ZPO. Es ist (bisher... Anfechtung?) nicht unwirksam, ein anderslautender Erbschein liegt nicht vor.

    Bei fehlender Testierfähigkeit wäre das Testament von Anfang an unwirksam. Eine "Anfechtung" braucht es da nicht.

    Ich gehe doch aber von der Wirksamkeit des not. Testamentes aus, solange kein anderslautender Erbschein erteilt wird. Und der könnte nur erteilt werden, wenn die Testamentsanfechtung durchgreift.
    Was ich doch aber in der jetzigen Situation als Zivilrechtspfleger nicht prüfen muss, oder? Ich hab ein notarielles Testament, in welchem die Testierfähigkeit festgestellt wurde... :confused:

  • Die Erteilung der Rechtsnachfolgeklausel ist aus meiner Sicht möglich, das eröffnete notarielle Testament stellt den erforderlichen Nachweis im Sinne des § 727 ZPO dar.

    Grundsätzlich schon, klar.

    Aber mit der geschilderten Konstellation im Hintergrund würde ich nicht sehenden Auges eine Klausel erteilen wollen.

    Für mich schreit dieser Fall danach, einen Erbschein zu verlangen und wenn der nicht vorgelegt wird, den Antrag zurückzuweisen. Wenn sich besser bezahlte Chargen berufen fühlen, die Klausel zu erteilen, ist es wenigstens nicht auf meinem Mist gewachsen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Wenn du weißt, dass ein Gutachten zur Testierfähigkeit vorliegt, dass bestenfalls auch das Datum des Testaments umfasst, und dieses Gutachten "durch" ist, also Bestand hat und nicht weiter angefochten wurde, dann würde ich unter Verweis auf dieses Gutachten die Klausel erteilen.

  • Ich halte daher das eröffnete notarielle Testament für ausreichend als "öffentl. oder öffentl. beglaubigte Urkunde" im Sinne von § 727 ZPO. Es ist (bisher... Anfechtung?) nicht unwirksam, ein anderslautender Erbschein liegt nicht vor.

    Bei fehlender Testierfähigkeit wäre das Testament von Anfang an unwirksam. Eine "Anfechtung" braucht es da nicht.

    Ich gehe doch aber von der Wirksamkeit des not. Testamentes aus, solange kein anderslautender Erbschein erteilt wird. Und der könnte nur erteilt werden, wenn die Testamentsanfechtung durchgreift.
    Was ich doch aber in der jetzigen Situation als Zivilrechtspfleger nicht prüfen muss, oder? Ich hab ein notarielles Testament, in welchem die Testierfähigkeit festgestellt wurde... :confused:


    Ich glaube man muss ich mal gedanklich von dieser "Anfechtung" wegbewegen. Es gibt rechtlich keine Anfechtung wegen Testierunfähigkeit. Das ist kein gesetzlicher Anfechtungsgrund. Entweder der Erblasser war testierfähig oder er war es nicht. Im ersteren Fall ist das Testament so oder so unwirkam. Diese Frage ist entweder über eine Erbenfeststellungklage oder aber im Erbscheinsverfahren zu klären. Wäre nur diese "Anfechtung" in der Welt wäre das für mich daher unerheblich und ich würde es nicht beachten.

  • Ich halte daher das eröffnete notarielle Testament für ausreichend als "öffentl. oder öffentl. beglaubigte Urkunde" im Sinne von § 727 ZPO. Es ist (bisher... Anfechtung?) nicht unwirksam, ein anderslautender Erbschein liegt nicht vor.

    Bei fehlender Testierfähigkeit wäre das Testament von Anfang an unwirksam. Eine "Anfechtung" braucht es da nicht.

    Ich gehe doch aber von der Wirksamkeit des not. Testamentes aus, solange kein anderslautender Erbschein erteilt wird. Und der könnte nur erteilt werden, wenn die Testamentsanfechtung durchgreift.
    Was ich doch aber in der jetzigen Situation als Zivilrechtspfleger nicht prüfen muss, oder? Ich hab ein notarielles Testament, in welchem die Testierfähigkeit festgestellt wurde... :confused:


    Ich glaube man muss ich mal gedanklich von dieser "Anfechtung" wegbewegen. Es gibt rechtlich keine Anfechtung wegen Testierunfähigkeit. Das ist kein gesetzlicher Anfechtungsgrund. Entweder der Erblasser war testierfähig oder er war es nicht. Im ersteren Fall ist das Testament so oder so unwirkam. Diese Frage ist entweder über eine Erbenfeststellungklage oder aber im Erbscheinsverfahren zu klären. Wäre nur diese "Anfechtung" in der Welt wäre das für mich daher unerheblich und ich würde es nicht beachten.

    :daumenrau

  • Ich denke es ist eine Ermessensentscheidung.
    Wenn ich mir die erwähnte BGH Rechtsprechung mal anschaue:

    "Dabei kann die Forderung nach Vorlage eines Erbscheins in unklaren Fällen berechtigt sein (vgl. BGH, WM 1961, 479 [481]), wird jedoch - wie hier - ein eröffnetes öffentliches Testament vorgelegt, wird dies - entsprechend den Regelungen in § 35 I 2 GBO und § 41 I 2 der Schiffsregisterordnung - in der Regel als ausreichender Nachweis für die Rechtsnachfolge anzusehen sein."(NJW 2005, 2779, beck-online)

    und mir dann die KOmmentierung im 35 GBO mal anschaue:


    " Beachtliche Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers ergeben sich erst dann, wenn die erforderlichen Nachweise, etwa nervenärztliche Gutachten oder Urteile, zur Überzeugung des Grundbuchamtes dargebracht werden (OLG München MittBayNot 2015, 221 (222); Böhringer ZEV 2017, 68 (72); OLG Düsseldorf FGPrax 2018, 252 (253)). Daraus muss allerdings völlig unmissverständlich hervorgehen, dass die Testierfähigkeit nicht gegeben war."
    (BeckOK GBO/Wilsch, 43. Ed. 1.8.2021, GBO § 35 Rn. 124)


    stehe ich wohl auch auf der Seite der Klauselerteilung in deinem Sachverhalt.:daumenrau

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

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    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Vielen Dank ;) Ich habe die Klausel letzte Woche erteilt und wir lassen dann schlauere Leute entscheiden. Denn irgendein Rechtsmittel wird auf jeden Fall eingehen.

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