Voraussetzungen öffentliche Zustellung, § 185 ZPO

  • Ich teile die Auffassung, dass bloße EMAs nie ausreichen. Nachfragen beim Arbeitgeber (soweit bekannt), bei Nachbarn/Hausmeister der letzten Anschrift, Familienmitgliedern (soweit bekannt) Geschäftspartnern (soweit bekannt - hatte mal einen angeblich unbekannten Ex-RA, natürlich wussten seine ehemaligen Kanzleikollegen, wie seine Privatanschrift war), dem letzten Vermieter etc. sind Standard. Wer das nicht bringt, bekommt auch keine öffentliche Zustellung...........Mit freundlichen Grüßen AndreasH


    hier beruft sich die antragstellende Partei auf den Datenschutz. Die Nachbar*innen bezögen sich auf die Datenschutzgrundverordnung.
    Und auch das Nennen der Nachbar*innen dürfe nicht erfolgen, da dies die Nachbar*innen ausdrücklich erklärt hätten.

    Gut, das glaube ich nicht, muss aber trotzdem damit umgehen.

    Habt ihr Ideen?

  • hier beruft sich die antragstellende Partei auf den Datenschutz. Die Nachbar*innen bezögen sich auf die Datenschutzgrundverordnung.
    Und auch das Nennen der Nachbar*innen dürfe nicht erfolgen, da dies die Nachbar*innen ausdrücklich erklärt hätten.

    Gut, das glaube ich nicht, muss aber trotzdem damit umgehen.

    Habt ihr Ideen?

    :gruebel: Der antragstellenden Partei aufzugeben, beim Einwohnermeldeamt die Durchführung örtlicher Ermittlungen zu beantragen?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • In meinem Teilungsversteigerungsverfahren hat sich herausgestellt, daß der Antragsteller mit dem Antragsgegner über WhatsApp in Kontakt stand.

    Manchmal glaubt man es ja nicht :roll:
    Aber mal rein praktisch in so einem Fall (Kontakt über Social Media): wie geht's dann weiter? Dem Antragsteller wird aufgegeben, zunächst mal per WhatsApp nach der Anschrift zu fragen? Und wenn die Auskunft nicht erteilt wird - öffentliche Zustellung bewilligen nach dem Motto: er hatte seine Chance?

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • In meinem Teilungsversteigerungsverfahren hat sich herausgestellt, daß der Antragsteller mit dem Antragsgegner über WhatsApp in Kontakt stand.

    Manchmal glaubt man es ja nicht :roll:
    Aber mal rein praktisch in so einem Fall (Kontakt über Social Media): wie geht's dann weiter? Dem Antragsteller wird aufgegeben, zunächst mal per WhatsApp nach der Anschrift zu fragen? Und wenn die Auskunft nicht erteilt wird - öffentliche Zustellung bewilligen nach dem Motto: er hatte seine Chance?

    Ich habe dem Antragsteller aufgegeben, daß er durch notarielle eidesstattliche Versicherung (wenn dann richtig!) glaubhfaft macht, daß diese Möglichkeiten, die ich ihm genannt habe und zu denen unter anderem die sozialen Medien gehören, zu keinem Erfolg geführt haben. Hätte er das getan, hätte ich die öffentliche Zustellung bewilligt. In meinem Fall kam es dann eben doch noch zu einer rechtsgeschäftlichen Auseinandersetzung.

  • Ich habe dem Antragsteller aufgegeben, daß er durch notarielle eidesstattliche Versicherung (wenn dann richtig!) glaubhfaft macht, daß diese Möglichkeiten, die ich ihm genannt habe und zu denen unter anderem die sozialen Medien gehören, zu keinem Erfolg geführt haben. Hätte er das getan, hätte ich die öffentliche Zustellung bewilligt. In meinem Fall kam es dann eben doch noch zu einer rechtsgeschäftlichen Auseinandersetzung.

    Danke, klingt gut.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • In meinem Teilungsversteigerungsverfahren hat sich herausgestellt, daß der Antragsteller mit dem Antragsgegner über WhatsApp in Kontakt stand.

    Manchmal glaubt man es ja nicht :roll:
    Aber mal rein praktisch in so einem Fall (Kontakt über Social Media): wie geht's dann weiter? Dem Antragsteller wird aufgegeben, zunächst mal per WhatsApp nach der Anschrift zu fragen? Und wenn die Auskunft nicht erteilt wird - öffentliche Zustellung bewilligen nach dem Motto: er hatte seine Chance?

    a) ja in Stufe 1
    b) aber dann bei Erfolglosigkeit ggf. selbst über WhatsApp nachfragen. Problem dabei ist nur, ob man es hat. Bei einem E-Mail-Kontakt haben wir das hier schon so gemacht. Und Achtung: Wenn man einen solchen Kontakt schon hat, dürfte es geboten sein, wenn weiterhin keine Adresse kommt (so wie in unserem Fall hier), die ergangene Entscheidung da auch auf diesem Medium zu übermitteln.

    und zu den Datenschützern: Die Verweigerung der anderen Mieter, Daten weiterzugeben, muss man akzeptieren. Die Verweigerung der anderen Mieter, selbst genannt zu werden, halte ich dagegen für fraglich.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    P.S. Für die Aufgabe einer notariellen eV sehe ich keine Rechtsgrundlage, wegen der zusätzlichen Kosten und des fehlenden zusätzlichen Mehrertrags. Für eine normale eV schon, das iat ein probates Mittel der Glaubhaftmachung.

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (26. März 2022 um 09:17) aus folgendem Grund: P.S.

  • Vermutlich eine Frage der Verhältnismäßigkeit. In ZV habe ich die Erfahrung gemacht, dass niemand eine Immobilie einfach so verwaist zurücklässt. Irgendjemand weiss da immer Bescheid. Wie in der höchstrichterlichen Entscheidung zum 6 ZVG, wo sich später herausgestellt hat, dass die neue Anschrift über die Grundsteuerstelle bekannt gewesen wäre. Folge: Wegen der unwirksamen Zustellung hat die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen begonnen und der Schuldner konnte noch Jahre später Zuschlagsbeschwerde einlegen.

  • P.S. Für die Aufgabe einer notariellen eV sehe ich keine Rechtsgrundlage, wegen der zusätzlichen Kosten und des fehlenden zusätzlichen Mehrertrags.

    Die Mittel zur Glaubhaftmachungen werden zusätzlich zur Verhältnismäßigkeit auch davon abhängen, was der Kläger/Gläubiger/Antragsteller belegen kann und was nicht.

    Saenger/Ullrich/Siebert, ZPO-Formulare, ZPO § 185 Rn. 11 und 17:

    Zitat

    In Ermangelung entsprechender Unterlagen mag das Ergebnis einzelner Nachforschungen auch durch Vorlage einer entsprechender eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht werden. […] An die Feststellung der Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung sind grundsätzlich hohe Anforderungen zu stellen. Es müssen daher alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft werden, den derzeitigen Aufenthalt des Zustellungsempfängers zu ermitteln.

    Und Achtung: Wenn man einen solchen Kontakt schon hat, dürfte es geboten sein, wenn weiterhin keine Adresse kommt (so wie in unserem Fall hier), die ergangene Entscheidung da auch auf diesem Medium zu übermitteln.

    Ohne Rechtsgrundlage? :) Wenn der Beklagte/Schuldner/Antragsgegner sich dem Verfahren absichtlich entzieht, indem er seine zustellfähige Anschrift nicht bekannt gibt, sehe ich keine Veranlassung, ihn im Detail zu informieren, obwohl sich das Gericht später nicht auf diese Art der Übermittlung berufen könnte. Teilt man derart dagegen nur allgemein mit, daß dennoch Entscheidungen ergehen werden oder bereits ergangen sind, könnte man ihn so vielleicht noch motivieren.

  • Ich meinte nur, dass für die Anordnung einer notariellen eV keine Rechtsgrundlage besteht.

    Eine eV ist nicht deswegen eine eV, weil sie beim Notar abgegeben wird. Eine eV ist eine eV, weil das Gesetz eine solche Erklärung ausdrücklich zulässt. Wo das Gesetz eine solche Erklärung zulässt, bedarf es oft keiner notariellen Form. Wo das Gesetz eine solche Erklärung nicht zulässt, ist auch eine notariell abgegebene "eV" keine eV, sondern ein teurer Zettel mit irgendeiner Erklärung.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

    P.S. Bei der Glaubhaftmachung der Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung ist eine eV möglich, weil das Gesetz die "Glaubhaftmachung" vorsieht. Dazu reicht eine schriftliche Erklärung aus, bei der der Erklärende versichert, in Kenntnis der strafrechtlichen Folgen einer Abgabe einer falschen Erklärung zu handeln, bei der er hinreichend erkennbar ist und bei der er bestimmte Tatsachen schildert. Notariell muss dabei gar nichts sein.

    Einmal editiert, zuletzt von AndreasH (29. März 2022 um 06:38) aus folgendem Grund: P.S.

  • Noch ne` Fundstelle (OLG Zweibrücken Beschl. v. 8.12.2017 – 4 W 64/17; Aufenthalt in Costa Rica):

    "Unabhängig davon dürfte es sich für den Kläger anbieten, den Beklagten unter der ihm bekannten E-Mail-Adresse erneut anzuschreiben mit der Aufforderung, binnen angemessener Frist eine ladungsfähige Anschrift anzugeben und/oder einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland zu benennen zwecks Vermeidung der öffentlichen Zustellung (vgl. BGH, Urteil vom 06.12.2012 a.a.O, Rdnr. 19; OLG Frankfurt NJW 2009, 2543, 2544). Reagiert der Beklagte darauf nicht, kann er sich später u.U. wegen Rechtsmißbrauchs nicht auf die Unwirksamkeit einer sodann angeordneten öffentlichen Zustellung berufen (vgl. BGH, NJW-RR 2008, 1310; Fischer, LMK 2013, 342575)."

  • Alles klar. "In grundbuchtauglicher Form" -> sitzt in den Knochen. Und warum "ist es geboten", die Entscheidung an die e-Mail Anschrift zu übermitteln?

    Hier ist mal eine OLG-Entscheidung durchgegangen, in der eine Bekanntgabe (nicht zu verwechseln mit Zustellung) an die bekannte Benachtürichtigungsadresse gefordert worden ist. Müsste nachsehen, ob ich die wiederfinde.
    Grund ist aber klar: Der Aushang an der Gerichtstafel ist die praktisch einzige Art der Bekanntgabe, bei der praktisch keine Chance besteht, dass der Empfänger jemals davon Kenntnis erlangt. Und wenn man das Bemühen um Bekanntgabe erbst nimmt, dann ist die Übermittlung an eine E-Mail-Adresse - unter der der Betroffene erreichbar war/ist - allemal besser als die Veröffentlichung im Amtsblatt.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Hier ist mal eine OLG-Entscheidung durchgegangen, in der eine Bekanntgabe (nicht zu verwechseln mit Zustellung) an die bekannte Benachtürichtigungsadresse gefordert worden ist.

    Hätte ich gerade hier nicht für notwendig gehalten, weil der Gegner über die sozialen Medien von dem Verfahren weiß. Ihm ist bekannt, daß er für eine wirksame Bekanntgabe (§ 166 Abs. 1 ZPO) seine Anschrift mitteilen muß und was geschieht, wenn er es nicht tut. Damit ist er meiner Ansicht nach weniger schutzwürdig, als es andere wären, die von einem Verfahren keine Ahnung haben.

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