Beschränkte Testamentsvollstreckung?

  • Hallo, ich brächte mal wieder Hilfe aus dem Forum :(

    Der Erblasser hat in einem Erbvertrag lediglich Vermächtnisse (=Anteile an einer GmbH, Grundbesitz) angeordnet. Der Vermächtnisnehmer soll zugleich auch Testamentsvollstrecker sein.

    Es wird bestimmt:
    „Ich ordne in meinem Nachlass TV an. Der TV hat die in dieser Verfügung angeordneten Vermächtnisse zu erfüllen. Er hat überdies Aufgabe die in den Nachlass fallenden Anteile an der GmbH zu verwalten. TV hat alle nach dem Gesetz möglichen Rechte und Befreiungen. Er ist in der Eingehung von Verbindlichkeiten nicht beschränkt und von § 181 BGB befreit.“

    Es wurde nun ein Erbschein beantragt. In dem Antrag wird lediglich aufgeführt, dass TV angeordnet ist.

    Daraufhin habe ich mitgeteilt, dass die TV nicht umfassend angeordnet wurde und die einzelnen Nachlassgegenstände (GmbH + Grundbesitz) daher im TV-Vermerk aufzuführen wären.

    Der TV und der Notar sind hiermit nicht einverstanden. Da es heißt „Ich ordne in meinem Nachlass TV an“ handele es sich um eine umfassende TV. Die TV sei nicht gegenständlich beschränkt. Sollte ich dieser Auffassung nicht folgen, solle der Vermerk so lauten, dass der Aufgabenkreis des von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten TV, die Erfüllung sämtlicher angeordneter Vermächtnisse umfasst. Die einzelnen Gegenstände seien nicht aufzuführen, da insbesondere die Anteile an der GmbH übernommen werden sollen und es daher überflüssig sei.

    Aber die Aussage, dass die Anteile übernommen werden und dieses Vermächtnis insoweit erfüllt sein würde und es überflüssig sei, wenn man aufführt, dass der TV diese Anteile verwaltet, reicht doch nicht oder? Da die Erben beschränkt wären, wenn diese in den Nachlass fallen würden, da der TV diese verwalten soll.

    Ich bin mir weiterhin nicht sicher, ob die TV tatsächlich den gesamten Nachlass umfasst. Den § 181 BGB würde ich ohnehin nicht im Erbschein aufführen. Würde hilfsweise folgender Vermerk, wie im Erbvertrag aufgeführt, richtig lauten können?:

    „TV ist angeordnet. Der TV hat die im Erbvertrag vom _____ angeordneten Vermächtnisse zu erfüllen. Er hat überdies Aufgabe; die Anteile an der GmbH, soweit sie in den Nachlass fallen, zu verwalten.“

    Oder seht Ihr es ganz anders und es handelt sich tatsächlich um eine umfassende TV?

  • Was ich vergaß: Gibt es einen Alleinerben oder mehrere Miterben?

    Es gibt zwei gesetzliche Erben.

    Der Erblasser hatte die Vermächtnisse auch immer als Vorausvermächtnis ohne Anrechnung auf seinen Erbteil an den Vermächtnisnehmer bezeichnet, aber der TV bzw. Vermächtnisnehmer ist kein Erbe geworden.

  • Demnach war die ursprüngliche Konzeption, dass der (Voraus-)Vermächtnisnehmer Miterbe wird und er in dieser Eigenschaft Testamentsvollstrecker werden soll. Auch in diesem Fall hätte es für die Reichweite der Testamentsvollstreckung aber die von Dir geschilderten beiden Möglichkeiten gegeben (unbeschränkte oder gegenständliche beschränkte Testamentsvollstreckung).

    Wenn es nur einen Alleinerben gäbe, wäre die Sache einfach, weil eine "normale" Auseinandersetzungsvollstreckung dann von vorneherein keinen Sinn ergäbe. Es gibt aber zwei Miterben, sodass man diesen Auseinandersetzungsgedanken nicht mit letzter Gewissheit fruchtbar machen kann. Es stellt sich allerdings schon die Frage, ob der Testamentsvollstrecker nach dem Willen des Erblassers wirklich für den gesamten Nachlass amtieren soll, wenn der Testamentsvollstrecker entgegen der ursprünglichen Konzeption nicht zum Kreis der Erben gehört. Denn seiner Position als bloßer Vermächtnisnehmer wäre bereits Rechnung getragen, wenn sich die Testamentsvollstreckung auf die ihm zugewendeten Vermächtnisgegenstände beschränkt.

    Die Anordnungen des Erblassers lauten insoweit wie folgt:

    „Ich ordne in meinem Nachlass TV an. Der TV hat die in dieser Verfügung angeordneten Vermächtnisse zu erfüllen. Er hat überdies Aufgabe die in den Nachlass fallenden Anteile an der GmbH zu verwalten. TV hat alle nach dem Gesetz möglichen Rechte und Befreiungen. Er ist in der Eingehung von Verbindlichkeiten nicht beschränkt und von § 181 BGB befreit.“

    Unter der Prämisse, dass es sich um eine Testamentsvollstreckung für den gesamten Nachlass handelt, hätten die blau gehaltenen Teile nicht aufgenommen werden müssen. Andererseits könnte der sich hieran anschließende Passus im Hinblick auf die Eingehung von Verbindlichkeiten gleichwohl für eine Testamentsvollstreckung am Gesamtnachlass sprechen.

    Der Passus im Hinblick auf die Verwaltung der GmbH-Anteile ist durch die Veränderung der ursprünglichen Konzeption sinnlos geworden, weil diese GmbH-Anteile - ob beschränkte oder unbeschränkte Testamentsvollstreckung - mit Vermächtniserfüllung ohnehin aus dem Nachlass ausscheiden und der alleinige Vermächtnisnehmer für die Zeit nach erfolgter Vermächtniserfüllung ohnehin nicht sein eigener Testamentsvollstrecker sein kann. Auch diese Überlegung zeigt, dass es im vorliegenden Fall auch darum geht, zu ergründen, ob eine (unterstellt) für den gesamten Nachlass angeordnete Testamentsvollstreckung nach dem Willen des Erblassers ggf. zu einer lediglich gegenständlich beschränkten wird, weil der Testamentsvollstrecker entgegen der ursprünglichen Konzeption nicht zum Kreis der Miterben gehört (sofern man nicht ohnehin der Ansicht zuneigt, es handle sich von vorneherein lediglich um eine gegenständlich beschränkte Testamentsvollstreckung).

    Wir haben also eine notarielle letztwillige Verfügung, die auslegungsbedürftig ist, obwohl sie es - bei notarieller Errichtung - nicht sein sollte.

    Ich bin der Ansicht, dass die beiden Erben zu diesen Fragen angehört werden sollten, denn schließlich sind es sie, die durch die Anordnung einer umfassenden Testamentsvollstreckung mehr beschränkt würden als bei einer gegenständlich beschränkten. Ob die Erben den Erbschein beantragt haben (oder der Testamentsvollstrecker) ist hierfür nicht von Belang, weil das Problem im Zeitpunkt der Stellung des Erbscheinsantrags offenbar noch gar nicht erkannt worden war. Wenn die beiden Erben trotz veränderten ursprünglicher erbvertraglicher Konzeption (TV ist Miterbe) übereinstimmend zum Testierwillen des Erblassers im Sinne einer Testamentsvollstreckung für den gesamten Nachlass vortragen, kann man es wohl so laufen lassen, weil die unbeschränkte Testamentsvollstreckung zum Nachteil der beiden Erben ist und sie nicht etwas zu ihrem Nachteil vortragen dürften, wenn dies nicht zutreffend wäre.

    Ansonsten ist es im Fall einer gegenständlich beschränkten Testamentsvollstreckung natürlich zutreffend, dass die der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlassgegenstände im Erbschein explizit (und nicht lediglich "umschreibend" oder bezugnehmend) zu bezeichnen sind, weil der Rechtsverkehr ansonsten nicht erkennen kann, wofür nun alleine die Erben befugt sind und wofür alleine nur der Testamentsvollstrecker. Alles andere wäre mit den Vermutungs- und Gutglaubenswirkungen des Erbscheins im Hinblick auf die Verfügungsbefugnis der Erben nicht vereinbar (BayObLG FamRZ 2006, 147).

    Die Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens hat schon im TV-Zeugnis nichts verloren (OLG Hamm FamRZ 2011, 1621; OLG Düsseldorf FamRZ 2014, 605) und daher hat sie im Erbschein erst recht nichts verloren.


  • Vielen Dank für die ausführliche Antwort! Das hilft mir wirklich sehr!

    Dann höre ich die beiden Erben zu der Problematik an. Und wenn die damit einverstanden wären, dass die TV umfassend angeordnet sein soll, könnte der Erbschein also antragsgemäß erteilt werden. Das wäre wohl dann der einfachste Weg.

  • Cromwell du bist der Hammer!👍

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

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