Studium ist objektiv unmenschlich

  • Keine Ahnung, warum sich anscheinend so Wenige darüber aufregen, aber ich möchte in der Hoffnung, auf Resonanz zu stoßen, mein Entsetzen über diese schreckliche und unmenschliche Laufbahn zum Ausdruck bringen:

    - es werden grundsätzlich in nahezu autistischer Monotie alle Vorlesungsinhalte, egal ob klausurrelevant oder nach Aussagen von Dozenten nur 1x alle 10 Jahre in Praxis vorkommend, fast ohne Pausen heruntergerattert bis die Aufmerksamkeit selbst mit gutem Willen nicht mehr standhalten kann
    - Klausurlösungstechnik ist grundsätzlich nicht Thema der Vorlesungen und auch nicht der Arbeitsgruppen (dort werden die Lösungen ebenfalls nur runtergerattert), Bücher hierzu jedoch fast gar nicht vorhanden, sondern nur allgemeinjuristische Werke
    - von Beginn an profitieren diejenigen mit juristischem Vorwissen und die absoluten Anfänger werden so behandelt als ob sie tatsächlich zu wenig wüssten und kriegen von Anfang an das Gefühl, in einem harten, schwer machbaren Studiengang zu sein
    - Dozenten beherrschen (jetzt in der Online-Lehre) keinerlei Methodik, den Stoff irgendwie anschaulich oder interessant zu gestalten; Die Technik beschränkt sich darauf, unnötigerweise auf etlichen Whiteboards das Gesagte herunterzukritzeln oder Tausende überfrachtete Folien zu zeigen, die viel zu schnell gewechselt werden
    - tägliches Nacharbeiten wird je Fach erwartet (ca. 1 Stunde mind.) obwohl meistens pro Tag 2 Fächer in der bisher erwähnten "Methodik" unterrichtet werden, sodass man keinen Nerv hat, 2-3 Stunden nachzuarbeiten
    - Nacharbeit allgemein ist kaum möglich, wenn man das schlecht Erklärte, zu schnell um die Ohren Gehauene aus den Vorlesungen schon nicht nachvollziehen konnte

    und dann die Klausuren selbst:
    - schlimm genug, dass ausnahmslos jede Klausur 5-stündig ist
    - darüber hinaus höchstens 1-2 Tage Pause zwischen Klausuren obwohl 6-9 im Block geschrieben werden
    - ständige Hintergrundängste, wegen Schlechtleistung rauszufliegen oder zum Personalgespräch geladen zu werden
    - jegliche Motivation, die man zu Beginn hatte, kann nur schwinden, vor allem wenn man als motivierter Anfänger ohne Vorkenntnisse und Vorwissen darüber, wie bescheuert das Ganze abläuft, ins Studium ging

    und dann noch die Tatsache, dass keiner was dazu sagst sondern sich mit dem Schicksal als gehobener dualer Jurastudent identifiziert und anscheinend meint das ist gut so dass man so viel leiden muss. Das Rechtspflegerstudium ist einfach unerträglich, unverschämt und eigentlich müssten sich überall die Studierenden zusammentun, beschweren, menschliche Zeiten zwischen den Klausuren und zum Üben allgemein, Kürzung des Stoffes auf das Wesentliche und noch vieles mehr verlangen. Das Studium ist wirklich ein schlechter Scherz.

  • Ich bin direkt nach dem Abi in das Studium eingestiegen, wie die meisten anderen auch und kann deine Kritik überhaupt nicht nachvollziehen.
    Nach etlichen Jahren Praxis kann ich dir auch bestätigen das die echten Fälle noch abstruse sind als jede Klausuridee.

  • danke für deine Antwort, auch wenn ich sie ebenfalls nicht nachvollziehen kann. Ich sehe das persönlich als objektiv zu hohe Leistungsanforderungen, dass man mind. 6 Klausuren fast ohne Pause jeweils 5 Stunden durchschreiben muss. Wenn man dazu Untersuchungen machen würde, ab wann da die Konzentration nachlassen MUSS, würde man eigentlich zu dem Ergebnis kommen, dass das, was dort Normalität ist, auch einem Gesunden eigentlich nicht zugemutet werden kann. Ich finde es trotzdem bzw. vor allem bemerkenswert, dass es doch so viele gibt, die damit zurecht kommen, verstehe aber absolut nicht wie.

    Und vor allem, dass die Unterrichtsweise derartig unpädagogisch ist, dass man es schon antipädagogisch nennen müsste, regt mich tierisch auf. Die Motivation ist bei mir extrem gesunken obwohl ich mich extrem auf alles gefreut hatte.

  • Wie so oft: AUS WELCHEM BUNDESLAND KOMMST DU?!
    Ist das so schwer, zumindest mal das Bundesland ins Profil zu schreiben?

    Mein Studium ist ja schon ein paar Jährchen her, aber das lief völlig anders ab und war auch für "Ungebildete" zu bewerkstelligen.
    Wem die Fachrichtung nicht liegt, kann wechseln. Es kann nicht jeder Architekt, Arzt, BWLer oder eben auch Jurist werden.

    Das mit den Klausuren war damals bei uns anders. Aber nicht bei den Finanzern. Da war das schon immer so.

    Im näheren Umfeld habe ich auch ein paar Leute, die in der freien Wirtschaft das duale Studium durch haben. Da wurden öfter auch mal zwei Klausuren an einem Tag geschrieben, eine vormittags, eine nachmittags.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Die Kritik kann ich größtenteils nicht nachvollziehen.

    Die Art des Vortrags, der konkrete Aufbau einer Vorlesung und das Skript sind sehr vom Dozenten abhängig. Da hatten wir viele gute Dozenten und einzelne, bei denen das dann irgendwie die Arbeitsgemeinschaft vor den Klausuren geradebiegen musste.

    Fünfstündige Klausuren sind hart. Das gilt vorallem dann, wenn man an aufeinanderfolgenden Tagen mehrere davon schreiben muss. Es ist aber machbar. Sinn der ganzen Veranstaltung ist, dass am Ende so viel Wissen vorhanden ist, dass man alles, für das man zuständig ist eigenständig ohne größere Probleme bearbeiten kann. Und genau dafür muss man lernen die ganzen ekelhaften Fallgestaltungen zu lösen. Nach dem Studium muss man das auf eigene Verantwortung können.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Diese Prüfungen dienen ja gerade dazu, die Arbeitsqualität unter hoher Belastung abzuprüfen. Auch der Test der Fähigkeit, mit seinen Ängsten und Überforderung umzugehen, ist bewusst Teil der Prüfungssituation. Letztendlich soll ein Jurist herangezogen werden, der auch unter hohem Druck systemkonforme, berechenbare Arbeitsergebnisse liefert.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Mich verwundert etwas, dass du subjektive Empfindungen als objektive Tatsachen hinstellst...

    Wie die Vorredner... 5-Stunden-Klausuren sind hart, aber machbar. Der Klausurenblock ist noch anstrengender, aber ebenso schaffbar, zumal man vor dem Block ja nicht mehr lernen, sondern das Wesentliche verinnerlicht haben sollte. Baldriantabletten und Feierabendbier helfen darüber hinaus Wunder. Dozenten können gut oder schlecht sein. Hier muss man auch berücksichtigen, dass da in der Regel keine Pädagogen, sondern Fach- und Volljuristen vor Einem stehen. Dem Einen liegts, dem anderen nicht, die Weiterbildungsbereitschaft im pädagogischen und didaktischen Bereich wird auch unterschiedlich ausgeprägt sein.

    Vielleicht solltest du an erster Stelle deine eigene Einstellung, deine Leistungsbereitschaft und vor allem dein Leistungsvermögen mal grundsätzlich hinterfragen. Das meine ich vollkommen wertfrei. Denn in der Regel ist nicht der Berg zu hoch, sondern der Bergsteiger (noch) zu schwach. Es kann ja gut sein, dass diese Art des Studiums und Studierens einfach "nichts für dich ist".

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Die Dozenten sind keine Pädagogen. Du bist ja auch nicht mehr in der Schule.

    Es gibt überall gute und schlechte Dozenten. Online haben die Dozenten vor Corona nicht unterrichtet. Das ist für alle neu und auch die Dozenten müssen sich da erst "reinfuchsen". Der eine kann es, der andere halt nicht. Habt ihr Eure Probleme auch mal an die Dozenten zurückgemeldet? Wenn da nichts zurückgemeldet wird, woher sollen die Dozenten denn wissen, dass was nicht o.k. ist? Klar gibt es immer welche, die trotz Rückmeldung "ihren Stiefel durchziehen". Aber die meisten sind durchaus gesprächsbereit und anpassungsfähig.

    Wenn Du nicht bereit bist, 2-3 Stunden täglich (oder halt auch mal am Wochenende) nachzuarbeiten, nachdem Du vormittags 2 Fächer hattest, dann hast du ein Problem. Du kannst nicht erwarten, dass Du alles aus den Vorlesungen "mitnehmen" kannst, damit Du Nachmittags frei hast. So lief das vielleicht in der Schule. Die ist jetzt aber vorbei. Ein Studium ist nun mal eine andere Hausnummer. Da ist auch Eigeninitiative und Selbstdisziplin gefragt. Wenn Du beides nicht hast oder nicht bereit bist, das einzusetzen, dann hast Du mit dem Rechtspflegerstudium die falsche Wahl getroffen. Du kannst Dir eben nicht aussuchen, wann Du in welche Vorlesungen gehst und wie lange Du für Dein Studium brauchst. Dafür bekommst Du ja (im Gegensatz zu "normalen Studenten") auch Geld vom Staat und der Staat erwartet im Gegenzug von dir, dass Du Dich dahinterklemmst und Dein Studium in den 3 Jahren durchziehst. Schließlich hast du den ganzen Tag Zeit, weil du z.B. nicht nebenbei jobben musst, um Deinen Lebensunterhalt zu verdienen.

    5-stündige Klausuren werden seit Jahrzehnten geschrieben. Daran ist nichts unmenschlich. Und mit 1-2 Tagen Pause zwischen jeder Klausur bist Du schon gut bedient. Zu meiner Zeit wurden 4 Klausuren in einer Woche geschrieben und in der Folgewoche nochmal 3. Da war dann jeweils nur der Mittwoch frei (und das Wochenende dazwischen natürlich ;)). Und auch hier: Du bist nicht mehr in der Schule, wo Du alle 14 Tage eine Klausur schreibst und dazwischen noch Vorbereitungsstunden mit dem Lehrer hast. Du studierst. Den Stoff solltest du schon während der Vorlesungszeit drauf haben und nicht erst unmittelbar vor der Klausur lernen. Die freien Tage zwischen den Klausuren sind nämlich nicht zum Lernen für die nächste Klausur gedacht, sondern zu Erholen.

    Man kann auch als "frischer" Abiturient das Rechtspflegerstudium packen. Das schaffen jedes Jahr seit Generationen "frische" Abiturienten. Man sollte als "frischer" Abiturient aber nicht erwarten, dass man behandelt wird wie in der Schule oder dass man so "durchflutscht" wie es in der Schule vielleicht möglich war. Das Rechtspflegerstudium ist für die meisten harte Arbeit - egal, ob juristisch vorgebildet oder nicht. Diese Arbeit muss man auch bereit sein, zu leisten.

    Möglicherweise haben Dir die letzten beiden "Corona-Jahre" (verständlicherweise) schon sehr zugesetzt und jetzt bist Du enttäuscht, dass es "so weiter geht". Ich habe den Eindruck, dass Du völlig falsche Vorstellungen vom Rechtspflegerstudium hattest und zwar sowohl hinsichtlich der Art der Wissensvermittlung als auch hinsichtlich des erforderlichen "Arbeitseinsatzes" Deinerseits. Kann passieren. Nur dafür können die Dozenten nichts. In welchem Studienabschnitt bist Du eigentlich? Kann es sein, dass Du vor zwei Wochen erst angefangen hast und nun "erschlagen" bist?

    Die Wahrheit geht manchmal unter, aber sie ertrinkt nicht.
    (Ungarisches Sprichwort)

    Einmal editiert, zuletzt von Auguste (16. August 2021 um 11:42) aus folgendem Grund: Schreibfehler korrigiert

  • Zustimmung zu #9 und #10.

    Darin wurde eigentlich alles gesagt.

    Die Sache ist wesentlich anspruchsvoller als das Ablegen des - je nach Bundesland von den Anforderungen her ohnehin abgesunkenen - Abiturs.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Naja, objektiv schaffbar ist das Studium, machen ja die Kollegen ständig.

    Es ist sicher schwerer als zu meiner Zeit und das finde ich nicht gut. Es gibt ja auch nicht umsonst die Diskussion, um die hohe Zahl der Abbrecher.
    Vor allem ist die Bezahlung hinterher nicht angemessen, aber darum geht es ja hier nicht.

    Es ist halt keine Schule mehr und das Lernen ist ein anderes als in einer Schule. Ist bei einer Uni aber auch.

    Da hilft dann nur ne Schüppe Kohlen mehr drauflegen oder es sein lassen.


  • Das Rechtspflegerstudium ist einfach unerträglich, unverschämt und eigentlich müssten sich überall die Studierenden zusammentun, beschweren, menschliche Zeiten zwischen den Klausuren und zum Üben allgemein, Kürzung des Stoffes auf das Wesentliche und noch vieles mehr verlangen. Das Studium ist wirklich ein schlechter Scherz.

    Da gibt es nur einen Rat: Studiere was anderes oder am Besten gar nicht.

  • Echt jetzt?

    Da sagt jemand:


    - nahezu autistischer Monotie aller Vorlesungsinhalte
    - absolute Anfänger werden so behandelt als ob sie tatsächlich zu wenig wüssten
    - Dozenten beherrschen keinerlei Methodik
    - Nacharbeit allgemein ist kaum möglich, wenn man das schlecht Erklärte, zu schnell um die Ohren Gehauene aus den Vorlesungen schon nicht nachvollziehen konnte

    [U]nd anscheinend meint das ist gut so dass man so viel leiden muss.

    und kritisiert damit auch eklatante Schwächen bzw. Ungerechtigkeiten eines Systems und als Antwort kommt hauptsächlich

    Zitat von all


    - Hab' Dich nicht so.
    - Das war schon immer so. Und weil ich den Quatsch erdulden musste, darf das System für Dich nicht besser sein.
    - Kann man nix machen.
    - Es liegt an Dir.
    - Corona eben.

    Lest Ihr euch das nochmal durch oder drückt Ihr gleich auf senden?

    Dies ist ein guter Tag um zu sterben. Folgt mir.

  • Didaktik wird tatsächlich weder erwartet, noch gefördert.
    Das ist schon eine Unverschämtheit.


    Das Wort "unmenschlich" erachte ich aber als höchst unpassend.
    Das trifft auf die Bedingungen zu, in denen Kinderarbeit obligat ist, Näherinnen in Bangladesch etc.

    die Wortwahl ist natürlich ein bisschen heftig, aber ich finde es schon treffend, weil man meiner Meinung nach nicht von einem Menschen erwarten kann, das geforderte Maß an Konzentration stundenlang täglich aufrechtzuerhalten. Es wird nun mal einfach stillschweigend hingenommen, dass man regelmäßig an seine Grenzen stößt (mehrere Stunden am Stück zuhören ohne dass die Konzentration sinkt ist objektiv unmöglich), wobei allgemein einfach der Zustand entsteht, dass die Anwärter stolz darauf sind das auszuhalten statt an einem kritischen Dialog teilnzunehmen und mal an ein paar Verbesserungen an der ganzen Laufbahn in Zusammenarbeit mit den Dozenten und Einstellungsbehörden mitzuwirken. Das Problem ist einfach dass die meisten Schiss haben, bei einem kleinen Mucks rausgeworfen zu werden und stattdessen das Leid als etwas Tolles darstellen weil sie Groß sind wenn sie das überwinden.
    Und anscheinend wird auch in dem WIssen, dass so mancher aus nervlicher Überforderung abbricht oder einfach nicht kann, ein Plus an Anwärtern pro Jahrgang aufgenommen. Und das finde ich schon unmenschlich, wenn man weiß, dass hier und da jemand wegen Burnout wegbrechen wird.

  • danke für deine Zustimmung, ich habe ja zumindest wichtige einzelne Punkte genannt, die tatsächlich einfach überlesen werden bzw. zusammenfassend damit beantwortet werden dass es machbar ist, ich für das Studium ungeeignet sei etc. Ist aber gut zu wissen, dass irgendwer das auch so sieht.

  • Damit scheidet die HWR Berlin als beklagte Einrichtung ja schon einmal aus. Eine weniger...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Damit scheidet die HWR Berlin als beklagte Einrichtung ja schon einmal aus. Eine weniger...

    mein Post ist nicht als Kritik gegen eine einzelne Hochschule zu sehen, es geht ja um die Einrichtung des Studiengangs als solchen. Dass die Klausuren mit kaum Pausen durchgeschrieben werden, es Vorlesungen/Arbeitsgruppen bis zum Wochenende vor der Klausur gibt, die Lehrmethoden extrem unoptimal sind, das ist ja nirgendwo anders in dieser Laufbahn.
    Um welche Uni es geht lasse ich daher bewusst offen.

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