Erstattungsfähigkeit Terminsvertretung i.S.v. § 5 RVG

  • Hallo zusammen,

    ich habe gerade einen - wie ich finde - kniffligen Fall auf dem Tisch. Vielleicht kennt sich ja jemand von euch aus bzw. würde mich eure Meinung interessieren.

    Der Klägervertreter beantragt seine Gebühren zur Kostenfestsetzung. Zusätzlich verlangt er für drei Termine fiktive Reisekosten (Mandant wohnt im Gerichtsbezirk, Klägervertreter hat seinen Sitz am 3. Ort).

    Der Beklagte wendet nun ein, die fiktiven Reisekosten seien nicht Erstattungsfähig, da auf den drei Rechnungen der Terminsvertreter der Klägervertreter genannt ist und nicht der Kläger selbst genannt wurde und somit diese als Terminsvertreter i.S.v § 5 RVG aufgetreten sind. Somit sei nur die 1,2 Terminsgebühr voll erstattungsfähig. Daneben gibt es keine fiktiven Reisekosten. Vorgebracht wird folgende Rechtsprechung: OLG Stuttgart, B. v. 21.07.2017 - 8 W 321/15.

    Daneben finde ich aber auch andere Rechtsprechungen zB LG Flensburg, B. v. 24.07.2018 - 8 T 3/17 welche die fiktiven Reisekosten als erstattungsfähig ansehen.

    Was würdet ihr festsetzen bzw als Erstattungsfähig ansehen? Ich würde mich dem LG Flensburg anschließen. Da die Kosten der Terminsvertreter die fiktiven Reisekosten übersteigen hätte ich nur die fiktiven Reisekosten bis zum entferntesten Ort im Gerichtsbezirk festgesetzt, aber doch nicht gar nichts… :confused:

  • Ich habe einen ähnlichen Antrag, dort wird ebenfalls vom Antragsgegner die Entscheidung OLG Stuttgart, B. v. 21.07.2017 - 8 W 321/15 zitiert.

    Nun argumentiert Gerold/Schmidt/Müller-Rabe aber gegenteilig.

    Dort ist man der Ansicht, dass fiktive Kosten nur statt tatsächlich angefallener Kosten geltendgemacht werden können (soweit so gut).

    Die fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten könne man nun statt der tatsächlich entstanden Kosten des Unterbevollmächtigten geltend machen.

    Begrenzt wird dies durch die Höhe der fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten bzw. durch die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten des Unterbevollmächtigten, die günstigere Variante ist zu wählen.
    (vgl.: Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, 25. Aufl. 2021, RVG VV 3401 Rn. 136b-137b)

    z.B.:
    UB Kosten 500 EUR, (f.) Reisekosten 400 EUR > 400 EUR erstattungsfähig
    UB Kosten 200 EUR, (f.) Reisekosten 300 EUR > 200 EUR erstattungsfähig

    Nachdem der G/S bei uns der "Hauptkommentar" ist, würde ich mich grds. auch deren Meinung anschließen. :gruebel:

    Was sagt Ihr dazu?

    nec temere nec timide

    Einmal editiert, zuletzt von Kostnix (29. September 2021 um 11:34)


  • Da hat Müller-Rabe seine Meinung wohl inzwischen geändert. Ich bin allerdings weiter der Ansicht, dass es sich nicht um Kosten der Partei handelt, wenn die Rechnung an den Prozessbevollmächtigten adressiert ist. Damit entfällt auch ein Erstattungsanspruch des Gegners. Es ist auf das Vertragsverhältnis abzustellen. Und wenn die Rechnung an den Prozessbevollmächtigten gerichtet ist, dann besteht das Vertragsverhältnis eben nicht zwischen dem Ubv und der Partei und dann gibts auch nix fiktiv zu erstatten.

  • Wenn die Rechnung des UBV auf den PBV adressiert ist, argumentiere ich mit § 10 RVG, dass die Rechnung an den Auftraggeber mitgeteilt werden muss. Adressat ist PBV, also liegt nahe, dass der Auftraggeber auch der PBV selbst ist.
    Wenn dann sogar noch irgendwo in der Akte die Terminsvollmacht drin ist, wirds interessant. Wenn die Terminsvollmacht ausdrücklich vom PBV erteilt ist à la "hiermit erteilen wir, RAe Meier, der Kanzlei RAe Müller & Coll. Terminsvollmacht, um uns im Termin XY zu vertreten" ist dies eine Sache zwischen den beiden Kanzleien und keine Kosten der eigenen Partei. Erst recht sind es keine Kosten, die der Gegner zu erstatten hat.

    Sofern der Terminsvertreter/UBV »namens und im Auftrag« der Partei über den Verfahrensbevollmächtigten den Auftrag erhält, schuldet auch die vertretene Partei die Vergütung des Terminsvertreters/UBV.25
    Erteilt der Verfahrensbevollmächtigte/HBV im eigenen Namen den Auftrag, so schuldet er die Vergütung des Terminsvertreters/UBV.

    Bischof / Jungbauer / Bräuer / Klipstein / Klüsener / Kerber, RVG, 9. Auflage 2021, Nr. 3401 VV, Rn. 24

    Siehe auch BGH, B. v. 13. Juli 2011, - IV ZB 8/11; U. v. 29. Juni 2000, - I ZR 122/98; KG Berlin, B. v. 07. Juni 2018, - 25 WF 17/18.

    Für den Fall der Beauftragung des UBV im eigenen Namen ist der UBV lediglich der den Termin wahrnehmende Erfüllungsgehilfe des PBV, welcher für ihn die Terminsgebühr verdient (vgl. auch BGH, B. v. 11. Juli 2006, - VI ZB 13/06; OLG Stuttgart, B. v. 21. Juli 2017, - 8 W 321/15).

    Die Kosten des UBV, welche vom PBV zu zahlen sind, sind keine Auslagen nach Vorbem. 7, welche von der Partei zu tragen sind. Der PBV ist durch den Anwaltsvertrag mit dem Mandanten grundsätzlich zur persönlichen Erfüllung der originären Pflichten verpflichtet. Der Rechtsanwalt hat seine aufgrund des Anwaltsvertrags zu erbringenden Dienste im Zweifel in Person zu leisten (§§ 675 Abs. 1, 613 Satz 1 BGB)
    (LG Düsseldorf, B. v. 15.07.2020, - 25 T 399/19)
    Das LG Düsseldorf ist glücklicherweise "mein" LG und hat diese Meinung auch nochmal mit B. v. 23.07.2021, - 20 T 36/21 gehalten.

  • Die Kosten des UBV, welche vom PBV zu zahlen sind, sind keine Auslagen nach Vorbem. 7, welche von der Partei zu tragen sind. Der PBV ist durch den Anwaltsvertrag mit dem Mandanten grundsätzlich zur persönlichen Erfüllung der originären Pflichten verpflichtet. Der Rechtsanwalt hat seine aufgrund des Anwaltsvertrags zu erbringenden Dienste im Zweifel in Person zu leisten (§§ 675 Abs. 1, 613 Satz 1 BGB)
    (LG Düsseldorf, B. v. 15.07.2020, - 25 T 399/19)
    Das LG Düsseldorf ist glücklicherweise "mein" LG und hat diese Meinung auch nochmal mit B. v. 23.07.2021, - 20 T 36/21 gehalten.


    Zu diesem Argument -> so auch das OLG Hamm hier ... (für mich allerdings keine überzeugende Begründung)

    » Die meisten Probleme entstehen bei ihrer Lösung. «
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