Zwangsversteigerung wegen geringerer Hausgeldrückstände - freihändig verkaufen

  • In einer Sache habe ich einen freihändigen Kaufvertrag Kaufpreis 700.000. Es wird die Zwangsversteigerung betrieben wegen rückständiger Hausgeldschulden, insgesamt ca. 15.000.
    Der Käufer hat Angst, dass die Gläubiger die ZV einfach durchziehen - Termin ist in drei Wochen.
    Aber:
    Es sind außer einer Grundschuld für die WEG keine weiteren Belastungen eingetragen (Grundschuld 8.000). In einem solchen Fall müsste man doch als Käufer kurzfristig dem Gläubigeranwalt Zahlung Zug um Zug gegen einstweilige Einstellung bzw. dann endgültige Einstellung in Aussicht stellen (und ggf. auf Hinterlegung auf Notaranderkonto hinweisen). Würde man in einem solchen Fall nicht ohne weiteres gemäß § 30a Abs. 1 ZVG eine einstweilige Einstellung hinbekommen (jedenfalls wenn tatsächlich Geld auf Notaranderkonto in Ausübung des Kaufvertrages geflossen ist)?
    Der Gläubiger kann doch nicht gegen einen erfüllungsbereiten/fähigen Schuldner vollendete Tatsachen schaffen.
    Danke für Einschätzungen.

  • Eine Einstellung nach § 30a ZVG ist nicht in jeder Verfahrenslage möglich. Ein solcher Antrag ist fristgebunden (§30b I ZVG) und kann grundsätzlich nur nach einem Anordnungs- oder Beitrittsbeschluss und nur bezogen auf den jeweiligen Gläubiger gestellt werden.

  • Wenn nicht im Vorfeld klar ist, dass eine einstweilige Einstellung durch den Gläubiger sicher kommt, lohnt § 30a ZVG nach meiner Erfahrung kaum. Allein die Möglichkeit der Anordnung nach § 30a Abs. 3 ZVG (2 Wochen!) ist ein Problem, zumal ja hier offenbar niemand auf Eigentümerseite in der Lage ist, den eher niedrigen Betrag vorzustrecken oder finanziert zu erhalten, und das auf einem mehr oder weniger lastenfreien Objekt.

    Hier bleibt eigentich nur sofortige Beurkundung mit sofortiger Ablösung der Forderungen der betreibenden Gläubiger durch den Käufer, ggf. nach Vorlage (nicht: "Eintragung") der Vormerkung. In Höhe der € 15.000,00 (plus Kosten und Zinsen!) leistet der Käufer dann in der Tat ungesichert vor, worauf er deutlich hingewiesen werden muss. Da er nach Abschluss des Kaufvertrags durch die Versteigerung ein "Recht zu verlieren" droht, ist er ablösungsberechtigt -> Einstellung nach § 775 Nr. 4, Nr. 5 ZVG. Die Frage ist dann, ob dem Käufer das Risiko des Verlusts der € 15.000 oder das Risiko, dass er das Objekt gar nicht bekommt, schwerer wiegt.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Zusatz: man könnte auch darüber nachdenken, ob sich der Verkäufer zur Sicherung des Anspruchs auf Erstattung des Ablösebetrages (wenn gezahlt aber dennoch versteigert wird) der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterwirft. Dann kann man wenigstens in den Anspruch auf Auszahlung des Übererlös pfänden.

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  • Also die Notfrist kann ja wohl nicht das Problem sein, denn wenn sich die Veräußerungsmöglichkeit erst kurzfristig ergeben hat, müsste Wiedereinsetzung gewährt werden (vgl. Böttcher, § 30b Rn. 2).
    Aber die Ablösung ist wohl der zielgerichtetere Weg - die Vorleistung ist hier wohl vertretbar, zumal die Vormerkung sofort vorgelegt wird und die Wertverhältnisse absolut passen.
    Wie kann ich denn die Kosten erfahren? Das Gericht hat mir die Beitrittsbeschlüsse geschickt, daran kann ich die Gläubiger erkennen. Die Kosten sehe ich doch erst, wenn das geringste Gebot festgesetzt wird?
    Der abzulösende Gläubiger müsste mir doch nach Treu und Glauben die Höhe der titulierten Forderung mitteilen, denn wenn ich ein Ablösungsrecht habe, muss ich es doch praktisch auch umsetzen können.
    Denkbar wäre noch Vollstreckungsgegenklage/einstweilige Einstellung nach 767 ZPO, aber hierfür müsste ich ja Erfüllung einwenden können oder zumindest Annahmeverzug.

  • Also die Notfrist kann ja wohl nicht das Problem sein, denn wenn sich die Veräußerungsmöglichkeit erst kurzfristig ergeben hat, müsste Wiedereinsetzung gewährt werden (vgl. Böttcher, § 30b Rn. 2).
    Aber die Ablösung ist wohl der zielgerichtetere Weg - die Vorleistung ist hier wohl vertretbar, zumal die Vormerkung sofort vorgelegt wird und die Wertverhältnisse absolut passen.
    Wie kann ich denn die Kosten erfahren? Das Gericht hat mir die Beitrittsbeschlüsse geschickt, daran kann ich die Gläubiger erkennen. Die Kosten sehe ich doch erst, wenn das geringste Gebot festgesetzt wird?
    Der abzulösende Gläubiger müsste mir doch nach Treu und Glauben die Höhe der titulierten Forderung mitteilen, denn wenn ich ein Ablösungsrecht habe, muss ich es doch praktisch auch umsetzen können.
    Denkbar wäre noch Vollstreckungsgegenklage/einstweilige Einstellung nach 767 ZPO, aber hierfür müsste ich ja Erfüllung einwenden können oder zumindest Annahmeverzug.

    Den Gläubiger fragen, wieviel er meint dass er insgesamt zu bekommen hat - das kommt meist sehr prompt - und diesen Betrag zahlen. Ähnlich wie bei abzulösenden Grundpfandrechtsgläubigern, wo ja auch die Auflage dahin geht, dass die geforderten BEträge gezahlt werdne und man es dem Verkäufer überläßt, sich hinterher mit dem Gläubiger wegen der Richtigkeit der geforderten BEträge auseinanderzusetzen (i.d.R. geht der Streit dabei um die Höhe der Vorfälligkeitsentgelte).

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  • Also die Notfrist kann ja wohl nicht das Problem sein, denn wenn sich die Veräußerungsmöglichkeit erst kurzfristig ergeben hat, müsste Wiedereinsetzung gewährt werden (vgl. Böttcher, § 30b Rn. 2).

    Auch ohne das nachgelesen zu haben, würde ich mal annehmen, dass da Krankheit, Tod und Teufel (§ 233 ZPO) die Ursache für die verspätete Antragstellung sein müssen und nicht ein erst drei Wochen vor dem Versteigerungstermin zustandegekommener Vertragsabschluss.

  • Also die Notfrist kann ja wohl nicht das Problem sein, denn wenn sich die Veräußerungsmöglichkeit erst kurzfristig ergeben hat, müsste Wiedereinsetzung gewährt werden (vgl. Böttcher, § 30b Rn. 2).

    Ich denke, dass Du da irrst. Die Wiedereinsetzung ist bei unverschuldeter Nichteinhaltung der Frist möglich, ist aber sicher nicht dazu da, dem Schuldner über die ganze Dauer des Versteigerungsverfahrens eine Einstellungsmöglichkeit des § 30a ZVG zu verschaffen.

  • Einstellungsanträge sind zwingend in der Einstellungsfrist zu stellen. Die Wiederholung eines abgelehnten Antrages ist selbst dann nicht möglich, wenn er auf neue Tatsachen gestützt wird, die in der Einstellungsfrist nicht vorgebracht werden konnten. Siehe Stöber/Nicht, Rn. 51 zu § 30b ZVG.

    Gerade zufällig drüber gestolpert: Böttcher, Veräußerung von Immobilien während eines Zwangsversteigerungs- und
    Zwangsverwaltungsverfahrens
    ZfIR 2010, 521

  • Besonders in heutigen Zeiten ist es nicht so schwer, die nachweisbaren Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Sanierung innerhalb von zwei Wochen herbeizuführen. Es ist dann nur für den Schuldner wahrscheinlich nicht mehr das beste aller möglichen Ergebnisse. Zu den Voraussetzungen bei einer freihändig Veräusserung noch: LG Regensburg, Beschl. v. 21.8.2017, 64 T 309/17.

  • Danke für den Hinweis. Dann macht § 30a rechtspolitisch nur eingeschränkten Sinn, aber das ist die Entscheidung des Gesetzgebers.

    Warum macht das nur eingeschränkt Sinn? Das ZVG ist vom reinen Verfahrensablauf recht einfach. Daher passt das. Es setzt aber natürlich zumindest Grundkenntnisse der ZV voraus. Und da gibt es auch ohne § 30a ZVG ausreichend Möglichkeiten. Am Ende gibt es § 765a ZVG.

    Je nach Lage ist die Versteigerung lukrativer, da der Kaufpreis überstiegen werden kann. Ist mancherorts nicht unüblich.

    "Just 'cos you got the power, that don't mean you got the right!" ((c) by Mr. Kilmister, passt zum Job)

    "Killed by Death" (ebenfalls (c) by Lemmy, passt eigentlich immer)

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