Erbeinsetzung durch Pflichtteil?

  • Liebes Forum,

    folgender interessanter Fall:

    Eigenhändiges Ehegattentestament. Der Längstlebende verstirbt.

    Die Ehegatten hatten sich selbst zu Alleinerben eingesetzt.
    Das Testament ist bezüglich des 2. Erbfalls nun wie folgt formuliert:

    Schlusserben sollen unsere beiden Kinder A und B wie folgt sein:
    A soll den Pflichtteil erhalten, und B soll das übrige Vermögen erhalten.


    B beantragt nun einen Alleinerbschein.

    Ich frage mich, ob die Eltern wirklich das Kind A enterben wollten (die Formulierung spricht nicht dafür) und sie vielleicht wollten, dass A Erbin zu 1/4 werden sollte.

    Was meint ihr?

    LG

    Einmal editiert, zuletzt von DippelRipfl (24. August 2021 um 13:36) aus folgendem Grund: Schreibfehler.

  • Ich mache kein Nachlassrecht, aber wenn ich trotzdem mitspielen darf (man wurde ja mal dafür ausgebildet):
    Ich stimme dir zu, dass A Miterbe sein soll. A ist eindeutig im Testament in Höhe des Pflichtteils als einer der Schlusserben bedacht, somit nicht als ein gesetzlicher Erbe testamentarisch ausgeschlossen. Er würde m.E. keinen schuldrechtlichen Pflichtteilsanspruch aus dem Gesetz geltend machen, sondern zieht seine Berechtigung aus dem Testament selbst. Das macht A m.E. zum Testamentserben.

    Die Testatoren haben ja auch eindeutig "Schlusserben" (Mehrzahl!) geschrieben. Damit scheidet m.E. auch ein bloßer Vermächtnisanspruch aus.

    (Ich überlasse das Feld jetzt wieder den Nachlassprofis. :))

    "Multiple exclamation marks", he went on, shaking his head, "are a sure sign of a diseased mind." (Sir Terry Pratchett, "Eric")

  • A soll den Pflichtteil erhalten

    A beantragt nun einen Alleinerbschein.

    Ist das ein Versehen, beantragt vielleicht B den ES?


    Die Formulierung "Schlusserben sollen sein" spricht für eine Erbeinsetzung. Andererseits wird es doch einen Grund geben, dass A nicht ausdrücklich zu 1/4 eingesetzt wurde. Warum von einem Pflichtteil sprechen, wenn man jemanden als Erben einsetzt?

    Hier würde ich Vortrag von A und B einholen, denke ich. Und im Zweifel auf die Auslegungsregel des § 2304 BGB zurückgreifen.

  • Schneewittchen: nein, manchmal ist es gut, kein "nachlassprofi" zu sein (würde mich auch nicht als solcher bezeichnen wollen) und statt Wald auch noch die unterschiedlichen Bäume zu erblicken. Machmal - gerade in Auslegungsfragen - hilft da der gesunde Menschenverstand ohne zuviel Kenntnisse von Regel Ausnahme und Rückausnahme unter denen sich die "profis" verirren...

    in der Sache sehe ich ebenfalls A auf den Anteils des Pflichtteils (1/4) als originären testamentarischen Erben eingesetzt, und B eben für den Rest (3/4).
    Wenn A und B Schlusserb"en" sein sollen, dürfte in einem privatschriftlichen testament der § 2304 BGB nicht greifen (Wer kennt den als Normalbürger diese Auslegungsregel?) Als Normalbürger würde ich für einen solchen Fall, wenn der eine nur den Pflichtteil erhalten soll formulieren: "B wird Erbe, A bekommt nur den Pflichtteil..."

  • Und welcher "Normalbürger" kennt den Begriff "Schlusserbe"?

    Mir kommt das sehr nach "abgemalt" vor, weil das Internet vor erbrechtlichen "Empfehlungen" geradezu überschwappt.

    Es ist einfach der Testierwille der testierenden Ehegatten zu ermittel und diese Ermittlung ist noch nicht erfolgt. Ich hätte den überlebenden Ehegatten schon nach dem ersten Sterbefall gefragt (und es aktenkundig gemacht), wie das gemeint war. Dann bräuchte man heute nicht zu spekulieren.


  • in der Sache sehe ich ebenfalls A auf den Anteils des Pflichtteils (1/4) als originären testamentarischen Erben eingesetzt, und B eben für den Rest (3/4).
    Wenn A und B Schlusserb"en" sein sollen, dürfte in einem privatschriftlichen testament der § 2304 BGB nicht greifen (Wer kennt den als Normalbürger diese Auslegungsregel?)

    Ob sie beide Erben sein sollen, ist doch gerade die Frage. "Erbe" und "Pflichtteil" passen nicht zusammen. Offensichtlich haben die Testatoren einen der Begriffe falsch verwendet. Welchen, können wir nur aus dem Wortlaut nicht erkennen.

    Ob sie die Auslegungsregel kannten, ist m.E. ohne Relevanz. Die Regel ist ja keine Anweisung an die Testatoren, sie soll angewandt werden, wenn man nicht feststellen kann, was gewollt war.
    (Wer die Regel kennt, wird sich in der Regel so ausdrücken, dass man nicht auf sie zurückgreifen muss, da er/sie sich des Problems bewusst ist).

  • Ja logisch, B beantragt den Alleinerbschein. Danke, habe ich korrigiert

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