Teilungsversteigerung - Drittgebot idR aussichtslos?

  • Ich bin mir nicht sicher, ob ich folgendes verstehe bei der Teilungsversteigerung von Miteigentümern:
    Angenommen, es wird ein Objekt angeboten. Es ist für mich subjektiv 500T wert. Auf dem Objekt ist noch eine Grundschuld von 250T mit 18 Prozent Jahreszinsen seit Eintragungsbewilligung, und das sei schon länger als vier Jahre her.
    Hier müsste ich doch als Bieter, weil ich die Rückgewähransprüche nicht habe/nicht weiß, in welchem Umfang die Grundschuld rückgewährreif ist, maximal 500T minus 250T*1,72 bieten. Und selbst dann würde ich doch überhaupt keine Finanzierung bekommen, weil ich keine erstrangige Grundschuld herbeiführen könnte - oder letzteres dann doch, weil ich in jedem Fall die (ggf. an die bisherigen Eigentümer zurückgewährte) Grundschuld gemäß §§ 1142, 1143 BGB ablösen könnte.
    Ist das so im Wesentlichen richtig?
    Wie wirkt sich § 53 Abs. 2 ZVG aus?
    Für ein paar Tipps/Einschätzungen wäre ich dankbar.

  • Dein "Preis" für das Objekt ist das, was du in bar bietest plus die Belastung, die du übernimmst.

    Du übernimmst dinglich eine Grundschuld über 250T nest 18% Zinsen ab dem Zuschlag.
    Die Zinsen bis Zuschlag wird das Gericht innerhalb der barzuzahlenden Teils des geringsten Gebots berücksichtigen (laufende von Amts wegen, ältere ggfls. ab Zinsbeginn, auf Anmeldung des Berechtigten).

    Bei einer zeitnahen Ablösung des Grundschuldgläubigers kann man die 18% Zinsen schlabbern und du kannst maximal 250T Bargebot abgeben.
    Zu den gewöhnlichen Erwerbenkosten wie Grunderwerbsteuer, Gerichtkosten der Zuschlagerteilung, Eintragungskosten des Erstehers beim GBA kämen dann nur die zusätzlichen Notar- und GB-Kosten für die Löschung der Grundschuld hinzu.

    § 53 ZVG kann man in der Praxis vernachlässigen (ich hatte das in 20 Jahren noch nie). Außerdem bedürfte die Schuldübernhame der Zustimmung des Gläubigers.

  • Danke, das hilft. Das heißt man könnte dem Finanzierer sagen:
    Schau her, 500T ist der Preis - bitte finanziert mich - wir lösen den eingetragenen dann sofort dinglich ab, §§ 1142, 1143 BGB, und die Rückgewähransprüche sind mir dann latte, weil damit ein Rechtsübergang kraft Gesetzes erfolgt ist? Dann wird man sich gelegentlich unjuristischem Geschwätz der Gläubigerin aussetzen (Sie dürfen ja gar nicht auf die Grundschuld zahlen, müssen auf die Forderung zahlen etc).

  • Problematisch wird es, wenn das Geschwätz der Gläubiger juristisch wird, nämlich im Hinblick auf eine möglicherweise noch erforderliche Kündigung der Grundschuld (nebst Frist) und darauf, daß die Zuschlagserteilung insofern auf die ursprüngliche Sicherungsabrede wirkt, als danach Rückgewähr nicht mehr durch Verzicht und Löschungsbewilligung möglich ist, sondern durch Abtretung an den Sicherungsgeber zu erfolgen hat.

    Eine Anmeldung nach § 53 Abs. 2 ZVG hat es hier seit "Wiedergeltung" des ZVG nicht gegeben.

  • Danke für den Hinweis. Die ganze BGH-Rechtsprechung zum Rückgewähranspruch betrifft aber nur den schuldrechtlichen Anspruch aus der Sicherungsvereinbarung, der ggf. nur durch Übertragung erfüllt werden kann. Als Eigentümer habe ich aber nun einmal das Recht, unabhängig von schuldrechtlichen Vereinbarungen der Bank gemäß §§ 1142, 1143 BGB abzulösen. Die Ablösung nach §§ 1142, 1143 BGB wirkt dinglich und setzt keinen Vertrag voraus, wenn ich es recht verstehe.
    Andere Probleme können sich natürlich ergeben, wenn Uralt-Rechte im Grundbuch eingetragen sind. Hier finde ich ja den Gläubiger nicht, aber ich kann gemäß § 1171 BGB, dann mit Zinsen hinterlegen, die aber folgerichtig auch nicht angemeldet worden sind.

  • Sofern die Grundschuld nicht bereits gekündigt ist, sollte man im Hinblick auf die Ablösung jedenfalls noch dingliche Zinsen für gute sechs Monate in seiner Kalkulation nicht ausschließen.

    Das Ablösungsrecht hindert den Grundschuldgläubiger auch nicht, einen bestehenden Rückgewähranspruch noch zu erfüllen. Bei Briefgrundschulden könnte sich da schnell eine Hase-und-Igel-Konstellation einstellen.

  • Ja, das ist interessant. Es scheint in der Praxis nicht so häufig vorzukommen, sonst gäbe es längst best practice und in den Kommentierungen zu 1142, 1143 stärkere Erwähnung.
    Als Ersteher müsste man dann mit der Bank sprechen (wenn sie Zinsen anmeldet, ist sie ja involviert) und ggf. vertraglich eine Ablösung vereinbaren.
    Die Bank muss sich dann bei Teilvalutierung naturgemäß mit den Darlehensnehmern auseinandersetzen. Der Rückgewähranspruch ist dann ja unmöglich, aber als Surrogat steht der Cash zur Verfügung. Geld als Sicherheit für eine Geldschuld...Das sollte aber unproblematisch sein, denn die früheren Eigentümer bekommen ja statt ihres belasteten Eigentums den Versteigerungserlös - und wohl von der Bank die Differenz zwischen Grundschuld-Nominalbetrag und valutierender Restschuld.
    Wenn ich als Ersteher keine Einigung bekomme, muss ich schon damit rechnen, dass die Zinsen der Grundschuld sich wieder nach und nach akkumulieren; dann kalkuliere ich mein Gebot entsprechend, was aber nicht einfach ist.

  • Mal eine andere Frage: Gibt es keine Werke, wo diese Aspekte (Taktik unter Ausführung juristischer Gesichtspunkte) dargelegt sind? Die mir bekannten Werke sind zwar auch gut, aber scheinen eine rein juristische Perspektive zu haben, ohne speziell den prospektiven Bieter zu beleuchten.

  • Sofern die Grundschuld nicht bereits gekündigt ist, sollte man im Hinblick auf die Ablösung jedenfalls noch dingliche Zinsen für gute sechs Monate in seiner Kalkulation nicht ausschließen.

    Das Ablösungsrecht hindert den Grundschuldgläubiger auch nicht, einen bestehenden Rückgewähranspruch noch zu erfüllen. Bei Briefgrundschulden könnte sich da schnell eine Hase-und-Igel-Konstellation einstellen.

    Hier wird es in erster Linie darauf ankommen, wann die grundschuld bestellt wurde.
    Wenn sie vor August 2008 bestellt wurde und in der Bestellung als fällig benannt wurde, bedarf es keiner Kündigung.
    Anderenfalls würde in Kontakt zum eingetragen Gläubiger aufnehmen und eine evtl. Kündigungsfrist ausloten, soweit der Gläubiger keine Anmeldung nach § 54 ZVG getätigt hat.
    Soweit ich das in meinem Bereich mitbekommen habe, gabs diesbezüglich keine Probleme mit einer Kündigungsfrist.

    Soweit es eine Briefgrundschuld ist, würde ich auch versuchen, beim Gl. festzustellen, ob dieser den Brief noch hat, oder bereits vor 10 Jahren den Brief mit Löschungsbewilligung an die damaligen Eigentümer ausgehändigt hat.
    In diesem Fall würde sich eine Ablösung der Grundschuld als schwieriger erweisen, da es schwierig ist, den richtigen Zahlungspartner zu ermitteln (mangels Abtretung steht das Recht noch dem Gl. zu, der kann sich aber nicht als Berechtigter legitimieren, da er den Brief nicht mehr hat).
    Hier muss man sich im Zweifel auf eine Hinterlegung für den unbekannten Berechtigten und ein Aufgebotsverfahren einstellen, um das Recht aus dem Grundbuch zu kriegen.

  • Meine Erfahrungen dazu sind:
    - die Grenzen (50%, 70%) spielen keine Rolle mehr,
    - Verkehrswert ist nur noch eine Rechengröße für die Kosten,
    - bestehenbleibende Rechte wirken sich nicht aus.

    Es sind mir seitens der Ersteher noch keine Probleme mit bestehenbleibenden Rechten zugetragen worden.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

  • Zitat

    Es sind mir seitens der Ersteher noch keine Probleme mit bestehenbleibenden Rechten zugetragen worden.

    Mir schon und deshalb weiß ich, dass es nix schaden kann, wenn man

    Zitat

    dingliche Zinsen für gute sechs Monate

    bei der Gebotskalkulation mit einpreist.

    Zitat

    Gibt es keine Werke, wo diese Aspekte (Taktik unter Ausführung juristischer Gesichtspunkte) dargelegt sind?

    Nö - auch bei Storz/Kiderlen werden die sich für einen Ersteher stellenden Probleme allenfalls angerissen. Kennen sollte man die folgenden Entscheidungen:

    BGH, Urteil vom 04.02.2011, V ZR 132/10 und LG München II, Urteil vom 23.08.2019, 11 O 6313/11

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