Voraussetzungen öffentliche Zustellung, § 185 ZPO

  • Hallo zusammen,

    ich habe einen Antrag auf öffentliche Zustellung auf dem Tisch. Bisher waren meine Fälle immer eindeutig und die Voraussetzungen lagen vor.

    Nunmehr ist der Beklagte unbekannt verzogen. Der Klägervertreter legte eine negative Einwohnermeldeamtsauskunft vor. So wie in zahlreichen Kommentaren beschrieben akzeptierte ich diese allein nicht, da diese nicht ausreicht und bat um weitere Nachforschungen.

    Nunmehr legte mir der Klägervertreter einfach drei weitere negative Einwohnermeldeamtsauskünfte vom 14.07., 15.07. und 19.07. vor.
    Zwar steht in den Kommentaren, dass eine Einwohnermeldeamtsauskunft nicht ausreichend ist, aber die Vorlage mehrerer so kurz aufeinanderfolgender Online-Auskunftsanfragen sehe ich trotzdem als kritisch an, was sagt ihr? Würdet ihr dies als Nachweis des unbekannten Aufenthalts gelten lassen oder noch weitere Nachforschungen verlangen?

  • Das fällt wohl in den Bereich des untauglichen Versuchs.

    Das würde mir nicht ausreichen, eine (oder drei zeitgliche) Auskünfte ersetzen keine Ermittlungen vor Ort oder zumindest eine qualifizierte EMA-Auskunft.

  • Ich weiß, dass es allgemein so gehandhabt wird.

    Aber mal ehrlich, wenn ein Schuldner unbekannt verzogen ist, dann ist er weg. Was soll / kann ich denn tun. Der berühmte Detektiv kostet ordentlich Geld und im Zweifel, Ausnahmen sind natürlich denkbar, lohnt spätestens dann die Sache nicht mehr. Damit wird die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung ein Stück weit entwertet.

    Man sollte nicht vergessen, dass der Schuldner gezielt für eine Unzustellbarkeit gesorgt hat.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich weiß, dass es allgemein so gehandhabt wird.

    Aber mal ehrlich, wenn ein Schuldner unbekannt verzogen ist, dann ist er weg. Was soll / kann ich denn tun. Der berühmte Detektiv kostet ordentlich Geld und im Zweifel, Ausnahmen sind natürlich denkbar, lohnt spätestens dann die Sache nicht mehr. Damit wird die Möglichkeit der öffentlichen Zustellung ein Stück weit entwertet.

    Man sollte nicht vergessen, dass der Schuldner gezielt für eine Unzustellbarkeit gesorgt hat.

    Es hat hier niemand einen Derektiv gefordert. Manchmal reicht es schon aus nach ein paar Wochen noch einmal eine EMA zu machen. Teilweise findet man dann eine neue Anschrift.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Bei mir wurde der Detektiv schon des Öfteren gefordert, deshalb meine ernst gemeinte Frage: "Was ist erforderlich (und zumutbar)?"

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  • Danke für eure Antworten und Einschätzungen.

    Gegs: An den unbekannten Aufenthalt stellt der BGH sehr große Anforderungen, da die öffentliche Zustellung sehr einschneidend ist. Ja, auch ich finde, dass die Einwohnermeldeämter sich in Deutschland vernetzen müssten, sodass es bei einem Umzug des Schuldners oder wem auch immer einfacher ist dessen Adresse herauszufindenden. Die Anforderungen werden aber oft von verschiedenen Gerichten verschiedenst beurteilt.

    Oft vertreten und verlangt werden Nachfragen beim zuständigen Postamt, ob dort ein Nachsendeauftrag eingerichtet wurde. Allerdings halte Ich das für sinnlos, da bei einem Nachsendeauftrag die Post ja an der neuen Adresse zugestellt werden kann und damit keine öffentliche Zustellung notwendig wird.

    Zumutbar ist ansonsten der Versuch, falls die Handynummer oder E-Mail-Adresse des Schuldners bekannt ist, auch dort versuchen ihn zu erreichen und nach einer Adresse zu fragen. Manchmal ist auch der (alte) Arbeitgeber bekannt und man kann dort nachfragen. Oder beim alten Vermieter oder Angehörigen.

    Ansonsten geben viele Rechtsanwälte oft an, dass Angehörige nicht ermittelt werden konnten und ein Vermieter und/oder Arbeitgeber nicht ausfindig gemacht werden konnte bzw. dort auch keine andere Adresse vorliegt. Das würde mir reichen, wobei ich dann entsprechende Nachweise über eine Anfrage fordere, da ansonsten jeder Rechtsanwalt dies einfach behaupten könnte. Einen Detektiv habe ich nie gefordert und habe ich auch bei unseren Richtern noch nie gesehen.

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    Oft vertreten und verlangt werden Nachfragen beim zuständigen Postamt, ob dort ein Nachsendeauftrag eingerichtet wurde. Allerdings halte Ich das für sinnlos, da bei einem Nachsendeauftrag die Post ja an der neuen Adresse zugestellt werden kann und damit keine öffentliche Zustellung notwendig wird.

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    So sinnlos ist das nicht, wenn das Gericht eben nicht durch die Deutsche Post zustellen lässt (sondern durch einen anderen Anbieter).


    Zum Umfang der zumutbaren Ermittlungen vor Bewilligung der öffentlichen Zustellung hatten wir kürzlich hier diskutiert:

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1214612

  • Ich würde es auch immer davon abhängig machen, um was es geht.

    Bei einem stinknormalen, kleinen KFB wäre ich mit der qualifizierten EMA zufrieden.

    Würde es sich um einen "dicken" Insolvenzschuldner handeln, würde ich durchaus einen Herrn Matula haben wollen.

  • Was ist eine Rechtspflegeinspektorin?

    Es geht nicht darum, ob das eine oder mehrere Anfragen ans Meldeamt waren. Es geht darum, dass eine Abfrage dieser Daten alleine nicht genügt sondern weitere (=andere) Ermittlungen anzustrengen sind. Was das konkret bedeutet, hängt vom Sachverhalt ab. Internet (Gesichtsbuch uä, Telefonbücher...), Arbeitgeber anfragen, GV anfragen, andere Abteilungen des Gerichts abfragen (manche Personen beschäftigen ja viele Abteilungen)…

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Ich teile die Auffassung, dass bloße EMAs nie ausreichen.
    Nachfragen beim Arbeitgeber (soweit bekannt), bei Nachbarn/Hausmeister der letzten Anschrift, Familienmitgliedern (soweit bekannt) Geschäftspartnern (soweit bekannt - hatte mal einen angeblich unbekannten Ex-RA, natürlich wussten seine ehemaligen Kanzleikollegen, wie seine Privatanschrift war), dem letzten Vermieter etc. sind Standard. Wer das nicht bringt, bekommt auch keine öffentliche Zustellung.

    Da wird einiges an Missbrauch von Antragstellern getrieben, daher kann man kaum vorsichtig genug sein (z.B. wird eine EMA für die letzte Geschäftsanschrift vorgelegt - klar, dass da niemand je mit Wohnsitz gemeldet war u.ä). Die meisten Anträge lesen sich so, als habe noch nie jemand irgendeine Kommentierung zu § 185 ZPO geschrieben (geschweige, dass der Prozessbevollmächtigte eine solche in den bei ihm herumstehenden Kommentaren gefunden hätte) und dann ist das Erstaunen groß, wenn das Gericht die kennt und deren fallangepasste Umsetzung verlangt. Als wäre die negative EMA-Auskunft die Dokumentation göttlicher Wahrheit.

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich teile die Auffassung, dass bloße EMAs nie ausreichen. Nachfragen beim Arbeitgeber (soweit bekannt), bei Nachbarn/Hausmeister der letzten Anschrift, Familienmitgliedern (soweit bekannt) Geschäftspartnern (soweit bekannt - hatte mal einen angeblich unbekannten Ex-RA, natürlich wussten seine ehemaligen Kanzleikollegen, wie seine Privatanschrift war), dem letzten Vermieter etc. sind Standard. Wer das nicht bringt, bekommt auch keine öffentliche Zustellung. Da wird einiges an Missbrauch von Antragstellern getrieben, daher kann man kaum vorsichtig genug sein (z.B. wird eine EMA für die letzte Geschäftsanschrift vorgelegt - klar, dass da niemand je mit Wohnsitz gemeldet war u.ä). Die meisten Anträge lesen sich so, als habe noch nie jemand irgendeine Kommentierung zu § 185 ZPO geschrieben (geschweige, dass der Prozessbevollmächtigte eine solche in den bei ihm herumstehenden Kommentaren gefunden hätte) und dann ist das Erstaunen groß, wenn das Gericht die kennt und deren fallangepasste Umsetzung verlangt. Als wäre die negative EMA-Auskunft die Dokumentation göttlicher Wahrheit. Mit freundlichen Grüßen AndreasH

    Dem stimme ich voll zu.
    (Auch wenn gerade deine Kollegen da manchmal...etwas weniger streng sind. Dann wundern sich die Gläubiger, dass sie jetzt nach gerade mal 9 Monate nach der Bewilligung des Prozessgerichts plötzlich die Voraussetzungen erneut darlegen müssen und ich auch noch mehr verlange als damals der Richter. Leider keine Ausnahme.)

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    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Dann wundern sich die Gläubiger, dass sie jetzt nach gerade mal 9 Monate nach der Bewilligung des Prozessgerichts plötzlich die Voraussetzungen erneut darlegen müssen und ich auch noch mehr verlange als damals der Richter. Leider keine Ausnahme.)

    Kenne ich auch. Häufig wird da die Auffassung vertreten: "Selbst schuld, wer sich nicht ummeldet". Im Prinzip richtig, aber leider halt nicht vom Gesetz gedeckt.
    Auch bei mir kommt ein Antragsteller allein mit der EMA nicht weiter - Ausnahme: in Vor- bzw. Parallelverfahren wurde erst kürzlich das "volle Programm" durchgezogen und die EMA bestätigt nur noch, dass sich seither nichts verändert hat. Da ziehe ich dann durchaus auch mal ungefragt die Akten bei, auch wenn ich ansonsten natürlich nicht selbst ermittele.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • In mittlerweile mehr als 16 Zivilrichterjahren hatte ich noch keinen einzigen (!) Antrag auf öffentliche Zustellung, den man im ersten Anlauf hätte durchwinken können. Der Rekord waren bisher 5 Ergänzungsaufforderungen (und ausgerechnet da stellte sich dann später heraus, dass der Antragsteller eine Erreichbarkeit gekannt hat, diese aber verschwiegen hatte). Neuerdings werden dann Auskünfte entsprechender Unternehmen vorgelegt, die bei Recherchestufe 5 (oder so) was genau vorlegen? Yep, eine EMA-Auskunft.

    Als Staatsanwalt war das leichter, da habe ich selbst die entsprechenden Erkundigungen eingezogen oder veranlasst und letztlich wurden meine Leute immer gefunden (manchmal auch für sie überraschend eben ein paar Jahre später, dafür dann umso nachdrücklicher 😉)

    Mit freundlichen Grüßen
    AndreasH

  • Ich habe einen Unterhaltsbeschluss zugestellt, die Zustellung ist durch Einwurf in den Briefkasten erfolgt und wirksam zugestellt.

    Der Beschluss musste leider berichtigt werden und wurde nochmals zugestellt. Dieser ZU-Brief wurde im benachbarten Geschäft abgegeben, welches auch für unseren Zusteller arbeitet, und eine Benachrichtigung wurde in den Briefkasten wörtlich heißt es ja auf der ZU an der Tür zu Wohnung angeheftet, Tür aber durchgestrichen und BK darüber handschriftlich vermerkt.
    Dieser Brief ist dann mit Inhalt einfach an das Gericht zurückgegeben ( wie, keine Ahnung) , auf dem Umschlag ist die Zustellung 30.09. vermerkt, aber ebenso der Eingangsstempel des Justizzentrums 21.10.201.

    Also erfolgte keine Zustellung, oder?
    Laut Rückruf in dem benachbarten Geschäft wohnt der Antragsgegner aber da, wird fast täglich gesehen.

    Eine nochmalige Zustellung ist erfolgt, der Brief liegt aber laut Mitteilung der Mitarbeiterin noch in dem Geschäft und wird nicht abgeholt.

    Darf man eigentlich Briefe, die nicht durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt werden können, in einem "Zustellergeschäft" ( ich denke mal die nehmen auch Pakete an usw.) zustellen, weil z.B. der Briefkasten voll war.
    Auf der ZU ist ja vermerkt, weil die Einlegung im Briefkasten nicht möglich war, erfolgte die Ersatzzustellung in dem "Laden".

    Ist die Zustellung bewirkt? Bin etwas durcheinander.


    Übrigens ein Brief an den Antragsgegner ohne ZU ist offensichtlich angekommen.

  • Nach meinem Verständnis ist die Zustellung wirksam erfolgt. Nicht selten werfen Empfänger den noch verschlossenen Brief einfach wieder beim Amtsgericht ein, um den Anschein zu erwecken, eine Zustellung sei nicht erfolgt. Die Urkunde des Postzustellers dürfte hier jedoch maßgeblich sein!

  • Ich habe einen Unterhaltsbeschluss zugestellt, die Zustellung ist durch Einwurf in den Briefkasten erfolgt und wirksam zugestellt.

    Der Beschluss musste leider berichtigt werden und wurde nochmals zugestellt. Dieser ZU-Brief wurde im benachbarten Geschäft abgegeben, welches auch für unseren Zusteller arbeitet, und eine Benachrichtigung wurde in den Briefkasten wörtlich heißt es ja auf der ZU an der Tür zu Wohnung angeheftet, Tür aber durchgestrichen und BK darüber handschriftlich vermerkt.
    ...

    Übrigens ein Brief an den Antragsgegner ohne ZU ist offensichtlich angekommen.

    Ich habe erhebliche Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung.

    Wenn Briefe ohne förmliche Zustellung ankommen, scheint der Briefkasten ja nicht überfüllt gewesen zu sein.
    Dann hätte natürlich eine Zustellung bei Nichtantreffen nach 10.1 erfolgen müssen (Einlegung in den Briefkasten). Die weitere Option (11.1) setzt voraus, dass ein Briefkasten nicht vorhanden oder überfüllt war.

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